Schwedter Straße

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Schwedter Straße
Wappen
Wappen
Straße in Berlin
Schwedter Straße
Schwedter Straße
Schwedter Ecke Templiner Straße, 2024
Basisdaten
Ort Berlin
Ortsteil Prenzlauer Berg
Mitte
Angelegt 18. Jahrhundert
1862 (Namensgebung)
Hist. Namen Verlorener Weg
Anschluss­straßen Metzer Straße
Schwedter Steg
Querstraßen (Auswahl)
Schönhauser Allee
Choriner Straße
Kastanienallee
Bernauer Straße
Gleimstraße
Plätze Senefelderplatz
Mauerpark
Falkplatz
Nutzung
Nutzergruppen Fußverkehr
Radverkehr
teilweise Autoverkehr
Technische Daten
Straßenlänge 2270 Meter

Die Schwedter Straße im nördlichen Berlin ist einer der ältesten Verkehrswege vor dem Schönhauser Tor. Sie führt über gut zwei Kilometer Länge vom Senefelderplatz über die Kastanienallee und den Mauerpark bis zur nördlichen Ringbahn. Als Feldweg seit dem 18. Jahrhundert kartiert und ab der frühen Gründerzeit bebaut, lag die Schwedter Straße 1961–1989 an der Berliner Mauer. Benannt wurde sie nach der Stadt Schwedt in der Uckermark.

Lage und Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gut einen Kilometer nördlich des Alexanderplatzes beginnt die Schwedter Straße an der Schönhauser Allee in Verlängerung der Metzer Straße am Senefelderplatz. Sie führt in nordwestlicher Richtung bis zur Choriner Straße, um kurz darauf in einem Knick auf Nordnordwest zu schwenken. Sie quert die Kastanienallee, durchläuft im Gleimviertel als Fuß- und Radweg den Mauerpark, passiert Falkplatz und Gleimtunnel und führt anschließend als Fahrradstraße zum Schwedter Steg, der bis an die Behmstraße reicht.

Die Straße beginnt und endet im Ortsteil Prenzlauer Berg, zwischen Choriner- und Bernauer Straße verläuft sie entlang der Grenze zum Ortsteil Mitte.[1] Die Hausnummern verlaufen in Hufeisenform, beginnend an der Schönhauser Allee. Nicht vergeben sind die Nummern 53–75 und 91–222, dort befindet sich heute der Mauerpark.

Nördlich der Bernauer Straße verläuft die Schwedter Straße am Berliner Mauerweg. Zwischen Schönhauser Allee und Gleimstraße ist sie Teil des Radfernwegs Berlin–Usedom.

Straßenbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwedter Ecke Gleimstraße, 2014

Die Schwedter Straße verläuft durch sehr unterschiedliche Stadtlandschaften. Zwischen Schönhauser Allee und Kastanienallee überwiegt eine Bebauung von Häusern aus der Gründerzeit, die nördlich der Kastanienallee zunehmend mit Neubauten seit der Nachkriegszeit durchsetzt sind. Die Straßenbäume bestehen in diesem Teil fast ausschließlich aus großen Linden.

Nördlich der Bernauer Straße endet die Blockbebauung und die Schwedter Straße durchquert zwischen ehemaligen Gleisanlagen und einer hohen Böschung aus Trümmern aus dem Zweiten Weltkrieg den Mauerpark. 1994 begrünt und mit erhaltener historischer Pflasterung ist die Straße hier für den Kraftverkehr gesperrt. Hohe Pyramidenpappeln, Eschen und Sophoren säumen den Weg, an dessen Rand auch ein großes Amphitheater in die Böschung gebaut ist.

Nördlich des Gleimtunnels beginnt auf der Ostseite wieder eine Bebauung mit Mietshäusern, hier aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die Straße ist dort eine Sackgasse sowie Fahrrad- und Anliegerstraße, auf der Westseite steht seit 1992 eine Doppelreihe Kirschbäume, dahinter der nördliche Mauerpark.[2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Straßenverlauf: Der Verlorene Weg vor dem Schönhauser Tor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Feld weg, um 1770

