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San Frediano

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Ostfassade an der Piazza S. Frediano

San Frediano ist eine romanische Kirche im toskanischen Lucca. Der Überlieferung nach wurde sie von Bischof Frediano als eine dem Heiligen Vinzenz (ital. San Vincenzo) geweihte Kirche im 6. Jahrhundert gegründet. Erstmals urkundlich als langobardische Kirche dokumentiert wird sie 685. Nach Fredianos Heiligsprechung wurde die Kirche unter sein Patrozinium gestellt und seine Gebeine hier bestattet. Seit 1957 trägt sie den Ehrentitel einer Basilica minor.

Fassade und Mosaik

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Das Mosaik als Fassadenbekrönung
Ein Teil der Stadt aus der Vogelperspektive mit der Basilka links und dem Konventkomplex mit drei Kreuzgängen

Die Fassade der Kirche zeigt ausnahmsweise nicht nach Westen, sondern nach Osten,[1] da westlich die neue Stadtmauer gebaut worden war. Die Kirche wurde zu Beginn des 12. Jahrhunderts (1118–1147) umgebaut. Im 13. Jahrhundert wurde das Mittelschiff um 3,30 m erhöht, weshalb auch die Fassade entsprechend nach oben gezogen wurde. So entstand über dem bestehenden Giebel ein großflächiger Fassadenaufsatz als Verblendung, der als Bildfeld für ein Mosaik der Himmelfahrt Christi genutzt wurde. Während der ältere Fassadenteil in der Tradition gänzlich undekorierter Flächenfassaden steht, findet sich ein ähnliches Mosaikfeld bei romanischer Kirchenarchitektur nur noch an San Miniato al Monte oberhalb von Florenz; deren Mosaik ist allerdings kleiner und befindet sich etwa in der Mitte der Wandfläche. Das Mosaik von San Frediano, das Christus als Pantokrator auf einem Thron darstellt, der von zwei Engeln erhoben wird, und darunter die zwölf Apostel aufgereiht und auch benannt, ist kaum mehr original erhalten; im 19. Jahrhundert musste es wesentlich ergänzt werden.

Das Mosaik wird von Wandecken flankiert, die allein aufgrund sehr flacher Kapitelle als Säulen kenntlich gemacht sind. Sie tragen mit den Seitenwänden ein weit vorkragendes Giebeldach aus Holz, dessen Gebälk sichtbar ist und hinter der Wandfläche des Mosaiks noch einen schmalen Gang überfängt. Im Mosaik unter der Jesusfigur inmitten der Apostel ist ein schmales Fenster mit Spitzbogen eingelassen. Die Basis des Mosaiks ist ein schlichtes Gesims, welches sich unter einer Blendarkade wiederholt und ungefähr die halbe Fassadenhöhe markiert. Die Blendarkade ist so breit wie das Mosaik, doch hat nur etwa die halbe Höhe. Zwischen sieben Rundsäulen mit dorischen Kapitellen (und unterschiedlich hohen Basen) befinden sich zwei weitere Fenster. Die seitlich abschließenden Pilaster werden von der Mosaikrahmung oben und nach unten hin bis zum Boden fortgesetzt und durchqueren dabei ein niedriges und kaum profiliertes Sockelgesims. Ihnen folgen nach außen hin weitere, etwas breitere Pilaster. Auf den so entstandenen Teilflächen der Fassade befinden sich wenige Meter unter dem abfallenden Dachfirst jeweils in der Mitte insgesamt vier Okuli. Mehrere unscheinbare Konsölchen mit Blattmotiv unterstützen das Dachgesims ohne dessen Schräge aufzunehmen, was auch für die Pilaster gilt, deren ungelenke, flache Kapitelle eher den Gesimsleisten gleichen als ausformulierten Säulenköpfen.

Das Sockelgesims seinerseits durchschneidet die Portalrahmungen.

Der Glockenturm

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Der Glockenturm von San Frediano von Süden

Der Glockenturm[2] wurde schon früher, im Jahr 1112 begonnen und in der südwestlichen Ecke in den Baukörper integriert; das Kirchendach schließt in ungefähr 13 Meter Höhe an ihn an. Der Turm hat eine Höhe von 52 Metern, mit der Glockenkammer im letzten Stockwerk auf etwa 40 Meter. Auf einer Grundfläche von etwa 7,5 × 10,5 m verjüngt sich die etwas über zwei Meter dicke Wandung auf 1,60 m.[3] Der Bau ist gemauert, nur die Basis und die Fensterlaibungen sind aus Marmorblöcken.

