Tatjana Barbakoff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Yva: Tatjana Barbakoff, 1929
Waldemar Flaig: Tatjana Barbakoff, 1927
Stolperstein, Knesebeckstraße 100, in Berlin-Charlottenburg

Tatjana Barbakoff (* 15. August 1899 als Tsipora Edelberg in Aizpute/Hasenpoth (heute Lettland, damals russisches Gouvernement Kurland); † 6. Februar 1944 im KZ Auschwitz) war eine Tänzerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tatjana Barbakoff wurde als Tsipora Edelberg, Tochter des jüdischen Metzgers Aizik und seiner Ehefrau Genya (geb. 22. September 1856 in Aizpute, gest. 11. Mai 1903 in Libau, Tochter von Israel und Gintel Hirschberg aus Aizpute) geboren. Sie nahm neben dem jüdischen Vornamen Tsipora noch den russischen Rufnamen Cilia/Cilly an, was in der Diaspora gebräuchlich war. Barbakoff hatte einen älteren Bruder sowie nach dem frühen Tod der Mutter († 1903) und der erneuten Heirat des Vaters mit Haja-Sora Itskovitch (geb. 1886 in Pskow, ermordet 1941 in Libau) eine jüngere Stiefschwester (geb. 1912 in Libau).

Sie besuchte schon früh eine Ballettschule, hatte aber keine weiterführende Tanzausbildung. Bereits im Alter von zehn Jahren tanzte sie. 1918 folgte sie dem deutschen Soldaten Georg Waldmann, der in den Ostseegouvernements im Ersten Weltkrieg seinen Wehrdienst abgeleistet hatte, nach Deutschland, wo sie ihn später heiratete. Mit ihrem Ehemann, der unter dem Pseudonym Marcel Boissier als Conférencier gastierte, trat sie mit russischen und chinesischen Tänzen auf. Ab 1921 gestaltete sie Soloaufführungen in größeren Häusern des In- und Auslandes, wobei sie ihre als plastisch-malerisch beschriebenen Kostüme meist selbst entwarf. Erst ab 1924 kann man aus den bisher bekannten Presseberichten ersehen, dass sie neben russischen Tänzen und Parodien nun auch chinesische Tänze in ihr Programm aufgenommen hat. Aufgrund ihrer attraktiven persönlichen Ausstrahlung entwickelte sie sich zu einem Publikumsmagneten und Anziehungspunkt vieler Künstler, darunter Rudolf Heinisch oder Kasia von Szadurska, die sie in zahlreichen Fotos, Bildern und Plastiken porträtierten.[1] 1927 trennte sich die Barbakoff von ihrem Mann.

Anlässlich eines Auftritts im Saal Chopin, 252, Faubourg Saint-Honoré in Paris am 9. Mai 1933 konnte sie mit allen Kostümen von Berlin nach Paris ausreisen. Der mit ihr befreundete Maler Gert Heinrich Wollheim, der in der französischen Emigration ihr Lebensgefährte wurde, reiste über Saarbrücken nach Paris. In Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz hatte sie noch eine Zeit lang ihre Auftritte.

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Frankreich wurde sie am 10. Mai 1940 im Camp de Gurs interniert. Im Juni kam sie wieder frei und zog nach Nay, später nach Clelles bei Grenoble. Am 20. Oktober 1940 schrieb sie aus Préchacq-Navarrenx (Département Pyrénées-Atlantiques) einen verzweifelten Brief an ihre Freundin Maria Meinen und bat sie um ein Lebensmittelpaket. Sie hatte in diesem Pyrenäendörfchen nach monatelanger Internierung wie durch ein Wunder ihren Lebensgefährten Gert Heinrich Wollheim wiedergefunden. Nach dem Rückzug der italienischen Truppen von der Côte d’Azur kam sie nach Nizza zurück, wo sie von der Gestapo aufgegriffen und laut Einweisungsnotiz vom 23. Januar 1944 in das Sammellager Drancy bei Paris deportiert wurde. Am 3. Februar kam sie mit dem „Konvoi 67“ nach Auschwitz, wo sie am 6. Februar 1944 in der Gaskammer ermordet wurde.

Ihr zu Ehren stiftete Julia Marcus 1986 in Paris einen „Tatjana Barbakoff Dance Award“.[2]

Porträts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Layla Zami: Drei Frauen, eine Spurensuche – Die Tänzerin Tatjana Barbakoff. Beitrag vom 19. Cheschwan 5780 / 22. Oktober 2012 auf aviva-berlin.de (Volltext online)
  • Günter Goebbels: Tatjana Barbakoff. Eine vergessene Tänzerin in Bildern und Dokumenten. Freundeskreis Kulturbahnhof Eller e.V., Düsseldorf 2009, ISBN 3-931697-21-5 (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 18. Januar bis 1. März 2009 im Kultur Bahnhof Eller sowie vom 18. März bis zum 27. Juni 2010 im Verborgenen Museum).
  • Anja Hellhammer: Fremdartig wie der ferne Osten: Tanja Barbakoff. In: Amelie Soyka (Hrsg.): Tanzen und tanzen und nichts als tanzen. Tänzerinnen der Moderne von Josephine Baker bis Mary Wigman. AvivA Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-932338-22-7, S. 105–124.
  • Tatjana Barbakoff. Tänzerin und Muse, mit Texten von Klara Drenker-Nagels, Hildegard Reinhardt, Günter Goebbels und Anja Hellhammer. Verein August Macke Haus Bonn, Bonn 2003.
  • Hildegard Reinhardt: Tatjana Barbakoff. Tänzerin und Muse. In: Weltkunst, Heft 2, Februar 2003.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tatjana Barbakoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Tänzerin Tatjana Barbakoff. Beitrag vom 11. Februar 2010 auf AVIVA-Berlin.de.
  2. Veroli, Patrizia: Tatjana Barbakoff. Jewish Women: A Comprehensive Historical Encyclopedia. 27. Februar 2009. Jewish Women’s Archive. Abgerufen am 24. April 2021
  3. Tänzerin Tatjana Barbakoff, Porträt Bronze, bez. Benno Elkan, um 1925, auf d:kult Düsseldorf
  4. Waldemar Flaig: Ölgemälde von Tatjana Barbakoff@1@2Vorlage:Toter Link/www.waldemarflaig.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Bilder von Barbakoff durch Kasia von Szadurska u. a.