Die heutige Schwedter Straße war Teil eines langen Feldweges, der seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bestand.[3] Dieser Weg begann nahe dem Schönhauser Tor am Vorwerk, lief nordwestwärts in einem Bogen (heute Zehdenicker- und Choriner Straße) entlang des königlichen Weinbergs bis zum heutigen Knick der Schwedter Straße, um dann ihrem heutigen Verlauf nordwärts zu folgen.[4] Im frühen 19. Jahrhundert wurde als südliche Begrenzung des Berliner Hufenlands eine Verbindung vom Knick ostwärts zur Schönhauser Allee angelegt, und die Straße bekam ihre heutige Form. Im Plan der Berliner Hufen von 1822 war sie bezeichnet als Verlohrener Weg, der mit einer Breite von vier Ruthen (gut 15 Meter) den langgezogenen Acker tractus des Vorwerks Niederschönhausern durchquerte und bis zur heutigen Behmstraße reichte.[5]

Die Straße bestand in dieser Form bis zum Mauerbau 1961, als das nördliche Straßenpflaster an der Behmstraße zunächst den Grenzanlagen und später der gesamte Straßendamm dem Ausbau der Gleisanlagen weichen musste. Dort steht heute der Schwedter Steg.

Ab 1861 wurde der Verlorene Weg gepflastert, zunächst zwischen Schönhauser Allee und Kastanienallee.[6] Die Umbenennung in Schwedterstraße erfolgte am 29. Mai 1862, die Schreibweise in einem Wort war bis etwa 1906 üblich. 1864 erhielten die Häuser ihre heutige Nummerierung in Hufeisenform.

Ab 1823: Wilhelm Griebenow und erste Bebauungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwedter Straße 266, 2011

1823 kaufte der Immobilienspekulant und Landwirt Christian Wilhelm Griebenow das Vorwerk Niederschönhausen und der Verlorene Weg zwischen heutiger Choriner- und Gaudystraße lag nun in seinem Besitz. Östlich an den Verlorenen Weg angrenzend verkaufte Griebenow 1825 eine große Parzelle an das Preußische Militär, das dort einen Exerzierplatz anlegte, den heutigen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. Als eines der ersten Gebäude in der Straße baute das Vorwerk etwa 1825 eine Ziegelei, sie stand nahe der Ecke zur Kastanienallee, die Griebenow 1826 anpflanzen ließ.[7][8][9] In den 1850er Jahren wurden mindestens zehn Gebäude am südlichen Verlorenen Weg errichtet,[10] Mitte der 1860er Jahre bestand an der Ecke zur Schönhauser Allee eine geschlossene Blockrandbebauung.[11] Zu den ältesten erhaltenen Mietshäusern gehört die Hausnummer 266 Ecke Christinenstraße, errichtet 1862.[12]

1854–1938: Mägdeherberge Marthashof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mägde in Marthashof, ca. 1920

Auf Bestreben von Theodor Fliedner, dem Gründer der Kaiserswerther Diakonie eröffnete Ende Oktober 1854 auf dem Gelände des Nickelshofs am Verlorenen Weg eine Mägdeherberge, ab 1861 bekannt als Marthashof.[13] Im Jahr 1863 hatte die schnell gewachsene Einrichtung 83 Betten und nahm mehr als 500 Mädchen pro Jahr auf, eine angeschlossene Mägdeschule lehrte Hauswirtschaft und Kleinkindbetreuung.[14] Ende der 1870er Jahre wurde ein vierstöckiger Neubau für eine Schule errichtet, die 1925 als Haushaltungsschule staatlich anerkannt wurde. Unter den Nationalsozialisten wurden die Schule 1938 geschlossen und der Gebäudekomplex bei einem Bombenangriff 1943 zerstört.[15] Nach dem Zweiten Weltkrieg von der DDR 1969 enteignet, errichtete der VEB Obst, Gemüse und Speisekartoffeln auf dem Gelände einige Flachbauten für ein Zentrales Warenkontor.[16][17] 2010 wurde das Gelände mit einer Wohnanlage gehobener Ausstattung bebaut.

