Tank Man

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Tank Man oder Unknown Rebel sind die Bezeichnungen für einen bisher nicht öffentlich identifizierten Mann, der internationale Bekanntheit erlangte, indem er sich während des Massakers am Platz des himmlischen Friedens (Tian’anmen-Platz) vor einen Konvoi von Panzern stellte und ihre Abfahrt vom Tian’anmen-Platz blockierte, wobei er in jeder Hand eine Einkaufstüte trug. Diese Szene zivilen Ungehorsams wurde von zahlreichen Fotografen und Fernsehteams festgehalten. Verschiedene Aufnahmen der Szene wurden von etlichen Zeitungen und Fernsehsendern verwendet.

Im April 1998 nahm das Time Magazine den Tank Man in die Liste der 100 einflussreichsten Personen des Jahrhunderts auf.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vorfall ereignete sich am 5. Juni 1989 in der Nähe des Tian’anmen-Platzes auf der Chang’an Avenue, die zwischen dem Platz und der Verbotenen Stadt entlang führt. Am Tag zuvor waren die Demonstrationen am Tian’anmen-Platz gewaltsam niedergeschlagen worden. Der Mann stand allein auf der Fahrbahn, als sich die Panzer des Typs 59 näherten. Er hielt in jeder Hand eine Einkaufstüte. Als die Panzer vor ihm auffuhren, versuchte er, sie aufzuhalten. Der erste Panzer versuchte daraufhin, an ihm vorbeizufahren. Der Mann stellte sich ihm abermals in den Weg.[1] Er stieg auf den ersten Panzer und begann, mit dem Fahrer zu diskutieren. Nachdem der Mann vom Panzer heruntergestiegen war, startete der Fahrer seinen Motor und wollte den Panzer wieder in Bewegung setzen. Der Mann blockierte die Weiterfahrt sofort erneut. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, dass der Mann innerhalb weniger Minuten von vier Personen weggezogen wurde und in der Menge verschwand. Es ist umstritten, ob es sich bei den vier Personen um Passanten handelte, die ihn retten wollten, oder Sicherheitsbeamte, die den Mann in Gewahrsam nahmen. Die Panzer rückten daraufhin weiter vor.[1]

Verschiedene Aufnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Foto wurde von Jeff Widener, der für die Associated Press tätig war, vom sechsten Stock des Beijing Hotels, das sich ca. 800 Meter vom Ort des Ereignisses entfernt befindet, mit einem 800-Millimeter-Teleobjektiv und Kleinbild-Spiegelreflexkamera aufgenommen.[2]

Stuart Franklin von Magnum Photos hatte kurz vorher ein Foto aufgenommen, auf dem infolge seines größeren Blickfeldes mehr Panzer zu sehen sind.[3] Charlie Cole von Newsweek gewann für seine Aufnahme einen World Press Photo Award.[4] Das Bild wurde in die vom Time Magazine zusammengestellte Liste der 100 Fotografien, die die Welt veränderten, aufgenommen. Ein weiteres Foto wurde von dem Fotografen Arthur Tsang aufgenommen, der für Reuters arbeitete.

Filme wurden von Fernsehteams der BBC und CNN aufgenommen.[5]

Am 20. Jahrestag, dem 5. Juni 2009, wurde ein bis dahin unbekanntes Bild veröffentlicht. Es zeigt den Tank Man, wie er auf die ankommenden Panzer wartet und der erste noch in einiger Entfernung ist. Dies ist das einzige Foto, welches Terril Jones von Associated Press machte, bevor er wie andere Passanten wegen Schüssen aus Richtung der Panzer in Deckung ging. Den Tank Man bemerkte er erst nach Durchsicht der Negative, veröffentlichte das Bild aber aus Respekt vor den ikonenhaften Fotos erst 20 Jahre später.[6]

Spekulationen um die Identität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Identität des Tank Man liegen keine gesicherten Angaben vor. Kurz nach dem Vorfall berichtete die britische Boulevardzeitung Sunday Express, dass es sich um den damals 19-Jährigen Studenten Wang Weilin (chinesisch 王维林) gehandelt habe. Die Information ist nicht belegt.

