St. Cyriakus (Duderstadt)

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Basilika St. Cyriakus
Blick von der Marktstraße auf die Basilika St. Cyriakus

Blick von der Marktstraße auf die Basilika St. Cyriakus

Daten
Ort Duderstadt
Baumeister Wilhelm Knoke (Chor, 1394), Heinrich Helmold (Gewölbe, 1490)
Baustil Gotik
Baujahr 1240–1490
Höhe 62,5 m

Die römisch-katholische Basilika St. Cyriakus (auch Propsteikirche) ist eine Pfarrkirche in der Stadt Duderstadt im Landkreis Göttingen von Niedersachsen. Sie gilt als Hauptkirche der Stadt und des Untereichsfelds. In der Stadt wird sie auch „Oberkirche“ und in der Region „Eichsfelder Dom“ genannt. Seit dem 3. Oktober 2015 ist sie päpstliche Basilica minor. Architektonisch ist die dreischiffige gotische Kirche eine Staffelhalle mit basilikalem Chor. Ihre Pfarrgemeinde gehört zum Dekanat Untereichsfeld des Bistums Hildesheim.

Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luftbild
Südostansicht
Südansicht der Basilika im Hintergrund, davor die Propstei (mittig), die alte Stadtbibliothek (links) und die Stadtmauer (2011)

Die Kirche steht an der Stelle einer Handwerker- und Kaufmannssiedlung, die zusammen mit dem Königshof bei St. Servatius zum Kern der späteren Stadt wurde. Der älteste bekannte Bau an dieser Stelle war eine kleinere romanische Kirche. Über weitere Vorgängerbauten der heutigen Kirche ist nichts bekannt; das Cyriakus-Patrozinium reicht jedoch sicher in die Entstehungszeit der Ansiedlung um 950 zurück.

Die weitere Baugeschichte spiegelt den wachsenden Wohlstand und das Selbstbewusstsein der Duderstädter Bürger. Trotz der langen Entstehungszeit wirkt das Gesamtbild der Kirche als geschlossenes Ganzes.

Die Errichtung des heutigen Gotteshauses begann gegen 1240 mit dem Bau des monumentalen frühgotischen Westbaus, der dem romanischen Kirchenschiff vorgesetzt wurde. Jedoch wurde nur der nördliche der beiden geplanten achteckigen Türme errichtet. In diesem lebte und arbeitete lange Zeit ein Türmer, der sog. Tornemann, der die Stadt vor Feind und Feuer zu warnen hatte. Das repräsentative Portal hat wohl im Hauptportal der Elisabethkirche in Marburg sein Vorbild. Das Tympanon zeigt eine Mondsichelmadonna (im Barock ersetzt), die von zwei Weihrauchfässer schwingenden Engeln verehrt wird. Im Innenraum des Westbaus finden sich mehrere mit Motiven aus Pflanzen- und Tierwelt verzierte Pfeilerkapitelle.

1394 ersetzte man den romanischen durch den hochgotischen dreijochigen Chor mit einer fünfseitigen Apsis. Der in die Außenwand eingemauerte Grundstein nennt einen Wilhelm Knoke als leitenden Baumeister.

Schließlich wurde das romanische durch ein gotisches Langhaus in Form einer dreischiffigen Staffelhalle mit sechs Jochen ersetzt. Beim Bau errichtete man zunächst die neuen Außenmauern um das alte Kirchenschiff herum, um darin weiter ungestört Gottesdienst feiern zu können. Im Jahr 1490 wurde die Einwölbung der Kirche fertiggestellt, gestiftet vom aus Duderstadt stammenden Göttinger Bürgermeister Heinrich Helmold, wie ein Schlussstein mit seinem Wappen im nördlichen Seitenschiff beurkundet.[1] Damit war der Bau vorerst fertiggestellt.

1852 fielen große Teile der Stadt einem verheerenden Brand zum Opfer, dabei auch die Dächer von Nordturm und Kirchenschiff. Im Zuge von Conrad Wilhelm Hase geleiteten Wiederaufbaumaßnahmen, bei denen auch das um 1700 barockisierte Kircheninnere regotisiert wurde, errichtete man nun, nach dem Vorbild des Nordturms, auch den Südturm. Beide Türme erreichen jeweils eine Höhe von ca. 65 Metern.

