Phylloceras

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Phylloceras

Taxon der Gattung Phylloceras

Zeitliches Auftreten
Hettangium bis Maastrichtium
201,3 bis 66,0 Mio. Jahre
Systematik
Kopffüßer (Cephalopoda)
Ammoniten (Ammonoidea)
Ammonitida
Phylloceratoidea
Phylloceratidae
Phylloceras
Wissenschaftlicher Name
Phylloceras
Suess, 1865

Phylloceras ist eine Gattung mittelgroßer, glattschaliger, involuter (stark eingerollter) Ammoniten. Sie tritt nahezu weltweit über den gesamten Jura und Kreide auf.[1]

Erstbeschreibung und Benennung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Phylloceras wurde im Jahr 1865 von Eduard Suess erstbeschrieben. Ihre Bezeichnung ist ein Akronym aus den griechischen Wörtern φύλλον phyllon (Blatt) und κέρας keras (Horn), wobei phyllon auf die blattförmige Gestalt der Lobenlinie und keras auf die Einrollung in Form von Widderhörnern Bezug nimmt.

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Phylloceras gehört zur Familie der Phylloceratidae (Unterfamilie Phylloceratinae) innerhalb der Überfamilie der Phylloceratoidea. Von ihr sind folgende Taxa bekannt:

Schwestergattungen sind Adabofoloceras, Calaiceras, Carinophylloceras, Hantkeniceras, Holcophylloceras, Hypophylloceras, Lepeniceras, Macrophylloceras, Neophylloceras, Partschiceras, Phyllopachyceras, Ptychophylloceras und Zetoceras.

Untergattungen sind Geyeroceras, Goretophylloceras, Hypophylloceras und Phyllopachyceras.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phragmokone der Gattung Phylloceras haben einen durchschnittlichen Durchmesser (D) von 8 bis 10 Zentimeter, nur selten werden bis zu 20 Zentimeter erreicht. Diese primitiven Ammoniten sind involut und seitlich zusammengedrückt. Ornamente sind so gut wie nicht vorhanden, die Schale ist daher praktisch glatt. Die einfachen Anwachslinien sind kaum zu erkennen. Die enorm gewundenen Lobenlinien sind für die Gattung charakteristisch. In gewisser Weise erinnern sie in ihrer Form an Blätter, was den Namen der Gattung erklärt.

Im Gegensatz zu anderen Neoammoniten ist der Dimorphismus bei der Gattung Phylloceras nur recht dürftig ausgeprägt.

Lebensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Individuen der Gattung Phyloceras waren schnellschwimmende marine Karnivoren, die zahlreiche Environments bevölkerten, darunter das offene, seichte Subtidal, aber auch das tiefere Subtidal (mit vorwiegend kalkabscheidenden Becken) sowie den Schelfabhang. Nur selten wurden sie in Strandnähe oder im Tiefwasserbereich angetroffen und auch nur selten in siliziklastischen Becken, in Biohermen oder in submarinen Fächern.

Phylogenese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Generell wird vermutet, dass sich um 201,5 Millionen Jahren kurz vor Ende der Trias die Gattung Psiloceras im obersten Rhätium von den Phyllocerataceae abgetrennt hatte.[2] Beide Taxa überlebten das Artensterben an der Trias-Jura-Grenze. und breiteten sich anschließend in frei gewordene Biotope aus. Jean Guex hatte diese vorherrschende Meinung 1980 noch etwas differenziert, da sich für ihn die Phylloceratidae zusammen mit den Juraphyllitidae am Ende des Rhäts aus den Ussuritidae entwickelt hatten. Aus den Ussuritidae, die dem Artensterben zum Opfer fielen, war kurz zuvor noch die Gattung Psiloceras hervorgegangen. Laut dieser Sichtweise hat sich Psiloceras somit unabhängig von Phylloceras entwickelt.[3]

Zeitliches Auftreten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Taxa der Gattung Phylloceras sind bereits aus der Trias bekannt. Phylloceras war eine der sehr seltenen Ammonitengattungen, die das Massensterben an der Trias-Jura-Grenze überlebten. Die Radiation zu Beginn des Hettangiums dürfte sodann aus ihr heraus erfolgt sein. Die Gattung erlosch erst an der Kreide-Paläogen-Grenze.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Älteste Funde der Gattung Phylloceras gehen bis in die Trias zurück, so in Ungarn in der Csövar-Formation des Karniums.[4] Im Jura und in der Kreide erlangte die Gattung praktisch eine weltweite Verbreitung, Fossilienfunde dieser Periode stammen selbst aus der Antarktis.

