Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta

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Klassifikation nach ICD-10
L41.0 Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta [Mucha-Habermann]
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta (griechisch pityron ‚Kleie‘, lateinisch variolae ‚Pocken‘, kurz: PLEVA, auch: Mucha-Habermann-Krankheit, Parapsoriasis guttata) ist eine seltene, nicht ansteckende Hautkrankheit, die zumeist im Kindes- und jungen Erwachsenenalter auftritt. Neben der klassischen akuten Verlaufsform zählen zum Krankheitsspektrum auch die febrile ulzeronekrotische Pityriasis lichenoides mit ebenfalls akutem Verlauf sowie die chronisch verlaufende Pityriasis lichenoides chronica (PLC).

Betroffene entwickeln vor allem an Rumpf, Armen und Gesäß einen zunächst juckenden Hautausschlag, der an Windpocken erinnert. Die ulzeronekrotische Variante der Erkrankung geht mit geschwürigen Hautdefekten und Fieber einher. Die chronische Pityriasis lichenoides verläuft meist ohne Juckreiz.

Anhand der typischen Krankheitszeichen kann die Diagnose in der Regel im Rahmen einer hautärztlichen Untersuchung gestellt werden. Unklare Fälle erfordern eventuell die Entnahme einer Gewebeprobe zur Untersuchung unter dem Mikroskop. Hier zeigt sich eine klassischerweise lymphozytäre Entzündung (Lymphozyten: eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen) der Haut, wobei das Bild zwischen den verschiedenen Verlaufsformen variiert.

In der Behandlung der Pityriasis lichenoides haben sich, je nach Verlaufsform, Antibiotika, Corticosteroide und die Bestrahlung mit UV-Licht in einem Teil der Fälle als wirksam erwiesen. Häufig spricht die Erkrankung jedoch nicht auf Behandlungsversuche an, und langwierige Verläufe über mehrere Jahre sind möglich.

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Pityriasis lichenoides tritt eher selten und vor allem bei Kindern zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr, aber auch bis in das junge Erwachsenenalter von 20 bis 30 Jahren auf. Im Kindesalter sind Jungen häufiger betroffen als Mädchen, im Erwachsenenalter ist das Geschlechterverhältnis etwa gleich[1].

Ursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursache der Krankheit ist unbekannt. Vermutet wird eine Überempfindlichkeitsreaktion auf verschiedene Krankheitserreger wie Herpesviren[2][3], das Epstein-Barr-Virus[4], Toxoplasmen:[5] und Mycobacterium tuberculosis[6] Weiterhin kommen Medikamente[7] und Impfstoffe[8] als Auslöser in Frage. Umweltfaktoren wie starker Stress werden ebenfalls diskutiert. Es besteht eine Assoziation mit verschiedenen Autoimmunkrankheiten[9].

Da die Pityriasis lichenoides in einigen Fällen in ein Lymphom der Haut übergeht, wird sie auch als lymphoproliferative Erkrankung im Sinne einer T-Zell-Dyskrasie (Fehlzusammensetzung des Blutes mit erhöhtem Anteil an T-Lymphozyten) betrachtet[10].

Krankheitsentstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mechanismen der Krankheitsentstehung gelten als ungeklärt.

Klinische Erscheinungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erkrankung beginnt mit einem makulösen Exanthem (kleinfleckigen Hautausschlag) an Extremitäten, Rumpf und Gesäß. Die Arme sind häufiger als die Beine und die Beugeseiten der Extremitäten häufiger als die Streckseiten betroffen.

Die Läsionen zeigen sich in der akuten Verlaufsform als gruppierte Papeln (flache Knötchen), aus denen sich Bläschen und im Falle der ulzeronekrotischen Variante geschwürige Hautdefekte entwickeln. Diese heilen anschließend narbig ab.

Während die Pityriasis lichenoides acuta mit Brennen und Juckreiz einhergeht, sind die Hautläsionen der Pityriasis lichenoides chronica zumeist symptomlos[11][12]. Hier finden sich rötlich-braune, flache Papeln mit einer feinen, als kleieartig beschriebenen Schuppung, die ohne Narbenbildung, aber bisweilen mit einer entzündlich bedingten Minderpigmentierung der betroffenen Hautstellen abheilen. Überlappungen der verschiedenen Varianten innerhalb eines Patienten können vorkommen. Chronische Verläufe zeigen eine episodische Zu- und Abnahme der Beschwerden mit Besserung der Symptomatik im Sommer und Zunahme der Beschwerden im Winter.