Nach Pfingsten 2016 wurde mit einer Innenrenovierung begonnen, die durch neue Ausmalung und Beleuchtungskonzepte das Gotteshaus heller und freundlicher erscheinen lassen sollte. Sie fand im November desselben Jahres ihren Abschluss.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innenraum mit Blick zum Hochchor (nach der Innensanierung 2016)
Chorraum (nach der Innensanierung 2016)

Der Innenraum von St. Cyriakus ist reich mit Kunstwerken ausgestattet, die vor allem in der Zeit der Gotik und des Barock entstanden.

Der Hochaltar, ein spätgotischer Flügelaltar, wurde um 1510 geschaffen. 1685 musste er seinem barocken Nachfolger weichen. Nach einer Restaurierung durch Richard Moest aus Köln, bei der der Altar unter anderem einen neuen Rahmen erhielt, kehrte er 1877 an seinen alten Platz zurück. Ist der Altar geöffnet, sind Reliefs sichtbar, die mit gotischem Maßwerk gerahmt sind und Szenen aus dem Leben Christi darstellen: Der linke Flügel ist mit den Szenen der Verkündigung, der Geburt, der Beschneidung und der Anbetung der Könige der Kindheit Jesu gewidmet. Der rechte Flügel zeigt Jesu Gebet im Ölgarten, seine Festnahme, Geißelung und Verspottung. Der Schrein ist von einer großen Kalvarienbergdarstellung dominiert, die links durch die Szenen von der Verurteilung Jesu und der Kreuztragung, rechts durch die Szenen der Grablegung und Auferstehung Christi gerahmt wird. In der Advents- und in der Fastenzeit ist der Altar geschlossen, sodass ein vom Duderstädter Kaplan Otto von dem Hagen 1879 nach italienischen Vorbildern gemaltes Bild der Verkündigung an Maria sichtbar wird, das an den Flügelaußenseiten angebracht ist.

In den Wänden des Chorpolygons haben sich ein Sakramentshaus (Nordostwand), eine Piscina (Südostwand) und eine Sediliennische (Südwand) aus dem 15. Jahrhundert erhalten. Die Fenster über dem Hochaltar entstanden im Jahr 1876. Sie sind einem Flügelaltar ähnlich gegliedert und dem Stil des Nazarener zuzuordnen. Im Chor ist auch das barocke Chorgestühl von St. Cyriakus aufgestellt, in dem einst Mitglieder des Stadtrates zu Gottesdiensten Platz nahmen.

Die spätgotische Kanzel, mit ihrem im 19. Jahrhundert zugefügten Schalldeckel, befindet sich an einem der nördlichen Pfeiler in der Mitte des Hauptschiffs. Von diesem Standort aus ist der Prediger im gesamten Kirchenraum ohne Verstärkeranlagen gut zu hören.

An den kantonierten Pfeilern des Hauptschiffes und an den Diensten im Chorraum sind lebensgroße Skulpturen der zwölf Apostel angebracht, die der Barockkünstler Andreas Kersten von 1678 bis 1687 schuf. Vom selben Künstler stammen auch die Figuren des Guten Hirten und der Gottesmutter Maria als apokalyptisches Weib, die sich jeweils an einer Seite vom Eingang des Chores befinden. Sie standen wohl früher im Zentrum der barocken Seitenaltäre. Im nördlichen Seitenschiff sind Figuren der Heiligen Nikolaus von Myra und Johannes Nepomuk aufgestellt, die, wie auch eine Skulpturengruppe der Flucht nach Ägypten im Eingangsbereich der Kirche, ebenfalls von Kersten stammen.

