Spartakiade

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Die Spartakiade war eine internationale Sportveranstaltung, die von der Sowjetunion initiiert und gefördert wurde. Die Namensgebung geht auf den antiken Sklavenführer Spartacus zurück.

Von 1928 bis 1936 fanden vier offizielle internationale Spartakiaden statt. Später wurden Spartakiaden in den Ostblockstaaten als nationale Sportveranstaltungen oder als internationale Spartakiade der befreundeten Armeen organisiert.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sowjetunion versuchte, Spartakiaden sowohl als Gegenbewegung als auch als Ergänzung zu den Olympischen Spielen zu etablieren. Der von Spartacus abgeleitete Name sollte den proletarischen Internationalismus im direkten Gegensatz zum aristokratischen Charakter der antiken Olympischen Spiele symbolisieren, auf denen die modernen „kapitalistischen“ Olympischen Spiele basierten.

Die ersten Spartakiaden in der UdSSR wurden 1923 in Formationen der Roten Armee und der Sportbewegung Spartak in Petrograd abgehalten. Die Moskauer Spartakiade im Jahr 1928 war auch als Allunions-Spartakiade bekannt. Ab Anfang der 1930er-Jahre fanden in der Sowjetunion Spartakiaden der Gewerkschaften und der Dynamo-Sportgesellschaft statt. In den 1950er-Jahren wurden Spartakiaden der Völker der UdSSR, der DOSAAF der UdSSR, gewerkschaftsübergreifende Spartakiaden von Studenten sowie internationale Spartakiaden „befreundeter Armeen sozialistischer und Entwicklungsländer“ und andere eingeführt.

Internationale Spartakiaden der Zwischenkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baku 1926 (abgesagt)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur für den Sommer 1926 in Baku geplanten „Spartakiade des Ostens“ erwarteten die sowjetischen Organisatoren Teilnehmer aus der Türkei, Afghanistan, Persien, Palästina, Marokko und China. Das Projekt scheiterte aber an finanziellen Problemen.

Moskau und Oslo 1928[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1928 veranstaltete die Rote Sportinternationale (RSI) in Moskau eine internationale Spartakiade. Sie sollte sowohl den „bürgerlichen“ Olympischen Spielen als auch den sozialdemokratischen Arbeiterolympiaden Konkurrenz bereiten. Insgesamt nahmen an den Spielen etwa 4000 Athleten teil, darunter etwa 600 ausländische aus 12 Ländern. Im selben Jahr veranstaltete die RSI eine Winter-Spartakiade in Oslo. Auf die Spartakiade hin wurde in Moskau mit dem Dynamo-Stadion eine Sportstätte errichtet, die modernsten Standards genügte. Die Eröffnungsfeier wurde auf dem Roten Platz von 30.000 Fahnen- und Fackelträgern bestritten. Das gemeinsame Absingen der „Internationalen“ dirigierte der 80-jährige Franzose Pierre Degeyter, der die Melodie der Arbeiterhymne 40 Jahre zuvor komponiert hatte. Die Wettkämpfe wurden dann weitestgehend von den sowjetischen Sportlern dominiert. Werner Seelenbinder errang den 1. Platz seiner Gewichtsklasse im Ringen. Das größte Publikumsinteresse genossen die Fußballspiele des Spartakiade-Turniers, das zugleich Endrunde der sowjetischen Fußballmeisterschaft und ein internationaler Wettbewerb war. An der Winter-Spartakiade nahmen Delegationen aus Norwegen, der Sowjetunion, Schweden, der Tschechoslowakei, Finnland und Deutschland teil.

Berlin 1931[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine zweite internationale Spartakiade sollte 1931 unmittelbar vor der Wiener Arbeiterolympiade in Berlin stattfinden. Sie wurde aber polizeilich verboten und konnte unter dem Tarnnamen „Internationales Sommerfest des Arbeitersport-Kulturkartells“ nur unvollständig im Verborgenen abgehalten werden. Im Anschluss daran reiste eine internationale Delegation von „Rotsportlern“ nach Moskau und wohnte dort mehreren Sportveranstaltungen bei.

Chicago und Lyon 1932[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1932 fanden in Chicago und Lyon als Gegenveranstaltungen zu den Olympischen Spielen von Los Angeles Spartakiaden statt. Hierbei handelte es sich allerdings um keine offiziellen internationalen Spartakiaden der RSI.

Moskau 1933 (abgesagt)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die RSI plante für 1933 eine große Weltspartakiade in Moskau, die aber aus organisatorischen Gründen immer wieder verschoben und schließlich abgesagt wurde.

