Thomas Thieme
Thomas Thieme (* 29. Oktober 1948 in Weimar) ist ein deutscher Schauspieler.
Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Thieme verließ 1969 Weimar. Er absolvierte seine Schauspielausbildung an der Staatlichen Schauspielschule in Ost-Berlin. Anschließend folgten Engagements am Theater Görlitz, am Theater Magdeburg, am Theater in Halle und am Theater Anklam. 1981 stellte Thieme einen Ausreiseantrag nach Westdeutschland, der es ihm trotz vieler Schikanen 1984 ermöglichte, die DDR schließlich mit „legaler Ausreise“ zu verlassen.
Von 1984 bis 1990 war er am Schauspiel Frankfurt tätig und spielte dort unter anderem in Stücken wie Die Mutter, Edward II. von Christopher Marlowe und König Lear, gefolgt von einem dreijährigen Engagement am Burgtheater in Wien, wo er in diversen Inszenierungen, wie in Brechts Baal mitwirkte. Von 1993 bis 1997 gehörte er zum Ensemble der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin. 1998 wechselte er wieder nach Wien und spielte im „Kasino am Schwarzenbergplatz“ Edward II. unter der Regie von Claus Peymann. In diesem Jahr spielte er auch den Götz von Berlichingen bei den Burgfestspielen Jagsthausen. Ein Jahr später ging er ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg, wo er für seine Rolle Richard III. in dem Stück Schlachten! im Jahr 2000 zum Schauspieler des Jahres gekürt wurde. Am Deutschen Nationaltheater Weimar spielte er die Titelrolle in Faust I. In der Spielzeit 2002/03 inszenierte er dort Brechts Baal mit Ben Becker als Hauptdarsteller und 2004/05 Margaretha.Eddy.Dirty Rich von Tom Lanoye und Luk Perceval mit Jimmy Hartwig und Hans-Peter Minetti.[1] 2006 spielte er in Florian Henckel von Donnersmarcks Das Leben der Anderen die Figur des Ministers Bruno Hempf. Der Film gewann unter anderem den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.
Thieme spielte in zahlreichen Fernsehproduktionen und Kinofilmen. Außerdem hatte er Auftritte in verschiedenen Serien, so unter anderem im Tatort, in Wolffs Revier und Balko. Im ZDF-Film Der Mann aus der Pfalz verkörperte er Helmut Kohl während der Wendezeit 1989.
Von 2009 bis 2011 porträtierte der Maler Harald Reiner Gratz Thomas Thieme über 70-mal im Rahmen einer Langzeitbeobachtung. Eine Auswahl dieser Porträts zeigte die Klassik Stiftung Weimar in einer Ausstellung im Neuen Museum Weimar im Frühjahr 2012.[2]
Im Jahr 2012 wirkte er als Erzähler im Hörspiel Ulysses nach James Joyce mit, dem mit einer Laufzeit von über 22 Stunden bis dahin längsten Hörspiel des Südwestrundfunks und eine der aufwändigsten Hörspielproduktionen der ARD.
Seit der Premiere beim Augsburger Brechtfestival 2013 ist Thomas Thieme mit einer Solofassung von Bertolt Brechts Baal auf Tournee. In einer durch Julia von Sell bearbeiteten und inszenierten Version trägt Thieme neben den enthaltenen Gesängen alle Rollen des Stückes vor und wird dabei von seinem Sohn Arthur Thieme auf der Bassgitarre begleitet. Zum 120. Geburtstag Bertolt Brechts wurde diese Inszenierung 2018 von MDR Kultur in einer Hörspiel-Version produziert.
Thieme lebt in Weimar.
Filmografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 1973: Erziehung vor Verdun (Fernsehfilm)
- 1974: Polizeiruf 110 – Nachttaxi (Fernsehreihe)
- 1975: Lotte in Weimar
- 1976: Gestatten, Johannes Conrad!
