Schweizer Landeskoordinaten

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Die Schweizer Landeskoordinaten (mit CH1903 abgekürzt, auch als «Militärkoordinaten» oder «Swiss Grid» bezeichnet) gehören zu einem Koordinatensystem, welches bei der amtlichen Vermessung und auf vielen Karten von Liechtenstein und der Schweiz verwendet wird. CH1903 basiert auf dem Bessel-Ellipsoid und einer schiefachsigen, winkeltreuen Zylinderprojektion (Mercatorprojektion). Da die Schweiz ziemlich klein ist, lässt sich eine einfache Kartenprojektion aus dem Ellipsoid vornehmen.

Kartenprojektion

Der Fundamentalpunkt für dieses Koordinatensystem ist die ehemalige Sternwarte in Bern, an deren Stelle sich heute das Gebäude für Exakte Wissenschaften der Universität Bern befindet. Seine Koordinaten sind in Metern auf 600000 / 200000 festgelegt. Das geodätische Datum beruht auf der Landestriangulation der Jahre 1903 bis 1939 (LV03). Der Netzmassstab ergibt sich aus den drei 1880/81 gemessenen Basislinien in Aarberg, Bellinzona und Weinfelden. Sie sind aus einem grossen Umkreis direkt einsehbar und innerhalb des Landes gut verteilt.

Für die Projektion wird zunächst der Besselellipsoid auf eine Kugel und von dieser auf einen die Kugel im Meridian von Bern berührenden Zylinder abgebildet. Der Berührungskreis von Kugel und Zylinder ist ein Grosskreis und schneidet den Meridian von Bern rechtwinklig. Bei dieser Doppelprojektion fällt die Zylinderachse nicht mit der Erdachse zusammen. Die Achsen bilden einen Winkel der dem Breitengrad von Bern entspricht. Von diesem Schnittpunkt von Meridian und Grosskreis aus, weist die erste Koordinatenachse („y-Achse“, abgewickelter Grosskreis) in östlicher Richtung (false easting) und die zweite Koordinate („x-Achse“, 7° 26' Ost, «Berner Meridian») nach Norden (false northing). x- und y-Achse sind also im Vergleich zur mathematischen Konvention vertauscht.

Der Nullpunkt Bern bildete den Koordinatenursprung der «Zivilkoordinaten». Die «Militärkoordinaten» erhält man durch einen Zuschlag von y = 600 km und x = 200 km. Die Vorteile der Militärkoordinaten wurden auch in der amtlichen Vermessung erkannt und es wurde 1918 einheitlich auf die «Militärkoordinaten» umgestellt. Die amtliche Vermessung von Liechtenstein blieb bei den «Zivilkoordinaten». Eine Verwechslung der Koordinaten ist auf dem Gebiet des Fürstentums nicht möglich. Eine Umstellung wurde daher nicht für nötig befunden.[1]

Die Koordinate 0/0 (Nullpunkt) der «Militärkoordinaten» liegt in der Nähe von Bordeaux in Frankreich. Der Ausgangspunkt und somit auch der daraus folgende Nullpunkt bei Bordeaux wurden bewusst so gewählt, dass die Fehlerquote bei der Bestimmung und Übermittlung der Koordinaten eines beliebigen Punktes der Schweiz möglichst klein sein sollte. Dieses System erfüllt folgende Vorgaben:

  • Der Nullpunkt ist so festgelegt, dass sich das ganze Land im ersten Quadranten des Koordinatensystems befindet. Damit sind die Koordinatenwerte innerhalb des Landes immer positiv.
  • Das ganze Land liegt südlich und östlich einer vom Nullpunkt aus nach Nordosten laufenden Linie, also in der unteren Hälfte des Quadranten. Damit wird erreicht, dass der Wert der y-Koordinate innerhalb des Landes immer grösser ist als derjenige der x-Koordinate.
  • Der nördlichste und der östlichste Punkt liegen weniger als 1000 km von den Achsen entfernt, womit alle Punkte in der Schweiz maximal sechsstellige Koordinaten aufweisen.

Beispielkoordinaten:

  • Rigi y=679520, x=212273
  • Zürich-Seebach y=684592, x=252857
  • Bern y=600000, x=200000 (Sidlerstr. 5, 3012 Bern, Universität Bern, exakte Wissenschaften. WGS84: 46.9510827861504654, 7.4386324175389165)

Anwendungsgebiete

Rettungsdienste von Liechtenstein und der Schweiz verwenden ausschliesslich dieses Koordinatensystem. Die Schweizer Landeskoordinaten finden Anwendung bei der Schweizer Armee, den Grenzwachtkorps, beim Zivilschutz, der REGA, den Kantonspolizeien und sonstigen schweizerischen Rettungsdiensten. Auch die amtliche Landeskarte der Schweiz benutzt die Schweizer Landeskoordinaten.