Als Nachbarin des Marthashofs im Schulze’schen Haus unterhielt die St. Elisabeth Gemeinde von 1856 bis 1858 ihr erstes, kleines Siechenhaus, Vorläufer des späteren St. Elisabeth-Stifts in der Schönhauser Allee und Eberswalder Straße.[18]

1858–2005: Fabrik Czarnikow – Druckerei Gutenberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kunststeine von Czarnikow, 1857[19] – Pharus-Plan, 1950

1857–1858 verlegte der Fabrikant Moritz Czarnikow seine Kunststein- und Metallgießerei an den Verlorenen Weg, ab 1862 Schwedter Straße 263.[20] Er ließ dort gut 20 Jahre später 1886 ein großes Wohnhaus mit Gerwerbehof errichten, in dem sein Betrieb bis 1897 fortbestand.[21][22] Ebenfalls in diesem Gebäude befand sich von 1887 bis zum Zweiten Weltkrieg das Postamt Berlin N37 mit Anschluss an das Berliner Rohrpostnetz.

1907 zog der Drucker Wilhelm Möller mit seiner Kunst- und Buchdruckerei Gutenberg in die Schwedter Straße 263 und erwarb das Gebäude 1930. Zwei Jahre darauf übernahm Möller den Pharus Verlag, und wurde zum Herausgeber der Pharus Stadtpläne. Bis in die 1950er Jahre sowie erneut von 1991 bis 2005 wurden Pharus-Pläne in der Schwedter Straße verlegt und gedruckt.[23] Der unter Denkmalschutz stehende Komplex wurde 2022 saniert, der Gewerbehof zu Büroflächen ausgebaut.

1877: Gemeinde-Doppelschule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinde-Doppelschule, 1877

1876–1877 wurde gegenüber von Marthashof die 89. und 96. Gemeinde-Doppelschule nach Plänen des Berliner Stadtbaurats Hermann Blankenstein errichtet.[24] Das Ensemble besteht aus zwei viergeschossigen Knaben-Schulhäusern, einer Turnhalle und einem hofseitigen Winkelbau als gesonderte Mädchen-Schule mit Aula. In dem gut erhaltenen Klinkerbau war in der DDR die Pädagogische Schule für Kindergärtnerinnen „Friedrich Fröbel“ untergebracht.[25] Seit 2004 sind auf dem Komplex Kunstateliers und Jugendeinrichtungen ansässig unter dem Namen Freizeithaus am Mauerpark.

Direkt nördlich an den Schulbau anschließend steht das Predigerhaus der Zionskirche. Es wurde 1888 als zweites Predigerhaus der Gemeinde nach dem Predigerhaus in der Griebenowstraße errichtet.[26] Neben dem Predigerhaus steht mit der Hausnummer 230 ein Wohngebäude von 1890, das im Jahr 1975 wiederhergestellt wurde und in der DDR als Baudenkmal gelistet war.[25]

1870er bis 1890er Jahre: Bau der Bahnanlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

nördlicher Straßendamm 1904 – Güterbahnhof, um 1930

1872 eröffnete die Berliner Ringbahn und ihre Schienen querten die Schwedter Straße nördlich der heutigen Kopenhagener Straße. Westlich davon, die Ringbahn kreuzend, wurden 1877 die Gleise der Berliner Nordbahn verlegt, sie verliefen mehr als einen Kilometer parallel zur Straße und reichten bis zum Kopfbahnhof an der Bernauer Straße. An der Ringbahn östlich der Schwedter Straße lag damals die Baumschule Lorberg, durch deren Plantagen der Berliner Verleger Emil Dominik auf einer Ringbahnfahrt 1883 fuhr:[27]

„Rechter und linker Hand begrüßen und auf der ganzen Strecke [von der Schönhauser Allee] freundliche Obstbaumanlagen, wir überschreiten beim Weiterfahren die „Schwedter Straße“, damit zugleich den Bahnkörper der „Nordbahn“ und langen am Bahnhofe „Gesundbrunnen“ an.“

Emil Dominik: Quer Durch Und Ringsum Berlin. (1883) [28]

Nach dem Ausbau der Ringbahn 1891 bekam die Schwedter Straße eine Stahlträgerbrücke[29] über den Bahngraben und 1894 wurde das nördliche Ende der Straße mit einem erhöhten Straßendamm an die neugebaute Behmstraßenbrücke angeschlossen. Als 1896 östlich der Schwedter Straße eine Verbindung von Ring- und Nordbahn angelegt wurde, war das nördliche Ende der Straße vollständig von Gleisen umgeben.[30]

In den 1890er Jahren gab es auf dem Bahnhof der Nordbahn an der Schwedter Ecke Bernauer Straße ein Empfangsgebäude für den Vorstadt-Personenverkehr sowie an der Schwedter Ecke Behmstraße einen Bahnsteig namens Haltepunkt Gesundbrunnen.[31] Der Bahnhof der Nordbahn war als Güterbahnhof mehr als 100 Jahre in Betrieb und wurde 1985 stillgelegt.

