Saʿdūn as-Surunbāqī

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Asturiens König Alfons III. gewann durch das Bündnis mit as-Surunbāqī Porto und Coimbra. Später ließ er ihn hinrichten.
Asturiens König Alfons III. gewann durch das Bündnis mit as-Surunbāqī Porto und Coimbra. Später ließ er ihn hinrichten.
Im 9./10. Jahrhundert waren Ibn Marwan, Saʿdūn as-Surunbāqī und Saʿdūns Sohn Masʿūd wichtige Führer der Muwalladūn-Rebellionen im Westen von al-Andalus
Im 9./10. Jahrhundert waren Ibn Marwan, Saʿdūn as-Surunbāqī und Saʿdūns Sohn Masʿūd wichtige Führer der Muwalladūn-Rebellionen im Westen von al-Andalus

Saʿdūn ibn Fath as-Surunbāqī (arabisch سعدون بن فتح السرنباقي, DMG Saʿdūn ibn Fatḥ as-Surunbāqī), auch Surunbaki[Anm. 1] († vor 910[Anm. 2]) war ein muslimischer (maurischer) Rebellenführer bzw. Regionalherrscher im Westen von al-Andalus in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Der Name soll sich vom arabischen السرور الباقى (as-surūr al-bāqī) ableiten, was etwa „andauernde (ewig währende) Freude“ bedeutet.[1] Andere Deutungen sehen in Surunbāqī eine Ableitung vom Namen seines vermeintlichen Herkunftsortes Cirembaga (bei Alvorge, südlich von Coimbra)[2][3][4][5] oder Serombeque (in der Region Beja).[2]

As-Surunbāqī war wahrscheinlich der Sohn eines galicischen[6] bzw. mozarabischen[5][7] Konvertiten.[Anm. 3] Wie viele andere Nachkommen solcher „Neumuslime“ (Muwalladūn) nutzte auch er die Chance zur Integration in das herrschende System – zu einer Zeit, als sich die Mehrheit der von Arabern und Berbern unterworfenen Bevölkerung Andalusiens zwar bereits sprachlich und kulturell arabisiert hatte, religiös aber noch christlich geblieben war[8][9] und fanatische christliche Prediger (allen voran Bischof Eulogius) diese Bevölkerung gegen die Muslime aufzuhetzen versuchten.[8]

Unter der Herrschaft des Emirs Muhammad I. scheint as-Surunbāqī Statthalter oder doch zumindest hoher Verwaltungsbeamter im (heute zu Portugal gehörenden) Westen bzw. Nordwesten des Emirates gewesen zu sein. Bei Abwehrkämpfen gegen die unter Führung von Björn Eisenseite und Hasting einfallenden Wikinger geriet as-Surunbāqī 859[10][11][12] in deren Gefangenschaft, wurde aber 860[11] oder 861[12] gegen Zahlung eines Lösegelds wieder freigelassen. Dem Chronisten Ibn Hayyan (987–1075) zufolge soll Ṣurunbāqī einem jüdischen Mittelsmann, das Geld, das dieser ausgelegt hatte, nicht zurückgezahlt haben.[3][11][12][13] Ibn Hayyan, der die Ära der Umayyaden-Herrscher von Córdoba positiv darzustellen bemüht war, bewertete as-Surunbāqī grundsätzlich negativ. Zusammen mit weiteren unzufriedenen Muwalladūn und Mozarabern hatte sich as-Surunbāqī der Rebellion des ebenfalls galicischstämmigen Ibn Marwan gegen die Umayyaden-Emire angeschlossen und sich sogar mit Asturiens König Alfons III. verbündet. Für Ibn Hayyan war das Bündnis der Rebellen mit den Christen und ihrem König nicht nur Verrat, sondern vor allem auch Schirk (Unglaube).[1][14]

Rebellionen im Emirat von Córdoba (al-Andalus) zur Zeit as-Surunbāqīs: Ibn Marwāns Aufstandsgebiet (von Merida bis Badajoz) ist gelb dargestellt.