Im nördlichen Seitenchor, dem sogenannten Johannischor, findet sich ein gotisches Relief der Beweinung Christi von 1490, das wohl einmal ein Teil eines Altarretabels gewesen ist. Hier steht auch der um 1470 entstandene Gottvater- oder Gnadenstuhlaltar. Er stammt eigentlich aus dem Spital St. Martini und wurde erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts an seinem heutigen Standort aufgestellt. Bei dem Altar handelte es sich ursprünglich um einen kleinen Flügelaltar, der in der Zeit des Historismus seine heutige, nicht mehr wandelbare, Gestalt erhielt. Trotzdem ist das mittelalterliche Bildprogramm vollständig erhalten geblieben: Der linke Flügel zeigt die hl. Maria Magdalena, wie sie Jesus die Füße wäscht. Auf dem rechten Flügel ist der hl. Martin von Tours dargestellt, wie er, auf einem Pferd sitzend, einem leprakranken Bettler die Hälfte seines Mantels überreicht. Im Schrein umgeben (von links nach rechts) die Heiligen Barbara, Andreas, Jakobus der Ältere und Katharina von Alexandrien die zentrale Darstellung des Gnadenstuhls. Die ehemaligen Flügelaußenseiten zieren die beschädigten Bilder einer Dreifaltigkeitsdarstellung, der sogenannten „Not Gottes“, und eine weitere Darstellung der Heiligen Maria Magdalena.

Im südlichen Seitenschiff befindet sich der mit barocken Formen reich verzierte Marmortaufstein aus dem Jahr 1694. An seinem Deckel ist die Taufe Jesu im Jordan dargestellt. Daran ist ein Seil befestigt, das mit den Figuren der Heiliggeisttaube und Gottvater verziert ist und das Anheben des Deckels erleichtert. In der Nähe zum Taufstein findet sich ein figurenreiches Relief der heiligen Sippe, das Anfang des 16. Jahrhunderts entstand und wohl zu einem Altarretabel gehörte.

Die an den Seitenschiffwänden angebrachten Kreuzweg­stationen sind Werke Otto von dem Hagens aus dem Jahr 1882.

Bemerkenswert sind auch die barocken Prozessions- und Zunftstangen (auch Gildeleuchter genannt), die an den mittleren Wangen des Kirchengestühls stehen. Sie zeigen u. a. die Schutzpatrone verschiedener Zünfte und werden bei Prozessionen mitgeführt. Eine Besonderheit sind auch die 80 figürlich ausgearbeiteten und gefassten Schlusssteine in den Gewölben, die Christus und zahlreiche Heilige zeigen. Im westlichen Teil des Hauptschiffgewölbes finden sich zudem Teile einer mittelalterlichen Ausmalung, die jedoch nicht fertiggestellt wurde.

St. Cyriakus beherbergt darüber hinaus eine Vielzahl von weiteren Figuren, Gemälden und Epitaphien, darunter eine barocke Madonna und eine Pietà von 1870.

Im 15. und frühen 16. Jahrhundert gab es in der Kirche einen Jakobusaltar und eine Statue des Apostels Jakobus des Älteren. Die Jakobusverehrung und praktische Hilfe für Jakobspilger (wallende Brüder) waren besondere Anliegen der Duderstädter Jakobsbruderschaft, die vor der Stadtmauer am Steintor ein eigenes Hospital unterhielt.[2]

Das kostbarste Stück des Kirchenschatzes von St. Cyriakus ist das Nordhäuser Kreuz, ein frühgotisches Vortragekreuz, das Partikel des heiligen Kreuzes und weitere Reliquien enthalten soll und mit Halbedel- und Edelsteinen besetzt ist. Es wurde 1672 dem Kanonikerstift in Nordhausen abgekauft.

Im Jahre 2016 erfolgte eine umfassende Innensanierung. Der Raum ist dabei in hellen Weiß- und Cremetönen ausgemalt worden und bekam eine neue LED-Lichttechnik. Die Ausmalung folgt keinem historischen Vorbild, sondern ist eine moderne Neugestaltung. Im Zuge dieser Sanierung wurden einige neue Ausstattungsstücke, wie ein Osterleuchter und ein ewiges Licht angeschafft.

Creutzburg-Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Creutzburg-Orgel von 1735 und die mittelalterlichen Gewölbefresken (nach der Innensanierung 2016)
Prospekt der Orgel (vor der Innensanierung 2016)

Am 23. April 1733 begann der Orgelbauer Johannes Creutzburg mit den Arbeiten an der große[n] Orgel in Duderstadt, wie er es in seinem heute noch existierenden Werkstatt- und Tagebuch vermerkt hat. An anderer Stelle notiert er: Ao 1735 ist die Orgel in Duderstadt ferdig worden. Creutzburg hat in Duderstadt, von seinen insgesamt 14 nachweisbaren Orgelbauten, sein größtes und bedeutendstes Werk geschaffen.

Die Orgel gehörte wegen ihrer großzügigen Ausstattung mit 41 Registern auf drei Manualen und einem Pedal zu den herausragenden Werken zwischen Thüringen und dem Harz. Sie stand ebenbürtig neben den Instrumenten von Heinrich Gottfried Trost, Johann Friedrich Wender, Johann Christian Dauphin und Christoph Treutmann.[3] Im Laufe der Zeit erfuhr sie fünf wesentliche Eingriffe, die dem jeweiligen Zeitgeschmack unterlagen. Nicht alle davon erfolgten in der gewünschten Qualität. Nach einer langjährigen Vorbereitungsphase führte die Orgelbaufirma Eule aus Bautzen in den Jahren 2005/2006 eine Restaurierung durch, die sich weitgehend an Creutzburgs Original orientiert. Einige wenige Register aus späteren Erweiterungen blieben ebenfalls erhalten, ein neues wurde der Disposition hinzugefügt (Unda maris 8′). Die Registerbeschriftung am Spieltisch lässt diese späteren Zutaten an einer Schriftart aus der jeweiligen Entstehungszeit erkennen.

Bei der letzten Restaurierung konnte auch das gerühmte und häufig zitierte Register Vox humana (Menschenstimme) wieder vollständig rekonstruiert werden. Im Werkstattbuch Creutzburgs finden sich u. a. Mensurenangaben und Skizzen zum Bau dieser Registerstimme. Zudem überlebten einige Schallbecher die verschiedenen Umbauten. Joseph Maria Homeyer, 1867–1894 Organist an St. Cyriakus und bekannter Konzertvirtuose, berichtet von diesem Register, dass er bei seinen zahlreichen Konzertreisen nur in Haarlem (Niederlande) und in Freiburg (Schweiz) ähnliche Voces humanae vorgefunden habe.[4]

Die farbliche Fassung des reichen Prospektes befindet sich trotz leichter späterer Ergänzungen im Originalzustand der Entstehungszeit. An den Gehäusearbeiten waren der Bildhauer E. Merten, der Maler D. Contzen und der Drechsler J. C. Riepenhausen beteiligt.[5] Die Pedaltürme wurden im 19. Jahrhundert um knapp zwei Meter nach vorn verlegt, um Raum für weitere Register zu schaffen. Bei der letzten Restaurierung beschränkte sich der Restaurator Reinhold Gonschior auf eine behutsame Reinigung, einige Retuschen und farbliche Angleichungen.

