Marinefährprahm

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Skizze der Seitenansicht eines Marinefährprahms
Typ Landungsboot
Bauwerft diverse
Anzahl etwa 700 (aller Untertypen)
Klasse Marinefährprahm Typ A Marinefährprahm Typ D
Länge 47,04 m 49,84 m
Breite 6,53 m 6,59 m
Tiefgang leer: 0,97 m
max.: 1,45 m
leer: 1,18 m
max.: 1,35 m
Verdrängung Konstr.: 155 t
max.: 220 t
Konstr.: 168 t
max.: 239 t
Zuladung normal: 85 t / max.: 105 max.: 140 t
Bewaffnung 2×20 mm Flak 2×20 mm Flak-Zwilling
2×3,7 cm Flak
1×7,5 cm Pak
Antrieb 3 Dieselmotoren zus. 390 PS 3 Dieselmotoren zus. 375 PS
Geschwindigkeit 10,5 kn (leer) 10,3 kn (leer)
Bunkerkapazität 4,1 t 4,1 t
Reichweite 640 sm bei 10 kn
1340 sm bei 7 kn
520 sm bei 10 kn
1120 sm bei 7 kn
Besatzung 17 25

Marinefährprahme (MFP) waren die größten Landungsboote der deutschen Kriegsmarine während des Zweiten Weltkrieges. Sie wurden ab 1941 für die Operation Seelöwe (Invasion der britischen Inseln) entwickelt und über 700 in verschiedenen Typen während des ganzen Krieges gebaut. Sie erwiesen sich in vielen ursprünglich gar nicht vorgesehenen Rollen als vielseitige und robuste Konstruktionen.

Marinefährprahme hatten je nach Typ eine Transportkapazität von etwa 85-140 t und waren mit einer Klapprampe am Bug ausgestattet, die den direkten Zugang zum Frachtraum ermöglichte. Die Mehrzahl der MFP hatte eine Länge von ca. 47 m und eine Breite von ca. 6,5 m. Die Boote hatten eine Gesamthöhe von rund 4,7 m und einen maximalen Tiefgang von etwa 1,4 m.

Einsatz

Nachdem die Operation Seelöwe nicht stattfand, wurden die Prahme in ihrer Eigenschaft als Nachschubfahrzeuge in fast allen Seegebieten eingesetzt. Dabei wurden sie, sofern sie nicht vor Ort gebaut wurden, auch über Binnenwasserwege verlegt. Sie waren in Transportflottillen, Landungsflottillen, Küstenschutzflottillen und Artillerieträgerflottillen zusammengefasst, wurden aber auch gemischten Einheiten wie etwa Sicherungsdivisionen zugeordnet.

In ihrer ursprünglich gedachten Funktion, als Landungsboote, kamen sie vor allem bei der Besetzung der griechischen Inseln zum Einsatz. MFP wurden außer zum Nachschub auch z. B. als Verwundetentransporter, als Tankschiffe, zur Sicherung von Häfen und Geleitzügen, zum Minenlegen und als Artillerieträger eingesetzt. Trotz ihrer geringen Geschwindigkeit wurden sie sogar zur U-Jagd eingesetzt und es wurde versucht sie zum Minensuchen einzusetzen, was allerdings aufgrund ihrer zu geringen Motorkraft nicht gelang. Für Sonderfunktionen wurden MFP auch weitgehend umgebaut.

Bei maximaler Zuladung war die Seegängigkeit der Boote eingeschränkt und ein Einsatz bei mehr als Seegang Stärke 2 nicht mehr möglich.

Marinefährprahme, die den Krieg überlebten, wurden zum Teil zivil als Arbeitsplattformen oder Fähren weitergenutzt, einige wurden auch von den alliierten Behörden etwas der GMSA oder OMGUS übernommen.

