Semd

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Semd
Wappen der früheren Gemeinde Semd
Koordinaten: 49° 52′ N, 8° 53′ OKoordinaten: 49° 52′ 23″ N, 8° 53′ 16″ O
Höhe: 147 m ü. NHN
Fläche: 15,99 km²[1]
Einwohner: 1775 (Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 111 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1977
Postleitzahl: 64823
Vorwahl: 06078
Karte
Lage von Semd in Groß-Umstadt

Semd ist ein Stadtteil von Groß-Umstadt im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg am Nordrand des Odenwaldes.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der erste urkundliche Nachweis datiert um 1312.[1] Anfänglich noch als Semede oder Semme, später Sem (1544), oder Sembt (1711) benannt. Semd war gemeinschaftlicher Besitz der Kurpfalz und der Landgrafschaft Hessen. 1576 haben beide die hohe Ober-Herrlichkeit und Gerechtigkeit inne. In Semd haben Adel und Kirche Grundbesitz; so die Grafen von Hanau, das Kloster Fulda, die von Frankenstein, die von Wasen, die Ulner von Dieburg, die Gayling von Altheim, die von Karben, die von Rodenstein, die von Groschlag, die Schenken von Erbach, die von Düdelsheim, die von Bleichenbach sowie die Gans von Otzberg.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Semd:

»Semd (L. Bez. Dieburg) luth. und reform. Filialdorf; liegt 1 St. von Dieburg und 34 St. von Umstadt. Der Ort hat 186 Häuser und 1146 Einw., die bis auf 127 Reform., 19 Kath. und 4 Juden lutherisch sind; unter diesen sind 82 Bauern, 53 Handwerker und 80 Taglöhner. Die Kirche ist gemeinschaftlich und wurde im 15. Jahrhundert erbaut. Man findet 3 Mahlmühlen und einen sehr starken Mohnbau. – Hier besassen die Grafen von Katzenellenbogen ein sogenanntes Grevengericht, das an Hessen kam und aus den Zeiten herrührte, zu welchen Katzenellenbogen in dem Bezirk von Umstadt berechtigt war. Der Ort war mit Pfalz gemeinschaftlich, und 1802 kam der pfälzische Antheil an Hessen.«[3]

Ehemaliges Rathaus

Die übergeordneten Verwaltungseinheiten waren ab 1621 das Amt Umstadt, das 1802 zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt kam und ab 1806 zur Provinz Starkenburg des Großherzogtums Hessen gehörte, ab 1821 der Landratsbezirk Dieburg, ab 1832 der Kreis Dieburg, ab 1848 der Regierungsbezirk Dieburg, ab 1852 wieder der Kreis Dieburg, ab 1938 der Landkreis Dieburg und seit 1977 der Kreis Darmstadt-Dieburg.[1]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen versuchten die Gemeinden Semd und Klein-Zimmern 1972 nach Dieburg eingemeindet zu werden, was die Stadt Dieburg jedoch ablehnte.[4] Zum 1. Januar 1977 wurden dann die Stadt Groß-Umstadt und die Gemeinden Dorndiel, Heubach, Kleestadt, Klein-Umstadt, Richen und Semd kraft Landesgesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt zur neuen Stadt Groß-Umstadt zusammengeschlossen.[5][6] Für die Kernstadt Groß-Umstadt und die Stadtteile Dorndiel, Heubach, Kleestadt, Klein-Umstadt, Raibach, Richen, Semd und Wiebelsbach wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung errichtet. Die Grenzen der Ortsbezirke folgen den Gemeindegrenzen vom 30. Dezember 1971.[7]

Verwaltungsgeschichte im Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Semd angehört(e):[1][8]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Semd 1677 Einwohner. Darunter waren 90 (5,4 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 270 Einwohner unter 18 Jahren, 699 waren zwischen 18 und 49, 390 zwischen 50 und 64 und 318 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 690 Haushalten. Davon waren 177 Singlehaushalte, 222 Paare ohne Kinder und 219 Paare mit Kindern, sowie 60 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 126 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 495 Haushaltungen lebten keine Senioren.[11]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1633: 292 Einwohner[1]
• 1806: 976 Einwohner, 168 Häuser[9]
• 1829: 1146 Einwohner, 186 Häuser[3]
• 1867: 1167 Einwohner, 211 Häuser[12]
Semd: Einwohnerzahlen von 1806 bis 2019
Jahr  Einwohner
1806
  
976
1829
  
1.146
1834
  
1.193
1840
  
1.304
1846
  
1.426
1852
  
1.296
1858
  
1.266
1864
  
1.190
1871
  
1.140
1875
  
1.154
1885
  
1.071
1895
  
1.111
1905
  
1.040
1910
  
1.034
1925
  
1.064
1939
  
1.063
1946
  
1.403
1950
  
1.425
1956
  
1.316
1961
  
1.300
1967
  
1.507
1970
  
1.636
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2006
  
2.000
2011
  
1.677
2016
  
1.792
2019
  
1.775
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Groß-Umstadt[13]; Zensus 2011[11]

Historische Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1829: 996 lutheranische (= 86,91 %), 127 reformierte (= 11,08 %), 4 jüdische (= 0,35 %) und 19 katholische (= 1,66 %) Einwohner[3]
• 1961: 1119 evangelische (= 86,08 %), 160 katholische (= 12,31 %) Einwohner[1]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortsbeirat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Semd besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Semd) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen 2021 gehören ihm vier Mitglieder der SPD, zwei Mitglieder der CDU und ein Mitglied des Bündnis 90/Die Grünen an. Ortsvorsteher ist Dieter Ohl (SPD).[14]

Wappen und Flagge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wappen

Wappen von Semd
Wappen von Semd

Blasonierung: In Rot über drei goldenen Spitzen eine silberne Waage über einem silbernen Spiegel in goldenem Rahmen.[15]

Das Wappen wurde durch den Heraldiker Heinz Ritt gestaltet und am 2. September 1963 vom Hessischen Innenministerium genehmigt.

Es beruht auf einem alten Gerichtssiegel des Ortes von 1713 und verweist damit auf das Örtliche Gericht.[16]

Flagge

Die Flagge wurde am 24. April 1961 durch das Hessische Innenministerium genehmigt.

Flaggenbeschreibung: „Auf der breiten weißen Mittelbahn des blau-weiß-blauen Flaggentuches das Gemeindewappen.“ [17] |-

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit März 2004 steht in der Semder Flur eine Sitzbank. Sie ist 31,33 m lang; die Sitzfläche und die Lehne sind aus je einem Stück Douglasie gefertigt. Besonders den Einheimischen gilt dieses originelle Stück als „längste Bank der Welt“.

Natur und Schutzgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Naturschutzgebiet „Taubensemd“ (2012)
Feuchtwiesen, Schilf- und Gehölzbestände im Naturschutzgebiet Taubensemd (2020)

Das Naturschutzgebiet Taubensemd von Habitzheim, Semd und Groß-Umstadt liegt zu einem Teil in der Gemarkung von Semd. Das artenreiche Schutzgebiet umfasst Feuchtwiesen, Röhrichte, offene und teils temporäre Wasserflächen und trockene Raine.[18]

In der Gemarkung Semd liegen Teilflächen der Natura-2000-Gebiete „Untere Gersprenz“ (FFH-Gebiet 6019-303) und „Untere Gersprenzaue“ (EU-Vogelschutzgebiet 6119-401).[19]

Das Naturdenkmal Gambseiche auf Semder Gemarkung fiel im Juni 2019 einem Blitzschlag zum Opfer und musste gefällt werden. Ihr liegender Stamm ist weiterhin als Naturdenkmal geschützt.

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fast zwanzig Vereine, eine Sport- und Kulturhalle und ein reges Kulturleben, welches sich in Straßenfesten und vielen anderen kulturellen Ereignissen widerspiegelt, kann der knapp 2000 Einwohner zählende Ort vorweisen.

