Stolzit

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Stolzit
Stolzit-Kristalle auf Muttergestein, 27 × 27 × 26 mm
Fundort: Darwin District, Inyo County, California, USA
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Sz[1]

Chemische Formel β-Pb[WO4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/G.01
VI/G.01-040

7.GA.05
48.01.03.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol tetragonal-dipyramidal; 4/m[2]
Raumgruppe (Nr.) I41/a[3] (Nr. 88)
Gitterparameter a = 5,50 Å; c = 12,12 Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {111}, {101}, {011}, {112}, {001}[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5 bis 3
Dichte (g/cm3) gemessen: 8,34; berechnet: 8,408[4]
Spaltbarkeit gut nach {001}; undeutlich nach {011}
Bruch; Tenazität muschelig bis uneben
Farbe graugelb, braun, orangegelbe, rot, grün
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Diamantglanz, Harzglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 2,270
nε = 2,180 bis 2,190[5]
Doppelbrechung δ = 0,090[5]
Optischer Charakter einachsig negativ

Stolzit, auch unter verschiedenen, veralteten, bergmännischen Bezeichnungen wie Scheelbleierz, Wolframbleierz[6], Scheelbleispat(h) und Scheelsaures Blei[5] bekannt, ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate“, genauer ein Bleiwolframat mit der chemischen Zusammensetzung β-Pb[WO4]. Er kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem und entwickelt meist dicktafelige bis kurzsäulige oder spitze, dipyramidale Kristalle, aber auch garbenförmige bis kugelige Aggregate von graugelber, brauner, orangegelber, roter oder grüner Farbe. Die Kristallflächen zeigen einen harzigen bis diamantenen Glanz.

Stolzit kristallisiert isomorph zu Wulfenit (Pb[MoO4]) und Scheelit (Ca[WO4]), bildet also identische Kristallformen aus.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals erwähnt wird das Mineral 1820 durch August Breithaupt in seiner Publikation „Kurze Charakteristik des Mineral-Systems“, der es als tetragonalen (Scheel-)Bleispath bezeichnet.[7] Seinen bis heute gültigen Namen Stolzit erhält das Mineral 1845 durch Wilhelm Ritter von Haidinger, der es nach Joseph Alexander Stolz (1803–1896)[5] benennt.

Als Typlokalität gilt der Ort Cínovec (deutsch: Böhmisch Zinnwald) in Tschechien nahe der deutsch-tschechischen Grenze bzw. der nahegelegene, deutsche Ort Zinnwald-Georgenfeld im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.[8]

Typmaterial des Mineral wird an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg in Deutschland (Katalog-Nr. 17596) aufbewahrt.[4]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der alten Systematik der Minerale nach Strunz (8. Auflage) bildet der Stolzit zusammen mit Paraniit-(Y), Powellit, Scheelit und Wulfenit eine eigene Gruppe in der Abteilung der „Molybdate und Wolframate“ und der Klasse der „Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate“. Seit der Neuordnung der Strunz'schen Mineralsystematik (9. Auflage) ist die Abteilung feiner unterteilt und das Mineral findet sich jetzt in der Unterabteilung der „Molybdate und Wolframate ohne zusätzliche Anionen oder H2O“. Die immer noch existierende Mineralgruppe wurde um die Minerale Fergusonit-(Ce), Fergusonit-(Nd)(N) und Fergusonit-(Y) erweitert.

Die strenger nach der Kristallstruktur sortierte Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Stolzit in die Abteilung der „Wasserfreien Molybdate und Wolframate mit der allgemeinen Zusammensetzung A XO4“. Dort bildet er nur zusammen mit Wulfenit eine eigene Gruppe.

Modifikationen und Varietäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Raspit ist eine monokline Modifikation des Bleiwolframats.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hellgelber Stolzitkristall aus der Sainte-Lucie Mine, Frankreich (Größe: 5,3 cm × 5,4 cm × 2,1 cm)
Tafelige, hellgelbe Stolzitkristalle und prismatischer, dunkeloranger Raspitkristall aus Broken Hill, New South Wales, Australien

Stolzit ist ein typisches Sekundärmineral, das durch Verwitterung aus primären Bleimineralen in Anwesenheit von wolframhaltigen Lösungen entsteht. Als Begleitminerale können unter anderem Anglesit, Cerussit, Mimetesit, Pyromorphit und Raspit auftreten.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Stolzitfunde ist unter anderem die Sainte-Lucie Mine bei Saint-Léger-de-Peyre im französischen Département Lozère, wo Kristalle von bis zu 6 Zentimeter Größe zutage traten. Bis zu 2,5 Zentimeter große Kristalle und Kristallnadeln kennt man aus Broken Hill im australischen Bundesstaat New South Wales und Tsumeb in Namibia.[9]

In Deutschland konnte das Mineral bisher in mehreren Gruben im Schwarzwald wie unter anderem der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg, im Steinbruch Steinerleinbach bei Röhrnbach in Bayern, bei Straßberg (Harzgerode) in Sachsen-Anhalt sowie in mehreren Gruben bei Altenberg, Bad Gottleuba-Berggießhübel, Clausnitz und Halsbrücke im sächsischen Erzgebirge entdeckt werden.

In Österreich fand man Stolzit bisher nur bei Bad Bleiberg in Kärnten sowie einigen Schlackenhalden im Hüttwinkltal (Raurisertal) und einigen Goldgruben bei Schellgaden im Salzburger Lungau.

Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist Tête Noire im Val Trient im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Brasilien, Bulgarien, China, Griechenland, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Mexiko, Neuseeland, Nigeria, Norwegen, Peru, Portugal, Russland, Schweden, Spanien, der Slowakei, Thailand, Tschechien, Ungarn, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[10]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stolzit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem in der Raumgruppe I41/a (Raumgruppen-Nr. 88)Vorlage:Raumgruppe/88 mit den Gitterparametern a = 5,50 Å und c = 12,12 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. Haidinger: Zweite Klasse: Geogenide. II. Ordnung. Baryte. VII. Bleibaryt. Stolzit. In: Handbuch der Bestimmenden Mineralogie. Bei Braumüller und Seidel, Wien 1845, S. 499–506 (PDF 512 kB)
  • Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 620 (Stolzit bzw. Scheelbleierz).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stolzite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Webmineral - Stolzite (englisch)
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 419.
  4. a b c Stolzite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 63,6 kB)
  5. a b c d Mindat - Stolzite (englisch)
  6. Meyers Konversationslexikon - Wolframbleierz
  7. August Breithaupt: Kurze Charakteristik des Mineral-Systems, Freiberg 1820, S. 14 online verfügbar in der Google-Buchsuche
  8. Mineralienatlas:Stolzit
  9. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 152 (Dörfler Natur).
  10. Fundortliste für Stolzit beim Mineralienatlas und bei Mindat