Entwicklung

Ab 1940 führte die Kriegsmarine Versuche mit verschiedenen Fahrzeugen für amphibische Landungsoperationen durch. Daraus resultierte ein Forderungskatalog für ein Fahrzeug, das für Landungsoperationen und allgemeine Nachschubaufgaben geeignet sein sollte. Dazu sollte es mit einer Rampe für die Anlandung an Stränden versehen sein. Die Boote sollten bis Seegang Stärke 5 (3 m Wellenhöhe) einsetzbar sein. Bei der Fertigung sollte möglichst wenig strategisch wichtiges Material benötigt werden und der Bau auch von wenig qualifiziertem Personal durchführbar sein.

Zunächst sollten zusätzlich zu einem Dieselmotor für Marschfahrt je zwei ausgediente Flugzeugmotoren für Höchstgeschwindigkeit zum Einsatz kommen. Diese hatten aber eine zu geringe Lebensdauer und erwiesen sich als zu störanfällig und zu hoch im Verbrauch, darum kamen schließlich je drei gleichartige Dieselmotoren zum Einsatz, mit denen nur noch gut 10 kn (gegenüber fast 13) erreicht wurde. Diese Einbuße wurde aber zugunsten der höheren Zuverlässigkeit und Reichweite in Kauf genommen.

Im Laufe des Krieges wurden diverse Varianten entwickelt und auch je nach Verfügbarkeit von Material individuelle Umrüstungen vorhandener MFP vorgenommen. Von der ersten Version „Typ A“ bis zum „Typ D“ wurden insbesondere die Laderaumhöhe und die Tragfähigkeit vergrößert und die Bewaffnung verstärkt. Die Grundversion trug die Kennung „F“ mit einer Nummer ab 100, spezialisierte Versionen trugen zum Teil abweichende Kennungen. Es wurden etwa 1200 Kennummern vergeben. Davon wurden aber ganze Serien nie benutzt und andere Nummern nach Umbau von Booten etwa zu Artillerieträgern an diese neu vergeben. Es sollen gut 700 MFP fertiggestellt worden sein. Die genaue Zahl ist nicht bekannt.

Ab Anfang 1944 erfolgte keine weitere Entwicklung der MFP. Alle Anstrengungen wurden auf das neu konzipierte Einheitslandungsboot (EL) verwendet, die Produktion ging aber weiter. Am Ende des Krieges befanden sich noch auf diversen Werften im gesamten Reichsgebiet und in besetzten Gebieten MFP in Bau.

Für eine ähnliche Verwendung, jedoch kleiner und mit wesentlich davon abweichenden Konstruktionsmerkmalen waren bei der Kriegsmarine Marinenachschubleichter, Marineartillerieleichter und Siebelfähren im Einsatz.

Konstruktion

Die verschiedenen Typen der MFP unterschieden sich in Details. Das Grundkonzept blieb aber weitgehend das gleiche. Die MFP waren flache pontonartige Fahrzeuge mit hochgezogenem Boden am Heck und vor allem am Bug. Sie bestanden aus einer genieteten Stahlkonstruktion. Der Motorraum befand sich im Heck des Bootes, davor war der Fahrstand aufgesetzt. Vor diesem befand sich ein festes Hallendach über dem hinteren Teil des Laderaums, der vordere Teil konnte durch abnehmbare Wellblechabdeckungen nach oben geöffnet werden. Der Laderaum konnte über die mechanisch betriebene Landerampe direkt befahren werden. Motorraum und Fahrstand waren mit 20-25 mm Panzerstahl geschützt.

Die MFP wurden mit einer MES-Anlage ausgestattet, was allerdings die Genauigkeit der Kompasse beeinträchtigte, und es erforderlich machte spezielle Führerboote zu bauen oder die Prahme im Verbund mit anderen Einheiten einzusetzen, die sicher navigieren konnten. Zum Ablegen nach einer Anlandung am Strand führten die Prahme zusätzlich zu einem Buganker zwei Anker in Davits am Heck mit.