Sein Äußeres ist nur mit wenigen Schmuckelementen gegliedert: die hochgestreckten, mit Säulchen untergliederten Fensteröffnungen in weißem Marmor nehmen nach oben hin in ihrer Anzahl zu und machen die Stockwerke kenntlich (1-2-3-3-4-4 auf der schmalen und verdoppelt auf den breiteren Nord- und Südseiten). Eine wenig akzentuierte Rahmung an den Ecken ist zweimal in Waagerechten übersetzt, die die schmalen Rundbögen der Fenster aufnehmen und wie schlichte Zierleisten wirken, einmal unter der hohen Zinnenkrone und zwei Fensterreihen darunter.

Der Innenraum bietet trotz oder wegen der späteren Veränderungen das Bild einer reinen, herben Romanik. Im Mittelschiff stehen Höhe und Breite im klassischen Verhältnis 2 : 1 wie im Dom von Pisa. Hier ist noch jener Eindruck der frühchristlichen Basiliken spürbar, in denen zwischen den Erdgeschossarkaden und der Fensterzone ein breiter Wandstreifen entstand, der mit Mosaiken verziert wurde, wie das am eindringlichsten noch in Ravenna zu sehen ist.

Im Seitenschiff direkt rechts am Eingang sind eine Taufkapelle und ein Taufbecken aus der Mitte des 12. Jahrhunderts zu sehen. Eigentlich sollte die Taufkapelle außerhalb der Kirche stehen, damit kein Ungetaufter ins Kircheninnere kommt. Aber auch zu dieser Regel gibt es Varianten, hier also das Taufbecken in direkter Nähe zum Eingang im Inneren. In Lucca existieren keine Baptisterien, die einzige Ausnahme stellt die Taufkapelle von Santi Giovanni e Reparata dar.

Drei Heilige der römisch-katholischen Kirche sind in dieser Kirche begraben. Unter dem Hochaltar befindet sich die Grabstätte des Kirchenpatrons, des heiliggesprochenen ehemaligen Bischofs der Stadt, Frediano. In einer Seitenkapelle ist der mumifizierte Körper der aus Lucca stammenden und dort 1272 verstorbenen Dienstmagd Zita als Reliquie ausgestellt, seit sie aufgrund ihrer selbstlosen Wundertätigkeit im 17. Jahrhundert heilig gesprochen wurde.[4] Ein kunstvolles Steinrelief schmückt das Grab des Richard von Wessex.

Commons: San Frediano (Lucca) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. In christlichen Kirchen (in Europa) liegt der Chor mit dem Hauptaltar prinzipiell im Osten, wohin sich die Gemeinde richtet und damit in Richtung Jerusalem schaut.
  2. Auch wenn es naheliegt den Turm als Campanile zu bezeichnen, ist er streng genommen keiner, da diese frei neben dem Kirchengebäude stehen wie etwa in Florenz und Venedig, und der Begriff damit nicht lokal, sondern als Bautypus definiert ist.
  3. Maße entnommen bei (bzw. abgeleitet von) Riccardo M. Azzara, Maria Girardi, Cristina Padovani, Daniele Pelligrini: Experimental and numerical investigations on the seismic behaviour of the San Frediano bell tower in Lucca. In: Annals of Geophysics = Annali di geofisica, Bd. 61, Januar 2018, Digitalisat via Researchgate (PDF), unpaginiert (Einleitung zu Kap. 2 und Fig. 3).
  4. Gabriele Lautenschläger: Zita, HL. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL), Bd. 15. Bautz, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-077-8, Sp. 1599–1600.
  5. Es sind dies von links die Heiligen Ursula, Laurentius, Hieronymus und Richard von Wessex. Der Sarkophag unter dem Altar zeigt eine typische Anleihe der Frührenaissance aus der Antike: fast horizontal fliegende Engel oder Spiritelli (Putten) mit wehenden Gewändern halten ein Medaillon mit Inschrift oder einem Portraitrelief.

Koordinaten: 43° 50′ 46,2″ N, 10° 30′ 16,7″ O