Sietas Typ 72

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Sietas Typ 72
Die Vega kurz vor ihrer Verschrottung in Grenaa
Die Vega kurz vor ihrer Verschrottung in Grenaa
Schiffsdaten
Schiffsart Mehrzweckfrachter
Bauwerft Schiffswerft J.J. Sietas, Hamburg-Neuenfelde
Bauzeitraum 1972 bis 1977
Gebaute Einheiten 17
Fahrtgebiete europäische Küstenfahrt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 73,26 m (Lüa)
Breite 11,83 m
Seitenhöhe 6,60 m
Tiefgang (max.) 3,38 m
Vermessung 499 BRT
Maschinenanlage
Maschine 1 × Viertakt-Dieselmotor
Höchst­geschwindigkeit 11,0 kn (20 km/h)
Propeller 1 × Verstellpropeller
Transportkapazitäten
Tragfähigkeit 1584 tdw
Sonstiges
Klassifizierungen Germanischer Lloyd
Anmerkungen
Daten

Typschiff Edith Sabban

Der Typ 72 ist ein Mehrzweck-Küstenschiffstyp der Sietas-Werft in Hamburg-Neuenfelde.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heckansicht der Fairland

Die Baureihe wurde ab Anfang der 1970er Jahre von verschiedenen Reedereien geordert und bis 1977 in 17 Einheiten gebaut. Abhängig von der Bauvariante wurden die Schiffe bis in die 1990er Jahre häufig in der europäischen Bulk- und Holzfahrt eingesetzt.

Die 1973 abgelieferte Süllberg war bei seiner Indienststellung das Kümo mit der höchsten Tragfähigkeit die seinerzeit mit einer Vermessung von 499 Bruttoregistertonnen erreicht wurde. Die ebenfalls im Jahr 1973 gebaute Jürgen Wehr war das erste Schiff mit der sogenannten „optimalen Brücke“ – diese von Sietas in Zusammenarbeit mit der See-Berufsgenossenschaft entwickelte Form eines ergonomisch durchdachten Ruderhauses mit weitest gehender Rundumsicht war von fortschrittlichen Binnenschiffsruderhäusern inspiriert und floss später in das Forschungsprogramm „Schiff der Zukunft“ ein.

Mehrere Schiffe des Typs wurden später von verschiedenen Werften verlängert und die ehemalige Jürgen Wehr sogar nachträglich zum Asphalttanker umgebaut. Mehrere Einheiten gingen während ihrer Betriebszeit durch Havarien verloren, einige weitere wurden inzwischen abgebrochen. Die verbliebenen Schiffe findet man heute weltweit in der Küstenfahrt.

Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Decksansicht der Varangerfjord

Die Baureihe wurde in verschiedenen Varianten erstellt – die jedoch keine gesonderten Werftbezeichnungen erhielten. Durch die Form des einzelnen weitestgehend kastenförmigen Laderaums (box-shaped) mit einem Getreiderauminhalt von 3619 m³, beziehungsweise 3380,6 m³ Ballenraum ist der Schiffstyp gut für Zellulose- oder Paketholzfahrt, durch den geringen Unterstau auch für den Transport von Containern geeignet. Darüber hinaus ist die Tankdecke für die Stauung von Schwergut verstärkt.

Es wurden schwergutverstärkte kettenbetätigte McGregor-Lukendeckel verwendet, die beim Öffnen in Lukentaschen vor und hinter Luke gestaut werden. Die Thies erhielt beim Bau drei elektrohydraulische Sechstonnen-Krane, von denen die hinteren beiden gemeinsam auf einem verfahrbaren Wagen angebracht waren. Die Parnass sollte bei ihrer Verlängerung ebenfalls mit eigenem Ladegeschirr versehen werden, was aber an ungelösten Stabilitätsproblemen scheiterte.

Angetrieben werden die Schiffe der Baureihe von Viertakt-Dieselmotoren verschiedener Hersteller, die bei einigen Schiffen mit einem Wendegetriebe auf einen Festpropeller, bei der Mehrzahl der Schiffe jedoch auf einen Verstellpropeller wirkt. Die An- und Ablegemanöver werden durch ein Bugstrahlruder unterstützt.

