Schwackenreute

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Schwackenreute
Gemeinde Mühlingen
Ehemaliges Wappen der Gemeinde Schwackenreute
Koordinaten: 47° 55′ N, 9° 3′ OKoordinaten: 47° 54′ 53″ N, 9° 2′ 38″ O
Höhe: 585–645 m ü. NHN
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 78357
Vorwahl: 07775
Lage im Gemeindegebiet
Lage im Gemeindegebiet

Schwackenreute ist ein Ortsteil der Gemeinde Mühlingen im baden-württembergischen Landkreis Konstanz in Deutschland.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwackenreute liegt im Nordosten des Hegaus, am Übergang zum Linzgau, etwa anderthalb Kilometer östlich der Mühlinger Ortsmitte, auf einer Höhe von bis zu 645 m ü. NHN.[1] Früher, im ausgehenden Mittelalter, wurde diese Landschaft nördlich von Stockach als das „Madach“ bezeichnet.

Im Westen grenzt Schwackenreute an Mühlingen, im Südwesten an den Ortsteil Mühlweiler, im Süden an den Ortsteil Zoznegg, im Osten an die Gemeinde Hohenfels sowie im Nordosten an Sauldorf im Landkreis Sigmaringen.

Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1874 betrug die Fläche von Schwackenreute 383 Morgen und 234,4 Ruten (= 1,381 Quadratkilometer).[2]

Zur ehemaligen Gemeinde Schwackenreute gehören heute das Dorf „Schwackenreute“, der Weiler „Stohrenhof“, die Höfe „Mühle“ und „Neuhäuslerhof“ sowie die Wüstung „Mangenhof“.

Geologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

NSGSchwackenreuter Baggerseen-Rübelisbach

Im Wesentlichen liegt Schwackenreute im Bereich der Überlinger Gletscherzunge des Rheingletschers; regionalgeologisch bedeutet das: am Nordrand der Äußeren Jungmoräne bzw. des voralpinen Molassebeckens.[3]

Gewässer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch den Ort fließt die nordöstlich, im Bereich der Europäischen Wasserscheide entspringende Stockacher Aach. Sie nimmt in Schwackenreute das von Norden zufließende „Talbächlein“ auf.

Schutzgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Schwackenreute sind neben mehreren Biotopen, das Naturdenkmal „Stohrenbühl“, das FFH-Gebiet „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“ sowie das NaturschutzgebietSchwackenreuter Baggerseen-Rübelisbach“ ausgewiesen.[4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwackenreute auf einer Karte aus dem Jahr 1760 (Ausschnitt)[5]

Schwackenreute ist eine Rodungssiedlung des 9./10. Jahrhunderts, 1437 wurde sie erstmals in einer Urkunde erwähnt: die Brüder Albrecht, Kaspar und Ortlof von Heudorf zu Waldsberg verkauften den Ort mit den Höfen Etschtreu und Waldhof an Johann Brotbeck d. J. von Stockach.

Im 15. Jahrhundert kam die Rodungssiedlung an die Grafen von Nellenburg, die sie 1538 an die Stadt Radolfzell verkauften.

Von den zu Schwackenreute zählenden Höfen Mühle, Neuhäuslerhof und Stohrenhöfe waren die letzteren seit 1548 nachweisbare bis 1802/03 Besitzungen des Klosters Salem.

Die Mediatisierung aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses führte 1810 zur Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden. 1843 kam der Ort zum Bezirksamt Stockach, das 1939 in Landkreis Stockach umbenannt wurde.[6]

Bei der Auflösung des Landkreises Stockach im Zuge der baden-württembergischen Kreisreform 1973 kam das Dorf zum Landkreis Konstanz.

Am 1. Januar 1974 wurde die Gemeinde Mühlingen durch Vereinigung der Gemeinden Mühlingen, Mainwangen und Gallmannsweil neu gebildet. Die heutige Gemeinde entstand am 1. Januar 1975 durch Vereinigung dieser Gemeinde mit Schwackenreute und Zoznegg.[7]

