Reitgräser

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Reitgräser

1. Sumpf-Reitgras (Calamagrostis canescens), 2. Ufer-Reitgras (Calamagrostis pseudophragmites) und 3. Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos), Kupferstich von Jacob Sturm

Systematik
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Gattung: Reitgräser
Wissenschaftlicher Name
Calamagrostis
Adans.

Reitgräser (Calamagrostis) sind eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Die etwa 230 Arten sind fast weltweit verbreitet. Der deutsche Trivialname Reitgras, auch Reutgras bedeutet so viel wie „Rodungsgras“ und bezieht sich auf Calamagrostis epigejos, das jedoch nicht auf Rodungen, sondern auf Waldschlägen wächst.[1]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Reitgras-Arten sind ausdauernde krautige Pflanzen. Es sind horstbildende Gräser, die häufig unterirdische Ausläufer bilden. Die zahlreichen Erneuerungstriebe wachsen innerhalb oder außerhalb der unteren Blattscheiden (intra- oder extravaginal) hoch. Die Halme sind einfach oder an den unteren Knoten verzweigt und besitzen mehrere Knoten.

Die wechselständig am Halm angeordneten Laubblätter sind in Blattscheide und Blattspreite gegliedert. Die Blattscheiden sind bis zum Grund offen, gerieft, manchmal behaart und glatt oder rau. Das Blatthäutchen ist ein häutiger Saum. Die einfachen Blattspreiten sind lang und 1,5 bis 12 Millimeter breit. Sie sind flach, gerippt. Auf den Rippen sind sie rau, kahl bis behaart. Der Blattrand ist rau und häufig schneidend.

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der rispige Blütenstand ist reich verzweigt, meist aufrecht und nur zur Anthese ausgebreitet. Die Ährchen bestehen aus einem zwittrigen Blütchen und sind 3 bis 8 Millimeter lang, schmal und seitlich zusammengedrückt. Das Blütchen trägt am Grund der Deckspelze längere Haare, die meist gleich lang wie oder länger als die Deckspelze sind. Die Blüte fällt zur Fruchtreife als Ganzes aus den Hüllspelzen aus. Die Ährchenachse trägt an den Kanten lange weiße Haare. Die zwei Hüllspelzen sind ein- bis dreinervig und so lang wie das Ährchen. Sie sind spitz bis zugespitzt, häutig und ungleich, wobei das untere länger als das obere ist. Die Deckspelze ist drei- oder fünfnervig und halb bis 3/4 so lang wie die Hüllspelzen. Sie ist spitz oder hat zwei kurze Seitenlappen, ist häutig, kahl und trägt eine Granne. Diese sitzt meistens auf dem Rücken der Spelze, selten zwischen den Seitenlappen oder an der Spitze. Die Vorspelze hat zwei Nerven, ist bis zu gleich lang wie die Deckspelze, zarthäutig und kahl. Es gibt drei Staubblätter. Der Fruchtknoten ist kahl und trägt zwei endständige Griffel mit kurzen, federigen Narben.

Die Karyopse ist kahl. Der Nabel ist länglich und nimmt bis zu einem Viertel der Fruchtlänge ein.

Chromosomensätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 7. Die Calamagrostis-Arten sind tetraploid oder haben einen noch höheren Ploidiegrad.

Fortpflanzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei den tetraploiden Calamagrostis-Arten verläuft die Meiose normal, sie sind Fremdbefruchter. Bei Sippen mit höherer Ploidie kommt es häufig zu Störungen in der Meiose, sie pflanzen sich teilweise apomiktisch fort. Das Verhältnis zwischen apomiktischer und sexueller Samenbildung kann dabei je nach Alter der Pflanze und nach Jahreszeit variieren. Einige Arten, wie Calamagrostis purpurea und Calamagrostis pseudopurpurea pflanzen sich rein apomiktisch fort.

Wenn zwei Arten im gleichen Gebiet vorkommen, bilden sie häufig Hybride, die stets steril sind, sich aber vegetativ vermehren können.

Systematik und Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Calamagrostis wurde 1763 durch Michel Adanson aufgestellt. Der Gattungsname Calamagrostis leitet sich von den griechischen Wörtern kalamagrostis für „Rohrgras, Schilfgras“ ab, zu kalamos für „Rohr“ und agrostis für „Futtergras“ ab. Synonyme für Calamagrostis Adans. sind: Ancistrochloa Honda, Anisachne Keng, Athernotus Dulac, Chamaecalamus Meyen, Cinnagrostis Griseb., Deyeuxia Clarion ex P.Beauv., Sclerodeyeuxia Pilg., Stilpnophleum Nevski, Stylagrostis Mez.[2] Über den Umfang der Gattung Calamagrostis und die Abgrenzung oder Einbeziehung der Gattungen Agrostis sowie Deyeuxia wird kontrovers diskutiert.[3]

Die Gattung Calamagrostis ist weltweit verbreitet. Ein Mannigfaltigkeitszentrum liegt mit rund 100 Arten in Südamerika.[4] In der Gattung Calamagrostis s. l. etwa 230 Arten, von denen nach Fischer 2008 14 in Europa vorkommen.[1] In Mitteleuropa kommen acht bis neun Arten vor: Wald-Reitgras (Calamagrostis arundinacea), Sumpf-Reitgras (Calamagrostis canescens), Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos), Ufer-Reitgras (Calamagrostis pseudophragmites), Purpur-Reitgras (Calamagrostis purpurea), Sächsisches Reitgras (Calamagrostis rivalis), Moor-Reitgras (Calamagrostis stricta), Berg-Reitgras (Calamagrostis varia), Wolliges Reitgras (Calamagrostis villosa).[1]

Die Gattung Calamagrostis wird in die Tribus Aveneae oder auch Poeae in der Unterfamilie Pooideae innerhalb der Familie der Poaceae gestellt. Es gibt viele Naturhybriden.

Sumpf-Reitgras (Calamagrostis canescens)
Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos)

In der Gattung Calamagrostis s. l. gibt etwa 230 Arten:[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
  • Walter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
  • Hans Joachim Conert: Calamagrostis. In: Hans Joachim Conert (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Begründet von Gustav Hegi. 3., völlig neubearbeitete Auflage. Band I, Teil 3: Spermatophyta: Angiospermae: Monocotyledones 1(2). Poaceae (Echte Gräser oder Süßgräser). Parey Buchverlag, Berlin 1998, ISBN 3-8263-2868-X, S. 357–380 (erschienen in Lieferungen 1979–1998 – 5. Lieferung, 1989).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az ba bb bc bd be bf bg bh bi bj bk bl bm bn bo bp bq br bs bt bu bv bw bx by bz ca cb cc cd ce cf cg ch ci cj ck cl cm cn co cp cq cr cs ct cu cv cw cx cy cz da db dc dd de df dg dh di dj dk dl dm dn do dp dq dr ds dt du dv dw dx dy dz ea eb ec ed ee ef eg eh ei ej ek el em en eo ep eq er es et eu ev ew ex ey ez fa fb fc fd fe ff fg fh fi fj fk fl fm fn fo fp fq fr fs ft fu fv fw fx fy fz ga gb gc gd ge gf gg gh gi gj gk gl gm gn go gp gq gr gs gt gu gv gw gx gy gz ha hb hc hd he hf hg hh hi hj hk hl hm hn ho hp hq hr hs ht hu hv hw hx hy hz ia ib ic id ie if ig ih ii ij ik il im in io ip iq ir is it iu iv iw ix iy iz ja jb jc jd je jf jg jh ji jj jk jl jm jn jo jp jq jr js jt ju jv jw jx jy jz ka kb kc kd ke Rafaël Govaerts, 2011: World checklist of selected plant families published update. Facilitated by the Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew. Rafaël Govaerts (Hrsg.): Calamagrostis. In: World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) – The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew.
  3. a b c d e Sheng-lian Lu, Sylvia M. Phillips: In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 22: Poaceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis 2006, ISBN 1-930723-50-4.Calamagrostis s. str., S. 359–360 - textgleich online wie gedrucktes Werk.
  4. Calamagrostis, In: W. D. Clayton, K. T Harman, H. Williamson: GrassBase - The Online World Grass Flora. 2006 ff., abgerufen 19. Juli 2008.
  5. Thomas Raus, Hildemar Scholz: Once again: The correct name of the endemic Calamagrostis from Saxony (Germany). In: Feddes Repertorium. Band 113, Nr. 3–4, 2002, S. 271–272, doi:10.1002/1522-239X(200208)113:3/4<271::AID-FEDR271>3.0.CO;2-N.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Reitgräser (Calamagrostis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien