Beizen (Pflanzenschutz)

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Beize an Maiskörnern, von Natur aus sind sie gelb, die Beize ist durch Farbstoff wahrnehmbar
Rapssaatgut, von Natur aus schwarz, färben die Züchter in ihren jeweiligen Farben, hier wurden Reste verschiedener Züchter gemischt

Mit Beizen oder Beizung oder Saatgutbeizung bezeichnet man in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Landschafts- und Gartenbau die Behandlung von Saat- und Pflanzgut mit Pflanzenschutzmitteln, um die Saat oder Pflanzung gegen Pilzbefall (Auflaufkrankheiten) und vor Schädlingen (meist Insekten oder Vögel) zu schützen, gegen die Sämlinge und Jungpflanzen besonders anfällig sind. Getreidesaatgut wird mit Fungiziden gegen Auflaufkrankheiten gebeizt. Mais, Zuckerrüben, Raps werden dagegen auch mit Insektiziden behandelt. Beizmittel haben normalerweise eine systemische Wirkung, d. h. der Wirkstoff wird mit dem Saftstrom auch in neue Pflanzenteile transportiert.

Ein Mitarbeiter beim Kommissionieren von Beizmitteln

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Beizen von Saatgut ist eine sehr alte Technik; bereits 450 vor Christus wurde Lauchsaft als Beizmittel verwendet, Ägypter, Griechen und Römer verwendeten Oliventrester, Asche, Zwiebelsud oder Zypressensaft, um Saatkörner zu desinfizieren und damit vor Krankheitserregern zu schützen.[1] Im Mittelalter war Jauche als Beizmittel verbreitet. Ab 1660 wurde Saatgut mit Glaubersalz und Kupfer mit mäßigem Erfolg behandelt; ab 1740 kamen Kupfervitriol und Arsenpräparate und 1765 die Heißwasserbeize hinzu. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die sehr wirksamen (allerdings auch sehr giftigen) Quecksilberbeizen entwickelt, die bis zum Verbot 1982 in Deutschland als „Universalbeizen“ galten. So wurde 1914 die Nassbeize Uspulun eingeführt, die Ende der 1920er mit der Trockenbeize Ceresan abgelöst wurde.[1] Seit den 1970er Jahren sind weniger giftige, aber trotzdem wirksame Beizmittel[2] der Pflanzenschutzfirmen auf dem Markt. In den 1980ern kam eine Reihe von neuen Wirkstoffen auf den Markt (1979 Bitertanol, 1980 Triadimenol, 1986 Pencycuron, 1990 Fluazinam). 1991 wurde mit Imidacloprid erstmals eine Insektizid-Beize aus der Gruppe der Neonicotinoide eingeführt.[3]

Wirkstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben Getreide-, Mais- und Rapssaatgut werden auch Kartoffelknollen und das Saatgut einiger Gemüsearten (Zwiebeln, Möhren) gebeizt.

Getreidebeizen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle:[4]

Beizmittel Wirkstoff Fusarium culmorum Schneeschimmel Steinbrand/

Hartbrand

Septoria nodorum Stängelbrand Flugbrand Streifenkrankheit Typhula-Fäule Netzflecken Schwarzbeinigkeit
Universalbeizen
EfA Fluoxastrobin 37,5 g/l
Prothioconazol 25 g/l
Tebuconazol 3,5 g/l
Triazoxid 10 g/l
ja ja ja ja ja ja ja ja
Orius Universal Tebuconazol 15 g/l
Prochloraz 60 g/l
ja ja ja ja ja ja ja
Landor CT Tebuconazol 5 g/l
Difenoconazol 20 g/l
Fludioxonil 25 g/l
ja ja ja ja ja ja ja
Rubin TT Prochloraz 38,6 g/l
Pyrimethanil 42 g/l
Triticonazol 25 g/l
ja ja ja Nebenwirkung ja ja ja Nebenwirkung
(keine Zulassung)[5] Sedaxan 50 g/l
Difenoconazol 25 g/l
Fludioxonil 25 g/l
ja ja ja ja ja ja ja ja
Beizmittel für Weizen, Roggen, Triticale
Arena C Tebuconazol 5 g/l
Fludioxonil 25 g/l
ja ja ja ja ja ja
Celest Fludioxonil 25 g/l ja ja ja ja ja
Cerall (biologisch) Pseudomonas chloraphis 200 g/l ja ja ja
Beizmittel für Gerste
Baytan UFB Triadimenol 75 g/l
Imazalil 10 g/l
Fuberidazol 9 g/l
ja ja ja ja
Cedomon (biologisch) Pseudomonas chloraphis 100 g/l ja ja ja
ja G Cyproconazol 5 g/l
Imazalil 26,6 g/l
ja ja Nebenwirkung
Spezialbeizen
Latitude Silthiofam 125 g/l ja
Contur plus Cyfluthrin 125 g/l Brachfliege in Weizen
(keine Zulassung) Cypermethrin 100 g/l