Oslo 1936[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An der zweiten internationalen Winter-Spartakiade waren Norwegen, die Sowjetunion, Finnland und Schweden vertreten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sowjetunion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1952 beschloss die Sowjetunion, sich der olympischen Bewegung anzuschließen, und die internationalen Spartakiaden wurden eingestellt. Der Begriff existierte jedoch weiterhin für interne Sportveranstaltungen in der Sowjetunion auf verschiedenen Ebenen, von lokalen bis hin zur Spartakiade der Völker der UdSSR. Letztere Veranstaltung fand in vier Jahren zweimal statt, als Winterspartakiade und Sommerspartakiade.

Die erste sowjetische Spartakiade wurde 1956 ausgetragen. Laut der Großen Sowjetischen Enzyklopädie (BSE) betrug die Zahl der Teilnehmer an der 6. Sommerspartakiade der Völker der UdSSR 90 Millionen Menschen (doppelt so viele Sportler wie damals in der UdSSR), darunter 8.300 Meister des Sports der UdSSR und 20 Millionen in der 3. Winterspartakiade der Völker der UdSSR, darunter etwa 1.000 Meister des Sports der UdSSR. Allerdings wurden diese Zahlen aufgrund der geringen Zuverlässigkeit und ideologischen Voreingenommenheit der BSE häufig in Frage gestellt. An die Winter- und Sommerspartakiaden der Völker der UdSSR erinnerte jeweils eine Serie von Briefmarken, die in Millionenauflage herauskamen. Bis 1975 fanden alle Sommerendkämpfe in Moskau statt, später auch in anderen Städten in der gesamten Sowjetunion. Die Finals der Winterausgaben wurden häufig in Swerdlowsk ausgetragen.

DDR[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kinder- und Jugendspartakiaden waren in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und den anderen Ländern des Ostblocks regelmäßig veranstaltete Sportwettkämpfe. Sie sollten Kinder und Jugendliche zu regelmäßiger sportlicher Betätigung anhalten, dienten aber auch der frühzeitigen Erkennung potenzieller Leistungssportler. Die Spartakiaden waren, zusammen mit den Kreis-, Bezirks- und DDR-Meisterschaften sowie dem Pionierpokal, die wichtigsten sportlichen Wettbewerbe im Kinder- und Jugendbereich in der DDR. Es fanden Vorwettkämpfe, Kreisspartakiaden, alle zwei Jahre Bezirksspartakiaden und die zentralen Spartakiadewettkämpfe statt.

Tschechoslowakei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name Spartakiáda wurde auch für eine Massenturnveranstaltung verwendet, die alle fünf Jahre im Strahov-Stadion in Prag stattfand. Die erste Veranstaltung dieses Namens gab es jedoch bereits im Jahr 1921; ihr Initiator Jiří František Chaloupecký gilt als Erfinder des Namens.

Albanien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch während der kommunistischen Herrschaft in Albanien fanden sechs ähnliche Veranstaltungen statt (1959, 1969, 1974, 1979, 1984 und 1989).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • William J. Baker: Muscular Marxism and the Chicago Counter-Olympics of 1932. In: International Journal of the History of Sport. Band 9, Nr. 3, 1992, ISSN 0952-3367, S. 397–410, doi:10.1080/09523369208713802.
  • G. A. Carr: The Spartakiad: Its Approach and Modification from the Mass Displays of the Sokol. In: Canadian Journal of History of Sport, Band 18/1, 1987, S. 86–96.
  • André Gounod: Sport und Inszenierung des sozialistischen Aufbaus. Das Projekt der Weltspartakiade in Moskau (1931–1934). In: Arié Malz, Stefan Rohdewald, Stefan Wiederkehr (Hrsg.): Sport zwischen Ost und West. Beiträge zur Sportgeschichte Osteuropas im 19. und 20. Jahrhundert (= Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Warschau. 16). Fibre, Osnabrück 2007, ISBN 978-3-938400-15-9, S. 75–91.
  • James Riordan: The sports policy of the Soviet Union, 1917–1941. In: Pierre Arnaud, Jim Riordan (Hrsg.): Sport and International Politics. Routledge 2013, ISBN 978-0-203-47658-1, S. 79–90.
  • Werner Schulthess: Spartakiade-Fahrt 1928. Eine Reise nach Russland. Schulthess, Zürich 1928.
  • Lothar Skorning: Vor 50 Jahren: Die Moskauer Spartakiade 1928. In: Theorie und Praxis der Körperkultur. Band 27, 1978, ISSN 0563-4458, S. 670–678.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]