Besatzung

Die Grundversion sollte mit zwei Unteroffizieren und 10 Mannschaften betrieben werden. Aufgrund der zunehmenden Bewaffnung wurde zusätzliches Personal notwendig. Die Besatzung stieg auf 17 und schließlich 25 Mann, in der Version als Artilleriefährprahm je nach Bewaffnung noch mehr.

Antrieb

Die MFP waren mit drei 6 Zylinder Deutz LKW-Dieselmotoren ausgestattet, die jeweils auf einen Propeller wirkten. Die Ausführung A erreichte mit insgesamt 390 PS (287 kw) eine Höchstgeschwindigkeit von 10,5 kn. Gegen Kriegsende wurden einige Prahme zur Treibstoffersparnis mit Generatorgasanlagen für die äußeren Motoren ausgestattet. Bei Marschfahrt mit nur der Mittelmaschine erreichten die Boote noch ca. 7,5 kn. Bei voller Zuladung und je nach Seegang war die tatsächlich erreichbare Geschwindigkeit jedoch deutlich geringer. Die Lenkung erfolgte über ein Mittelruder.

Bewaffnung

Zur Unterstützung der anzulandenden Truppen und zur Eigensicherung vor allem gegen Luftangriffe waren die MFP zunächst mit zwei 20-mm-Flak bewaffnet. Bald wurde ein 7,5 cm Geschütz vor dem Fahrstand ergänzt, zunächst oft noch auf Radlafetten provisorisch aufgestellt. Im Laufe des Krieges wurde die Bewaffnung ständig weiter verstärkt. Für die letzten Versionen wurden zwei 20 mm Doppellafetten auf dem Achterschiff, je eine 3,7 cm Flak auf dem Hallendach und in überhöhter Stellung hinter dem Fahrstand sowie eine 7,5 cm Pak auf Marinelafette vor dem Fahrstand sowie zwei Raketenwerfergestelle vorgesehen. Eine einheitliche Bewaffnung war zu dieser Zeit aber nicht mehr möglich, auch Nach- und Umrüstungen geschahen darum oft individuell nach Verfügbarkeit von Waffen und Material auch mit Beutewaffen. Dabei wurden unter anderem zusätzlich oder anstatt anderer Geschütze auch 2-cm-Vierlings-Flak und auch 8,8 cm U-Bootgeschütze montiert. Die im Mittelmeer eingesetzten Boote erhielten regelmäßig zusätzlich Maschinengewehre.

Varianten

Marinefährprahme wurden auf dutzenden Werften auch im Binnenland und in besetzten Gebieten gefertigt. Allein dadurch ergaben sich vielfältige Abweichungen vom Standard. Dazu waren es Verbrauchsboote, die je nach Situation lokal umgerüstet und umgebaut wurden. Hier nur ein grober Überblick über die MFP Typen.

Grundtypen

Die Grundversionen der MFP trugen die Buchstaben A-D.

  • Typ B:
    • abgesenkter Laderaumboden um eine Erhöhung der lichten Höhe des Laderaumes von 2,74 m auf 3,19 m zu erreichen
    • dadurch wurde die waagerechte Länge des Bodens verkürzt
    • die Tanks im Doppelboden mussten in die Bordwände verlagert werden
  • Typ C:
    • nochmals vergrößerte Laderaumhöhe auf 3,29 m bei gleichbleibender Ladekapazität und Verdrängung
  • Typ D:
    • teilweise geschweißte Sektionsbauweise
    • verlängerter und verbreiterter Rumpf mit größerer Einfahrtbreite
    • bis zu 140 t Tragfähigkeit
    • verstärkte Panzerung und Bewaffnung,
    • etwas nach vorn verschobener Fahrstand und Motorraum,
    • vergrößerte Unterkünfte für nun bis zu 25 Mann Besatzung
    • regelmäßiger Einbau eines Funkraumes