1899–1948: Schokoladenfabrik G. Cyliax[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

G. Cyliax Schokoladenfabrik, 1930er – Filiale Metzer Straße, 1920er

1899 verlegte Gustav Cyliax seine Electrische Chocoladen-, Honigkuchen- und Marzipanfabrik aus Berlin-Kreuzberg in die Schwedter Straße 35a[32] und baute den Betrieb weiter aus, so dass dieser 1904 über die Hinterhöfe bis an die Kastanienallee 31 reichte.[33] Cyliax hatte 1902 bereits rund einhundert Angestellte, und er eröffnete zahlreiche Verkaufsläden, Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Berlin 87 Cyliax-Filialen. Nach seinem Tod 1939 produzierte der Betrieb während des Zweiten Weltkriegs für die Wehrmacht und wurde 1948 in der DDR verstaatlicht. Cyliax’ Nachfolger zogen nach Berlin-Tiergarten, ihr Schokoladengeschäft ging 1973 in die Firma Etzler über.[34] In den alten Räumen in der Schwedter Straße betrieb der VEB Kombinat Robotron ein Computer Service-Center,[35] 2009 wurde ein Gebäudeteil zu Wohn-Lofts umgebaut.[36]

1904: Absenkung der Straße für den Gleimtunnel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abgesenkte Schwedter Straße am Gleimtunnel, 2022

Unter den Gleisen des Güterbahnhofs ließ die Königliche Eisenbahndirektion Berlin 1904 für die Querung der Gleimstraße ein Tunnel graben. Dafür musste das Niveau der Zufahrtsstraßen deutlich abgesenkt werden. Nach Abschluss der umfangreichen Erdarbeiten lag die Schwedter Straße zwischen Gaudy- und Kopenhagener Straße um bis zu 4,2 Meter tiefer.[37] Am späteren Falkplatz entstanden dabei hohe Böschungen und an der Westseite der Schwedter Straße vor den Gleisanlagen eine hohe Stützmauer, die bis heute erhalten ist.[38]

1920–1945: Die Kolonie an der Schwedter Straße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg kamen zahlreiche deutsche Flüchtlinge nach Berlin. Um die große Wohnungsnot zu lindern, baute der Wohnungsverband für Groß-Berlin 1919–1920 eine Holzhaussiedlung an der Schwedter- Ecke Gaudystraße. Auf dem Gelände des alten Exerzierplatzes entstanden 38 Häuser für 76 Familien, jede Wohnung bekam einen 500 Quadratmeter großen Garten.[39] Die Holzhaussiedlung – bekannt als Kolonie an der Schwedter Straße – brannte im Zweiten Weltkrieg fast vollständig ab. Auf dem Gelände befindet sich heute die Max-Schmeling-Halle.

Mit der Gründung von Groß-Berlin 1920 verlief entlang der Schwedter Straße die Grenze der neugeschaffenen Bezirke Berlin-Mitte, Prenzlauer Tor und Wedding.

Theaterkunst Kostümwerkstätten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marlene Dietrich kostümiert von Theaterkunst – Hof Schwedter Str. 9 (1930)

Von 1914 bis 1950 hatte die Theaterkunst GmbH ihren Sitz in der Schwedter Straße 9–10 in einem Fabrikgebäude auf dem Hinterhof. In den dortigen Kostümateliers arbeiteten zwischen 240 und 340 Menschen, die zahlreiche große Filmproduktionen ausstatteten, darunter die heutigen Klassiker Ben Hur (1925) und Der blaue Engel (1929). Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude beschädigt und ein Fundus von mehreren Zehntausenden Kostümen ging verloren. Die Theaterkunst zog nach Berlin-Wilmersdorf und war 2024 das größte Kostümhaus Deutschlands.