In Deutschland liegen Fundstätten der Gattung Phylloceras in den Jurensismergeln des Toarciums bei Bayreuth in Oberfranken.[5] In Nordrhein-Westfalen ist die Ahlen-Formation des oberen Campaniums bei Beckum anzuführen.[6] Im Alpenbereich sind Funde im Campan bei Bad Tölz gemacht worden.[7] Die Untergattung Hypophylloceras wurde im oberen Turonium bei Halle und bei Rheine in Nordrhein-Westfalen entdeckt.[8]

In Österreich tritt die Gattung Phylloceras im Zlambachgraben bei Bad Goisern in Oberösterreich[9] in der Schnöll-Formation bei Adnet im Land Salzburg[10] sowie in den Lienzer Dolomiten in Tirol auf.[11]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. J. Arkell u. a.: Mesozoic Ammonoidea. Treatise on Invertebrate Paleontology. Geological Society of America and University of Kansas Press, 1957.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. J. J. Sepkoski: A compendium of fossil marine animal genera. In: Bulletins of American Paleontology. Band 363, 2002, S. 1–560.
  2. Jean Guex, David Taylor, Milos Rakus und Hugo Bucher: New data on the phylogeny of Liassic Ammonites. In: Bulletin de la Société Vaudoise des Sciences Naturelles. Band 87.2, 2000, S. 109–114.
  3. Jean Guex: Quelques cas de dimorphisme chez les ammonoïdés du Lias inférieur. In: Bulletin de la Société Vaudoise des Sciences Naturelles. 75 Heft 360, 1980, S. 239–248.
  4. E. Végh-Neubrandt: Triassische Megalodontaceae - Entwicklung, Stratigraphie und Paläontologie. Akadémiai Kiadó, Budapest 1982.
  5. C. Schulbert: Die Ammonitenfauna und Stratigraphie der Tongrube Mistelgau bei Bayreuth (Oberfranken). In: Beihefte zu den Berichten der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth e.V. Band 4, 2001, S. 1–183.
  6. R. Giers: Die Großfauna der Mukronatenkreide (unteres Obercampan) im östlichen Münsterland. In: Fortschr. Geol. Rheinld. u. Westf. Band 7, 1964, S. 213–294.
  7. H. Imkeller: Die Kreidebildungen und ihre Fauna am Stallauer Eck und Enzenauer Kopf bei Tölz. In: Palaeontographica, (A). Band 48. Kassel 1901, S. 1–64.
  8. Jens Lehmann: Phylloceras (Hypophylloceras) (Ammonoidea) from the Turonian of North Germany. In: Paläontologische Zeitschrift. Band 69, 3/4, 1995, S. 401–407.
  9. Milos Rakús: Lower Liassic (Hettangian) ammonites from Zlambach Graben near Bad Goisern, Upper Austria. In: Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt. Band 56, 1999, S. 329–341.
  10. F. Böhm, O. Ebli, L. Krystyn, H. Lobitzer, M. Rakús und M. Siblík: Fauna, Stratigraphy and Depositional Environment of the Hettangian-Sinemurian (Early Jurassic) of Adnet (Salzburg, Austria). In: Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt Wien. Band 56(2), 1999, S. 143–271.
  11. J. Blau und C. Meister: Liassic (Pliensbachian) ammonites from the Lienz Dolomites (Eastern Tyrol, Austria). In: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt. Band 134, 1991, S. 171–204.