Robert Ley

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Robert Ley im Jahre 1933

Robert Ley (* 15. Februar 1890 in Niederbreidenbach, Rheinprovinz; † 25. Oktober 1945 in Nürnberg) war im Rahmen seiner Positionen als Reichsleiter der NSDAP und Leiter des Einheitsverbands Deutsche Arbeitsfront einer der führenden Politiker zur Zeit des Nationalsozialismus. Nach ihm wurden der Siedlungstyp Ley-Siedlung und das Passagierschiff Robert Ley benannt. Er gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Personen und tötete sich vor Prozessbeginn selbst.

Leben

Ley wuchs als Sohn des Bauern Friedrich Ley und dessen Frau Emilie (geb. Wald) im Oberbergischen Land östlich von Köln als siebtes von elf Kindern auf. Im Alter von sechs Jahren wurde er von einem prägenden Erlebnis erschüttert: Sein Vater beging durch das Anzünden des eigenen Bauernhofes einen Versicherungsbetrug. Die Verurteilung seines Vaters zu einer mehrjährigen Haftstrafe soll bei ihm zu einer lebenslangen Angst vor dem sozialen Abstieg und andererseits zu einem grenzenlosen Ehrgeiz und extremer Selbstdarstellung geführt haben.

Nach dem 1910 abgelegten Abitur schrieb er sich für Naturwissenschaften an den Universitäten Jena (5 Semester) und Bonn (2 Semester) ein und wechselte danach an die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU). In Jena wurde er Mitglied der Sängerschaft zu St. Pauli Jena.[1] Bis zum Kriegsausbruch 1914 gelang es ihm, sein Studium im Fach Lebensmittelchemie an der WWU in Münster bis vor den Diplomabschluss (Staatsexamen) voranzubringen. Anschließend nahm er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil – als Artillerist wurde er in den Schlachten von Verdun und an der Somme eingesetzt.

Als Fliegerbeobachter der Fliegerabteilung 202 (Artillerie) wurde Ley abgeschossen und geriet am 29. Juli 1917 in französische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1920 körperlich schwer gezeichnet nach Deutschland zurückkehrte. Durch einen Beinbruch und eine schwere Gehirnverletzung erlitt er bleibende Schäden. Seine Alkoholabhängigkeit und seine Tendenz zum Stottern könnten eine Folge seiner im Krieg erlittenen Verletzungen sein. Wiederholte chirurgische Operationen waren zu seiner Genesung erforderlich.

Nach der Rückkehr an die Westfälische Wilhelms-Universität und seiner erfolgreichen Promotion in Chemie über Beiträge zur Kenntnis der gemischten Glyceride bekam er 1920 eine einträgliche Beschäftigung bei Bayer in Leverkusen. Der äußere Schein verdeckte jedoch seine psychischen Probleme, die ihn hinderten, sich in der schweren sozialen Lage der Weimarer Republik zurechtzufinden. So zog er sich immer mehr aus dem bürgerlichen Leben zurück und geriet unter den Einfluss der Nationalsozialisten. 1922 wurde seine Tochter Renate geboren.

Parteikarriere

Der NSDAP trat Ley bereits 1923 bei und Adolf Hitler berief ihn im Juni 1925 zum Gauleiter von Rheinland-Süd.[2]

Aufgrund seiner Alkoholsucht und wegen antisemitischer Angriffe auf einen Bankier verlor er 1928 seine Beschäftigung bei der Bayer-Zweigniederlassung der I.G. Farben. Im gleichen Jahr ernannte man ihn zum hauptamtlichen Organisationsleiter der NSDAP im Gau Köln-Aachen und er wurde Mitglied des Preußischen Landtags. In diesen Jahren entwickelte sich Ley zum fanatischen Redner und Agitator.

Er war in Straßenschlachten und andere Tumulte verwickelt. Die Parteizeitung Westdeutscher Beobachter benutzte er für hasserfüllte Ausfälle gegen jüdische Warenhäuser und gegen „jüdische Finanzmacht“. Ley spezialisierte sich auf – vor allem gegen Juden gerichtete – verleumderische Artikel. In einer Rede vom Mai 1942 in Karlsruhe erklärte er, dass es nicht genüge, den jüdischen „Feind der Menschheit“ zu isolieren. Darüber hinaus sagte er bereits in einer Rede am 2.Juni 1942 in den Berliner Siemens Werken: „Juda wird und muss fallen. Juda wird und muss vernichtet werden. Das ist unser heiliger Glaube.“ Ley betonte bei seinen Reden zumeist, dass die Ausrottung der jüdischen Rasse in Europa ein ernanntes Ziel des Nationalsozialismus sei.