1928: Tankstelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegenüber von Theaterkunst und schrägstehend an der Ecke zur Templiner Straße eröffnete 1928 eine Tankstelle auf einem alten Holz- und Kohleplatz. Von den 1930er bis in die 1950er Jahre betrieben von Max Goltz war die kleine Station bis 1986 in Funktion. Seit 2003 befindet sich dort eine Kunstgalerie. Das Grundstück südlich der Tankstelle wurde nie mit einem Mietshaus bebaut, dort ist – außergewöhnlich für Prenzlauer Berg – ein kleiner Pferdestall von 1864 erhalten.[40] Beide Gebäude, Tankstelle und Stall, standen 2024 unter Denkmalschutz.[41]

1940er–1970er: Kriegsschäden und Wiederaufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gebäudeschäden, 1945 – Neubauten 1956

Im Zweiten Weltkrieg gab es entlang der Schwedter Straße große Schäden, vor allem zwischen Kastanienallee und Rheinsberger Straße. Ein Häuserblock zwischen Griebenow- und Fürstenberger Straße wurde komplett zerstört, ebenso der Marthashof sowie die Gebäude des Güterbahnhofs.[42] Mehrere Millionen Kubikmeter Kriegstrümmer wurden auf dem ehemaligen Exerzierplatz an der Schwedter Straße abgeladen und 1951 auf dem Trümmerberg ein Sportpark errichtet. Die elf Meter hohe westliche Böschung des Großen Stadions im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark grenzt heute im Mauerpark an die Schwedter Straße.

Beim Wiederaufbau wurde 1956 der Verlauf der Griebenowstraße geändert, sie mündet seitdem rechtwinklig in die Schwedter Straße ein. An ihrer Einmündung zwischen Kastanienallee und Fürstenberger Straße ließ der damalige Stadtbezirk Prenzlauer Berg mehrere Wohnneubauten errichten. Dagegen blieben zwei größere Grundstücke Ecke Choriner Straße und Ecke Schönhauser Allee bis in die 1990er Jahre unbebaut.[43]

In den 1970er Jahren wurden mehrere DDR-Typenbauten in der Schwedter Straße errichtet: ab 1973 an der Ecke zur Templiner Straße die 3. Polytechnische Oberschule (Typ: Berlin SK[44] mit Kleiner Turnhalle SK 72-Berlin,[45] heute Grundschule am Teutoburger Platz), und 1974–1976 eine Kaufhalle Typ ESK 700/850[46] an der Ecke zur Fürstenberger Straße (2020 abgerissen).[47]

1961–1989: An der Berliner Mauer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der deutschen Teilung verlief der nördliche Teil der Schwedter Straße entlang der Berliner Mauer. Zwischen Bernauer Straße und der Behmstraßenbrücke im Norden stand die Grenzmauer direkt an der Westseite der Straße, das Gelände des dahinter liegenden Bahnhofs lag nun in West-Berlin. An der Ecke Oderberger Straße querte die sogenannte Hinterlandmauer die Schwedter Straße und machte sie zur Sackgasse. Nach dem Mauerbau war die nördliche Schwedter Straße auf DDR-Stadtplänen nicht mehr verzeichnet.[48]

zugeschüttete Straße (unten links), ca. 1970 – Luftbild, Herbst 1989

Für den Ausbau des Grenzstreifens ließ die DDR die Hausnummern 222 und 223 Ecke Bernauer Straße abreißen, das Straßenpflaster an der Böschung am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark zuschütten, den Gleimtunnel versperren und die Schwedter Straßenbrücke über der Ringbahn abtragen. Zwischen Gleimstraße und Ringbahn wurde Mitte der 1960er Jahre das Pflaster entfernt und zeitweilig ein metertiefer Graben angelegt.[49] Nördlich der Ringbahn war das Geländeniveau noch nicht abgesenkt, die Grenzmauer reichte bis an die Behmstraßenbrücke.[50][51] 1969 wurde in diesem Bereich der 21-jährige Klaus-Jürgen Kluge bei einem Fluchtversuch von einem DDR-Grenzsoldaten auf der Schwedter Straße erschossen.[52]

Im Juli 1988 wurde als Teil eines Gebietsaustauschs zwischen dem Senat von Berlin (West) und der Regierung der DDR die Grenze auf gut einem Kilometer Länge um 50 Meter von der Schwedter Straße Richtung Westen verschoben.[53] Die DDR errichtete eine zweite Mauer vom Typ Grenzmauer 75 auf dem Gelände des alten Bahnhofs, die alte Mauer direkt an der Schwedter Straße blieb bis zum Mauerfall am 9. November stehen.[54]

1990er Jahre: Mauerpark und Schwedter Steg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Schwedter Nordwand“ am Schwedter Steg, 2017 – Amphitheater, 2010

Auf dem Gelände des Mauerstreifens pflanzten Bürger bereits 1990 zahlreiche Bäume an. Mit dem Abriss der Grenzanlagen wurde das historische Pflaster der Schwedter Straße wieder freigelegt und in den 1994 eröffneten Mauerpark integriert. Im Straßenpflaster wurden auf der Westseite zahlreiche Fundamente einer alten Grenzsicherungsanlage markiert. Nach den Plänen des Architekten Gustav Lange entstand direkt an der Straße ein großes Amphitheater, seit 2009 bekannt für seine sommerlichen Karaoke-Veranstaltungen.

Mit dem Wiederaufbau und der Erweiterung der Berliner Ringbahn wurde 1993–1994 der nördliche Straßendamm zur Behmstraßenbrücke abgetragen und 1999 durch die Rad- und Fußgängerbrücke Schwedter Steg ersetzt. Südlich daran anschließend wurde 2005 der Abschnitt bis zum Gleimtunnel saniert, mitfinanziert von der Betreiberin eines Supermarkts am Schwedter Steg. Die Straße wurde als verkehrsberuhigte Fahrradstraße neu angelegt, die Gehwege verbreitert und mit den vorhandenen historischen Steinen gepflastert.[55] Seit 2004 betreibt der AlpinClub Berlin an der Nordspitze der Straße eine 15 m hohe Kletterwand, die sogenannte „Schwedter Nordwand“.