Ṣurunbāqī wurde oft als Herr (Gouverneur) von Burtukal (Portucale, Porto) bezeichnet[2][4][15], doch Porto war nach dem Scheitern von Ibn Marwans erster Revolte (868) an Alfons III. gefallen. Unsicher ist, ob as-Surunbāqī bis zur Inbesitznahme der Stadt durch die christlichen Asturier herrschte oder erst danach. Zum Zeitpunkt des Einmarsches der Truppen Alfons III. befand er sich in der Stadt[16], und Alfons III. betraute ihn danach mit dem Bau einer Festung zur Sicherung der am südlichen Douro-Ufer eroberten Gebiete gegen muslimische (umayyadische) Rückeroberungsversuche.[17] Möglicherweise schloss sich Saʿdūn as-Surunbāqī erst 875 bzw. 876 Ibn Marwans zweiter Revolte an.[17] Sie verschanzten sich zunächst in der Festung Monsalud (Munt Shalut, bei Badajoz) und konnten die Armee des Großwesirs Haschim ibn Abd al-Aziz schlagen.[1][2][15] Im Gegenstoß vertrieb as-Surunbāqī 876 die den Umayyaden treuen Berber (Banū Dānis) aus Coimbra[2][18] und wirkte an der Besetzung auch dieser Stadt durch die Truppen Alfons’ III. mit (878).[2][4][19]