Ley neigte notorisch dazu, sich – unabhängig vom Thema – in blinde Rage zu reden und jeden Bezug zur Realität zu verlieren, indem er zum Beispiel Hitler buchstäbliche Allwissenheit attestierte oder die unmittelbar bevorstehende Eroberung des Mondes und aller Planeten ankündigte.

An der Spitze des NS-Regimes

Nach dem Rücktritt von Gregor Strasser am 8. Dezember 1932 ernannte ihn Hitler im Dezember 1932 zum Reichsorganisationsleiter (ROL) der NSDAP. Ley erreichte jedoch nicht die Machtfülle seines Vorgängers. Adolf Hitler ernannte am 21. April 1933 Rudolf Heß zum Stellvertreter und erteilte ihm die Vollmacht, „in allen Fragen der Parteileitung“ in seinem Namen zu entscheiden.[3] Unterstützt von seinem Stabsführer Martin Bormann gelang es Heß, den innerparteilichen Führungsanspruch zu gewinnen, den Ley als Leiter der „Politischen Organisation der NSDAP“ für sich beanspruchen wollte. Hitler beschränkte im November 1934 die Aufgaben des Reichsorganisationsleiters auf „Aufbau, Ausbau und Überwachung der inneren Organisation [sowie] Schulung und Personal-Statistik der Parteiorganisation“.[4] Zentrales Führungsorgan der NSDAP wurde hingegen der Stab des Stellvertreters des Führers (1941 umbenannt in „Partei-Kanzlei“), der an allen wesentlichen Entscheidungen im Partei- und im Staatsapparat zu beteiligen war.

Robert Leys persönliches Ziel bestand darin, als „Erzieher“ und „Betreuer“ die Partei umzubauen. Er errang die Kontrolle über die Organisation, die Schulung und die Personalpolitik. Er erreichte, dass ihm die Organisation der Eliteschulen („Ordensburgen“) und die Gestaltung der Nürnberger Reichsparteitage unterstellt wurden. Während des Zweiten Weltkriegs wurde ihm die Aufsicht über das staatliche Wohnungsbauprogramm übertragen.

Unter Hinweis auf seine Verdienste kam er 1940 bei Hitler um eine Dotation ein; sie wurde ihm in Höhe von 1 Million Reichsmark gewährt.[5]

Organisator der Deutschen Arbeitsfront

Tullio Cianetti, Robert Ley, 1936
Reklame für einen bunten Abend der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ im Gau Kurhessen

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde er Leiter des Aktionskomitees zum Schutz der Deutschen Arbeit, dessen Aufgabe die Auflösung und Übernahme der Gewerkschaften war. Das Aktionskomitee wurde wenig später in die Deutsche Arbeitsfront (DAF) überführt, deren Leiter Robert Ley bis 1945 war.

Nach der Kampagne gegen die Gewerkschaften vom 2. Mai 1933 und deren Zerschlagung wurde am 10. Mai 1933 in Berlin die DAF gegründet. In der ersten Entwicklungsetappe bis Ende 1933 enthielten die neu gebildeten Gesamtverbände der deutschen Arbeiter und der deutschen Angestellten sowie der Große und Kleine Arbeitskonvent noch Konzessionen an den tief verwurzelten Gewerkschaftsgedanken. Beginnend mit dem 27. November 1933, als das Zentralbüro der DAF mit den Reichsbetriebsgemeinschaften, den Gauwaltungen der DAF mit den Gaubetriebsgemeinschaften und Betriebsgemeinschaften gegründet wurde, setzte Ley das Führer- und Gefolgschaftsprinzip in vollem Umfange durch.