Die heutige Disposition
(in originaler Schreibweise)[6]
I Hauptwerk C,D-d3
1. Principal 8′
2. Unda maris (ab c1) 8′
3. Bordun 16′
4. Viola di gamba 8'
5. Gemshorn 8′
6. Gedackt 8′
7. Octav 4′
8. Spitzflöte 4′
9. Quinta 3′
10. Super octav 2′
11. Tertia 135
12. Cornett IV
13. Mixtur VI
14. Trompeta 8′
II Oberpositiv C,D-d3
15. Principal 4′
16. Quintadehna 8′
17. Spitzflöta 8′
18. Gedackt 4′
19. Quintflöta 3′
20. Octav 2′
21. Nachtflöta 2′
22. Sexquialtera II
23. Scharff IV
24. Vox humana 8′
Tremulant
III Brustwerk C,D-d3
25. Gedackt 8′
26. Rohrflöta 4′
27. Principal 2′
28. Flageolet 2′
29. Quinta 112
30. Cymbal II
31. Fagott 8′
Tremulant
Pedal C, D-d1
32. Untersatz 32′
33. Principal 16′
34. Sub Bas 16′
35. Octav 8′
36. Gedackt 8′
37. Octav 4'
38. Mixtur VI
39. Posaunen Bas 16′
40. Trompeta 8′
Brustpedal (Seitenbässe)
41. Principal 2′
42. Waldflöta 1′
43. Cornet 4′
  • Koppeln: II/I (Schiebekoppel), I/P; Cammerthon Coppel in III (2 × 1 HT)
  • Nebenregister: 2 Zymbelsterne (auf C und G), Vogelgeßang (mehrere Pfeifen in einem Wasserbecken)
  • Technische Daten
    • Stimmtonhöhe 471,2 Hz bei 15°
    • Stimmung: Neidhardt II (1724)
    • Windversorgung durch sechs Keilbälge (Kalkantenbetrieb möglich)
    • Winddruck: Manual 80 mm WS, Pedal 88 mm WS

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Glockenfenster (19. Jhd.) an der Emporentreppe im südlichen Westriegel (Aufnahme 2011)

Historisches Geläut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vom historischen Geläut ist bekannt, dass es aus fünf Glocken bestand. Dazu schreibt Johann Wolf: Dem ansehnlichen Bau ist das ganz vortreffliche Geläute, dergleichen man in einer andern gleich großen Stadt nicht leicht antreffen wird, vollkommen angemessen. Dazu werden zwei große Glocken, zwei mittelmäßige und eine kleine gebraucht, die ungemein gut zusammen stimmen. Eine der größeren hat 1367 ein Bürger von Erfurt gegossen, nach der daran befindlichen Schrift: IN CRASTINO CORPORIS Xpi. ME. FECIT. IOHES D. VSLEVE. CIVIS ERFORDIE ANNO DNI MCCCLXVII. (Anm.: […] Johannes von Uslar aus Erfurt goß 1367[7] diese sogenannte Vesperglocke. Sie war die zweitgrößte Glocke des Geläuts mit dem Schlagton b0)[8]. Die größte Glocke war die sogenannte Bethglocke mit dem Schlagton c1.

Eine weitere Glocke, die im Auftrag der Duderstädter Bürgerschaft für die St. Cyriakus-Kirche gegossen wurde, hängt heute in der Wallfahrtskirche in Gottsbüren im Landkreis Kassel. Das Instrument stammt vermutlich aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und hat einen Durchmesser von 63 cm. Ihre lateinische Inschrift in gotischen Majuskeln lautet:

O REX GLORIE·VENI·CVM·PAƧE·DEVƧ·HOMO·FACTVM·EƧT·QVI·PRO NOBIƧ·PAƧƧVƧ·EƧT·+SIVITAƧ·DE·DVDERƧTAT·ME·DEDIT+LENƧICO·ME·FEƧIT·+
(O König der Ehre, komm mit Frieden. Gott ist zum Menschen gemacht worden, der für uns gelitten hat. Die Bürgerschaft von Duderstadt hat mich gegeben. Lensico hat mich gemacht.)[9] 

Die Glocke wurde 1944 von Heinrich Wenzel in seiner Hessischen Glockenkunde als Stiftung der Stadt Duderstadt für die Kirche in Gottsbüren interpretiert.[10] Heute geht man davon aus, dass das Instrument vermutlich nach der Reformation gegen papistisches Kirchengerät eingetauscht worden ist und dadurch von St. Cyriakus nach Gottsbüren gelangte.[9]

Geläut nach dem Stadtbrand 1852[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei dem großen Stadtbrand im September 1852 wurden auch die Dächer und Türme der St.-Cyriakus-Kirche zerstört, ebenso das historische Geläut. Im Januar 1853 konnte zunächst eine neue Evangelienglocke im wiedererrichteten Dachreiter aufgehängt werden.[11] Nach der Vollendung des Südturms, der seit dem Mittelalter fehlte, folgte 1861 ein neues Hauptgeläut, das in den noch heute vorhandenen beiden Glockenstühlen aufgehängt wurde. 1865 wurden zwei neue Uhrschlagglocken aus Stahl beschafft,[12] die jeweils in einer offenen Gaube in den Spitzen der Haupttürme der Marktstraße zugewandt hängen.