Zehn Meter tief unter der Schwedter Straße bauten die Berliner Wasserbetriebe 2018–2020 einen Stauraumkanal zwischen Bernauer- und Gleimstraße. Das im Rohrvortrieb errichtete Bauwerk ist gut 650 Meter lang, hat einen Durchmesser von knapp vier Metern und fasst rund 7.600 Kubikmeter Abwasser.[56] Der Stauraumkanal verhindert bei starkem Regen ein Überlaufen der Kanalisation in die Berliner Gewässer.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Planungsgruppe Werkstadt: Städtebauliches Gutachten für das Gebiet „Teutoburger Platz.“ Herausgegeben vom Bezirksamt Pankow, Berlin 2006. Bei: berlin.de, (PDF, 12,3 MB). Detaillierte Beschreibung der südlichen Schwedter Straße und Umgebung.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Schwedter Straße (Berlin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Zum genauen Straßen- und Grenzverlauf siehe: Karte Berlin Zoom Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Stand: 10. August 2014).
  2. Kirschbaumreihe 2003 neu angepflanzt, siehe: Geoportal Berlin, Karte: Baumbestand Berlin
  3. Georg Paul Busch: Plan von der Konigl. Residentz Stadt Berlin. Kolorierter Kupferstich. Berlin 1723. stadtmuseum.de
  4. Samuel von Schmettau: Plan de la Ville de Berlin. Kupferstich von Hildner, Berlin 1748. stadtmuseum.de
  5. Mencelius (Menzel): Plan der Berliner Hufen im Jahre 1822. Konig. Lith. Institut Berlin 1823. stadtmuseum.de
  6. Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin: Aus dem Magistrat. Berlin 1861. S. 298. zlb.de
  7. Landesarchiv Berlin: Bauakte Schwedter Straße o. Nr. 1825–1842 (Ziegelei des Vorwerks Niederschönhausen vor dem Schönhauser Tor) A Rep. 010-02 Nr. 5582.
  8. Standort der Ziegelei kartiert u. a. bei: Theobald Grieben und Carl Birck: Plan Von Berlin. Verlag von Th. Grieben, Berlin 1851. zlb.de
    (siehe auch Ziegelei Map: zglmap.de)
  9. Wilhelm Griebenow: Wilhelm Griebenow’s Erlebnisse. Von ihm selbst geschrieben. Berlin 1864. S. 170–171.
  10. Landesarchiv Berlin: Bauakten A Rep. 010-02 Nummern 5559 bis 5568.
  11. Paul Schahl: Schönhauser Allee und Würst´s Lokal. Fotografie von 1865. stadtmuseum.de (Blick von der heutigen Saarbrücker Straße Richtung Senefelderplatz. Neben der rechten Mühle die Ecke Schönhauser Allee / Schwedter Straße)
  12. Mietshaus Schwedter Straße 266: Eintrag 09095464 in der Berliner Landesdenkmalliste
  13. Allgemeine Kirchen - Zeitung. Darmstadt 11. November 1854. S. 1447. onb.ac.at
  14. Waldheims Illustrirte Zeitung: Herbergen für Frauen der arbeitenden Klasse. Wien, 22. August 1863, S. 1034. onb.ac.at
  15. Peter Hanstein: Herberge für junge Dienstmädchen. Online bei: marthashof.de
  16. Deutsche Post (DDR): Verzeichnis der Telex-Teilnehmer. Berlin 1988. Zentrales Warenkontor Obst Gemüse u. Speisekartoffeln. S. 29.
  17. Planungsgruppe Werkstadt: Städtebauliches Gutachten für das Gebiet „Teutoburger Platz.“ Herausgegeben vom Bezirksamt Pankow, Berlin 2006. S. 17. Bei: berlin.de, (PDF, 12,3 MB).
  18. Otto von Ranke: Das St. Elisabeth-Siechenhaus 1856–1906. Eine kurze Jubiläumsschrift zum 19. November 1906. Buchhandlung des Ostdeutschen Jünglingsbundes, Berlin 1906. Seiten 1–11. staatsbibliothek-berlin.de
  19. M. Czarnikow & Co.: Modell-Ansichten der Kunst-Stein-Gießerei von Czarnikow & Co. in Berlin. Verlag Emanuel Mai, Berlin 1857. pk.edu.pl
  20. Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, dessen Umgebungen und Charlottenburg Ausgabe 1858. S. 73. zlb.de
    Zunächst Verlorener Weg 6–10; ab 1861 „vis-à-vis“ in der späteren Schwedter Straße 263. (s. Adressbuch 1861)
  21. Mietshaus Schwedter Straße 263: Eintrag 09095462 in der Berliner Landesdenkmalliste
  22. Adressbuch für Berlin und seine Vororte. Berlin 1897. S. 513.
  23. Verlag Pharus Plan: Die Geschichte der Pharus Pläne. pharus.eu
  24. Schwedter Straße 232–234, 89. und 96. Gemeindeschule
  25. a b Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 311/312.
  26. Schwedter Straße 231, Predigerhaus der Zionskirche, 1888
  27. Lage der Baumschule siehe:
    Gustav Müller: Neuer Verkehrs-Plan von Gross-Berlin. Deutsches Kartographisches Institut Bethcke & Reiss, Berlin 1899. stadtmuseum.de
  28. Emil Dominik: Quer Durch Und Ringsum Berlin. Mit 28 Illustrationen von Hermann Lüders. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1883. S. 125. zlb.de