Somit gelang es Ley, in der DAF die nationalsozialistische Ideologie zu verbreiten und die Betriebe in wachsendem Maße durch Betriebsappelle und sogenannte Werkscharen zu militarisieren. Die DAF schloss sich als Verband der NSDAP an. Ihr Charakter wurde allerdings durch eine exzessive soziale Demagogie verschleiert. Das Bild vom Arbeiter sollte nach dem Selbstverständnis der DAF einer „Organisation aller schaffenden Deutschen der Stirn und der Faust“ entsprechen, mit dem Anspruch, den Arbeiter „zum gleichberechtigten und geachteten Mitglied der Nation“ gemacht zu haben. Dieses Bild, welches an die Mentalität des Frontsoldaten in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs anknüpfte, sollte das Kampfverhalten in den Betrieben fördern, was genau dem sozialdarwinistischen Leitbild vom Menschen in der NSDAP entsprach: der Mensch als Kämpfer gegen seine Feinde.

Die Mitgliederzahlen der DAF betrugen 5.320.000 im Juli 1933, 16.000.000 im Juni 1934 und 25.000.000 im Dezember 1942, womit sie die größte Massenorganisation im NS-Staat wurde. Sie führte die Gleichschaltung der Arbeits- und Freizeitwelt der Deutschen im Sinne des Nationalsozialismus durch (unter anderem durch die Organisation der Sozialversicherungen und die „NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude“, die im Deutschen Reich der 1930er Jahre zum größten Reiseveranstalter wurde).

Nach Leys Ideen wurden bis 1935 Parteischulen („Ordensburgen“) für junge Erwachsene gebaut, u. a. die Ordensburg Sonthofen im Allgäu und die Ordensburg Vogelsang in der Eifel. Ab 1937 kamen in Zusammenarbeit mit dem „Reichsjugendführer“ Baldur von Schirach außerdem die parteieigenen Adolf-Hitler-Schulen für Jungen ab 12 Jahren hinzu.

Ley bei einer Rede anlässlich der Grundsteinlegung zur Wohnbausiedlung Charlottenburg-Nord in Berlin am 1. August 1939. Dahinter von links nach rechts Albert Speer und Julius Lippert.

Das seinem Heimatort nahe Waldbröl gelangte durch ihn zu trauriger Berühmtheit. Ley wollte aus dem Ort, der damals unter 10.000 Einwohner hatte, die „größte Stadt zwischen Köln und Kassel“ machen. Nach dem Vorbild des Volkswagenwerkes bei Fallersleben sollte ein „Volkstraktorenwerk“ mit Autobahnanbindung und U-Bahn gebaut werden. Zudem war geplant, die beiden Nebenbahnen Aggertalbahn und Wiehltalbahn zu zweigleisigen Hauptbahnen auszubauen.

Leys Dienstvilla wurde 1938 die für ihn umgebaute Villa Leonhart in Königswinter.

Niedergang

Ab 1939 verlor Ley seinen ehedem beträchtlichen Einfluss zunehmend an den Reichsminister für Bewaffnung und Munition Fritz Todt und später dessen Nachfolger Albert Speer. Auch Fritz Sauckel als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz machte ihm wichtige Funktionen streitig. Durch rohe antisemitische Stimmungsmache versuchte er seinen Autoritätsverlust auszugleichen. Seine auch in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Alkoholsucht (er fuhr des Öfteren volltrunken Auto) brachte ihm – hinter vorgehaltener Hand – die Spitznamen „Reichstrunkenbold“ und „Immerblau“ ein. 1939 wurde er mit der Ehrensenatorwürde der TH Karlsruhe ausgezeichnet.[6]

Lediglich im Bereich des Wohnungswesens konnte Ley, der am 15. November 1940 von Adolf Hitler zum „Reichskommissar für den sozialen Wohnungsbau[7] und im Frühjahr 1942 mit erweiterten Kompetenzen zum „Reichswohnungskommissar“ ernannt worden war, seine führende Stellung halten. Gegen den Widerstand von Reichsarbeitsminister Franz Seldte und Martin Bormann (Leiter der Parteikanzlei der NSDAP) und mit strategischer Unterstützung von Albert Speer erhielt er den Auftrag zur Einrichtung des Deutschen Wohnungshilfswerks, mit dem ab Herbst 1943 die Luftkriegsopfer mit behelfsmäßigem Wohnraum versorgt werden sollten.[8]

Auszeichnung von Kriegsmusterbetrieben durch Robert Ley, März 1944

Am 29. April 1945 wurde er in Hitlers politischem Testament als Leiter der DAF bestätigt. Einige Tage später, im Mai 1945, wurde er von US-amerikanischen Truppen verhaftet und in Camp Ashcan im luxemburgischen Bad Mondorf zusammen mit anderen Mitgliedern der NSDAP-Hierarchie und Militärs der Wehrmacht interniert. Er wurde im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher angeklagt. Einer abzusehenden Verurteilung vor dem Internationalen Militärgerichtshof entzog sich Ley im Zellengefängnis Nürnberg durch Suizid: Nachdem er seine Unterwäsche zuvor unbemerkt unter seinem Laken zerrissen hatte, strangulierte er sich, in seiner Zelle auf der Toilette sitzend, mit einem aus Gewebestreifen selbsthergestellten Strang.