Umrechnung WGS84 auf CH1903

Berechnungsgrundlagen

Die Umrechnung von den ellipsoidischen WGS84-Koordinaten auf die Schweizer Projektionskoordinaten (CH1903) kann mittels einer Näherungsformel leicht bewerkstelligt werden. Mit den unten beschriebenen Formeln ist eine Genauigkeit von etwa einem Meter möglich.

1. Koordinaten werden in Sexagesimalsekunden umgerechnet. Ergebnis: Breite φ und die Länge λ.

2. Es werden die Hilfsgrössen φ' und λ' aus φ und λ gebildet. Die Formeln dazu sind:


3. Schliesslich werden die Schweizer Koordinaten ( und in m) berechnet:


Beispiel

Praxisbeispiel: Zentrum von La Chaux-des-Breuleux auf

φ = 47° 13' 15" N
λ = 7° 1' 41" E

Umwandlung in Sexagesimalsekunden:

φ = (47*3600) + (13*60) + 15 = 169995
λ = (7*3600) + (1*60) + 41 = 25301

Berechnung der Hilfsgrössen:

φ' = (169995 - 169028.66) / 10000 = 0.096634
λ' = (25301 - 26782.5) / 10000 = -0.14815

Berechnung der Meterkoordinaten:

x = 200147.07 + 308807.95 · φ' + 3745.25 · λ'2 + 76.63 · φ'2 + 119.79 · φ'3 - 194.56 · λ'2 · φ'
x = 230071
y = 600072.37 + 211455.93 · λ' - 10938.51 · λ' · φ' - 0.36 · λ' · φ'2 - 44.54 · λ'3
y = 568902

Die Landeskoordinaten von La Chaux-des-Breuleux sind demnach 568'902 / 230'071.

Landesvermessung 1995

Die Landesvermessung LV95 führte zwei neue Bezugssysteme ein, welche das historische, auf Landestriangulation beruhende System ablösen sollen.

  • CHTRS95 (Swiss Terrestrial Reference System 1995) ist eng an das europäische Bezugssystem ETRS89 angelehnt. Der Referenzrahmen ist so definiert, dass beide Systeme zum Zeitpunkt identisch sind.
  • Das lokale Bezugssystem CH1903+ verwendet den selben Ellipsoiden wie CH1903 (Bessel 1841). Es wurde eine möglichst gute Übereinstimmung mit dem bestehenden System angestrebt. Allerdings erhalten die projizierten Koordinaten zur eindeutigen Unterscheidung einen zusätzlichen Offset von 2'000 km bzw. 1'000 km. Damit hat das Projektionszentrum in der alten Sternwarte Bern die Koordinaten 2'600'000 m / 1'200'000 m. Der Fundamentalpunkt wurde allerdings nach Zimmerwald verlegt, da der alte Fundamentalpunkt heute nicht mehr nutzbar ist.

Zur Umrechnung von CH1903+ nach CH1903 müssen die lokalen Verzerrungen des über 100 Jahre alten Systems nachgebildet werden. Mit Hilfe eines Transformationsdatensatzes können die Korrekturen von bis zu 1,6 m nach einem klar definierten Algorithmus berechnet werden.

Zeitrahmen der Umstellung

Ca. 2005 wurde mit der Umstellung auf den neuen Bezugsrahmen begonnen. Nach der Geoinformationsverordnung, Art. 53, müssen die Daten der amtlichen Vermessung spätestens bis Ende 2016 (Referenzdaten) bzw. Ende 2020 (übrige Geobasisdaten) von CH1903/LV03 nach CH1903+/LV95 überführt sein.[2]

Beispielkoordinaten[3]

Messpunkt ETRS89 CH1903 CH1903+
Zimmerwald 7°27′54,983506″E 46°52′37,540562″N y=602 080,680 x=191 775,030 E=2 602 080,740 N=1 191 775,030
Bern 7°26′19,076715″E 46°57′3,897982″N y=600 000,000 x=200 000,000 E=2 600 000,000 N=1 200 000,000
Pfänder 9°47′3,697723″E 47°30′55,172797″N y=776 668,105 x=265 372,681 E=2 776 668,590 N=1 265 372,250
Monte Generoso 9°1′16,389053″E 45°55′45,438020″N y=722 758,810 x=87 649,670 E=2 722 759,060 N=1 087 648,190

Literatur

  • Eidgenössische Landestopographie 1976 und 1984, Gubler et al. 1996

Einzelnachweise

  1. Landesvermessung Liechtenstein
  2. http://www.admin.ch/ch/d/sr/510_620/a53.html
  3. http://www.swisstopo.admin.ch/internet/swisstopo/de/home/topics/survey/sys/refsys/switzerland.parsysrelated1.24280.downloadList.32633.DownloadFile.tmp/refsysd.pdf

Weblinks