Zusammen mit Ibn Marwan beherrschte as-Surunbāqī nicht nur die entvölkerte und verwüstete Zwischenzone im Grenzgebiet zwischen den christlichen Reichen und dem muslimischen Gebiet, sondern die gesamte Region zwischen Douro und Badajoz, d. h. Zentralportugal und das nördliche Alemtejo.[1] as-Surunbāqīs Milizen kontrollierten bzw. plünderten das Gebiet zwischen Coimbra, Santarem und Beja.[3][13][17] Da sich Surunbāqīs Überfälle ab 883[16] aber wiederholt auch auf das angrenzende christliche Gebiet erstreckten, wurde er schließlich auf Alfons’ Befehl gefangen genommen und hingerichtet.[1][13][20] Die muslimische Bevölkerung Coimbras wurde 904 vertrieben.[12][21] Surunbāqīs Nachkommen blieben Verbündete der Nachkommen Ibn Marwans. Einer seiner Söhne, Masʿūd ibn Saʿdūn as-Surunbāqī, kämpfte sowohl gegen umayyadische Regierungstruppen als auch gegen arabische und berberische Rivalen. In Ibn Marwans Auftrag befestigte er um 914 das (ein bzw. zwei Jahre zuvor) von Alfons Nachfolger Ordoño II. zerstörte Évora neu und siedelte Muwalladūn aus Badajoz und Beja an, um zu verhindern, dass sich rivalisierende Berber dort niederlassen.[3][5][7][11][22][23][24] Erst im Jahr 930 unterwarfen sich Ibn Marwans bzw. Ṣurunbāqīs Nachkommen in Badajoz bzw. Évora wieder dem Umayyaden-Emir von Córdoba.[25]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ibn Hayyan: Al-Muqtabis III - crónica del emir Abd Allah I entre los años 275 H./888-889 d.C. y 299 H./912-913 d.C). Instituto Egipcio de Estudios Islámicos, Madrid 2017
  • Martim Velho: Ibn Marwan (Ibn al-Djilliki) e Sadun Surunbaqui - A localização de Monsalude. In: Proceedings of the ninth Congress of the Union européenne des arabisants et islamisants, Seiten 270–287. Brill, Leiden 1981
  • Évariste Lévi-Provençal: España musulmana (711-1031). Espasa Libros, Barcelona 2000.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e David James: Early Islamic Spain - The History of Ibn Al-Qutiyah. Routledge, New York 2009, S. 118 f. und 127.
  2. a b c d e f Martim Velho: Ibn Marwan (Ibn al-Djilliki) e Sadun Surunbaqui - A localização de Monsalude. In: Proceedings of the ninth Congress of the Union européenne des arabisants et islamisants, Seiten 270–287. Brill, Leiden 1981
  3. a b c d Santiago Augusto Ferreira Macias: La kūra de Beja et le territoire de Mértola, Seiten 27–34 und 52. Université Lumière, Lyon 2005
  4. a b c Jorge de Alarcão: Percursos de Ibn Maruán, In: Portvgalia, Nova Série, Band 34, Seiten 137–149. DCTP-FLUP, Porto 2013
  5. a b c Adel Sidarus: Texto Arabe Sec X Nova Fundação de Evora, Seiten 3–11 und 17f. Universidade de Évora, Évora 2014
  6. Joaquín Arbeloa: Los orígenes del Reino de Navarra (710-925), Seite 433. Editorial Auñamendi, San Sebastián 1969
  7. a b José Rui Ribeiro dos Santos: Um olhar sobre o quotidiano de Évora no período medieval–islâmico, Seite 34. Universidade de Évora, Évora 2015
  8. a b André Clot: Al Andalus - Das maurische Spanien, Seiten 50ff, 64ff, 194–197 und 200f. Artemis & Winkler, Düsseldorf und Zurück 2002
  9. Mary Vincent und Robert Stradling: Bildatlas der Weltkulturen - Spanien und Portugal - Kunst, Geschichte, Lebensformen, Seite 42ff. Weltbild-Verlag, Augsburg 1997
  10. Jordi Gibert Arce: Cronología histórica (859)
  11. a b c d Antonio Rei: Cronologia Gharb Al-Andalus (711-1250), Seiten 6 und 8. Instituto de Estudos Medievais - FCSH/NOVA, Lissabon
  12. a b c d Ann Christys: Vikings in the South - Voyages to Iberia and the Mediterranean, Seiten 50–52. Bloomsbury Publishing, London/New York 2015
  13. a b c Roberto Marín Guzmán: Sociedad, política y protesta popular en la España musulmana, Seite 224. Editorial Universidad de Costa Rica, San José 2006
  14. Cyrille Aillet: Les mozarabes - Christianisme et arabisation en péninsule Ibérique, Seite 110. Casa de Velázquez, Madrid 2017
  15. a b Jordi Gibert Arce: Cronología histórica (876)
  16. a b José Javier Esparza: La gran aventura del reino de Asturias - Así comenzó la Reconquista, Seiten 360f und 399f. La Esfera de los Libros, Madrid 2009
  17. a b c Cláudio Torres, Santiago Macias, Susana Gómez: In the Lands of the Enchanted Moorish Maiden - Islamic Art in Portugal. Museum With No Frontiers, MWNF (Museum Ohne Grenzen), Mértola 2013
  18. The Islamic Alcácer do Sal and the Medieval and Christian Alcácer
  19. Iván Pérez Marinas: Tierra de nadie -. Sociedad y poblamiento (siglos VIII-XI) entre el Duero y el sistema central, Seiten 135f, 159 und 174. Universidad Autonoma de Madrid, Madrid 2016
  20. Biografías y Vidas: Sa'dun al-Surunbaki
  21. Adel Yussef Sidarus: Fontes da história de al-Andalus e do Gharb, Seite 120. Centro de Estudos Africanos e Asiáticos, Lissabon 2000
  22. Encyclopaedia of Islam, Band XI, Seite 226 (Yabura). Brill, Leiden 2001
  23. Unión européenne des arabisants et islamisants Congreso: Proceedings of the Ninth Congress of the Union Européenne Des Arabisants Et Islamisants, Seite 50. Brill Archive, Leiden 1981
  24. Hamid Triki: Itinerario cultural de Almorávides y Almohades - Magreb y Península Ibérica, Seite 232. Fundación El legado andalusì, Sevilla 1999
  25. Winfried Kreutzer: Geschichte Portugals, Seite 34f. Reclam-Verlag, Ditzingen 2013

Sonstige Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Seltener auch Sadum bzw. Surumbaqi (Surumbaki), Shurumbaqi (Shurumbaki), Shurunbaqi (Shurunbaki), Surunbaqui (Surumbaqui), Xurumbaqi oder Soranbaqui
  2. Asturiens König Alfons III., der Surunbāqī hatte hinrichten lassen, regierte bis 910
  3. Unterschiedlichen Angaben zufolge stammte as-Surunbāqī bzw. seine Familie aus Beja (Jorge de Alarcão, Seite 138), Évora (José Rui Santos, Seite 25) oder Porto (Iván Pérez Marinas, Seite 159).