Die ulzeronekrotische Form der Erkrankung geht mit Fieber und gelegentlich auch Lymphknotenschwellung einher und zeigt einen schweren Krankheitsverlauf.[9]

Untersuchungsmethoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anhand der klinischen Erscheinung ist die Diagnosestellung zumeist im Rahmen einer hautärztlichen Untersuchung möglich. In unklaren Fällen kann eine Biopsie (Gewebeprobe) der Hautläsionen entnommen und histologisch (unter dem Mikroskop) untersucht werden.

Pathologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der histologischen Untersuchung zeigen akute Läsionen eine Entzündung mit Beteiligung der Grenzschicht zwischen Epidermis (Oberhaut) und Dermis (Lederhaut) im Sinne einer Interface-Dermatitis. Diese ist gekennzeichnet durch vakuolige Degeneration der Keratinozyten (hornbildende Zellen der Oberhaut) in der untersten Zellschicht der Epidermis und Einzelzellnekrosen der Keratinozyten. Weiterhin besteht eine teils vesikuläre (mit Ausbildung kleiner Bläschen einhergehende) Spongiose der Epidermis, gelegentlich sind außerdem kleine Ulzerationen (bis in die Dermis reichende epidermale Defekte) zu sehen.

Dermal besteht ein tiefreichendes und häufig als keilförmig beschriebenes Infiltrat aus Entzündungszellen mit stärkster Ausprägung im Umgebungsgewebe kleiner Blutgefäße. Dieses Infiltrat setzt sich überwiegend aus Lymphozyten und Histiozyten (Untergruppen der weißen Blutkörperchen) zusammen und greift auf die Epidermis über. Die kleinen Blutgefäße der oberen Dermis sind erweitert und blutgefüllt, und in ihrem direkten Umgebungsgewebe, aber auch in der Epidermis, sieht man kleinherdige Erythrozytenextravasate (aus den Blutgefäßen ausgetretene rote Blutkörperchen).

Chronische Läsionen zeigen ähnliche Veränderungen in minderstarker Ausprägung. Infolge des anfänglichen Juckreizes mit anschließendem Bekratzen bestehen hier zusätzlich Zeichen der mechanischen Irritation mit Akanthose (Verbreiterung) und Parakeratose der Epidermis. Im Stratum corneum (Hornschicht) finden sich gelegentlich Ansammlungen von Lymphozyten.

In der ulzeronekrotischen Variante der Pityriasis lichenoides finden sich die Merkmale der PLEVA mit stärkerer Ausprägung der Ulzerationen. Zusätzlich besteht häufig eine leukozytoklastische Vaskulitis mit fibrinoiden Gefäßwandnekrosen und Infiltration der Gefäßwände sowie der angrenzenden Dermis durch neutrophile Granulozyten (Untergruppe der weißen Blutkörperchen)[13][14].

Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erkrankung spricht auf Behandlungsversuche häufig schlecht an. Sowohl die akute als auch die chronische Pityriasis lichenoides können eventuell mit therapeutischer UV-Bestrahlung (wegen des damit verbundenen Krebsrisikos nur bei Erwachsenen) behandelt werden, die akute Variante spricht außerdem auf Antibiotika an. In schweren Fällen der ulzernonekrotischen Variante können systemische (in Tablettenform oder als Injektion verabreichte) Corticosteroide erforderlich sein[15]. Aufgrund der vermuteten infektassoziierten Krankheitsentstehung sollten eventuell vorhandene Infektherde beseitigt werden. Eine kurzfristige lokale Therapie mit Tacrolimus kann versucht werden. Unterstützend werden Juckreizstiller (z. B. Antihistaminika, in Tablettenform) und pflegende Cremes empfohlen[16].

Heilungsaussicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In vielen Fällen bildet sich der Ausschlag innerhalb eines halben Jahres zurück, aber auch chronische Verläufe über mehrere Jahre kommen vor.[17][18]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eduardo Calonje, Thomas Brenn, Alexander Lazar, Steven D. Billings: McKee's pathology of the skin with clinical correlations. 5. Auflage. 2020, ISBN 978-0-7020-6983-3, S. 278–282.
  • James W. Patterson: Practical skin pathology : a diagnostic approach. 2013, ISBN 978-1-4557-3827-4, S. 35.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sacharitha Bowers, Erin M. Warshaw: Pityriasis lichenoides and its subtypes. In: Journal of the American Academy of Dermatology. Band 55, Nr. 4, Oktober 2006, ISSN 1097-6787, S. 557–572; quiz 573–576, PMID 17010734 (17010734 [abgerufen am 7. September 2020]).
  2. A. J. González Rodríguez, E. Montesinos Villaescusa, E. Jordá Cuevas: Pityriasis lichenoides chronica associated with herpes simplex virus type 2. 2012, PMID 23243523 (englisch).
  3. K. S. Tsai, H. J. Hsieh, K. C. Chow, T. Y. Lin, S. F. Chiang: Detection of cytomegalovirus infection in a patient with febrile ulceronecrotic Mucha-Habermann's disease. 2001, PMID 11737435 (englisch).
  4. P. A. Klein, E. C. Jones, J. L. Nelson, R. A. Clark: Infectious causes of pityriasis lichenoides: a case of fulminant infectious mononucleosis. 2003, PMID 12894107 (englisch).
  5. F. Rongioletti, S. Delmonte, A. Rebora: Pityriasis lichenoides and acquired toxoplasmosis. 1999, PMID 10369549 (englisch).
  6. R. K. Pandhi, L. K. Gupta, P. D'Souza: Pityriasis lichenoides chronica in association with Tubercular Lymphadenitis. September 1997, PMID 20944365 (englisch).
  7. Amor Khachemoune, Marianna L. Blyumin: Pityriasis lichenoides: pathophysiology, classification, and treatment. In: American Journal of Clinical Dermatology. Band 8, Nr. 1, 2007, ISSN 1175-0561, S. 29–36, doi:10.2165/00128071-200708010-00004, PMID 17298104.
  8. Breno Augusto Campos de Castro, Juliana Milagres Macedo Pereira, Renata Leal Bregunci Meyer, Fernanda Marques Trindade, Moises Salgado Pedrosa: Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta after influenza vaccine. In: Anais Brasileiros De Dermatologia. Band 90, 3 Suppl 1, Mai 2015, ISSN 1806-4841, S. 181–184, doi:10.1590/abd1806-4841.20153492, PMID 26312710, PMC 4540544 (freier Volltext).
  9. a b T. Tsuji, M. Kasamatsu, M. Yokota, A. Morita, R. A. Schwartz: Mucha-Habermann disease and its febrile ulceronecrotic variant. In: Cutis. Band 58, Nr. 2, August 1996, ISSN 0011-4162, S. 123–131, PMID 8864599.
  10. C. Magro, A. Crowson, C. Morrison, J. Li: Pityriasis lichenoides chronica: stratification by molecular and phenotypic profile. In: Human Pathology. Band 38, Nr. 3, März 2007, S. 479–490, doi:10.1016/j.humpath.2006.09.013 (elsevier.com [abgerufen am 10. September 2020]).
  11. M. Rogers: Pityriasis lichenoides and lymphomatoid papulosis. In: Seminars in Dermatology. Band 11, Nr. 1, März 1992, ISSN 0278-145X, S. 73–79, PMID 1550718.
  12. Neil F. Fernandes, Paul J. Rozdeba, Robert A. Schwartz, George Kihiczak, W. Clark Lambert: Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta: a disease spectrum. In: International Journal of Dermatology. Band 49, Nr. 3, März 2010, ISSN 1365-4632, S. 257–261, doi:10.1111/j.1365-4632.2008.03915.x, PMID 20465660.
  13. J. L. López-Estebaranz, F. Vanaclocha, R. Gil, B. García, L. Iglesias: Febrile ulceronecrotic Mucha-Habermann disease. In: Journal of the American Academy of Dermatology. Band 29, 5 Pt 2, November 1993, ISSN 0190-9622, S. 903–906, doi:10.1016/0190-9622(93)70267-w, PMID 8408838.
  14. Eduardo Calonje, Thomas Brenn, Alexander Lazar, Steven D. Billings: McKee's pathology of the skin with clinical correlations. 5. Auflage. 2020, ISBN 978-0-7020-7552-0, S. 278–282 (Abschnitt Pathologie).
  15. James W. Patterson: Practical skin pathology : a diagnostic approach. Philadelphia, PA 2013, ISBN 978-1-4557-3827-4, S. 35.
  16. Peter Altmeyer: Pityriasis lichenoides chronica. In: Altmeyers Enzyklopädie. Abgerufen am 7. September 2020.
  17. Sacharitha Bowers, Erin M. Warshaw: Pityriasis lichenoides and its subtypes. In: Journal of the American Academy of Dermatology. Band 55, Nr. 4, Oktober 2006, ISSN 1097-6787, S. 557–572; quiz 573–576, doi:10.1016/j.jaad.2005.07.058, PMID 17010734.
  18. Neil F. Fernandes, Paul J. Rozdeba, Robert A. Schwartz, George Kihiczak, W. Clark Lambert: Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta: a disease spectrum. In: International Journal of Dermatology. Band 49, Nr. 3, März 2010, ISSN 1365-4632, S. 257–261, doi:10.1111/j.1365-4632.2008.03915.x, PMID 20465660.