Achillodynie

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Klassifikation nach ICD-10
M76.6 Tendinitis der Achillessehne
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Achillodynie („Paratenonitis achillea“,[1] Fersenschmerz,[2] Achillessehnentendopathie,[3] „Tendopathie der Achillessehne“[4]) ist ein Schmerzsyndrom der Achillessehne,[5] also des Ansatzes der Wadenmuskulatur am Fersenbein.[6] Diese Tendopathie der Achillessehne sei „sehr häufig bei Hochleistungssportlern zu finden.“[7]

Sie gehört unter anderem mit dem Golferellenbogen und dem Tennisellenbogen in die Gruppe der Insertionstendopathien. Es handelt sich um eine entzündliche Reaktion auf eine mechanische Schädigung von Sehnengewebe durch Mikrotraumata und damit um eine eher häufige Erkrankung. Die Veränderungen im Gewebe treten in der Regel ca. 2–6 cm oberhalb des Ansatzes am Fersenbein auf.[8]

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Etymologisch setzt sich das Wort zusammen aus altgriechisch und neugriechisch-gelehrt Ἀχιλλεύς Achilleús [akʰilleǔ̯s] (für die Achillessehne) und -odynie (von οδύνη odyneSchmerz“).[9] Weil im Fachbegriff das Wort Sehne fehlt, spricht der Brockhaus bei dem Doppelwort von einer Kurzbildung.[10]

Ursachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Ursache der Achillodynie wird eine lokale, meist chronische Überbeanspruchung der Achillessehne angesehen, wobei ständige gleichförmige Belastungen (Langstreckenlauf) genauso vorkommen wie ungewohnte, kurze Tätigkeiten (Aufnahme eines neuen Sportes). In vielen Fällen ist die Ursache nicht erkennbar. Daneben treten Achillodynien aber auch als Folge anderer Erkrankungen wie Arthrose des Sprunggelenkes oder einer Fußdeformation auf.

Grunderkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vor allem bei Belastung eines Beines auftretenden Fersenschmerzen (mit Beteiligung der Achillessehne und der Schleimbeutel) werden oftmals zurückgeführt auf eine Periostitis calcanei, einen Kalkaneussporn (Fersensporn) bei der Haglund-Ferse, eine Achillobursitis oder auf Unfallfolgen.[11]

Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leitsymptom der Achillodynie ist der in seiner Intensität belastungsabhängige Schmerz im Verlauf der Achillessehne, meist verbunden mit einer Schwellung. Tritt bei Bewegung ein Reibegeräusch auf, so spricht man von einer Paratenonitis crepitans.

Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Regel reichen eine klinische Untersuchung und eine Sonographie zur Diagnosesicherung aus. Gelegentlich ist eine Röntgenuntersuchung zum Ausschluss eines hinteren Fersensporns und bei einem Verdacht auf ein Haglund-Syndrom sinnvoll.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Früher wurde die Achillodynie nach Max Schüller als „schmerzhafte Entzündung des Schleimbeutels zwischen Achillessehne und Fersenbein“[12] mit „heftigem Schmerz und geringer Schwellung, oft metastatisch bei Gonorrhoe,“[13] (also als Achillobursitis[14]) erklärt. „Die Achillessehnen können Sitz von kleineren oder größeren Gummageschwülsten sein.“[15] Man sah also sowohl die Syphilis als auch den Tripper in Zusammenhang mit Achillessehnenschmerzen.

Andere Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Karl Joachim Münzenberg ist die Achillodynie „kein umschriebenes Krankheitsbild, sondern umfaßt alle Schmerzzustände, die in die nähere Umgebung des Ansatzes der Achillessehne am Fersenbein projiziert werden. Im wesentlichen sind es folgende Krankheitserscheinungen, die hier eine Rolle spielen“:[16] Haglund-Exostose (Achillobursitis), Insertionstendopathie der Achillessehnen, Paratenonitis achillea und Apophysitis calcanei.