Literatur

  • Hans-Dieter Arntz: Ordensburg Vogelsang 1934–1945: Erziehung zur politischen Führung im dritten Reich. Helios, Aachen 2010, ISBN 978-3-86933-018-1.
  • Hans-Dieter Arntz: Ordensburg Vogelsang – … im Wandel der Zeiten. Helios, Aachen 2007, ISBN 978-3-938208-51-9.
  • Heinz-Wilhelm Brandenburger: „Ley-Land“. Dr. Ley und der Nationalsozialismus im Oberbergischen. Prometh, Köln 1988, ISBN 3-922009-91-3.
  • Heinz Boberach: Robert Ley (1890–1945). In: Franz-Josef Heyen (Hrsg.): Rheinische Lebensbilder, Band 14. Rheinland Verlag, Köln 1994, S. 273–292.
  • Franz A. Heinen: Vogelsang. Gaasterland, Düsseldorf 2006, ISBN 3-935873-11-5.
  • Ders.: Gottlos, schamlos, gewissenlos. Zum Osteinsatz der Ordensburg-Mannschaften. Gaasterland, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-935873-27-7.
  • Karl Schröder: Aufstieg und Fall des Robert Ley. Franz Schmidt, Siegburg 2008, ISBN 978-3-87710-342-5.
  • Ulrich Schulz: Ley, Robert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 424 f. (Digitalisat).
  • Ronald Smelser: Robert Ley. Hitlers Mann an der „Arbeitsfront“. Eine Biographie. Schöningh, Paderborn 1989, ISBN 3-506-77481-6; Original: Robert Ley. Hitler’s Labor Front Leader. Oxford 1988.
  • Reiner Tosstorff: Wilhelm Leuschner gegen Robert Ley. Die Ablehnung der Nazi-Diktatur durch die Internationale Arbeitskonferenz 1933 in Genf. VAS-Verlag für akademische Schriften, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-88864-437-5.

Weblinks

Commons: Robert Ley – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Paul Meißner (Hrsg.): Verzeichnis der Mitglieder des Verbandes Alter Sängerschafter in Weimar e. V. Leipzig 1929, S. 10.
  2. Susanne Eckelmann: Robert Ley. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
  3. Peter Longerich: Hitlers Stellvertreter – Führung der Partei und Kontrolle des Staatsapparates durch den Stab Heß und die Partei-Kanzlei Bormann . München u. a., 1992, ISBN 3-598-11081-2, S. 8.
  4. Peter Longerich: Hitlers Stellvertreter..., S. 16.
  5. Gerd R. Ueberschär, Winfried Vogel: Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten. Frankfurt 1999, ISBN 3-10-086002-0.
  6. Klaus-Peter Hoepke (Hrsg.): Geschichte der Fridericiana. Stationen in der Geschichte der Universität Karlsruhe (TH) von der Gründung 1825 bis zum Jahr 2000. Universitätsverlag Karlsruhe, Karlsruhe 2007, ISBN 978-3-86644-138-5, S. 126.
  7. Ronald Smelser: Robert Ley. Hitlers Mann an der „Arbeitsfront“. Eine Biographie. Schöningh, Paderborn 1989, ISBN 3-506-77481-6, S. 274.
  8. Werner-Meier, Draeger (Erläuterung unter Mitwirkung von Mußfeld): Die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen. Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom 29. Februar 1940 nebst Durchführungsvorschriften und einschlägigen sonstigen Vorschriften. 2. Auflage. Carl Heymann, Berlin 1941, Teil VI, S. 290–295: Erlass zur Vorbereitung des deutschen Wohnungsbaues nach dem Kriege vom 15. November 1940, Ziffer I (Bestellung des dem Führer unmittelbar unterstellten Reichskommissars für den sozialen Wohnungsbau zur Durchführung der Aufgabe).

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