  29. Dieter Desczyk, Eckhard Thiemann: Als die Brücken im Wasser knieten: Zerstörung und Wiederaufbau Berliner Brücken, Lukas Verlag Berlin; 2015, ISBN 978-3-86732-199-0; S. 126. (Schwedter Straßenbrücke - Befund 1945: "Bahn - Strahlträger - in Ordnung")
  30. Geogr. lith. Anst. u. Steindr. v. C. L. Keller in Berlin: Karten-Übersicht der Entwicklung der Berliner Eisenbahnen. II. Julius Springer Verlag, Berlin 1896. stadtmuseum.de
  31. Sineck: Situations-Plan von Berlin mit dem Weichbilde und Charlottenburg. Verlag Dietrich Reimer, Berlin 1898. Blatt 2. staatsbibliothek-berlin.de
  32. Adressbuch für Berlin und seine Vororte. Verlag August Scherl, Berlin 1899. zlb.de
  33. Berliner Adreßbuch. Verlag August Scherl, Berlin 1905. zlb.de
  34. Björn Berghausen: Süßes für Millionen – Cyliax-Schokolade. Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv e.V. archivspiegel.de
  35. Rüdiger Kurth: VEB Robotron-Vertrieb Berlin. Bei: robotrontechnik.de
  36. Natulis Group: Gustav Cyliax Lofts. Bei: natulis.de
  37. Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin: Vorlage zur Beschlussfassung zur Festsetzung von Baufluchtlinien auf einem Teile des Geländes des Platzes N in Abteilung XI des Bebauungsplanes. Berlin, 11. Juni 1904. zlb.de
  38. Hermann Mächtig: Erläuterungsbericht zur Vorlage 932. In: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin, 1906. No.46. S. 652–653. zlb.de
  39. Zeitungsmeldung: Kleinwohnungsbauten für Flüchtlinge. In: Vorwärts. Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. 16. September 1919. S. 3. fes.de
  40. Hans Georg Hiller von Gaertringen u. a.: Ein Pferdestall in Prenzlauer Berg. In: Haus&Gesellschaft (Blog). haus-und-gesellschaft.blog
  41. Eintrag 09095460 in der Berliner Landesdenkmalliste
  42. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen Berlin: Geoportal Berlin, Karte: Gebäudeschäden 1945. stadt-berlin.de
  43. vgl. Geoportal Berlin: Karte Luftbilder 1953, Maßstab 1:22 000 sowie Karte Luftbilder 1989, Maßstab 1:10 000
  44. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (Hrsg.): Typenschulbauen in den neuen Ländern. Berlin 1999. S. 62–64. kmk.org (PDF, 16,8 MB)
  45. VEB BMK Ingenieurhochbau Berlin: Kleine Turnhalle KT SK 72-Berlin. Berlin 1975. Herausgegeben vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: bauarchivddr.bbr-server.de
  46. VEB Ingenieurbüro des Bauwesens: Kaufhalle in Metallleichtbauweise. ESK 700/850. Halle-Neustadt 1979. Herausgegeben vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: bauarchivddr.bbr-server.de
  47. Magistrat von Berlin, Chefarchitekt - Büro für Städtebau: Städtebauliche Genehmigung - Errichtung einer Kaufhalle vom Typ ESK 700/850. Landesarchiv Berlin: C Rep. 110-01 Nr. 2508.
  48. u.v.a.: VEB Tourist Verlag: Stadtplan von Berlin – Hauptstadt der DDR. Berlin/Leipzig 1977. berliner-stadtplansammlung.de
  49. Stadtkommandantur der Hauptstadt der DDR Berlin: Panorama-Aufnahmen 1967. Fotografie: Bild DVH 58 Bild-GR33-98-017. bundesarchiv.de
  50. Gerd Danigel: Fotografie Nr03-89_10.3.1990-Schwedterstraße_Behmstraße_Behmbrücke. (Blick von der Behmstraßenbrücke nach Süden, März 1990) gerd-danigel.de
  51. Für den Verlauf der Schwedter Straße vor 1961 siehe: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Geoportal Berlin. Karte Luftbilder 1959 Maßstab 1:10.000. Bildnummer 1959_10_239. stadt-berlin.de
  52. Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam u. a.: Chronik der Mauer, Todesopfer Klaus-Jürgen Kluge. Bei: chronik-der-mauer.de
  53. Senatskanzlei Berlin: Gebietsaustausch. Bei: berlin.de
  54. Das Bundesarchiv: Luftbilder der Berliner Mauer am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark nach dem Ausbau der Grenzanlagen. Bei: stasi-mediathek.de (PDF, 0,7 MB)
  55. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen Berlin: Schwedter Straße - Ausbau Nordabschnitt. Stand September 2023. nachhaltige-erneuerung.berlin (PDF, 4,8 MB)
  56. Berliner Wasserbetriebe: Fertig: Am Mauerpark fällt die letzte Mauer… Pressemitteilung vom 24. November 2020. bwb.de
  57. Max Skladanowsky: Wohnung von Max Skladanowsky in der Schwedterstr. 35 a. Fotografie, um 1900. bundesarchiv.de
  58. Hans Martin Sewcz: Porträt Gudrun Ritter auf einem Sofa sitzend in ihrer Wohnung. Fotografie, Berlin 1976. bundesarchiv.de
  59. Matthias Heine: Der Musikertraum des Christoph Schlingensief. In: Prenzlauer Berg Nachrichten, 18. Februar 2011. Bei: prenzlauerberg-nachrichten.de

Koordinaten: 52° 32′ 26,3″ N, 13° 24′ 16,4″ O