- 1977: Die beiden Nachtwandler oder Das Notwendige und das Überflüssige
- 1977: Die berühmte Komödie vom Galan Castrucho
- 1978: Der gepuderte Mann im bunten Rock oder Musjöh lebt gefährlich
- 1978: Der Nekromant oder Die erzwungene Unschuld
- 1980: Januar (Theateraufzeichnung)
- 1980: Mutter darf nicht arbeiten (Fernsehspiel)
- 1980: Zweimal reingelegt
- 1982: Mein Vater ist ein Dieb
- 1988–2015: Ein Fall für zwei (Fernsehserie, verschiedene Rollen, 13 Folgen)
- 1994: Lemgo
- 1994: Das Phantom – Die Jagd nach Dagobert
- 1996: Das Tor des Feuers
- 1997: Tatort – Willkommen in Köln (Fernsehreihe)
- 1999: Fette Welt
- 1999: Warten ist der Tod
- 2000: Tatort – Nach eigenen Gesetzen
- 2001: Taking Sides – Der Fall Furtwängler
- 2002: Tatort – Verrat
- 2003: Eierdiebe
- 2004: Der Untergang
- 2005: Der Vater meiner Schwester (Fernsehfilm)
- 2005: Tatort – Requiem
- 2006: Das Leben der Anderen
- 2007: Der geheimnisvolle Schatz von Troja (Fernsehfilm)
- 2007: Duell in der Nacht (Fernsehfilm)
- 2008: Der Baader Meinhof Komplex
- 2009: Effi Briest
- 2009: Krupp – Eine deutsche Familie (Fernseh-Dreiteiler)
- 2009: Der Mann aus der Pfalz (Fernsehfilm)
- 2009: Die Tür
- 2009: Liebe Mauer
- 2009: Liebling, weck die Hühner auf (Fernsehfilm)
- 2009: Männersache
- 2009: Berlin 36
- 2009: Ein Dorf sieht Mord
- 2009: Mörder auf Amrum (Fernsehfilm)
- 2009–2013: Rosa Roth (Fernsehreihe) → siehe Episodenliste
- 2010: Letzter Moment
- 2010: Tatort – Vergessene Erinnerung
- 2010: Aghet – Ein Völkermord
- 2011: Der ganz große Traum
- 2011: Wer wenn nicht wir
- 2011: Hotel Lux
- 2011: Bastard
- 2011: Tatort – Das Dorf
- 2011–2014: Finn Zehender (Fernsehreihe)
- 2011: Mörderisches Wespennest
- 2012: Tod einer Brieftaube
- 2012: Mörderische Jagd
- 2014: Mord in Aschberg
- 2012: Gestern waren wir Fremde
- 2012: Rommel
- 2012: Ein starkes Team – Eine Tote zuviel (Fernsehreihe)
- 2013: Das Adlon. Eine Familiensaga (Fernseh-Dreiteiler)
- 2013: Robin Hood
- 2013: Ein weites Herz – Schicksalsjahre einer deutschen Familie
- 2013: Der Tote im Watt (Fernsehfilm)
- 2013: Das letzte Wort
- 2013: In einem wilden Land (Fernsehfilm)
- 2014: Glückskind (Fernsehfilm)
- 2014: Wir waren Könige
- 2014: Besondere Schwere der Schuld (Fernsehfilm)
- 2014: Das kalte Herz
- 2015: Tatort – Der Inder
- 2015: Die Eisläuferin
- 2015: Uli Hoeneß – Der Patriarch (Fernsehfilm)
- 2015: Er ist wieder da
- 2015: Der weiße Äthiopier (Fernsehfilm)
- 2016: Die Stadt und die Macht (Fernseh-Sechsteiler)
- 2016: Fritz Lang – Der andere in uns
- 2016: Tempel (6-teilige Fernsehserie)
- 2016: Kundschafter des Friedens
- 2017: Willkommen bei den Honeckers (Fernsehfilm)
- 2017: Babylon Berlin (Fernsehserie)
- 2017: Der namenlose Tag (Fernsehfilm)
- 2017: Nord Nord Mord – Clüver und der König von Sylt (Fernsehreihe)
- 2018: Die Affäre Borgward (Fernsehfilm)
- 2018: Parfum (Fernsehserie)
