Sender Billwerder-Moorfleet

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Sender Billwerder-Moorfleet
Bild des Objektes
Sendeanlage 2018
Sendeanlage 2018
Basisdaten
Ort: Hamburg-Moorfleet
Land: Hamburg
Staat: Deutschland
Höhenlage: m ü. NHN
Koordinaten: 53° 31′ 9,2″ N, 10° 6′ 10,2″ O
Verwendung: Rundfunksender
Zugänglichkeit: Sendeanlage öffentlich nicht zugänglich
Besitzer: Norddeutscher Rundfunk
Abriss: 2016 (Mast 2. und 3.)
Daten zur Sendeanlage
Turm/Mast 1
Höhe: 304 m
Bauzeit: 1960
Betriebszeit: seit 1960


Turm/Mast 2
Höhe: 184 m
Bauzeit: 1962
Betriebszeit: 1962–2015


Turm/Mast 3
Höhe: 121 m
Bauzeit: 1963
Betriebszeit: 1963–2011


Turm/Mast 4
Höhe: 77 m
Bauzeit: 1979
Betriebszeit: 1979–2015
Wellenbereich: VHF, UHF
Rundfunk: UKW-Rundfunk
Sendetypen: DVB-T, DVB-H, DAB
Positionskarte
Sender Billwerder-Moorfleet (Hamburg)
Sender Billwerder-Moorfleet (Hamburg)
Sender Billwerder-Moorfleet

Der Sender Billwerder-Moorfleet ist eine Sendeanlage des Norddeutschen Rundfunks im Hamburger Stadtteil Billwerder.

Betrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

304-m-Mast für DVB-T und UKW

Am 2. Mai 1924 begann die Nordische Rundfunk AG (NORAG) im Hamburger Fernsprechamt Schlüterstraße ihren Sendebetrieb auf Mittelwelle 759 kHz (395 m) mit nur 0,7 kW Leistung.[1] Bis zur Luzerner Wellenkonferenz von 1933[2] zur Festlegung der Frequenzen in Europa ab 15. Januar 1934 wurde mit 2 kW bis 10 kW auf verschiedenen Frequenzen (764 kHz, 805 kHz und 945 kHz) und ab 15. Oktober 1925 vom Sender Lokstedt[3] gesendet.[4]

Am 1. April 1934 nahm der Sender Billwerder-Moorfleet als Reichssender Hamburg den Betrieb mit zwei starken 100-kW-Mittelwellensendern (904 kHz) im Verbund des damaligen Großrundfunksendernetzes auf.[5] Die Antenne war über einen 145 m hohen Holzturm abgespannt und ab 27. September 1938 abendlich eingeblendete englische Nachrichtensendungen konnten in Großbritannien gehört werden. 1940 wurde eine breitbandige Dreiecksflächenantenne ergänzt.

Alle Sendeanlagen blieben bis Kriegsende intakt, lediglich der Sendemast musste 1941 kriegsbedingt auf 85 m verkürzt werden. Nachdem Hamburgs Kampfkommandant Alwin Wolz, nach Autorisierung durch den letzten Reichspräsidenten Karl Dönitz, der sich in den Sonderbereich Mürwik abgesetzt hatte, bei Lüneburg in der Villa Möllering am 3. Mai die Bedingungen zur Übergabe von Hamburg an die Briten unterschrieb, marschierten die britischen Soldaten noch am Nachmittag des Tages in der Stadt ein. Die Briten begannen alle Bereiche des öffentlichen Lebens in der Stadt zu kontrollieren.[6][7][8] Am 4. Mai 1945 meldete sich der Hamburger Sender mit den Worten „This is Radio Hamburg, a station of the allied military Government“ erstmals unter britischer Leitung.[9] Die an diesem Tag unterzeichnete Teilkapitulation der Wehrmacht für Nordwestdeutschland, Dänemark und die Niederlande wurde erst am 6. Mai, 0 Uhr vom Reichssender Flensburg verkündet.[10]