Maisbeizen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle:[6]

Wirkstoff Auflaufkrankheiten:[7]
Fusarium-, Pythium- und Rhizoctonia-Arten
Repellent gegen Vögel Fritfliege Drahtwurm Westlicher Maiswurzelbohrer
Thiram ja
Ziram ja ja
Fludioxonil + Metalaxyl ja
Methiocarb ja ja
Neonicotinoide (Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam)[8] ja ja ja

Rapsbeizen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle:[9]

Wirkstoff Auflaufkrankheiten:[7]
Alternaria, Fusarium, Phoma lingam
Falscher Mehltau Großer Rapserdfloh Kleine Kohlfliege
Thiram (TMTD) ja
Dimethomorph (DMM) ja
Neonicotinoide[8] Clothianidin + Cyfluthrin ja ja
Imidacloprid + Cyfluthrin ja
Thiamethoxam ja

Formulierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die am häufigsten verwendeten Beizmitteltypen sind die Trockenbeize (DS), die Feuchtbeize (LS) und die Suspensionsbeize (FS). Die Trockenbeizen werden zunehmend wegen ihrer Staubentwicklung und der erhöhten Abriebverluste durch Feucht- und Flüssigbeizen ersetzt.[1]

Auffällige Färbung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Getreide- und Maissaatgut werden oft gegen Vogelfraß vergällt und auffällig gefärbt, um auch die versehentliche Verwendung als Futter oder zu Nahrungszwecken zu verhindern. Diese Färbung dient nicht nur als Abschreckung für Vögel, sondern auch als visueller Hinweis für Menschen, dass das Saatgut behandelt wurde und nicht für den Verzehr geeignet ist. Die Farben können je nach Hersteller und Art des Beizmittels variieren.

Pillieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zuckerrübensaatgut pilliert (links) und natürlich (rechts)

Eine Sonderform des Beizens ist das Pillieren; dabei wird das Saatgut mit einer Kunststoffumhüllung[10][11] aus Pflanzenschutzmitteln und Dünger umgeben, sodass jedes Saatkorn ein einheitliches Gewicht und eine einheitliche Größe hat. Pilliertes Saatgut für die Einzelkornsaat erlaubt beispielsweise bei Zuckerrüben, das arbeitsaufwändige Hacken zum Vereinzeln der Rüben im Frühjahr einzusparen. Das Verfahren gilt als arbeits- und mittelsparend, diese Sparsamkeit ist aber nicht mit Umweltverträglichkeit gleichzusetzen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • K.A. Jeffs: Seed Treatment. The British Crop Protection Council, Lavenham 1986, ISBN 0-948404-00-0.
  • Ernst Klapp: Lehrbuch des Acker- und Pflanzenbaus. 6. Auflage. Berlin 1967.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Bayer – 90 Jahre Kompetenz in Beizen (Memento vom 4. November 2013 im Internet Archive) (abgerufen am 4. November 2013; PDF; 518 kB).
  2. Versuchsergebnisse bei Kartoffelbeizung in Bayern@1@2Vorlage:Toter Link/www.abitep.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 596 kB).
  3. 100 Jahre Innovationen im Bereich Saatgutbehandlung.
  4. Bernhard Werner, LWK Hannover: Saatgutbeizung. Nach der Ernte ist vor der Ernte. In: Land & Forst. Band 168, Nr. 31, Juli 2015, S. 16–19.
  5. First wheat SDHI seed dressing set for 2016 launch. In: Farmers Weekly. 4. Juni 2015, abgerufen am 11. August 2015.
  6. Kann das Maiskorn noch optimal geschützt werden?@1@2Vorlage:Toter Link/www.magazin-innovation.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.Aus INNOVATION Magazin für die Landwirtschaft 4/2009 (PDF)
  7. a b Eintrag zu Auflaufkrankheiten. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 13. Oktober 2014.
  8. a b Seit 2013 europaweit beschränkt, teilweise nationale Verbote.
  9. Schädlingsbekämpfung im Raps ohne Neonicotinoide (Memento des Originals vom 10. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.landwirtschaft.sachsen.de.
  10. Alfons Deter: 13.000 t Plastik pro Jahr landen in unseren Böden. In: topagrar.com. 1. Juni 2021, abgerufen am 1. Juni 2021.
  11. Patent DE4414724: Kunststoffbeschichtetes Saatgut. Angemeldet am 25. April 1994, veröffentlicht am 26. Oktober 1995, Anmelder: Aglukon Spezialdünger GmbH, Erfinder: Horst Bürger et al.