- 2019: Preis der Freiheit (Fernseh-Dreiteiler)
- 2020: Unterleuten – Das zerrissene Dorf
Hörspiele (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 1994: Peter Mohr: Zur letzten Instanz (Arbogast) – Regie: Holger Rink (Hörspiel – ORB)
- 1996: Andres Nyman: Die Pilzsammler (MDR)
- 1997: Alexandre Dumas der Ältere: Der Graf von Monte Cristo (MDR)
- 1998: Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita (Meister) – Regie: Petra Meyenburg (Hörspiel, 30 Teile – MDR)
- 2000: Damon Runyon: Butch passt aufs Baby auf (Butch) – Regie: Regine Ahrem (Hörspielreihe: Schwere Jungs und leichte Mädchen, Nr.: 1 – SFB/ORB)
- 2000: Damon Runyon: Blutdruck (Earthquake) – Regie: Regine Ahrem (Hörspielreihe: Schwere Jungs und leichte Mädchen, Nr.: 3 – SFB/ORB)
- 2001: Józef Ignacy Kraszewski: Gräfin Cosel (August der Starke) – Regie: Walter Niklaus (Hörspiel, 5 Teile – MDR)
- 2003: Jean-Claude Izzo: Chourmo – Regie: Ulrich Gerhardt (Kriminalhörspiel – DLR Berlin)
- 2003: Albert Wendt: Die zartgeflügelte Dampfwalze (Kinderhörspiel – MDR)
- 2009: Torsten Enders: Bachs Reiche (MDR Figaro)
- 2010: Hugo Rendler: Finkbeiners Geburtstag. (Radio-Tatort – SWR)
- 2013: Mario Göpfert: Wecke niemals einen Schrat (nach dem gleichnamigen Buch von Wieland Freund) – Regie: Klaus-Michael Klingsporn (Kinderhörspiel – DKultur)
- 2014: Steffen Thiemann: Sandsack – Regie: Thomas Wolfertz (Hörspiel – MDR)
- 2014: Ingo Schulze: Das „Deutschlandgerät“ – Regie: Stefan Kanis (MDR Figaro)
- 2015: Petros Markaris: Sokrates lässt grüßen – Regie: Christoph Dietrich (Kriminalhörspiel – DKultur)
- 2015: Walter Niklaus: Todsicher – Regie: Walter Niklaus (Kriminalhörspiel – MDR Figaro; online)
- 2015: John Burnside: Der Baucan – Regie: Klaus Buhlert (SWR2 Hörspiel-Studio)
- 2018: Bertolt Brecht: Baal – Bearbeitung: Julia von Sell, Musik: Arthur Thieme, Regie: Matthias Thalheim (MDR KULTUR)[3]
Lesungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 1998: Johann Gottfried Seume: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 – MDR Kultur
- 1999: Volker Braun: Die unvollendete Geschichte (zusammen mit Volker Braun) – MDR Kultur
- 2009: Gertrud und Einar Schleef: Briefwechsel I (zusammen mit Jutta Hoffmann) – MDR Figaro
- 2011: Gertrud und Einar Schleef: Briefwechsel II (zusammen mit Jutta Hoffmann) – MDR Figaro
- 2013: Erich Loest: Völkerschlachtdenkmal – MDR Figaro
- 2015: Winston S. Churchill: Der Zweite Weltkrieg – MDR Figaro
- 2015: Klaus Renft: Die Bewaffnung der Nachtigall – Tagebücher 1968–1997 – MDR Figaro
- 2017: Wolfgang Hilbig: Das Provisorium – MDR Kultur
- 2018: Mark Twain: Die Abenteuer des Huckleberry Finn – MDR Kultur[4]
Hörbücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 von Johann Gottfried Seume, ungekürzte Lesung, Regie: Veronika Hübner, 429 min., MDR 1998/ Der Audio Verlag 2015, ISBN 9783862315727.
