Truppenübungsplatz Bergen

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Wappen NATO-Truppenübungsplatz Bergen

Koordinaten: 52° 48′ N, 9° 49′ O

Karte: Deutschland
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Truppenübungsplatz Bergen
NATO-Truppenübungsplatz Bergen - wirklichkeitsnahe Gefechtsausbildung für die Streitkräfte der NATO

Der NATO-Truppenübungsplatz (TrÜbPl) Bergen (auch: NATO-Schießplatz Bergen-Hohne) im Südteil der Lüneburger Heide (Niedersachsen, Deutschland) ist mit einer Fläche von 284 km², bei einer Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung von 27 km und in Ost-West-Richtung von 18 km, ein großer Truppenübungsplatz in Europa.

Er wurde ab 1935 von der Wehrmacht westlich des namensgebenden Ortes Bergen eingerichtet und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 von den britischen Besatzungstruppen übernommen und kontinuierlich erweitert. Seit den 1960er Jahren wird das Areal zudem von der Bundeswehr und Streitkräften der NATO genutzt.

Geografie

Lage

Der Truppenübungsplatz erstreckt sich beiderseits der Grenze zwischen dem Heidekreis und dem Landkreis Celle. Dieser Teil der Lüneburger Heide wird auch Heidmark genannt. Der nördlichste Bereich beginnt unmittelbar an der Abfahrt Soltau-Süd der Bundesautobahn A7. Von hier verläuft die östliche Platzgrenze bis Bergen zunächst nahe der Bundesstraße 3 und danach weiter an der Landesstraße L 298. Die westliche Grenze ist unmittelbar parallel zur Autobahn A 7, an Bad Fallingbostel vorbei bis südlich des Autobahndreiecks Walsrode (A7/A27). Der südlichste Bereich des Sperrgebietes ist das Ostenholzer Moor.

Der Platz liegt ungefähr 40 Kilometer nördlich von Hannover, zirka 60 Kilometer südöstlich von Bremen und rund 60 Kilometer südlich von Hamburg. Der höchste Punkt ist der Falkenberg mit 150 m ü. NN, sein tiefster Punkt befindet sich mit 28 m ü. NN im Ostenholzer Moor.

Landschaftsbild

Panorama Schießbahn 1A, im Tal ein nachgebautes Heidedorf mit Kirche

Insbesondere der Mittelteil des Truppenübungsplatzes besteht aus Heidelandschaft, die als Lohheide und Osterheide bekannt sind und seit 1945 gemeindefreie Bezirke darstellen. In seinem Nordteil befindet sich das kleine Wittenmoor, knapp außerhalb seines Nordost-Randes liegt das Große Moor bei Becklingen und im Süden das Ostenholzer Moor. Die übrigen Teile bestehen aus Waldgebieten. Bereits außerhalb des Sperrgebietes liegt im Süden noch das Bannetzer Moor und die Meißendorfer Teiche.

Im Nordwesten, außerhalb des Truppenübungsplatzes, fließt ein Abschnitt des Mittellaufs der Böhme. Im Südosten und Süden fließt die Meiße zum großen Teil über den Übungsplatz. Beide Flüsse sind nordöstliche Zuflüsse der Aller. Der äußerste Nordwestteil hat viele kleinere Bäche, die aus Richtung Osten kommend der Böhme zufließen. Ungefähr im Zentrum des Platzes befinden sich die Sieben Steinhäuser, eine Gruppe von Großsteingräbern. Der Weg dorthin wird an bestimmten Tagen für die Öffentlichkeit freigegeben. Der Hohe Bach fließt direkt an diesen vorbei. In der Nähe liegt der kleine Meiersee, durch den der Meierbach in Richtung Südwesten fließt. Diese beiden Bäche entwässern den Mittel- und Südteil des Truppenübungsplatzes. Der Südostteil wird über den Liethbach, an dem das Schloss Bredebeck liegt, entwässert. Diese drei genannten Bäche sind Zuflüsse der Meiße. Im nordwestlichen Bereich fließt der Fischendorfer Bach, ein südöstlicher Zufluss der Böhme. Im Westen ist der Fahrenholzer Bach, der später Kreilinger Bach genannt wird, er hat seine Mündung in Hodenhagen. Allen genannten Bächen ist gemeinsam, dass sie in ihrem Verlauf viele Teichflächen bilden.