Artilleriefährprahm

Die Artilleriefährprahme trugen meistens die Kennung AF und entstanden durch Umbau der Grundtypen. Gegen Ende des Krieges bekamen auch einige Boote die Kennungen AT (Artillerieträger) und KF (Kampffähre). Die Umbauten variierten je nach Zeitpunkt, aber auch abhängig von der ausführenden Werft und dem zur Verfügung stehenden Material. Beim Umbau zum Artilleriefährprahm wurde der Fahrsstand vorverlegt, oft fast in die Mitte der Bootes. Das feste Deck über dem Laderaum und dem Heck wurde zur Aufnahme von Geschützen verstärkt, die Besatzungsunterkünfte für die Geschützbedienungen erweitert und Munitionsstauraum geschaffen. Die Panzerung des Maschinenraumes, der Munitionsräume und der Aufbauten wurde erweitert, zum Teil als mit 10 cm Beton ausgegossene Schanzkleider. Die vorgesehene Standardbewaffnung bestand aus zwei 2 cm Flak-Vierlingen, einem 7,5 cm und zwei 8,8 cm Geschützen.

Es blieb eine Resttransportkapazität erhalten. Aufgrund des höheren Grundgewichtes erreichten die Artilleriefährprahme auch unbeladen nur noch eine Geschwindigkeit von etwa 8 kn. Sie waren primär als Sicherungsfahrzeuge vorgesehen, wurden aber auch zur artilleristischen Unterstützung von Landoperationen und zum Legen von Minen verwendet. Die Besatzungsstärke stieg durch die Geschützbedienungen auf über 30 Mann.

Minenfährprahm

Vor allem im Schwarzen Meer musste die Marine mit wenigen Einheiten viele Aufgaben wahrnehmen, für die keine spezialisierten Fahrzeuge zur Verfügung standen. Dabei wurden z. B. MFP zum Minenlegen eingesetzt, wobei sie rückwärts fahrend 36 Minen über die herabgelassene Rampe ausbrachten, was nur bei ruhiger See und nur sehr langsam durchführbar war. Auf Grundlage dieser Erfahrungen wurde eine spezialisierte Minenlege-Version der MFP entwickelt. Je nach dem Ausgangstyp trugen sie die Zusatzbezeichnung „Typ AM“, „CM“ oder „DM“ (Boote des Typs B kamen nicht zum Einsatz). In der größten Ausführung „DM“ konnten 54 Minen über entlang der Seiten installierte Schienen in Vorausfahrt über das Heck ausgebracht werden. Als Zusatznutzen konnten auf den Minenschienen nun 16 Sturmboote mitgeführt werden. Über zusätzlich installierbare Rutschen konnten die Sturmboote direkt ausgesetzt und wieder aufgenommen werden. Aufgrund des höheren Eigengewichtes der MFP in der Minenlegeversion war die Zuladung und die Spitzengeschwindigkeit in unbeladenem Zustand vermindert.

Typ „MZ“

(siehe Hauptarikel: Motozattera)

Die Italienische Marine entwickelte für die gemeinsam mit dem Deutschen geplante Besetzung Maltas Landungsboote. Von diesen Motozattera mit der Kennung „MZ“ wurden ab 1942 etwa 180 Stück gebaut. Nach der deutschen Besetzung Italiens Ende 1943 wurden die verbliebenen Boote von der Kriegsmarine übernommen und als MFP mit der bisherigen italienischen Kennung weiterbetrieben. Die italienischen MZ ähnelten den deutschen Marinefährprahmen sehr. Ihre Abmessungen waren etwas abweichend und es kam eine italienische Motorisierung und Bewaffnung zum Einsatz.

Verweise

Literatur

  • Erich Gröner: Die Schiffe der Deutschen Kriegsmarine und Luftwaffe 1939 – 1945. J. F. Lehmanns Verlag, München 1954
  • Gebauer/Krenz: Marine Enzyklopädie. Tosa Verlag, Wien 2003.

Weblinks