Stimmfach

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Mit dem Begriff Stimmfach wird in der Praxis der Oper zwischen verschiedenen Arten und Charakteren der Stimmlagen unterschieden.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stimmfächer unterscheiden sich durch Merkmale der Stimmen wie Tonumfang und Klangfärbung, Volumen der Stimme und erlauben eine feinere Unterscheidung innerhalb der Stimmgattungen Sopran, Alt, Tenor und Bass.

Einige Fachbezeichnungen haben ihren Ursprung im historischen Fachsystem des Schauspieltheaters, z. B. bei den Zusätzen Held, dramatisch, Spiel, Charakter oder seriös. Schon zu Mozarts Zeiten zeigte sich in Johann Adam Hillers Beschreibungen von Stimmen, dass Sänger verschiedene Repertoires unterschiedlich gut bewältigen konnten.[1]

Es gibt diverse Fachsysteme, die als Hilfsmittel zur Besetzung von Rollen zu verstehen sind, die durch die Stimmgattung zu grob unterteilt wären. Im deutschen Sprachraum ist das Fachsystem nach Rudolf Kloiber das verbreitetste, in den Vereinigten Staaten wird oft das darauf beruhende System von Richard Boldrey angewandt.

An deutschen Opernhäusern kann die Bezeichnung des Stimmfachs bei Festengagements Bestandteil des Vertrags sein, in Streitfällen kann ein Sänger so fachfremde Partien ablehnen, was vor dem Bühnenschiedsgericht auch einklagbar ist.[2] Maßgeblich ist hierbei das Handbuch der Oper von Rudolf Kloiber und Wulf Konold, das von Robert Maschka um Fächer in der Operette erweitert wurde (siehe Literatur).

Gebräuchliche Stimmfächer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sopran[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mezzosopran und Alt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tenor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bariton[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klassische italienische Fachbezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die italienischen Fachbezeichnungen entsprechen den deutschen nicht genau, werden im deutschsprachigen Raum für italienische Opernliteratur jedoch durchaus benutzt. Da der Mezzosopran und der Bariton erst im 19. Jahrhundert entstanden sind (die Bezeichnung soprano ist in Italien bis Rossini durchaus auch für Mezzopartien üblich), beschränken sich die Unterscheidungen auf die klassischen Stimmlagen. Heute unterscheidet man außerdem mezzosoprano grave, -centrale, -acuto (schwerer-, mittlerer- und hoher Mezzo) sowie baritono drammatico und baritono cantabile (etwa dramatischer und lyrischer Bariton).

Soprano[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Soprano drammatico – entspricht dem Dramatischen Sopran
  • Soprano lirico spinto – Lyrischer Sopran mit der Fähigkeit zu dramatischen Höhepunkten
  • Soprano lirico – entspricht etwa dem Jugendlich-dramatischen und schwereren Lyrischen Sopran
  • Soprano leggero – umfasst den leichten Lyrischen Sopran, den Lyrischen Koloratursopran und die Soubrette. Zuweilen gibt es auch die Bezeichnung soprano di coloratura oder soprano d’agilità (Koloratursopran).

Alto[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Contralto assoluto
  • Mezzocontralto

Tenore[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tenore di forza (spinto) – Heldentenor
  • Tenore lirico spinto – Jugendlicher Heldentenor
  • Tenore lirico – Schwerer Lyrischer- oder leichter Jugendlicher Heldentenor
  • Tenore lirico leggero oder tenore di grazia – (eher leichter) Lyrischer Tenor
  • Tenore leggero oder tenore buffo – Italienischer Spieltenor
  • Tenore grave oder baritenore

Basso[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Basso profondo – Seriöser Bass
  • Basso cantante – Hoher Bass; in diesem Fach entstand der Bariton, singt auch manche Heldenbaritonpartien (z. B. Scarpia oder Bösewichte in Hoffmanns Erzählungen)
  • Basso buffo – Spielbass

Kontroverse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Untersuchung der deutschen Theaterpraxis aus dem Jahr 2008 zeigte, dass der Umgang mit den Rollenbesetzungen heute anders ist als bei Kloibers Definition der Fächer in den 1940er-Jahren. So gibt es auf Betreiben der Arbeitgeber in vielen Arbeitsverträgen keine konkreten Fachbezeichnungen mehr, sondern lediglich die Angabe der jeweiligen Stimmgattung wie Sopran, Mezzosopran, Tenor, Bariton und Bass.[3] Die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger rät Sängern weiterhin zu ihrem eigenen Schutz ihr Stimmfach vertraglich festzuhalten,[4] mit Verweis auf die im Normalvertrag Bühne für Solisten festgehaltenen Tarifrechte.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Johann Adam Hiller: Anweisung zum musikalisch-zierlichen Gesange. Leipzig 1780 (Neuaufflage: Edition Peters 1976).
  2. a b Sonderregelung Solo, § 54 Besondere Mitwirkungspflicht. In: GDBA (Hrsg.): Normalvertrag Bühne. Stand: 09/2023. 9. November 2023, S. 38 (gdba.de [PDF; 4,1 MB]).
  3. Peter Anton Ling: Stimme, Stimmfach, Fachvertrag. In: Georg Maas (Hrsg.): Forum Musikpädagogik. Hallesche Schriften zur Musikpädagogik. Band 74. Wißner-Verlag, Augsburg 2008, ISBN 978-3-89639-920-5.
  4. Eleonore Marguerre, Julia Klawonn: Einmaleins des Vertragsrechts. In: Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (Hrsg.): Toi Toi Toi / Bühnengenossenschaft. Fachblatt der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger. Band 09/2022, ISSN 0007-3083, S. 30–38.