In Südwest-Nordost-Richtung zieht sich quer durch den Truppenübungsplatz eine stark bewaldete Moränenlandschaft, das „Becklinger Holz“, zu der unter anderem diese Erhebungen gehören: Falkenberg (150 m ü. NN), Hakenberg (143 m), Goldbockenberg (129 m), Staffelberg (126 m), Rehberg (125 m), Sinnberg (122 m), Hengstberg (121 m), Tutenberg (116 m), Galgenberg (110 m), Kahlberg (104 m), Kallenberg (103 m), Fuhrberg (102 m), Horstberg (98 m). Die niedrigste Stelle des Truppenübungsplatzes befindet sich an der Südwestgrenze, im Ostenholzer Moor auf etwa 28 m ü. NN.

Geschichte

Kasernen TrpÜbPl Bergen in den 1930er Jahren

Bereits im 19. Jahrhundert nutzte die Königlich-Hannoversche Armee hier zwei kleinere Exerzierplätze.

Östlich von Becklingen, in dem Forst „Becklinger Holz“, der heute auf dem Truppenübungsplatz liegt, wurde am 13. Januar 1872 der letzte Wolf in der Lüneburger Heide gesehen und geschossen. Schütze war der Förster Grünewald, der Leibjäger von König Georg V von Hannover, dem letzten König von Hannover.[1] Zur Erinnerung daran wurde 1892 dort ein „Wolfsstein“ aufgestellt.

Alte Dorfstraße des ehemaligen Ortes Ettenbostel
Ehemaliges Stallgebäude eines geräumten Dorfes

Die ersten Planungen zur Errichtung des Truppenübungsplatzes begannen im August 1934 im Zusammenhang mit der militärischen Aufrüstung des Deutschen Reiches. Auf Grund der dünnen Besiedlung und des abwechslungsreichen Landschaftsbildes wurde diese Gegend zur Schaffung des größten Übungsplatzes der Wehrmacht ausgewählt. Am 15. September 1934 erreichte die Nachricht von der Errichtung eines Truppenübungsplatzes die dort ansässigen Bauern. Am 1. Oktober 1934 versammelten sich die von der Umsiedlung betroffenen Bauern am Platz Sieben Steinhäuser zu Beratungen. Eine Abordnung fuhr noch am gleichen Tag nach Goslar, um dem „Reichsbauernführer“ die Bedenken vorzutragen. Am 18. März 1935 fuhren dann mehr als 80 Bauern nach Berlin, um Gewissheit über ihre Zukunft und die geplante Umsiedlung ihrer Höfe zu erlangen. Trotz des Widerstands der Bevölkerung mussten innerhalb weniger Jahre etwa 3.650 Einwohner aus 25 Gemeinden ihre Heimat verlassen. Unter anderem verschwanden die Orte Deil, Hörsten, Höppenstedt, Hohne[2], Hohnerode, Manhorn, Lohe, Gudehausen, Ettenbostel, Oberndorfmark, Oberhode, Benhorn, Hartem, Fahrenholz, Böstlingen, Pröbsten, Kolk, Südbostel, Nordbostel, Obereinzingen, Untereinzingen, Achterberg, Wense und Teile von Oerbke, Ostenholz und Hasselhorst von der Landkarte[3][4].

Am Ostrand des Geländes, bei der Ortschaft Belsen, seinerzeit „Ostlager“ genannt, entstanden rund 100 Kasernengebäude, 50 Pferdeställe und 40 Großgaragen, außerdem ein Lazaratt, Depots und ein Scheibenhof, auf dem Zielscheiben für den Schießbetrieb hergestellt wurden. Im Süden dieser Kasernenanlagen befand sich eine Heeresmunitionsanlage für Infanteriemunition. Am 4. Mai 1936 bezogen die ersten Einheiten ihre Unterkünfte.

Am Westrand des Geländes, bei der Ortschaft Oerbke, seinerzeit „Westlager“ genannt, entstanden vom 1. April 1937 bis ins Jahr 1942 weitere Kasernen, Pferdeställe, Garagen und Depots. Ab dem 1. August 1938 fanden auf der gesamten Fläche militärische Übungen statt.