- Die Bewaffnung der Nachtigall – Tagebücher 1968–1997 von Klaus Renft, Regie: Matthias Thalheim, 132 min., MDR KULTUR / Buschfunk-Verlag 2016, ISBN 9783944058702
Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 1965: Medaille für hervorragendes Volkskunstschaffen in Gold
- 2000: Schauspieler des Jahres für Richard III. in Schlachten! am Hamburger Schauspielhaus unter der Regie von Luk Perceval
- 2007: Faustorden des Handwerker Carnevalsverein Weimar
- 2013: Hessischer Fernsehpreis als Bester Schauspieler für seine Rolle in Das letzte Wort
- 2014: Goldene Kamera als Bester Schauspieler
- 2017: 1. Goldegger Kammerschauspieler[5]
- 2020: Askania Award[6] für das Lebenswerk
Anmerkung: Die Auszeichnung 2018 mit dem Weimar-Preis lehnte Thomas Thieme ab.
Zitate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
„Ich bin nicht vor Repressionen abgehauen, sondern vor der Bevölkerung.“
„Was mir das Leben in der DDR unerträglich machte, waren weniger Honecker und Mielke, als die allgemeinen Verhältnisse. Es war muffig, schmierig, duckmäuserisch in der DDR. Reine Selbstzensur! Und wer rauswollte, wurde erschossen!“
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Frank Quilitzsch: Thomas Thieme – Ich Faust: Gespräche. Verlag Theater der Zeit, Berlin 2008, ISBN 978-3-940737-15-1.
- Iris Berben, Bernd Kauffmann, Rolf Luhn, Frank Quilitzsch: Spieler. Harald Reiner Gratz beobachtet Thomas Thieme. Kerber Verlag, Leipzig 2012, ISBN 978-3-866786-71-4
- Thomas Thieme, Frank Quilitzsch: Ich Hoeneß Kohl: Gespräche mit Frank Quilitzsch. Mit einer Verlängerung von Günter Netzer, Klartext Verlag 2018, ISBN 978-3837519594
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Thomas Thieme in der Internet Movie Database (englisch)
- Thomas Thieme bei filmportal.de
- Agentureintrag
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Aufführungsdaten Margaretha.Eddy.Dirty Rich (Memento des Originals vom 29. November 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Spieler. Harald Reiner Gratz beobachtet Thomas Thieme. Flyer der Klassik Stiftung Weimar zur Ausstellung im Neuen Museum Weimar, abgerufen am 9. Februar 2012 (PDF; 752 kB)
- ↑ Maßlos gut – Baal im Hörspiel, Stefan Fischer in der Süddeutschen Zeitung vom 5. Februar 2018, Seite 23
- ↑ Thomas Thieme liest „Huckleberry Finns Abenteuer“. MDR Kultur, abgerufen am 1. Dezember 2018 (Lesung 22. Oktober bis 9. November 2018).
- ↑ Verstörungen 2017 "Dreiecksbeziehungen". In: Lake Side Laze. 12. Oktober 2017, abgerufen am 5. Mai 2020 (deutsch).
- ↑ ASKANIA AG – Filmkunst und ASKANIA verbunden im ASKANIA-Award. In: Meine Website. Abgerufen am 29. April 2020 (deutsch).
- ↑ vgl. http://www.berliner-schauspielschule.de/thieme_nd.htm
- ↑ Thomas Thieme: Warum ich nicht mehr in der DDR leben wollte
Personendaten | |
---|---|
NAME | Thieme, Thomas |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Theater- und Filmschauspieler |
GEBURTSDATUM | 29. Oktober 1948 |
GEBURTSORT | Weimar |