Nr.
 
Name[13]
 
Gussjahr
 
Gießer
 

(mm)[14]
Gewicht
(kg)[15]
Nominal
(16tel)[16]
Anmerkung
 
1 Bethglocke[17] (Maria) 1861 Jauck, Leipzig ca. 2200 ca. 5095 fis0 Südturm
2 Vesperglocke (Patronatsglocke)[18] (Laurentius) ca. 1760 ca. 2840 a0 Nordturm
3 Neunuhrglocke[19] Cyriakus ca. 1400 ca. 1460 cis1
4 Stimmglocke (Kreuzglocke) Christus ca. 1050 ca. 614 fis1 Südturm
5 Evangelienglocke 1853 Stützer, Benneckenstein ca. 600 ca. 139 e2 Dachreiter (1873 umgegossen)
I Große Uhrglocke 1865 Weule, Bockenem ca. 800 ? cis2 1/1-Stunden-Schlag
II Kleine Uhrglocke ca. 570 ? fis2 1/4-Stunden-Schlag

Im Sommer 1917 wurden die drei großen Jauck-Glocken und die 1873 umgegossene Evangelienglocke für Kriegszwecke abgeliefert. Die fis1-Glocke blieb zunächst erhalten[14] und wurde 1923 von der Glockengießerei Otto aus Hemelingen für das neue sechsstimmige Geläut in Zahlung genommen.[20] Otto goss zunächst im selben Jahr die vier kleinen, 1931 dann die beiden großen Glocken. Die angestrebte Disposition lautete: as0 c1 es1 f1 g1 as1. Die Schlagtonlinie wurde allerdings nicht sauber getroffen. Im Zweiten Weltkrieg gingen auch diese Glocken verloren. Erhalten blieb lediglich die Evangelienglocke (Otto, 1922) im Dachreiter. Sie ist ein Geschenk der Gießerei,[21] deren Gründer, Karl und Franz Otto, 1833 in Duderstadt geboren wurden.[22] Die Ottos lieferten aber nicht nur für die katholische Cyriakus-Kirche Bronzeglocken (in den Jahren 1922, 1923, 1931 und nach dem Krieg im Jahr 1951), sondern auch für die evangelische St.-Servatius-Kirche, das Ursulinenkloster und den Konvikt Gregorianum.[23][24]

Heutiger Bestand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kronenhenkel der Gloriosa (Christusglocke), Frau in Eichsfelder Tracht und Stifterinschrift
Dominica (auch Ökumene- oder Eichsfeldglocke) im Nordturm (Bachert, 2011)
Marienglocke (Otto, 1951) im Nordturm am historischen Holzjoch (Jauck, 1861)

Im Jahr 1951 erfolgte der Neuguss des im August 1942 enteigneten Otto-Geläuts. Zunächst wurden aber nur die vier kleineren Glocken ersetzt. Erst 2011 wurden die beiden noch fehlenden Grundglocken ergänzt. Am 11. November 2011, dem Martinstag, erklang erstmals das vollständige Geläut. Der hl. Martin ist Landes- und Schutzpatron des Eichsfelds. Die Evangelienglocke (Otto, 1922) im Dachreiter ist seit April 2011 erstmals mit einem elektrischen Antrieb ausgestattet und läutet seit Ostern 2011 wieder zum Evangelium im Hauptgottesdienst sowie zum Taufritus. Das Glockenzeichen zur Verkündigung des Evangeliums ist ein alter christlicher Brauch, der für Duderstadt und das Eichsfeld seit dem Mittelalter nachweisbar ist.[25]