Am 15. April 1945 wurde der Truppenübungsplatz von den britischen Streitkräften übernommen. Diese nutzten zunächst nur den Ostteil des Platzes als „Royal Armoured Corps Training Centre“. Bis 1952 wurde das Übungsgelände immer weiter ausgedehnt, bis es die heutigen Grenzen erreichte. Während des Kalten Krieges waren bis zu fünfzigtausend britische und amerikanische Soldaten in Bergen-Hohne stationiert. Es gab zeitweise auch Überlegungen die Truppenübungsplätze Munster und Bergen zusammen zu legen.

Ab 1957 durfte erstmals auch die Bundeswehr das Übungsgelände wieder nutzen. Sie unterhielt dort bei der britischen Kommandantur ein Verbindungskommando. Am 1. April 1958 übergab die British Army den Truppenübungsplatz an die Bundeswehr. Die Basis wurde zum größten Truppenübungsplatz Europas und war eines der Ausbildungszentren für NATO-Bodentruppen in der Bundesrepublik Deutschland. Im Südwesten besteht das Lager Ostenholz, welches auch einen Autobahnanschluss in direkter Nähe hat. Dieses Lager wird nur für übende Truppen bereitgehalten, hat aber feste Unterkünfte sowie massive Gebäude der Standortverwaltung und der Heimgesellschaften.

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Anzahl der Soldaten deutlich reduziert. Die Anlage hat jedoch noch immer eine große Bedeutung. In Bergen-Hohne sind weiterhin die britischen Royal Scots Dragoon Guards, 7th Armoured Brigade HQ & Signals, 32 Engineers und ein Teil der 1st Armoured Brigade stationiert. Insgesamt befinden sich noch etwa 15.000 britische Soldaten in Bergen-Hohne und den angrenzenden Kasernen in Celle. Zudem wird das Areal verstärkt von der Bundeswehr und NATO-Truppen genutzt.

Die British Army belegt auch heute noch die größten Teile der Kasernen in Bergen-Hohne und Bad Fallingbostel. Allerdings ist die Zukunft der durch die britischen Truppen belegten Kasernen ungewiss, da alle britischen Soldaten bereits bis 2020 vollständig aus Deutschland abgezogen werden sollen.[5] Pläne für eine künftige Nutzung der militärischen Anlagen sind bisher nicht bekannt.

Aktuelle Nutzung

Panzerschießbahn 7 B bei Ostenholz, mit Kontrollturm
Übungsdorf für Häuserkampf
Die Royal Scots Dragoon Guards (Squadron C) der britischen Streitkräfte mit Challenger 2 Kampfpanzer bei Gefechtsübungen im Gelände

Die ursprünglich errichteten Schießbahnen und ihre Nutzung:

Schießbahn in Betrieb genommen Nutzung
I im Jahr 1936 Panzerschießbahn
II im Jahr 1936 Infanterieschießbahn
III im Jahr 1936 Infanterieschießbahn + Flugabwehr
IV im Jahr 1936 Infanterieschießbahn
V im Jahr 1936 Infanterie- und Artillerieschießbahn
VI im Jahr 1936 Panzerschießbahn
VII im Jahr 1939 Panzerschießbahn
VIII im Jahr 1939 Panzerschießbahn
IX im Jahr 1939 Panzerschießbahn
X im Jahr 1939 Panzerschießbahn
XI im Jahr 1941 Panzerschießbahn
XII im Jahr 1944 Panzerschießbahn

Heute befinden sich auf dem Gelände 22 Schießbahnen für Kampf- und Schützenpanzer, wovon neun Bahnen auch für Panzerabwehrlenkwaffen geeignet sind. Außerdem existieren 14 Artilleriefeuerstellungen, sechs davon befinden sich außerhalb der Platzgrenzen. Weiter sind fünf Gewehr/Maschinengewehr-Schießbahnen und drei Schießbahnen für Panzerabwehrhandwaffen vorhanden, sowie Einrichtungen für Flugabwehr, Übungsdörfer, Tiefwatanlagen und Biwakplätze.

Die Streitkräfte der NATO-Mitgliedsländer von Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien und Belgien üben regelmäßig auf dem Truppenübungsplatz. Insbesondere kommen die Kampfpanzer Leopard 2 und Challenger 2, der Kampfhubschrauber AH-64 Apache und die Panzerhaubitze 2000 zum Einsatz. In zunehmendem Maß wird der Einsatz unbemannter Aufklärungsdrohnen (UAV) geübt. Der Einsatz von Übungs- und Gefechtsmunition von Luftfahrzeugen ist möglich.[6]

Die Unterhaltungskosten des Truppenübungsplatzes belaufen sich wöchentlich auf etwa 750.000 Euro.

