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Selbstliebe

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Selbstliebe (feminines Substantiv aus Selbst ahd. selb, mhd. selp etymologisch nicht sicher geklärt und Liebe ahd. liubi, mhd. liebe, lieb machen, lieb werden) oder Eigenliebe beschreibt die Liebe, Akzeptanz oder Wertschätzung, die eine Person für sich selbst empfindet, verbunden mit dem Streben nach Wohlbefinden.

Der Begriff ist stark kontextabhängig geprägt. Die Bedeutung und Anwendung kann je nach Kultur, Religion, individueller Lebensphilosophie oder wissenschaftlicher Sichtweise variieren. Selbstliebe wird häufig im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit, Resilienz und persönlicher Entwicklung betrachtet.

Selbstliebe bewegt sich zwischen Selbstbestimmung und äußeren Einflüssen wie Normen oder Herausforderungen. Sie ist eine aktive Entscheidung oder Handlung – bewusst oder unbewusst –, die dazu dient, ein Gleichgewicht zwischen eigenen Bedürfnissen und externen Anforderungen herzustellen. Dabei können innere Konflikte und zwischenmenschliche Spannungen entstehen. Sie lässt sich dabei in qualitative, quantitative, bewusste und unbewusste Formen gliedern.

Im Weiteren ist der Begriff sinnverwandt mit Konzepten wie Selbstannahme, Selbstachtung, Selbstzuwendung, Selbstvertrauen, Selbstfreundschaft oder Selbstwert, jedoch nicht vollständig synonym.

Voraussetzung für die Liebe zu anderen Menschen

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Von Erich Fromm wird die Selbstliebe als Grundlage dafür gesehen, andere Menschen lieben zu können. Psychotherapeutische Konzepte wie beispielsweise die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie von Luise Reddemann beschreiben die Selbstliebe entsprechend als Voraussetzung für eine gute Verbindung zur Welt und zu anderen Menschen.[1]

Selbstliebe ist ein wesentlicher Teilaspekt des umfassenderen Selbstwertgefühls, das in einem hohen Maße nicht nur das Selbstbild eines Menschen bestimmt, sondern auch Basis eines wertschätzenden Umgangs mit anderen Menschen ist. Die Interaktion mit der Umwelt wird zu einem wesentlichen Teil durch die Selbstliebe einer Person geprägt. Eine andere, für Sozialkontakte fast ebenso wichtige Selbstwert-Komponente ist Selbstvertrauen, d. h. das Vertrauen in die Fähigkeit, das eigene Leben gestalten und selbst gesteckte Ziele erreichen zu können (siehe auch Selbstwirksamkeit).

Abgrenzung zu Narzissmus und Überheblichkeit

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Die in diesem Sinne verstandene Selbstliebe ist abgegrenzt von Überheblichkeit und Narzissmus. Die verschiedenen psychologischen oder theologischen Standpunkte gehen mit unterschiedlicher Betrachtungsweise an das Verhältnis von Selbstliebe zu Narzissmus heran, einige sehen es als sich gegenseitig ausschließend.

Entsprechend der ausschließenden Sichtweise von Selbstliebe und Narzissmus verhält sich der Narzisst egozentrisch und wichtigtuerisch, weil er sich nicht liebt und für minderwertig hält. Zitat nach Erich Fromm: „Es stimmt, dass selbstsüchtige Menschen unfähig sind, andere zu lieben; sie sind jedoch genauso unfähig, sich selbst zu lieben.“

Der Unterschied zwischen Selbstliebe und Narzissmus wird daher nochmal deutlicher, wenn man Narzissmus mit Selbstsucht oder Selbstverliebtheit übersetzt. Im Gegensatz zur Selbstliebe – also einer Selbstannahme mit allen Stärken und Schwächen – ist Selbstverliebtheit die Projektion eines idealisierten Größenselbst. Dieses überhöhte Selbstbild, in dem alle Schwächen negiert werden, ist auf permanente Bestätigung und Bewunderung angewiesen, die durch die selbstverliebte Außendarstellung der eigenen Vorzüge und Leistungen erreicht werden soll. Vor diesem Hintergrund gibt es eine gesunde Selbstliebe, aber keinen gesunden Narzissmus.

Möglichkeiten zur Stärkung von Selbstliebe

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Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Selbstliebe zu stärken. Diese sind nach Potreck-Rose und Jacob beispielsweise der Erwerb von Wissen, Verantwortungsübernahme und das Sich-Bewusst-Machen eigener Kompetenzen bzw. Erfolge. Hilfreich kann auch die Vorstellung eines zugewandt-liebevollen Begleiters sein, der der eigenen inneren kritischen Stimme gegenübersteht. Dieser Begleiter kann auch mittels Symbolen oder Objekten visualisiert werden. Reddemann zeigt das Bild eines großen Hauses auf, das viele Zimmer hat. Die Herrin des Hauses gibt an, welche Gäste sich wo aufhalten dürfen. Unwillkommene Gäste lassen sich wegschicken – wie Eltern, die ihren Kindern sagen, sie sollen doch bitte in ihr Zimmer gehen. So können auch innere kritische Stimmen weggeschickt werden.

Rezeption in der Kunst

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Das Poem As I Began to Love Myself (Als ich mich selbst zu lieben begann), das dem Schauspieler Charles Chaplin zugeschrieben wird, thematisiert die Selbstliebe und das persönliche Wachstum. Die Urheberschaft des Werkes ist jedoch nicht zweifelsfrei gesichert. Es wird vermutet, dass es sich um freie Adaptionen aus dem Buch When I Loved Myself Enough von Kim und Alison McMillen handeln könnte.[2]

Film und Fotografie

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Der Dokumentarfilm ...WIE DICH SELBST? von Susanne Petz und Ralph Gladitz bietet eine Erkundung des Themas Selbstliebe. Neun Menschen im Alter von 28 bis 86 Jahren reflektieren im Gespräch ihre persönliche Wertschätzung und Liebe zu sich selbst. Die Frage „Wie stark ist deine Selbstliebe auf einer Skala von eins bis zehn?“ bildet den Auftakt des Films. Während der Arbeit am Film erkannte Gladitz die politische Dimension des Themas. Der Film steht daher nicht allein, sondern ist Teil des Projekts „Generation L“ – eine Initiative, die sich für weniger Hass, Gewalt, Aggression und Konkurrenz sowie für mehr Liebe einsetzt. Der Film stellt die provokante Frage: „Wie würde sich die Welt verändern, wenn mehr Menschen sich selbst auf gesunde Weise lieben würden?“ Im Jahr 2021 wurde der Film für den Horizonte Filmpreis beim Fünf Seen Filmfestival nominiert.[3]

  • Potreck-Rose, Gitta Jacob: Selbstzuwendung, Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen. Psychotherapeutische Interventionen zum Aufbau von Selbstwertgefühl. 10. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-608-89194-2.
  • Michael Tischinger: Selbstliebe. Weg der inneren Heilung. Herder Verlag 2007.
Wiktionary: Liebe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Luise Reddemann Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie, PITT – Das Manual, Leben Lernen 167, Pfeiffer bei Klett-Cotta, Stuttgart 3. Auflage 2005 (S. 101) ISBN 3-608-89729-1
  2. Oliver Fratzke: „Als ich mich selbst zu lieben begann“ – Ein Blick hinter den Ursprung eines inspirierenden Textes. In: Allgemein. Heldenweg-Institut 24. November 2024
  3. Peter Gutting: ...Wie dich selbst? (2023). Vom Ich zum Wir KINO ZEIT 2023