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer
 

(mm)[26]
Gewicht
(kg)[27]
Nominal
(16tel)[28]
Anmerkung
 
1 Gloriosa (Christusglocke), Nachfolgerin der Bethglocke 2011 Bachert, Karlsruhe 2090 ca. 5686 as0 Hauptgeläut/Südturm
2 Dominica (Eichsfeldglocke), Nachfolgerin der Vesperglocke 1670 ca. 2900 c1 Hauptgeläut/Nordturm
3 Maria 1951 Otto, Hemelingen 1391 ca. 1650 es1
4 Cäcilia 1238 ca. 1150 f1 Hauptgeläut/Südturm
5 Joseph 1106 ca. 800 g1
6 Franciscus (Franz Xaver) 1040 ca. 700 as1
7 Evangelien- und Taufglocke (Johannes Baptist) 1922 589 ca. 140 f2 Chordachreiter
I Große Uhrglocke 1865 Weule, Bockenem ca. 800 ? cis2 1/1-Stunden-Schlag/Südturmspitze
II Kleine Uhrglocke ca. 570 ? fis2 1/4-Stunden-Schlag/Nordturmspitze

Pfarrei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Pfarrei St. Cyriakus gehört zum Dekanat Untereichsfeld im Bistum Hildesheim. Am 1. März 2004 wurde das Dekanat Untereichsfeld errichtet, es entstand durch Auflösung und Zusammenlegung der Dekanate Duderstadt und Gieboldehausen-Lindau.[29] Seit dem 1. November 2014 gehören zur Pfarrei St. Cyriakus außer der Basilika St. Cyriakus auch die Kirchen Mariä Verkündigung in Breitenberg, St. Mariä Geburt in Gerblingerode, St. Andreas in Mingerode, St. Nikolaus in Tiftlingerode und St. Johannes Baptist in Westerode. Im Gebiet der Pfarrei befinden sich auch die Liebfrauenkirche (Klosterkirche des Ursulinenklosters Duderstadt), die Kapelle St. Martin am St.-Martini-Krankenhaus (Elisabeth Vinzenz Verbund) und die Hauskapelle im „Ferienparadies Pferdeberg“ (einer Ferienstätte des Kolpingwerkes).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sandra Kästner: St. Cyriakus. Architektur und Ausstattung. Selbstverlag der Pfarrei St. Cyriakus Duderstadt, Duderstadt 2019
  • Wulf Schadendorf: St. Cyriakus zu Duderstadt (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 13). Göttingen 1955
  • Maria Kapp, in: Die Kirchen im Eichsfeld. Kirchen- und Kunstführer. Verein für Eichsfeldische Heimatkunde […] e. V. (Hrsg.), Duderstadt 2005, S. 60ff. ISBN 3-936617-41-4
  • Matthias Nolte: Die Propsteikirche St. Cyriakus in Duderstadt und die Filialkirchen. Mecke Druck und Verlag, Duderstadt 2012
  • Karl Kollmann, in: Schönes altes Duderstadt. Mecke Druck und Verlag, Duderstadt 1982, S. 49ff. ISBN 3-923453-00-0
  • Die Duderstädter Pfarrkirchen. Mecke Druck und Verlag, Duderstadt 1988.
  • Renate Kumm: Das Bistum Hildesheim in der Nachkriegszeit. Untersuchung einer Diaspora-Diözese vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1945 bis 1965). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2002, S. 209–216.
  • Helmut Engel: Wilhelm Knoke, der Erbauer des Chores von St. Cyriakus in Duderstadt. Diss. phil. Universität Göttingen 1964 (Maschinenschrift).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St.-Cyriakus-Kirche (Duderstadt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 1457 hatte er einen kaiserlichen Wappenbrief erhalten. Vgl. Historisches Taschenbuch des Adels im Königreich Hannover, S. 152; DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 23 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0002304. (Abgerufen am 25. August 2021.)
  2. P. Aufgebauer: „Zum Wohle der Jakobspilger“. Eine Duderstädter Bruderschaft und ihr Hospital, in: Eichsfeld-Jahrbuch 17, 2009, S. 49–62.
  3. R. Menger, in: Die Orgel des Johannes Creutzburg zu Duderstadt. Festschrift zur Wiedereinweihung. Verein zur Förderung der Restaurierung der Creutzburg-Orgel e. V. (Hrsg.), 2006, S. 13
  4. K. Kollmann, in: Schönes altes Duderstadt. Duderstadt 1982, S. 64
  5. P. Heggemann, in: Ars Organi. 55. Jhg., Heft 3, September 2008, S. 182
  6. P. Heggemann, in: Die Orgel des Johannes Creutzburg zu Duderstadt. Festschrift zur Wiedereinweihung. Verein zur Förderung der Restaurierung der Creutzburg-Orgel e. V. (Hrsg.), 2006, S. 24ff. Die hier wiedergegebene Schreibweise entspricht der originalen Registerbeschriftung am Orgelspieltisch.
  7. J. Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt. Göttingen 1803, S. 250 (Inschrift nicht vollständig, siehe Anmerkung bei J. Wolf, S. 250)
  8. Bischöfl. Kommissariatsarchiv Duderstadt, Akte Nr. 1078, Notiz H.(vermtl. Homeyer), sowie Joseph Dieck, Chronik
  9. a b Sabine Wehking, DI 66, Landkreis Göttingen, Nr. 1a in: www.inschriften.net (Deutsche Inschriften online), urn:nbn:de:0238-di066g012k00001a3, abgerufen am 30. April 2019
  10. Heinrich Wenzel: Hessische Glockenkunde. Kreis Hofgeismar. Band 13. Kassel 1941, S. 38 (Digitalisat).
  11. C. Lerch: Duderstädter Chronik. Duderstadt 1979, S. 154ff.
  12. Stadtarchiv Duderstadt: Sign Dud 2, Nr. 10202
  13. Stadtarchiv Duderstadt: Sign Dud 2, Nr. 10195, S. 115ff.
  14. a b Stadtarchiv Duderstadt: Sign Dud 2, Nr. 15439
  15. Stadtarchiv Duderstadt: Sign Dud 2, Nr. 10195, S. 7
  16. Stadtarchiv Duderstadt: Sign Dud 2, Nr. 4280a
  17. H. Pfeiffer, T. Rudolph: Duderstädter Glockengeschichte, Festschrift 2011
  18. H. Pfeiffer, T. Rudolph: Duderstädter Glockengeschichte, Festschrift 2011; und J. Dieck: Die Geschichte der Pfarrei und Kirche St. Cyriakus Duderstadt, S. 403
  19. J. Dieck: Geschichte der Pfarrei und Kirche St. Cyriakus Duderstadt, S. 403
  20. Bischöfl. Kommissar. Archiv Duderstadt, Akte 16, Bericht Propst Stübe
  21. C. Lerch: Duderstädter Chronik. Duderstadt 1979, S. 183ff.
  22. B. Opfermann: Gestalten des Eichsfeldes. Heiligenstadt 1999, S. 266
  23. Gerhard Reinhold: Otto-Glocken. Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 588, hier insbesondere S. 77, 250–253, 521, 524, 536, 549, 574, 577, 578, 579, 582.
  24. Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 556, hier insbesondere S. 48, 96, 232–235, 485, 496, 505, 5329, 536, 539, 541, 547, 579, 582, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).
  25. Weitere Informationen zum Geläut
  26. A. Philipp, Glockensachverständiger (Hauptgeläut u. Chorglocke) / Stadtarchiv Duderstadt: Sign Dud 2, Nr. 10202 (Uhrschlagglocken)
  27. C. Lerch: Duderstädter Chronik. Duderstadt 1979, S. 184/201, ungefähre Gewichtsangaben
  28. A. Philipp, Glockensachverständiger (Chorglocke) / Stadtarchiv Duderstadt: Sign Dud 2, Nr. 10202 (Uhrschlagglocken)
  29. Bischöfliches Generalvikariat (Hrsg.): Kirchlicher Anzeiger. Nr. 2 /2004, Hildesheim 2004, S. 35

Koordinaten: 51° 30′ 45,4″ N, 10° 15′ 49,7″ O