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Regelmäßige Dehnung der Wadenmuskulatur – aber nicht, indem das Bein der zu dehnenden Wade nach hinten gestreckt wird, wie von der Skigymnastik bekannt (diese Dehnung ist zu schwach und wenig effizient). Vielmehr sollte im aufrechten(!) Stand ein Holzklotz, Keil o. Ä. unter den Vorderfuß gelegt werden.
  • Kühlung, z. B. durch Eisbehandlungen.
  • Belastungsreduktion.
  • Entlastung – die Sehne kann durch eine Absatzerhöhung in ihrer Grundspannung entlastet werden (nur kurzzeitig, da es sonst zu einer Verkürzung führt).
  • Salbeneinreibungen, z. B. mit Diclofenac.
  • Spezielle Bandagen.
  • Massagen sind unter Ärzten umstritten.
  • Physiotherapie, u. a. mit exzentrischem Muskeltraining unterhalb der Schmerzschwelle
  • Injektionen mit Kortison sind unter Ärzten umstritten, weil neben einer guten Wirksamkeit das Risiko von Sehnenrissen erhöht wird (dieses ist bereits durch die Erkrankung selbst erhöht).
  • Die Stoßwellentherapie ist eine relativ neue Therapieoption. Von der bundesdeutschen gesetzlichen Krankenversicherung wird sie wegen ihrer umstrittenen Wirksamkeit nicht übernommen.
  • Sensomotorische Einlagen
  • Strahlentherapie kann unter Abwägung des Strahlenrisikos hilfreich sein.
  • Simultanverfahren mit Ultraschall.
  • bei lange bestehenden, konservativ nicht beherrschbaren Beschwerden sind die Längsspaltung der Sehne und die Ausschälung des abgestorbenen Bezirks hilfreich

Prognose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei günstigem Verlauf klingt die Achillodynie unter der genannten Therapie wieder ab. Chronische Verläufe sind aber nicht selten. Eine Komplikation ist der Riss der Sehne (Achillessehnenruptur).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Achillodynie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Horst Cotta: Orthopädie. 4. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1984, ISBN 3-13-555804-5, S. 332.
  2. Günter Thiele, Heinz Walter (Hrsg.): Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete. Verlag Urban & Schwarzenberg, Loseblattsammlung, München / Berlin / Wien 1966, 1. Ordner (A–Carf), ISBN 3-541-84000-5, S. A 37.
  3. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 268. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2020, ISBN 978-3-11-068325-7, S. 14.
  4. Günter Dahmen, Gerhard Josenhans, Karl Tillmann (Hrsg.): Erkrankungen des Bewegungsapparates. Verlag Urban & Schwarzenberg, Praxis der Allgemeinmedizin von Dieter Klaus, Dieter Tezlaff, Wolf Vogler (Band 14), München / Wien / Baltimore 1985, ISBN 3-541-10911-4, S. 146.
  5. Peter Reuter: Springer Klinisches Wörterbuch 2007/2008. 1. Auflage, Springer-Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-34601-2, S. 13.
  6. Duden: Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe. Dudenverlag, 10. Auflage, Berlin 2021, ISBN 978-3-411-04837-3, S. 71.
  7. Karl-Friedrich Schlegel (Hrsg.): Orthopädie. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-89201-2, S. 251.
  8. Maxim Zetkin, Herbert Schaldach: Lexikon der Medizin, 16. Auflage, Ullstein Medical Verlag, Wiesbaden 1999, ISBN 3-86126-126-X, S. 15.
  9. Markwart Michler, Jost Benedum: Einführung in die medizinische Fachsprache, 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1981, ISBN 3-540-10667-7, S. 22.
  10. Brockhaus Enzyklopädie. 19. Auflage, 1. Band, Verlag Friedrich Arnold Brockhaus, Mannheim 1986, ISBN 3-7653-1101-4, S. 109.
  11. Hexal Lexikon Orthopädie – Rheumatologie. Verlag Urban & Schwarzenberg, München / Wien / Baltimore 1992, ISBN 3-541-16421-2, S. 2.
  12. Herbert Volkmann: Medizinische Terminologie. 35. Auflage von Kurt Hoffmann, Verlag Urban & Schwarzenberg, München / Berlin 1951, S. 6.
  13. Otto Dornblüth: Wörterbuch der klinischen Kunstausdrücke. 1. Auflage, Verlag von Veit & Comp., Leipzig 1894, S. 2.
  14. Wolfgang Dihlmann: Gelenke – Wirbelverbindungen. 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1982, ISBN 3-13-471202-4, S. 427.
  15. Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde. 19. Band, Urban & Schwarzenberg, Wien / Leipzig 1889, S. 375.
  16. Karl Joachim Münzenberg: Orthopädie in der Praxis. Edition Medizin, Weinheim / Deerfield Beach, Florida / Basel 1981, ISBN 3-527-15020-X, S. 86–95.