Kommandantur

Der Kommandant der Truppenübungsplatzkommandantur Bergen, Oberst Gerd Ahrens, ist der Vorgesetzte der vier Truppenübungsplätze Bergen, Munster, Lübtheen und Ehra-Lessien. Der derzeitige Leiter des Truppenübungsplatzes Bergen ist Oberstleutnant Michael Helftenbein.

Öffentlichkeitsarbeit

Einmal im Jahr im Herbst werden Teile des Platzes für ein „Volksradfahren“ freigegeben. Für Fahrradfahrer werden drei verschiedene Strecken, auf befestigten Straßen, mit unterschiedlicher Länge zwischen ca. 25 km, 45 km und 80 km angeboten. Inlineskater können eine Strecke von ca. 30 km befahren. Start und Ziel ist Hasselhorst und Oerbke. An diesen Punkten und in der Nähe der „Sieben Steinhäuser“ sind Verpflegungsstationen eingerichtet. Zwischen 2.000 und 3.000 Personen nehmen regelmäßig daran teil. In unregelmäßigen Abständen werden auch geführte Besichtigungstouren mit dem Bus angeboten.

Kulturdenkmäler und Sehenswürdigkeiten

Schloss Bredebeck - wird von der britischen Armee genutzt (für die Öffentlichkeit gesperrt)
Friedhof der Namenlosen
„Hoher Stein“ und Kirche in Ostenholz

Auf und nahe dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohne befinden sich folgende Kulturdenkmäler und Sehenswürdigkeiten:
Im Bereich der Lohheide und deren Nähe:

Als solches diente es auch schon der britischen Königsfamilie als Unterkunft. Im Bereich der Osterheide und deren Nähe:

  • in Oerbke (im Westen):
    • Friedhof der Namenlosen, eine Kriegsgräberstätte, in der rund 30.000 sowjetische Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges in Massengräbern begraben wurden
  • in und nahe Ostenholz (im Südwesten):
    • Fachwerkkirche mit hölzernem Turm aus dem Jahre 1724
    • Hoher Stein, ein Gedenkstein zur Räumung der Gemeinden 1936 zwecks Anlegens eines Nazi-Truppenübungsplatzes[9]
    • Sieben Steinhäuser, Großsteingräber der Jungsteinzeit im Süden des Truppenübungsplatzes
  • in Wense (im Nordwesten):
    • Gutskapelle, prachtvolle Kirche aus dem Jahr 1558

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Der letzte Wolf der Lüneburger Heide
  2. Dieses Hohne ist nicht das Hohne (Samtgemeinde Lachendorf). Siehe: Gemeindefreier Bezirk Lohheide und Neu-Hohne
  3. "Ehemalige Ortschaften auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Belsen"
  4. Zerstörung der Ostheidmark in der Zeit des Nationalsozialismus
  5. Stern: Großbritannien zieht bis 2020 alle Soldaten aus Deutschland ab
  6. Bilder von Übungsschießzielen („Hartzielen“)
  7. Liste der Gräber auf dem deutschen Kriegsgräberfriedhof Lohheide
  8. Lage des deutschen Kriegsgräberfriedhofes Lohheide
  9. Inschrift des "Hohen Steins": Dem Andenken der opferwilligen Heidjer aus den ehemaligen Ortschaften Hörsten, Hoppenstedt, Hohne, Hasselhorst, Hohnerode, Manhorn, Lohe, Gudehausen, Ostenholz, Ettenbostel, Oberhode, Benhorn, Hartem, Fahrenholz, Böstlingen, Pröbsten, Kolk, Sudbostel, Nordbostel, Örbke, Obereinzingen, Untereinzingen, Achterberg, Wense

Literatur

  • Olaf Mußmann: Geschichte des Truppenübungsplatzes Bergen. Münster 1996, ISBN 3-8258-2753-4.
  • Hinrich Baumann: Die Heidmark. Wandel einer Landschaft. Die Geschichte des Truppenübungsplatzes Bergen. Walsrode 2005, ISBN 3-00-017185-1.
  • Andreas Hesse: Der Judaslohn. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005, ISBN 9783805208000. (Kriminalroman, der auf dem Truppenübungsplatz und in Eichendorf (= Meißendorf) spielt).

Weblinks

Commons: Bergen-Hohne Training Area – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien