Johann Franz Capellini von Wickenburg

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Familienwappen aus dem Thesaurus Palatinus

Johann Franz Capellini von Wickenburg, genannt Stechinelli (* 20. Juli 1677 in Celle; † 20. April 1752 in Heidelberg) war ein kurpfälzischer Geheimer Rat und Autor des regionalhistorisch bedeutsamen Werkes Thesaurus Palatinus.

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er war der Sohn von Francesco Maria Capellini von Wickenburg, genannt Stechinelli (1640–1694), General-Postmeister bzw. Hofbankier der welfischen Herzogtümer und dessen zweiter Gattin Agnes Elisabeth geb. Breiger.[1] Seit 1675 bewohnte die Familie das vom Schwiegervater, Hofrat Breiger, überlassene Haus in Celle, heute bekannt als Stechinelli-Haus.[2] Vom Vater, der 1677 ein Gut in Wieckenberg erworben hatte und 1688 als Reichsfreiherr von Wickenburg geadelt wurde, übernahm der Sohn auch den zusätzlichen Spitznamen „Stechinelli“, der sich auf dessen spindeldürre Beine bezog.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Franz Capellini von Wickenburg stand zuerst in hannoveranischen Diensten und wurde Kammerherr des Pfälzer Kurfürsten Johann Wilhelm, in Düsseldorf, der ihn 1712 auch zum Geheimen Rat ernannte. 1718 siedelte er mit dem Nachfolger Karl III. Philipp in die Kurpfalz über, wo er sich zunächst am Hof zu Heidelberg, dann in Mannheim aufhielt. 1738 avancierte der Freiherr zum Präsidenten der Kurfürstlichen Geistlichen Administration, einem sehr wichtigen, gemischtkonfessionellen Regierungsgremium, das alle Kirchengüter verwaltete und beaufsichtigte.[3] Mit Übernahme dieses Amtes zog er wieder nach Heidelberg, wo er 1752 verstarb. Capellini von Wickenburg war verheiratet mit Maria Ottilia Ludovika geb. Blankart von Ahrweiler, mit deren kinderlosem Bruder Johann Otto Friedrich Blankart von Ahrweiler dieses Geschlecht 1712 im Mannesstamm erlosch.[4][5]

Ihr Enkel Anton Anselm Capellini von Wickenburg (1750–1813) erhielt 1790 die Erhebung in den Reichsgrafenstand und wirkte als bayerischer Gesandter (bevollmächtigter Minister) in St. Petersburg bzw. Wien.[6] Dessen Sohn war der österreichische Staatsmann Matthias Constantin Capello von Wickenburg (1797–1880).

Historische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Titelseite des Thesaurus Palatinus

Historische Bedeutung erlangte Johann Franz Capellini von Wickenburg durch die Herausgabe seines 2-bändigen Werkes „Thesaurus Palatinus“. Vermutlich angeregt durch die Übernahme des Präsidentenamtes bei der Geistlichen Administration begann der Adelige systematisch Ansichten von Bauwerken, von Grabdenkmälern in Kirchen, dortige Inschriften, Glockenbeschriftungen und ähnliche historische Dinge zu sammeln, zu katalogisieren und zeichnerisch festzuhalten. Er beauftragte auch seine Angestellten ihm derartiges, das sie bei ihren Dienstreisen entdeckten, mitzuteilen. So entstand die 2-bändige Sammlung „Thesaurus Palatinus“, die heute eine wichtige Quelle vieler verlorener Denkmäler bzw. Inschriften ist.[7] An den beiden großformatigen Bänden waren verschiedene Zeichner beteiligt, u. a. Peter Friedrich de Walpergen und Theodor Gottfried Thum. Die Darstellungen sind häufig in Form von Rötelzeichnungen überliefert und entstanden zwischen 1747 und 1752. Der erste Band konzentriert sich auf Heidelberger und Mannheimer Gebäude bzw. Denkmäler, der zweite Band enthält überwiegend Epitaphien bzw. Inschriften aus der Kurpfalz sowie den größeren Städten Mainz, Trier, Speyer und Worms.

Die beiden Originalbände befinden sich heute im Geheimen Hausarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München unter der Signatur Hs. 317.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Band 9, Leipzig 1870, S. 562 (Digitalisat).
  • Adolf von Oechelhäuser: Der Thesauarus Palatinus in München. In: Mitteilungen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses 3, 1896, S. 68–127 (Digitalisat).
  • Rheinische Vierteljahrsblätter, Band 5, 1935, S. 233, Universität Bonn, Institut für Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande; (Ausschnittscan 1), (Ausschnittscan 2).
  • Heinrich Ihme: Südwestdeutsche Persönlichkeiten. Ein Wegweiser zu Bibliographien und biographischen Sammelwerken, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3170102885, S. 128 (Google Books).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Liselotte von der Pfalz: Lettres françaises, 1989, S. 213; (Ausschnittscan)
  2. Webseite der Stadt Celle zum Stechinelli-Haus
  3. Webseite des Heidelberger Geschichtsvereins; Webseite zur Geschichte der Kurfürstlichen Geistlichen Administration.
  4. Webseite zum Blankarts Hof in Ahrweiler
  5. Webseite zum Gymnicher Hof in Ahrweiler (Memento des Originals vom 13. November 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.alt-ahrweiler.de
  6. Heiko Lass: Hof und Medien im Spannungsfeld von dynastischer Tradition und politischer Innovation zwischen 1648 und 1714. Celle und die Residenzen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation (= Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur Band 4). Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2008, ISBN 3422068627, S. 101 (Google Books); Mannheimer Geschichtsblätter, Band 13 (1912), Nr. 3, Sp. 62 (online).
  7. Webseite zu Inschriften im Landkreis Bad Kreuznach, mit eigenem Kapitel zum „Thesaurus Palatinus“