St. Kilian (Korbach)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Blick von Süden aus der Enser Straße auf St. Kilian
Südseite des Kirchengebäudes (2010)
Innenansicht mit Blick auf die Kanzel von 1390 (Foto: 2007)

Die evangelische Pfarrkirche St. Kilian ist das älteste Kirchengebäude von Korbach, der Kreisstadt des Landkreises Waldeck-Frankenberg (Hessen). Sie ist die historische Hauptkirche der Korbacher „Altstadt“, der zur Bauzeit im 14. Jahrhundert bereits die „Neustadt“ im Norden gegenüberstand.

Geschichte und Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bau der gotischen Kirche wurde 1335 mit dem Chor begonnen. Zur selben Zeit wurde die kleine Johanneskapelle an der Chornordseite, die seit dem 16. Jahrhundert als Sakristei genutzt wird, gebaut. Ebenfalls stammt das Turmuntergeschoß aus diesem Jahr. Der Turmoberbau wurde von 1380 bis 1392 errichtet. Der ursprüngliche Turm hatte eine Höhe von 317 Fuß (bei einem Fußmaß von 0,293 m), mithin 92,88 Meter.[1] Er gehörte damit zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung im 14. Jahrhundert zu den 15 höchsten Kirchtürmen der Welt. Die heutige sogenannte welsche Haube oder Laterne wurde nach mehrfacher Zerstörung des ursprünglichen Dachhelmes infolge Blitzschlag erst 1709 aufgesetzt. Das Langhaus wurde 1388 begonnen und 1450 mit der Wölbung fertiggestellt. Zwischen Chor und Turm stand bis dahin eine alte, kleinere Kirche, die vermutlich in den Jahrzehnten nach Baubeginn noch benutzt wurde. Nach dem Brand von 1685 wurde bis 1692 das Kirchendach erneuert.

Die weiträumige, spätgotische Hallenkirche in der Teilung 3:3 ist mit einem kurzen Chorjoch und einem Fünfachtelschluss ausgestattet. Die drei Schiffe haben die gleiche Breite, so dass bei querrechteckigen Jochen das Langhaus breiter als lang ist. Die Einzelformen erinnern an die Bauweise der Wiesenkirche in Soest. Der kräftige Westturm schließt mit vier Giebeln; er ist von einem kleinen barocken Dachreiter bekrönt. An die Südseite des Turmes wurde um 1340 die ehemals zweijochige Marienkapelle, die später als Münze genutzt wurde, angebaut. Seit 1958 ist die Kapelle Kriegergedächtnisstätte. An der Nord-, Süd- und Westseite sind von Wimpergen bekrönte und von Fialen flankierte Portale eingebaut. Bei dem westlichen Portal sind die Tür und das darüber liegende hohe Fenster mit einer gemeinsamen Gewänderrahmung versehen. Das südliche Portal wurde am Anfang des 15. Jahrhunderts geschaffen, es ist als Figurenportal mit umfangreichem ikonographischem Programm gestaltet. Das Innere der Kirche wurde von 1957 bis 1958 restauriert. Im Chor ruhen auf schlanken Dienstbündeln steil aufstrebende Kreuzrippengewölbe. Im Langhaus ruhen die Gewölbe auf gut proportionierten Rundpfeilern. Die Schlusssteine der Gewölbe im Chor stammen vom 14., die der Gewölbe im Langhaus vom 15. Jahrhundert. Die drei- bis sechsteiligen Maßwerkfenster sind quergeteilt. Die farbige Ausmalung wurde auf Grundlage alter Reste erneuert. In den letzten Jahrzehnten wurden innen und außen umfangreiche Renovierungen vorgenommen.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Hochaltarmensa wurde um 1340 hergestellt.
  • Der große gemalte Flügelaltar wurde 1527 vom Korbacher Franziskanermaler geschaffen. In der Mitte ist eine figurenreiche Kreuzigung mit den Stiftern Graf Philipp III. von Waldeck und dessen Frau Anna von Kleve. Auf den Flügeln sind Passionsdarstellungen und Heilige zu sehen.
  • Ein großes Sakramentshaus mit hohem Turmhelm wurde 1525 von Bernd und Johann Bunkeman gearbeitet.
  • Ein steinerner Atzmann (Pultträger) vom Anfang des 15. Jahrhunderts.
  • Ein steinerner Kanzelkorb vom Ende des 14. Jahrhunderts, mit kleinen Heiligenfiguren unter Wimpergen, mit ursprünglicher Fassung. Es handelt sich hier um die älteste in Hessen erhaltene Steinkanzel.
  • Der Kanzeldeckel aus neuerer Zeit wird von gotischen Figurenkonsolen vom Ende des 14. Jahrhunderts getragen und von einer stehenden Muttergottes aus Holz vom 15. Jahrhundert bekrönt.
  • Eine Gruppe aus Sandstein vom Anfang des 15. Jahrhunderts zeigt die Anbetung der Könige.
  • Das Kruzifix aus Holz stammt vom Anfang des 14. Jahrhunderts, an den Kreuzenden sind Reste von gemalten Evangelistensymbolen zu sehen.
  • Der Taufstein mit Maßwerkblenden wird ebenfalls dem 14. Jahrhundert zugeschrieben.
  • Zwei spätgotische Leuchter aus Gelbguss.
  • Zwei Epitaphien vom 16. Jahrhundert (Otto von Wolmeringhausen, Johann von Wolmeringhausen).
  • Mehrere gusseiserne Grabplatten aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Euler-Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel auf der Westempore wurde 1957 von der Orgelbaufirma Euler erbaut. Das Instrument hat 34 Register auf drei Manualen und Pedal.[2]

