Reflexionsprinzip (Mengenlehre)

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Das Reflexionsprinzip ist ein mathematischer Satz aus dem Gebiet der Mengenlehre. Die Kernaussage lautet, dass es keinen in der Sprache der Mengenlehre formulierbaren Satz über das Mengenuniversum, das heißt über die Klasse aller Mengen, gibt, der nicht bereits in einer geeigneten Menge „gespiegelt“ (siehe unten) würde, woraus sich der Name Reflexionsprinzip erklärt. Der Satz geht auf Richard Montague (1957) und Azriel Levy (1960) zurück.

Formulierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wir betrachten die Stufen der Von-Neumann-Hierarchie. Ist eine Formel der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre, das heißt eine aus Variablen für Mengen und den Symbolen korrekt aufgebaute Aussage, so sagt man spiegele , wenn das durch definierte Prädikat die Aussage spiegelt, diese Begriffe sind im Artikel Relativierung (Mengenlehre) erklärt.

Es gilt nun das sogenannte

Reflexionsprinzip[1][2]
Ist eine mengentheoretische Formel, so gibt es eine Ordinalzahl , so dass von gespiegelt wird.

In einprägsamer Kurzform lautet das Reflexionsprinzip: Zu jedem Satz gibt es bereits eine Menge, die ihn spiegelt. Diese Menge kann als Stufe der Von-Neumann-Hierarchie gewählt werden. Man kann zeigen, dass man als Limes-Ordinalzahl wählen kann. Es gilt sogar die für den Beweis wesentliche Verschärfung, dass die Klasse aller Ordinalzahlen , so dass von gespiegelt wird, beliebig große club-Mengen enthält.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jeder im Mengenuniversum wahre Satz ist bereits in einer Menge wahr. Es gibt also keinen in der mengentheoretischen Sprache formulierbaren Satz, der das Mengenuniversum von allen Mengen unterscheidet. Ebbinghaus schreibt daher in seinem unten zitierten Lehrbuch, dass das Mengenuniversum in diesem Sinne „unbeschreiblich groß“ sei.
  • Betrachtet man ZF ohne Unendlichkeits- und Ersetzungsaxiom so ist das Reflexionsprinzip gerade äquivalent zu diesen. Das Scottsche Axiomensystem für ZF wählt dieses Reflexionsprinzip als Axiomenschema.
  • Die Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre ist nicht endlich axiomatisierbar. (Man beachte, dass das Ersetzungsaxiom ein Schema von unendlich vielen Axiomen ist.) Eine endliche Menge von Axiomen könnte mittels der Konjunktion zu einer einzigen Aussage verknüpft werden, und diese würde bereits durch eine Menge gespiegelt, das heißt man könnte in ZF die Existenz eines Modells für ZF zeigen, was ein Widerspruch zum Zweiten Unvollständigkeitssatz wäre.[3]

Verstärkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Reflexionsprinzip gilt auch für Verallgemeinerungen der Von-Neumann-Hierarchie. Ist eine beliebige Klasse und eine durch eine Formel definierte Folge von transitiven Mengen mit

  • , für alle ,
  • , für alle Limesordinalzahlen ,
  • ,

so gibt es für jede Formel ein , sodass gilt. Die Verstärkung ist unter anderem auf die konstruierbare Hierarchie anwendbar und kann verwendet werden, um nachzuweisen, dass in das Aussonderungsaxiom gilt.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heinz-Dieter Ebbinghaus: Einführung in die Mengenlehre, Spektrum Verlag 2003, ISBN 3-8274-1411-3, Kap X, 2.1
  2. Thomas Jech: Set Theory, Springer-Verlag (2003), ISBN 3-540-44085-2, Theorem 12.14
  3. Thomas Jech: Set Theory, Springer-Verlag (2003), ISBN 3-540-44085-2, Bemerkungen zu Theorem 12.14