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwaigrüti“ (1437), „Schwaigkruti[8] (1486), „Schwaigrüthi“, „Schwagreuthe“, „Schwiggereuthe“ (1760), „Schwakenreuthe“ (1848), „Schwackenreuthe“, Schwackenreute: der Name kommt wohl vom althochdeutschen Wort „swaiga“ für Viehweide.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1705: 0?? in sechs Häusern
  • 1803: 041 in sechs Familien
  • 1840: 063 katholische Einwohner in je acht Familien und Häusern
  • 1852: 073 in 18 Familien in 13 Wohngebäuden, alle katholisch
  • 1871: 124 (62 Venussymbol (weiblich) / 62 Marssymbol (männlich))
  • 1885: 087 in 15 Häusern in 19 Haushaltungen
  • 1890: 124 (64 Venussymbol (weiblich) / 60 Marssymbol (männlich))
  • 1900: 095 (54 Venussymbol (weiblich) / 66 Marssymbol (männlich))
  • 1905: 0?? in 15 Häusern
  • 1907: 118 katholische und 5 evangelische Einwohner
  • 1910: 137 (69 Venussymbol (weiblich) / 68 Marssymbol (männlich))
  • 1925: 126 (67 Venussymbol (weiblich) / 59 Marssymbol (männlich))
  • 1933: 111 (56 Venussymbol (weiblich) / 55 Marssymbol (männlich))
  • 1937: 084 Katholiken
  • 1939: 092 (48 Venussymbol (weiblich) / 44 Marssymbol (männlich))
  • 1946: 099, davon 55 Wahlberechtigte
  • 1948: 080 Katholiken und 5 Protestanten
  • 1950: 092
  • 1951: 119 Katholiken und 5 Protestanten
  • 1956: 121 (64 Venussymbol (weiblich) / 57 Marssymbol (männlich))
  • 1961: 125 (63 Venussymbol (weiblich) / 62 Marssymbol (männlich))
  • 1966: 126
  • 1968: 103 Katholiken und 3 Protestanten
  • 1969: 114
  • 1970: 122 (62 Venussymbol (weiblich) / 60 Marssymbol (männlich))
  • 1977: 108
  • 1996: 086[9][10][11]

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wappen der ehemaligen Gemeinde Schwackenreute
Wappen der ehemaligen Gemeinde Schwackenreute
Blasonierung: „In gespaltenem Schild vorne in Silber (Weiß) ein halbes rotes Kreuz am Spalt, hinten in Gold (Gelb) drei liegende vierendige blaue Hirschstangen übereinander.“
Wappenbegründung: Das Kreuz symbolisiert die frühere Zugehörigkeit Schwackenreutes zum Hochstift Konstanz, die drei Hirschstangen zur Grafschaft Nellenburg.

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schwackenreuter Bürger lebten früher hauptsächlich von der Landwirtschaft. Erst im 19. Jahrhundert nahm die zuvor unbedeutende Viehwirtschaft zu.

Tabelle: Viehstand

Jahr 1803 um 1850 um 1900 1925
Pferde 19 8 23 20
Rinder ? 59 117 141
Ochsen 3 ? ? ?
Schweine ? 18 73 113
Ziegen ? - - 9
Gewächshaus der Ver­mark­tungs­ge­nos­sen­schaft Reichenau Gemüse (2023)

1938 betrieben je ein Dachdecker, Gipser, Maler, Maurer und Zimmerer in Schwackenreute ihr Gewerbe. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs mussten einige Geschäfte geschlossen werden, so dass das Angebot an Gewerbe- und Handwerksbetrieben nach Kriegsende noch geringer war, sich aber mit der Währungsreform wieder erholte.[12]

Ende 2017 wurde nordöstlich von Schwackenreute ein vier Hektar großes Gewächshaus für Biogemüse von der Vermarktungsgenossenschaft Reichenau Gemüse in Betrieb genommen. Hier sollen jährlich voraussichtlich 600 Tonnen Tomaten, etwa 170 Tonnen Paprika und eine Million Gurken exklusiv für Rewe unter dem Label Naturland[13] geerntet werden.[14]

Post[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor 1900

Privatpersonen mussten vor 1821 ihre Post auf der Stockacher Postanstalt selbst abgeben. Dann entstand durch die Einrichtung einer Amtsbotenanstalt die Möglichkeit, dass Privatpersonen ihre Post einem Amtsboten übergeben konnten. Dieser brachte die Post anfangs zweimal, später dreimal wöchentlich zur Stockacher Postexpedition.
In den 1850er Jahren wurde die Amtbotenanstalt aufgrund stetig zunehmendem Schriftverkehr aufgehoben, ihre Dienste der Post übertragen und zum 1. Mai 1859 die Landpostanstalt ins Leben gerufen. Im Amtsbezirk Stockach wurden fünf Botenbezirke eingerichtet. Jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag machte sich der Bote (Botenbezirk No. I) von Stockach auf die Runde über Mahlspüren, Winterspüren und Zoznegg nach Schwackenreute sowie über Hoppetenzell, Zizenhausen und Hindelwangen zurück nach Stockach. Poststücke, die in die Schwackenreuter Brieflade eingeworfen worden waren, wurden vor der Weiterleitung vom Postboten mit dem Uhrradstempel10.“ versehen.[15]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwackenreute ist über die Bundesstraße 313 (Sauldorf–Stockach) in das Fernstraßennetz eingebunden.

Öffentlicher Personennahverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vom Verkehrsverbund Hegau-Bodensee (VHB) wird Schwackenreute mehrmals täglich durch die Linie 7391 angefahren. Es bestehen Verbindungen nach Stockach, Meßkirch, Mühlingen und Sigmaringen.[16]

Schwackenreute war bis 1971 ein Eisenbahnknoten, an dem die Bahnstrecke Altshausen–Schwackenreute von der Hegau-Ablachtal-Bahn abzweigte. In den 1970er Jahren wurden beide Strecken für den Personenverkehr stillgelegt und später die Schienen Richtung Altshausen demontiert.

Am 17. Juli 2021 wurde die Strecke feierlich wieder für den Personenverkehr reaktiviert: An Sonn- und Feiertagen fahren nun zwischen Mai und Oktober immer drei Zugpaare im Freizeitverkehr unter dem Namen Biberbahn zwischen Stockach und Mengen.[17]

Die gesamte, wechselvolle Geschichte der Bahnstrecke Radolfzell-Schwackenreute-Mengen siehe: Bahnstrecke Radolfzell–Mengen.

Wanderwege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Schwackenreute verläuft neben einigen von der Gemeinde ausgeschilderten Wanderwegen auch der von Engen nach Stockach führende „Hegau-Panorama-Weg“.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Flurkreuz in der unteren Ortsstraße
  • Die Kapelle „St. Anna“ mit Datum von 1712 steht am Abzweig zu den Stohrenhöfen, wohl auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus, denn die Heilige Anna wird bereits 1679 als Schutzpatronin genannt.
  • Mehrere Flurkreuze an exponierten Stellen, auf Anhöhen und an Weggabelungen in und um Schwackenreute werden heute von der Denkmalpflege zu den Kleindenkmalen gezählt und stehen zum Teil unter Denkmalschutz.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfgang Kramer (Hrsg.): Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg. Hegau-Bibliothek Band 135. MARKORPLAN Agentur & Verlag, Singen (Hohentwiel) 2007, ISBN 978-3-933356-48-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Schwackenreute – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Top25 Viewer - [Top. Karte 1:25000 Baden-Württemberg (Süd)]
  2. Uebersichts-Plan der Gemarkungen Mühlingen, Hecheln und Schwackenreuthe; gezeichnet im Maßstabe von 1/10.000 der natürlichen Grösse. Stich und Druck der Hof-Steindruckerei v. H. Straub, 1874.
  3. Matthias Geyer: Landschaft und Geologie um Mühlingen in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seiten 12 bis 17
  4. Onlinedienst der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW); abgerufen am 23. April 2017
  5. Karte von 1760 im Landesarchiv Baden-Württemberg; abgerufen am 27. Mai 2023.
  6. Wolfgang Kramer: Die alte Geschichte von Mühlingen und seinen Ortsteilen in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seiten 51 bis 92
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 519 f.
  8. Ortsname bei /www.leo-bw.de; abgerufen am 10. November 2018
  9. Eine Gemeinde stellt sich vor – Die Imagebroschüre der Gemeinde Mühlingen, Seite 13; Mühlingen, 1996
  10. Bevölkerungsentwicklung bei www.leograph-bw.de; abgerufen am 10. November 2018.
  11. Geschlechterverteilung bei www.leograph-bw.de; abgerufen am 10. November 2018.
  12. Hildegard Bibby: An der Grenze von Bezirk und Land gelegen – Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg 1805–1947 in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seiten 92 bis 216
  13. Süddeutschland: Modernstes Bio-Gewächshaus eingeweiht In: gabot.de, 27. Dezember 2017, abgerufen am 21. Januar 2018.
  14. Wirtschaft im Südwesten (Zeitschrift der IHK Hochrhein-Bodensee, Schwarzwald-Baar-Heuberg und Südlicher Oberrhein): Reichenau Gemüse: Zehn Millionen Euro für modernes Biogewächshaus - Die dritte Anlage auf dem Festland, Januar 2018, Seite 41
  15. Dr. Edwin Fecker: Der Landpostbezirk von Stockach im Rundschreiben Nr. 140 der „Arbeitsgemeinschaft Baden“ im Bund Deutscher Philatelisten e.V. (BDPh), Herbst 2004; Seite 1713ff
  16. Fahrpläne (Memento des Originals vom 22. September 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vhb-info.de des VHB, abgerufen am 21. April 2017
  17. Biberbahn