Über die Geschehnisse nach dem Vorfall liegen widersprüchliche Informationen vor. 1999 gab Bruce Herschensohn, vormals Berater des US-Präsidenten Richard Nixon, in einer Rede vor dem President’s Club an, dass der Tank Man zwei Wochen nach dem Vorfall hingerichtet worden sei, andere Quellen sprechen davon, dass er nach einigen Monaten von einem Hinrichtungskommando exekutiert worden sei.[1] Der Journalist Charlie Cole, der den Vorfall beobachtete, glaubte, dass der Mann von der Polizei verhaftet wurde und möglicherweise hingerichtet worden sei, da die chinesische Regierung ihn nach dem Vorfall nicht zeigte.[5] Die Journalistin Jan Wong war als Augenzeugin ebenfalls vor Ort. Sie ist überzeugt, dass es sich bei den vier Personen, die den Tank Man beiseite drängten, um Passanten handelte. In ihrem Buch Red China Blues: My Long March from Mao to Now schrieb Wong später, dass der Tank Man in China untergetaucht sei.

Die chinesische Regierung machte über den Vorfall und die Beteiligten wenige Angaben. 1990 antwortete der damalige Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, Jiang Zemin, dass er glaube, dass der Tank Man nicht hingerichtet worden sei.[7]

In China blockieren Suchmaschinen Suchen nach Tank Man und anderen Begriffen wie Dalai Lama, Tiananmen Square und Falun Gong. Diese Zensur fand zeitweise auch außerhalb Chinas statt, unter anderem bei Microsoft Bing.[8][9][10]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Andrew J. Nathan, Perry Link (Hrsg.), Zhang Liang (Bearb.): The Tiananmen Papers, The Chinese Leadership’s Decision to Use Force Against their Own People—In their Own Words. Mit einem Nachwort von Orville Schell. PublicAffairs, New York 2001, ISBN 1-58648-012-X (Eine Zusammenfassung von The Tiananmen Papers ist in einer archivierten Version (Memento vom 19. Dezember 2008 im Internet Archive) in der Zeitschrift Foreign Affairs verfügbar).
  • June Fourth: The True Story, Tian’anmen Papers / Zhongguo Liusi Zhenxiang. 2 Bde. Zhang Liang, ISBN 962-8744-36-4 (chinesische Ausgabe).
  • Red China Blues: My Long March from Mao to Now. Jan Wong, Doubleday, 1997, ISBN 0-385-48232-9 (Das Buch enthält neben autobiographischem Material einen Augenzeugenbericht des Massakers am Tian’anmen-Platz und die Basis für eine Schätzung der Opferzahlen.)
  • Benjamin Drechsel: Der Tank Man. Wie die Niederlage der chinesischen Protestbewegung von 1989 visuell in einen Sieg umgedeutet wurde. In: Gerhard Paul (Hrsg.): Bilder, die Geschichte schrieben. 1900 bis heute. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-30024-4, S. 228–235.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Pico Iyer: The Unknown Rebel. In: Time Magazine. 13. April 1998, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 6. Juli 2014.
  2. Gabriel Dominguez: Widener: ‚Das Tank Man-Foto hat mein Leben verändert‘. In: dw.de. 30. Mai 2014, abgerufen am 6. Juli 2014.
  3. Leo Benedictus: Photographer Stuart Franklin’s best shot. In: The Guardian. 14. Mai 2009, abgerufen am 6. Juli 2014 (Mit einem Foto).
  4. 1989, Charlie Cole, World Press Photo of the Year. Abgerufen am 2. August 2016.
  5. a b Picture power: Tiananmen stand-off. In: BBC News. 7. Oktober 2005, abgerufen am 6. Juli 2014.
  6. Peter Blunschi: Eine neue Sicht auf den „Panzermann“. In: 20 Minuten Online. 5. Juni 2009, abgerufen am 6. Juli 2014.
  7. The Tank Man transcript. In: Frontline. PBS, 11. April 2006, abgerufen am 6. Juli 2014.
  8. Dominic Rushe: Bing censoring Chinese language search results for users in the US. In: theguardian.com vom 11. Februar 2014.
  9. Julia Carrie Wong: Microsoft blocks Bing from showing image results for Tiananmen ‘tank man’. In: theguardian.com vom 5. Juni 2021.
  10. Keywan Tonekaboni: Microsoft Bing: Foto des „Tank Man“ verschwindet zeitweise aus der Suchmaschine. In: heise online News vom 5. Juni 2021.

Koordinaten: 39° 54′ 23,5″ N, 116° 23′ 59,8″ O