I Hauptwerk C–
Gedacktpommer 16′
Prinzipal 8′
Spitzflöte 8′
Oktave 4′
Rohrflöte 4′
Quinte 223
Waldflöte 2′
Mixtur IV-VI 2
Trompete 8′
II Rückpositiv C–
Metallgedackt 8′
Quintade 8′
Prinzipal 4′
Nachthorn 4′
Spitzflöte 4′
Sifflöte 1′
Terzian II 135
Scharff IV 1′
Regal 8′
Tremulant
III Schwellwerk C–
Harfpfeife 8′
Rohrflöte 8′
Gemshorn 4′
Holzflöte 4′
Prinzipal 2′
Quinte 113
Zimbel III 23
Rankett 16′
Rohrschalmei 8′
Tremulant
Pedalwerk C–
Violon 16′
Subbass 16′
Oktavbass 8′
Prinzipalbass 4′
Nachthorn 2′
Rauschpfeife IV 223
Posaune 16′
Schalmei 4′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P

Kuhn-Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kuhn-Orgel

Im Jahr 2011 baute die Firma Orgelbau Kuhn eine neue, freistehende Orgel[3] mit ebenfalls 34 Registern aber anderer Disposition und modernem Klangkonzept.[4]

I Hauptwerk C–a3
1. Bourdon 16′
2. Principal 08′
3. Bourdon 08′
4. Gambe 08′
5. Octave 04′
6. Quinte 0223
7. Superoctave 02′
8. Mixtur V 02′
9. Fagott 08′
II Solo C–a3
10. Concertflöte 8′
11. Prästant 4′
12. Rohrflöte 4′
13. Flageolet 2′
14. Cornet II 223
15. Scharf III–IV 113
16. Trompete 8′
17. Clairon 4′
Tremulant
III Schwellwerk C–a3
18. Salicet 16′
19. Flûte harmonique 08′
20. Viola da gamba 08′
21. Voix céleste 08′
22. Fugara 04′
23. Flûte octaviante 04′
24. Flautino 02′
25. Plein-jeu IV 0223
26. Basson 16′
27. Trompette harmonique 08′
28. Hautbois 08′
Tremulant
Pedal C–g1
29. Principalbass 16′
30. Subbass 16′
31. Quintbass 1023
32. Salicetbass (= Nr. 18) 16′
33. Octavbass 08′
34. Violoncello (= Nr. 20) 08′
35. Octave 04′
36. Posaune 16′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/I Sub, III/II, I/P, II/P, III/P, III/P Super

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • L. Curtze, F. von Rheins: Geschichte und Beschreibung der Kirche St. Kilian zu Corbach. Arolsen 1843 (online).
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I, Regierungsbezirke Gießen und Kassel. Begründet vom Tag der Denkmalpflege 1900, fortgesetzt von Ernst Gall, bearbeitet von Folkhard Cremer, Tobias Michael Wolf und anderen. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2008, ISBN 978-3-422-03092-3.
  • Wolfgang Medding: Die Kilianskirche zu Korbach (Kunstführer des Heimatbundes für Kurhessen und Waldeck, Neue Folge, Heft 2). Korbach 1962
  • Helmut Will: Die Kilianskirche in Korbach (Heimat - Kunst - Geschichte, Heft 5). Kassel 1977

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Louis Curtze, Ferdinand von Rheins: Geschichte und Beschreibung der Kirche St. Kilian zu Corbach. Arolsen 1843 (online).
  2. Informationen zur Orgel auf Orgbase.nl. Abgerufen am 1. Februar 2020.
  3. Die Orgel in Korbach auf Internetseite der Fa. Kuhn Korbach, Evang. Kilianskirche, abgerufen am 11. Juni 2019.
  4. Die neue Kiliansorgel, abgerufen am 11. Juni 2019 (PDF; 823 kB).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St. Kilian (Korbach) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 16′ 18″ N, 8° 52′ 21,3″ O