Regelmäßige Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • In Semd finden viele Feste statt, von sehr kleinen Festen wie der Glühweinkerb am Freitag vor Totensonntag bis hin zur Semder „Mallorca Beach Party“, die seit Jahren einen festen Termin im Kulturkalender der Region darstellt.
  • Letztes Wochenende im August: Opel-Treffen[20]
  • September: Kerb[21]

Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Öffentliche Einrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An öffentlichen Einrichtungen sind Freiwillige Feuerwehr, Turnverein, Schützenhaus, Bücherei, Kindergärten, Grundschule, Kirche (für die Professor Otto Linnemann aus Frankfurt um 1919 Glasfenster schuf) und Gemeindehaus zu erwähnen.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bundesstraßenauffahrt der B26 Richtung Darmstadt und Frankfurt am Main ist nur zwei Kilometer entfernt. Groß-Umstadt und Dieburg als kleinstädtische Dreh- und Angelpunkte der Region liegen nur 5 Autominuten entfernt. Zum Frankfurter Flughafen gelangt man in 40 Minuten (25 Minuten außerhalb der Hauptverkehrszeiten). Eine Schnellbusanbindung sowie Bahnhöfe in Dieburg (6 km) und Groß-Umstadt (4 km) komplettieren die Verkehrsanbindung.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter des Ortes

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Semd – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Infolge der Rheinbundakte.
  4. Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als gescheiterter Versuch einer erneuten Reichsgründung.
  5. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Umstadt) und Verwaltung.
  6. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  8. Am 1. Januar 1977 als Ortsbezirk zur Stadt Groß-Umstadt.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Semd, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Stadtteile. Stadt Groß-Umstadt, archiviert vom Original am 28. Januar 2024; abgerufen am 1. Februar 2024.
  3. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 222 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Magistrat der Stadt Dieburg (Hrsg.): Dieburg eine Chronik. Dieburger Verlag, 2007, ISBN 978-3-00-023096-7, S. 138
  5. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 231.
  6. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II 330–334) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 318, § 14 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
  7. a b Hauptsatzung. (PDF; 97 kB) §; 5. In: Webauftritt. Stadt Groß-Umstadt, abgerufen im Juni 2022.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. a b Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
  10. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  11. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 14 und 68, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  12. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 82 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Stadtteile. In: Webauftritt. Stadt Groß-Umstadt, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2021.
  14. Ortsbeirat Heubach. In: Webauftritt. Stadt Groß-Umstadt, abgerufen im Juni 2022.
  15. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Semd im Landkreis Dieburg, Regierungsbezirk Darmstadt vom 14. Mai 1960. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1960 Nr. 20, S. 582, Punkt 454 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,7 MB]).
  16. Wappen der Welt: Semd, abgerufen im November 2017.
  17. Genehmigung einer Flagge der Gemeinde Semd im Landkreis Dieburg, Regierungsbezirk Darmstadt vom 24. April 1961. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1961 Nr. 18, S. 497, Punkt 486 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,2 MB]).
  18. Verordnung über das Naturschutzgebiet „Taubensemd von Habitzheim, Semd und Groß-Umstadt“ vom 3. Juni 1992. PDF. Staatsanzeiger für das Land Hessen 25/1992, S. 1389, Nr. 502, abgerufen am 14. Juli 2020.
  19. Wolfgang Röhser (Hessen Forst): Bewirtschaftungsplanfür das FFH- und Vogelschutzgebiet „Untere Gersprenz-FFH/Untere Gersprenzaue-VSG-TR Süd“. PDF. Regierungspräsidium Darmstadt, 29. Dezember 2014, abgerufen am 17. Juni 2021.
  20. Ulrike Bernauer. In: Darmstädter Echo, Mittwoch, 23. August 2023, S. 18.
  21. Darmstädter Echo, Dienstag, 8. September 2015, S. 18