Synagoge (Kőszeg)

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Die Synagoge
Synagoge und Schule mit Rabbinerwohnung

Die Synagoge in Kőszeg (deutsch Güns, Ungarn) ist ein jüdisches Gotteshaus, das Philipp Freiherr Schey von Koromla seiner Heimatgemeinde stiftete. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.[1] Ab 1944 war es dem Verfall preisgegeben, Anfang der 2010er Jahre wurde das Dach gesichert und von Oktober 2020 bis 25. August 2022 renoviert.[2][3][4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachgewiesen sind Juden in Kőszeg seit dem Mittelalter. 1420 wurden sie erstmals vertrieben. Eine neue Gemeinde bildete sich 1509 durch aus Böhmen vertriebene Juden, die wiederum 1565 vertrieben wurden. Im 18. Jahrhundert lebten zwei jüdische Familien in der Stadt. 1819 waren es 82 Juden, darunter ein Rabbiner und zwei Lehrer. Eine der beiden einflussreichsten Familien dieser Zeit war die Familie Schey von Koromla, damals noch unter dem Namen Schey. 1852 wurde die Gemeinde als Kultusgemeinde selbstständig.[5]

Philipp Schey von Koromla, der als Großhändler vermögend geworden war, 1859 als erster aus Ungarn stammender Jude im Habsburgerreich geadelt und 1871 zum Freiherrn erhoben wurde[6], gründete eine Stiftung, aus deren Vermögen die Synagoge von Kőszeg gebaut wurde. 1858 wurde mit dem Bau begonnen; im folgenden Jahr wurde sie eingeweiht. Der Komplex umfasst neben der Synagoge und der Mikwe die Talmud-Tora-Schule, die Wohnung des Rabbiners und Nebengebäude. Die Synagoge im Stil der Neugotik ist 30,6 mal 12,8 Meter groß. Die Kuppel wurde mit Ausmalungen im Stil des Barock versehen, die Inschrift „in Ehre Gottes gebaut von Philip Schey von Koromla“ verweist auf den Stifter.[7] Sein Name befindet sich auch oberhalb des Eingangs zur Synagoge unterhalb der Darstellung der Gesetzestafeln. Die jüdische Gemeinde wuchs insbesondere bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs stark an.

Die Synagoge, Zustand 2010

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Juden der Stadt verfolgt und vertrieben. Am 11. Juni 1944 wurde ein Ghetto für die letzten 44 Überlebenden errichtet. Sie wurden am 18. Juni 1944 deportiert, gelangten zuerst in ein Zentralsammellager in Steinamanger und von dort am 4. Juli 1944 in das KZ Auschwitz. Nach Kőszeg wurden im November 1944 die Überlebenden des Todesmarsches der Budapester Juden gebracht. Sie fielen im März 1945 dem Massaker von Rechnitz zum Opfer.

Die Synagoge verfiel ab 1944 und war bis 1996 im Staatseigentum und wurde danach privatisiert.[3] Die Besitzverhältnisse sind bislang ungeklärt.[8] Die Stiftung „Sorstalanság“, benannt nach dem Roman eines Schicksallosen von Imre Kertész, betreibt die Anlage. In der ehemaligen Rabbinerwohnung befindet sich ein kleines Museum. Das Dach der Synagoge ist lückenhaft, Fensterscheiben fehlen. Die Frauenempore droht einzustürzen. Erhalten sind der Toraschrein und die Ausmalung der Kuppel.[9] Die ehemalige Talmud-Tora-Schule wird als Verkaufsraum für Möbel und Hausrat genutzt.

Im Oktober 2020 begann die Renovierung und am 25. August 2022 geöffnet.[3][10]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Synagoge (Kőszeg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tina Walzer: Die Synagoge von Kőszeg (Memento vom 10. Januar 2014 im Internet Archive) In: David, Heft 86, September 2010
  2. Megújul a kőszegi zsinagóga. In: akibic.hu. 12. Oktober 2020, abgerufen am 19. Mai 2021 (ungarisch).
  3. a b c Restoration of the long-abandoned synagogue in Kőszeg has begun. In: eurojewcong.org. 27. Oktober 2020, abgerufen am 19. Mai 2021 (englisch).
  4. Felújították, „újra van sorsa“ a kőszegi zsinagógának (ungarisch)
  5. Gerd Polster: Die Entwicklung der israelitischen Kultusgemeinden Güssing, Rechnitz und Stadtschlaining in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf der Seite des Österreichischen Jüdischen Museums
  6. Josef Mentschl: Schey von Koromla Philipp. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 101 f. (Direktlinks auf S. 101, S. 102).
  7. Michael Blumenthal: The Silent Synagogue of Köszeg. In: Hilda Raz (Ed.): The Prairie schooner. Anthology of contemporary Jewish American writing, University of Nebraska Press 1998, S. 64–66 (englisch)
  8. Erzdiözese Wien@1@2Vorlage:Toter Link/www.erzdioezese-wien.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  9. Lernen über das Judentum Die Gemeinde nr. 651 august 2009 aw/elul 5769 auf der Seite der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa vom 5. August 2009
  10. Synagoge Köszeg vor Verfall gerettet

Koordinaten: 47° 23′ 29,2″ N, 16° 32′ 28,9″ O