Die Schiffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sietas Typ 72
Bauname Bau-
nummer
IMO-
Nummer
Stapellauf
Ablieferung
Auftraggeber Umbenennungen
und Verbleib
Edith Sabban 681 7219155 10.06.1972
05.07.1972
Mühlenberger Reedereigesellschaft Brügge & Sabban, Hamburg 1988 Sveafjord → 2001 Donna Khadijeh → 2001 Tarabeia → 2008 Jasmin, am 13. Juli 2013 zum Abbruch in Aliağa eingetroffen
Mühlenberg 676 7228297 02.09.1972
16.09.1972
Mühlenberger Reedereigesellschaft Brügge & Sabban, Hamburg 1985 Aasvaer → 2005 Bustein, am 1. Oktober 2016 zum Abbruch in Bahía Honda eingetroffen
Thies 710 7233668 18.11.1972
24.12.1972
Skandinavia Transport- & Schiffahrtsgesellschaft, Hamburg 1984 Bellatrix → 1989 Carolina → 2002 Lisbeth, am 13. Mai 2015 zum Abbruch bei Fornaes Shipbreaking in Grenaa eingetroffen
Süllberg 650 7320318 26.05.1973
23.06.1973
Vega-Reederei F. Dauber, Hamburg 1985 Nordfrakt, auf einer Reise von Stettin nach Antwerpen am 25. Oktober 1992 nach Verrutschen der Bleikonzentratladung etwa 30 Seemeilen westnordwestlich von Ijmuiden gekentert und gesunken
Jürgen Wehr 701 7330052 23.09.1973
10.10.1973
Oskar Wehr, Hamburg 1977 Jürgen W → 1978 Jürgen Wehr → im Herbst 1981 bei Szczecińska Stocznia Remontowa "Gryfia" in Stettin um 9,50 m verlängert → 1993 Jürgen → 1994 zum Bitumentanker Viscaria umgebaut, so 2022 in Fahrt
Caravelle 743 7403108 24.05.1974
15.06.1974
Jakob Winter, Hamburg 1983 Emanaich → 1986 Millac Star II → 2001 Safa-B → 2009 Meera → 2016 Shaheen III, am 23. Dezember 2017 zum Abbruch in Alang eingetroffen und dort am 31. Dezember 2017 auf den Strand gesetzt
Dori Bres 759 7413634 17.09.1974
12.10.1974
Nielsen & Bresling, Faaborg 2006 Carolyn → 2010 Merkur → 2013 Merkur 1, am 22. Dezember 2014 mit 611 Migranten von der italienischen Küstenwache aufgebracht, im November 2015 zum Abbruch ausgeschrieben[1]
Rie Bres 760 7413646 09.11.1974
05.12.1974
Nielsen & Bresling, Faaborg 1980 Tajami → 1984 Majgard → 1996 Star Maria → 2002 Aalaae, am 20. September 2020 zum Abbruch in Gadani eingetroffen und dort am 1. Oktober 2020 auf den Strand gesetzt
Nina Bres 761 7413593 15.01.1975
11.02.1975
Nielsen & Bresling, Faaborg 2007 Vega, am 21. April 2013 im Schlepp zum Abbruch bei Fornaes Shipbreaking in Grenaa eingetroffen
Silke Polax 762 7429281 22.03.1975
16.04.1975
Nielsen & Bresling, Faaborg 2004 Anna Stevns, am 11. Juli 2012 zum Abbruch in Frederikshavn eingetroffen
Mosel 744 7431674 31.05.1975
26.06.1975
Heinrich Schepers Rhein-See-Linie, Hamburg 1987 Freja → 1996 Loften → 1997 Thor Emilie, am 17. Februar 2000 auf einer Reise von Dünkirchen nach Porto Vesme nach Explosion der Zinkspäneladung im Mittelmeer gesunken, von den sieben Besatzungsmitgliedern kamen sechs ums Leben[2]
Ume 711 7431662 09.09.1975
04.10.1975
Skandinavia Transport- & Schiffahrtsgesellschaft, Hamburg 1985 Hilros → 1993 Ranafjord → 2007 Varanger → 2009 Varangerfjord → 2010 Ranafjord → 2013 Nikolaos K → 2022 Dean, so 2022 in Fahrt
Heide-Catrin 773 7500762 01.11.1975
27.11.1975
Harald Winter, Hamburg 1991 Anita → 1995 Clara → 2003 Fortland → 2005 Fairland, so 2022 in Fahrt
Marie Lehmann 789 7510884 18.09.1976
09.10.1976
Gebr. Lehmann, Lübeck 1979 auf 83,57 m verlängert → 1986 Fenris → 1996 Bolmen → 1997 Thor Heidi → 2001 Alga → 2014 Skiff → 2019 Sam, so 2022 in Fahrt
Rebecca 788 7510872 02.11.1976
26.11.1976
Jürgen Heinrich Breuer, Hamburg am 14. September 1979 auf einer Reise von Hamburg nach Helsinki mit Soja etwa 15 Seemeilen nordwestlich von Ristna auf Position 59,10°N; 022,01°E im Schlechtwetter gesunken, sieben Besatzungsmitglieder wurden geborgen, aber drei davon starben, der Kapitän blieb vermisst
Nordfeld 780 7517533 16.12.1976
31.12.1976
Walter Jess, Rendsburg 1984 auf 84,20 m verlängert → 1999 Nyfjell → 2006 Joanna VI → 2020 Tzoanna VI, am 24. Februar 2021 zum Abbruch in Aliağa eingetroffen
Parnass 808 7601061 04.02.1977
02.03.1977
Herbert Koppelmann, Hamburg 1978 bei Sietas auf 81,17 m verlängert → 1988 Anna H → 1994 Talea → 2000 Alk → 2004 Yamburg, so 2022 in Fahrt

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Detlefsen, Gert Uwe: Die Typschiffe der Sietas-Werft. Verlag H.M. Hauschild, Bremen 2010, ISBN 978-3-89757-494-6.
  • Detlefsen, Gert Uwe; Abert, Hans Jürgen: Die Chronik der deutschen Küstenmotorschiffe 1945-1995. 1. Auflage. Verlag Gert Uwe Detlefsen, Bad Segeberg 1995, ISBN 3-928473-24-7 (3 Bände).
  • Detlefsen, Gert Uwe; Abert, Hans Jürgen: Register der deutschen Kümos sowie anderer Fracht- und Containerschiffe von 500 bis 1600 BRT und bis BRZ 5000 1945-1999. 1. Auflage. Verlag Gert Uwe Detlefsen, Bad Segeberg 1999, ISBN 3-928473-54-9 (2 Bände).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sietas Typ 72 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Robin des Bois: Shipbreaking Bulletin, 29. April 2016, abgerufen am 20. Juli 2020
  2. The report on the loss of THOR EMILIE on 17 February 2000, Havariebericht der Danish Maritime Authority (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dma.dk (englisch)