1947 sendete der NWDR weiterhin über diese Anlagen auf Mittelwelle 904 kHz bis 1949, als ein neuer 198 Meter hoher, gegen Erde abgespannter Stahlfachwerkmast mit einer Reusenantenne und einer Sendeantenne für UKW-Hörfunk auf der Spitze errichtet wurde. Am 20. Mai 1949 begann der Sendebetrieb auf UKW 89,6 MHz mit selbstgebautem 0,1-kW-Sender, der jedoch am 15. Juli 1949 durch einen Sender gleicher Leistung der Firma Lorenz abgelöst werden musste. Ende 1952 folgte die erste Ausstrahlung von Fernsehprogrammen im VHF-Bereich mit einem 10-kW-Sender.[11] 1954 war Hamburg 1 auf 88,5 MHz mit 10 kW Sendeleistung zu hören[12], 1958 gab es schon die drei Programme Hamburg 1 (92,1 MHz, 5 kW), Hamburg 2 (88,5 MHz, 50 kW) und Hamburg 3 (96,3 MHz, 5 kW).

Anfang 1953 wurde einer der zwei 100-kW-Mittelwellensender (von 1934) umgebaut zu einem 20-kW-Langwellensender (151 kHz mit Einseitenbandmodulation), der dann von Mitte 1953 bis Ende 1962, zuletzt mit 50 kW, in Richtung Ostblock sendete. Der Deutsche Langwellensender diente als Gegenstück zum ostdeutschen „Deutschlandsender“. Der zweite 100-kW-Mittelwellensender wurde auf 971 kHz umgestellt, da gleichstarke italienische und britische Sender die alte Frequenz 904 kHz störten.

1964 wurde der Sendemast von 1949 abgebrochen und 1965 am Rundfunksender Kronshagen zur Verbesserung der UKW-Sendeleistung montiert[13]. Am 5. Februar 1966 wurden beide Mittelwellensender durch neue 300-kW-Sender ersetzt. Anfang 2010 erhielt die Firma TRANSRADIO SenderSysteme Berlin den Auftrag zum Ersatz eines MW-Senders durch einen effizienteren 100-kW-Sender[14], der am 13. Januar 2015 abgeschaltet wurde.[15]

Am 2. Dezember 2016 um 13:25 Uhr wurden die beiden kleineren Sendemasten gesprengt.[16]

Antennen, Frequenzen und Programme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

AM-Rundfunk (MW)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mittelwellenverbreitung wurde am 13. Januar 2015 eingestellt. Ausgestrahlt wurde zuletzt das Programm NDR Info Spezial auf der Frequenz 972 kHz mit 100 kW Leistung. Die zugehörige Sendeantenne, welche aus einem 189 Meter hohen, gegen Erde isolierten und mit einem Trennisolator in 101,8 Meter in 2 Teile unterteilten, 1963 errichteten Rohrmast[17] und einem 1979 errichteten, gegen Erde isolierten 77 Meter hohen Fachwerkmast mit dreieckigem Querschnitt[18] bestand, wurde am 2. Dezember 2016 gesprengt. Von beiden Masten sind noch Fundamente erhalten.[19]

Abstimmhaus des einstigen Mittelwellensendemasten mit einstigem Mastfundament

Ein weiterer Mittelwellensendemast, der als Reserveantenne[20] diente und 1963 errichtet wurde, wurde schon am 15. September 2016 gesprengt.

FM-Rundfunk (UKW)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1960 wurde die heutige FM-Antennenanlage für UKW-Hörfunk und Fernsehen errichtet, die aus einem abgespannten Stahlrohrmast besteht. Dieser Sendemast hat einen Durchmesser von zwei Metern 53° 31′ 9″ N, 10° 6′ 10″ O. Er war ursprünglich 255 Meter hoch und wurde inzwischen auf 304 Meter aufgestockt. Er ist das höchste Bauwerk in Hamburg.[21]

Im Antennendiagramm sind im Falle gerichteter Abstrahlung die Hauptstrahlrichtungen in Grad (azimut) angegeben.

Frequenz
(MHz)
Programm RDS PS RDS PI ARI Regionalisierung ERP
(kW)
Antennendiagramm
rund (ND)/gerichtet (D)
Polarisation
horizontal (H)
90,3 NDR 90,3 NDR_90,31) D451 80 ND H
89,5 NDR 1 Welle Nord NDR_1_SH1) D8E1 (regional), 
D3E1
Norderstedt 10 D (280°-40°) H
87,6 NDR 2 _NDR_2__ D582 (regional), 
D382
Hamburg 80 ND H
99,2 NDR Kultur NDR_Kult D383 80 ND H
92,3 NDR Info NDR_Info D384 5 D (350°-310°) H
94,2 N-Joy _N-JOY__ D385 1 D (280°-40°) H
88,7 Deutschlandfunk __Dlf___ D210 3,2 ND H
103,6 Radio Hamburg RADIO_HH1) D358 80 ND H
1) 
Dynamisch mit Musiktitelinformationen

Radio Hamburg strahlte als letzter Sender der Welt die ARI-Kennung aus (Code C für das Bundesland Hamburg). Besitzer älterer Radios konnten hier noch bis mindestens August 2012 die volle Funktionalität von ARI nutzen.

Digitales Radio (DAB)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DAB beziehungsweise DMB wird in vertikaler Polarisation und im Gleichwellenbetrieb mit anderen Programmen ausgestrahlt.

Block Programme ERP
(kW)
Antennendiagramm
rund (ND)/
gerichtet (D)
Gleichwellennetz (SFN)
5C
DRDeutschland
(D__00188)
DAB+ Block der Media Broadcast: 1 ND


10A
NDR HH
(D__00240)
DAB+ Block des Norddeutschen Rundfunks[22] 4 ND Hamburg (Heinrich-Hertz-Turm), Hamburg (Moorfleet)

Der Handy-TV-Betreiber MFD hat die Lizenzen für Digitales Mobiles Fernsehen (DMB) zurückgegeben. Alle Projekte in Deutschland, diesen Standard betreffend, sind eingestellt. Für die Übertragung von Handy-TV hat sich also DVB-H, nicht zuletzt aufgrund einer Befürwortung von DVB-H durch die EU-Kommission, durchgesetzt. Ein Testbetrieb ist zum 1. Juni 2008 gestartet. Der Betreiber heißt Mobile 3.0. Die verwendeten Sendefrequenzen werden im UKW- und VHF-III-Band liegen.

Digitales Fernsehen (DVB-T2)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die DVB-T2-Ausstrahlungen im Gleichwellenbetrieb (Single Frequency Network) mit anderen Standorten.

Kanal Frequenz
(MHz)
Multiplex Programme im Multiplex ERP
(kW)
Sendediagramm
rund (ND)/
gerichtet (D)
Polarisation
horizontal (H)/
vertikal (V)
Modulations-
verfahren
FEC Guard-
intervall
Bitrate
(MBit/s)
SFN
23 490 ARD Digital 16 ND H 64-QAM 
(16-k-Modus)
1/2 19/128 18,2 Rundfunksender Hamburg-Moorfleet, Heinrich-Hertz-Turm, Lübeck–Berkenthin, Lübeck–Stockelsdorf, Hamburg-Rahlstedt (Höltigbaum), Wedel (Wittsmoor)
40 626 ARD regional (NDR) 5 ND H QPSK 
(16-k-Modus)
1/2 19/128 6 Rundfunksender Hamburg-Moorfleet, Heinrich-Hertz-Turm
41 634 ARD regional (NDR) 16 ND H 64-QAM 
(16-k-Modus)
1/2 19/128 18,2 Rundfunksender Hamburg-Moorfleet, Heinrich-Hertz-Turm, Lübeck–Berkenthin, Lübeck–Stockelsdorf, Hamburg-Rahlstedt (Höltigbaum), Wedel (Wittsmoor)

Digitales Fernsehen (DVB-T)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zum Wechsel auf DVB-T2 am 29. März 2017 liefen die DVB-T-Ausstrahlungen vom Rohrmast des NDR im Gleichwellenbetrieb (Single Frequency Network) mit anderen Standorten.[23]

ehemaliges Angebot:

Kanal Frequenz
(MHz)
Multiplex Programm im Multiplex ERP
(kW)
Antennen-
diagramm

rundum (ND) /
gerichtet (D)
Polarisation
horizontal (H) /
vertikal (V)
Modulations-
verfahren
FEC Guard-
intervall
Bitrate
(MBit/s)
SFN mit
Sender
28 530 ARD Digital (NDR) Hamburg 100 D H 16-QAM 2/3 1/4 13,27
54 738 ARD regional (NDR) Hamburg 32 D V 64-QAM 1/2 1/8 16,59

Analoges Fernsehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Abstrahlung der analogen Fernsehsender wurde mit der Einführung von DVB-T eingestellt. Zuletzt waren folgende Kanäle in Benutzung:

Kanal Frequenz
(MHz)
Programm ERP
(kW)
Sendediagramm
rund (ND)/
gerichtet (D)
Polarisation
horizontal (H)/
vertikal (V)
9 203,25 Das Erste (NDR) 100 ND H
26 511,25 NDR Fernsehen (Schleswig-Holstein) 10 D H
56 751,25 NDR Fernsehen (Niedersachsen) 500 D H

Meteorologische Nutzung des Sendemastes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1967 betreibt das Meteorologische Institut der Universität Hamburg am 304 Meter hohen Mast Messgeräte für Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit. Die Daten werden dabei in sechs Höhen am Mast (50, 70, 110, 175, 250 und 280 m) in hoher zeitlicher Auflösung erfasst, was insbesondere der Erforschung von Turbulenz dient, da so die turbulenten Flüsse von Impuls und Wärme bestimmt werden können. Die aktuellen Messwerte sind im Internet frei zugänglich.

Daneben existiert noch ein 10 Meter hoher Aluminium-Gittermast für Messungen in Bodennähe, der auf einem ehemaligen Perdunenfundament montiert ist.[24]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rundfunk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Meteorologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rundfunkchronik 1924 (Memento vom 19. März 2012 im Internet Archive)
  2. Luzerner Wellenkonferenz 1933 (Memento vom 27. August 2011 im Internet Archive)
  3. Radio-Museum Linsengericht e.V. - Die deutsche Radiogeschichte. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Juli 2019; abgerufen am 7. Januar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/radio-museum.de
  4. AM-Frequenzlisten 1926-1978
  5. Rundfunkchronik 1934 (Memento vom 23. März 2011 im Internet Archive)
  6. Bürgerbrief. Mitteilungen des Bürgervereins Lüneburg e.V. Nummer 75, vom: Mai 2015; Seite 11 f.; abgerufen am: 1. Mai 2017
  7. Oliver Schirg: Bei Nacht und Nebel: Hamburgs Kapitulation. In: Hamburger Abendblatt vom 18. April 2015, S. 20–21 (online).
  8. Norddeutscher Rundfunk: Am seidenen Faden: Hamburgs Weg zur Kapitulation, vom: 2. Mai 2015; abgerufen am: 1. Mai 2017
  9. Rundfunkchronik 1945 (Memento vom 2. Februar 2016 im Internet Archive)
  10. Gerhard Paul u. Broder Schwensen (Hrsg.): Mai '45. Kriegsende in Flensburg, Flensburg 2015, S. 71
  11. TV-Chronik 1948-1954 (Memento vom 14. März 2012 im Internet Archive)
  12. Grundig-Senderliste 1. September 1953: Hamburg 1 88,5 MHz (10 kW). Hamburg 2 95,1 MHz (0,04 kW). - Hamburg 3 96,3 MHz (0,1 kW).
  13. ARD-Chronik 1965
  14. Erneuerung des Mittelwellensenders in Hamburg-Moorfleet Pressemitteilung 19. Januar 2010
  15. @1@2Vorlage:Toter Link/www.ndr.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  16. NDR: Sendemasten in Moorfleet gefallen. In: www.ndr.de. Abgerufen am 2. Dezember 2016.
  17. Mittelwellensendemast Hamburg-Billwerder. emporis.com, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  18. Reflektormast Hamburg-Billwerder. emporis.com, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  19. Detaillierte Bebilderung der Antennenanlage
  20. Reservemittelwellensendemast Hamburg-Billwerder. emporis.com, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  21. Wittsmoor-Liste (PDF-Datei; 14 kB);UKW-Frequenzen Hamburg
  22. [1] (PDF-Datei) auf ndr.de
  23. Wittsmoor-Liste (PDF-Datei; 13 kB);UHF-Frequenzen Hamburg;DVB-T - Liste für Hamburg und Schleswig-Holstein
  24. Der Wettermast Hamburg. wettermast.uni-hamburg.de, abgerufen am 27. Oktober 2019.
Commons: Sender Billwerder-Moorfleet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien