Telbivudin

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Strukturformel
Allgemeines
Freiname Telbivudin
Andere Namen
  • L-Thymidin
  • 1-(2-Desoxy-β-L-erythro-pentofuranosyl)-thymin
  • 1-[(2S,4R,5S)-4-Hydroxy-5-(hydroxymethyl)oxolan-2-yl]-5-methylpyrimidin-2,4-dion
Summenformel C10H14N2O5
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 3424-98-4
EG-Nummer (Listennummer) 608-961-3
ECHA-InfoCard 100.125.511
PubChem 159269
DrugBank DB01265
Wikidata Q413621
Arzneistoffangaben
ATC-Code

J05AF11

Wirkstoffklasse

Virostatikum

Eigenschaften
Molare Masse 242,23 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

186 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Telbivudin oder L-Thymidin (Handelsname: Sebivo®, Hersteller: Novartis) ist das L-Enantiomer des Nukleosids Thymidin. Es wird bei erwachsenen Patienten als Arzneistoff zur Behandlung der chronischen Hepatitis B im Stadium der Virusreplikation (Virenvermehrung) eingesetzt.[3][4]

Wirkungsmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Telbivudin wird durch Kinasen der Wirtszelle zu der aktive Triphosphat-Form phosphoryliert. Telbivudin-5’-Triphosphat hemmt die HBV-DNA-Polymerase (Reverse Transkriptase), weil es statt des natürlichen Substrats Thymidin-5’-Triphosphat in die Virus-DNA eingebaut wird. Die Anknüpfung weiterer Nukleotide ist strukturell nicht möglich und es resultiert ein DNA-Kettenabbruch, die HBV-Replikation wird gestoppt.

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Nebenwirkungen werden u. a. Muskelerkrankungen, Verschlechterung der Nierenfunktion, Infektionen der oberen Luftwege, Müdigkeit und Unwohlsein, Bauchschmerzen, Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, CPK-Erhöhung im Blut, Husten, Übelkeit und Erbrechen, Grippe und grippeartige Symptome, Schmerzen nach der Maßnahme, Diarrhö und ungeformter Stuhl sowie pharyngolaryngeale Schmerzen angegeben. Im Februar 2008[5] mussten klinische Studien mit einer Kombinationstherapie von Telbivudin und Interferon abgebrochen werden, da bei 8 von 48 (16,6 Prozent) Patienten eine periphere Neuropathie auftrat, davon fünf schwere Verläufe. Bei einer Monotherapie mit Telbivudin wurde eine Häufigkeit dieser Nebenwirkung von 0,6 Prozent beobachtet, die etwa nach zwei bis sechs Monaten Therapiedauer auftrat.

Entwicklung und Vermarktung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Telbivudin wurde im April 2007 durch die EU-Kommission europaweit zugelassen und kam im Mai 2007 in Deutschland auf den Markt. In einer Studie war Telbivudin nach einem Jahr wirksamer als das Standardmittel Lamivudin und es gab weniger resistenzbedingte Wirkungsverluste. Telbivudin selektiert dieselben resistenten Mutanten wie Lamivudin und ist deutlich teurer.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage. ISBN 0-911910-00-X, 2006, S. 1567–1568.
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von 2,4(1H,3H)-Pyrimidinedione, 1-(2-deoxy-β-L-erythro-pentofuranosyl)-5-methyl- im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 12. Juli 2020.
  3. Telbivudin. In: Zeitschrift für Chemotherapie, 2007, Nr. 4; infektio.de
  4. Ching-Lung Lai et al.: Telbivudine versus lamivudine in patients with chronic hepatitis B. In: N. Engl. J. Med., 2007, Band 357, S. 2576–2588; PMID 18094378.
  5. Periphere Neuropathie bei Telbivudin. (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive) In: Deutsches Ärzteblatt.