Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1967

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Der 20-jährige René Pijnen (hier 1969) wurde Dritter im Straßenrennen der Amateure.

Die Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1967 fanden vom 31. August bis 3. September im niederländischen Heerlen statt.

Renngeschehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Einzelrennen führten über einen Rundkurs von 13,259 Kilometern zwischen Heerlen und Voerendaal; für das Mannschaftsfahren war eine 25-Kilometer-Rundstrecke zwischen Heerlen und Roermond eingerichtet worden. Start und Ziel waren jeweils auf der Autobahn Heerlen–Eindhoven. Die Rennen waren an allen Tagen gut besucht, allein zum Profirennen kamen 150.000 Zuschauer.

Eine Besonderheit war der Sieg im Mannschaftszeitfahren über 100 Kilometer durch die vier schwedischen Brüder Petterson, bekannt als die „Fåglum-Brüder“, den sie in den folgenden beiden Jahren bei Weltmeisterschaften wiederholen konnten. Die Fachzeitschrift Radsport zeigte sich begeistert: „Die vier blonden Sportler werden gewiß als einmalige Erscheinung in die Geschichte […] eingehen. Daß ein Brüderpaar sich zu einer solchen Kampfmannschaft entwickelte und erfolgreich nach dem Lorbeer zu greifen vermochte, war bisher noch nicht da und wird es wohl auch in Zukunft nicht mehr geben.“[1] Die bundesdeutsche Straßenmannschaft von Trainer Otto Ziege, die in den zurückliegenden Jahren oft enttäuscht hatte, belegte Rang vier und damit den besten Platz bei einer WM bisher. Das DDR-Quartett wurde mit einem Rückstand von 5:35 Minuten auf die Schweden Achter. Insgesamt hatten sich 25 Mannschaften beteiligt.

Im Jahr der WM waren in der Bundesrepublik Deutschland vom Bund Deutscher Radfahrer auch Frauen im Rennsport zugelassen worden, daher waren bei diesen Weltmeisterschaften auch erstmals drei bundesdeutsche Fahrerinnen am Start. Monika Mrklas wurde als beste von ihnen 26.; sie war eigentlich Skilangläuferin und startete später zweimal in dieser Disziplin bei Olympischen Spielen. Beste Deutsche wurde Hannelore Mattig aus Ost-Berlin auf Rang 25. Der Radsport berichtete in diesem Jahr erstmals über das Rennen der Frauen (wenn auch ohne Foto) und den Sieg der „radelnden englischen Hausfrau“ Beryl Burton.[2] Zu diesem Zeitpunkt hielt die „Hausfrau“ Burton zahlreiche nationale Titel sowie Rekorde, was ihr den Titel „British Best Allrounder“ eingetragen hatte, den sie 25 Jahre lang behalten konnte. 1967, im Jahr der WM, stellte sie einen Zwölf-Stunden-Rekord auf, der besser war als der der Männer.

Im Amateur-Einzelrennen der Männer, die 198,9 Kilometer zu bewältigen hatten, gingen 160 Aktive aus 31 Ländern an den Start. Bis zur letzten Runde gab es eine vierköpfige Spitzengruppe, zu der auch der DDR-Fahrer Klaus Ampler gehörte. Auf den letzten 13 Kilometern musste er seine drei Kontrahenten ziehen lassen und wurde am Ende als bester deutscher Fahrer 14. Mit einem Stundenmittel von 39,9 km/h wurde der 23-jährige Engländer Graham Webb nach einem Spurtsieg neuer Amateurweltmeister.

Bei den Profis, von denen 70 starteten und 45 ankamen, siegte erstmals Eddy Merckx, nachdem er schon 1964 Weltmeister bei den Amateuren geworden war. Er setzte sich mit einem Durchschnittstempo von 39,3 km/h als klarer Spurtsieger durch. Er war erst 22 Jahre alt und erhielt deshalb in der Presse den Beinamen „Baby-Merckx“. Bester Deutscher war Rolf Wolfshohl auf Platz 13, trotz eines Sturzes, nachdem sich eine herumfliegende Trinkflasche in den Speichen seines Rades verfangen hatte. Der fünftplatzierte Niederländer Jos van der Vleuten wurde nachträglich wegen eines Dopingvergehens disqualifiziert.

Im Vorfeld gab es erneut heftige Diskussionen über die Frage, ob die Hymne der DDR gespielt und deren Fahne gehisst werden solle. Der Verbandsvertreter aus der DDR pochte auf eine vermeintliche Zusage durch den niederländischen Verbandspräsidenten; die Regierung hingegen untersagte beides. Die Vertreter der DDR forderten gar eine Absage der WM, beugten sich aber schließlich, zumal es in einem Schreiben internationaler Sportverbände hieß, im Falle von Streitigkeiten in dieser Frage keine einzige Fahne zu hissen und auch keine Hymne zu spielen.[3]

Während der WM wurden neben van der Vleuten weitere Dopingsünder entdeckt: Die Italiener Leandro Faggin und Giacomo Fornoni erhielten je 2000 Französische Francs Geldstrafe; der spanische Steher Guillermo Timoner musste die dreifache Summe entrichten, weil er nicht zu einer Doping-Kontrolle erschienen war. Die Belgierin Yvonne Reynders und der Schweizer Fredy Rüegg wurden disqualifiziert.

Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

31. August, Amateure – Mannschaftszeitfahren (96,4 km)
Platz Land Athleten Zeit (h)
1 Schweden Schweden Erik Pettersson/Gösta Pettersson/Sture Pettersson/Tomas Pettersson 2:03:07 h
2 Danemark Dänemark Verner Blaudzun/Jørgen Emil Hansen/Leif Mortensen/Henning Petersen 2:03:23 h
3 Italien Italien Lorenzo Bosisio/Benito Pigato/Vittorio Marcelli/Flavio Martini 2:03:46 h
4 Deutschland Deutschland Martin Gombert/Dieter Leitner/Lutz Löschke/ Burkhard Ebert 2:06:51 h
5 Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:07:49 h
6 Frankreich Frankreich 2:08:13 h
7 Polen 1944 Polen 2:08:28 h
8 Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR Manfred Dähne/Dieter Grabe/ Günter Hoffmann/Axel Peschel 2:08:42 h
9 Schweiz Schweiz 2:08:46 h
10 Rumänien 1965 Rumänien 2:09:17 h
0
25 Mexiko 1934 Mexiko 2:21:58 h
2. September, Frauen – Einzelrennen
(53,0 km)
Platz Athletin Land Zeit
1 Beryl Burton Vereinigtes Konigreich GBR 1:26:30 h
2 Ljubow Sadoroschnaja Sowjetunion 1955 URS + 1:47 min
3 Anna Konkina Sowjetunion 1955 URS + 5:47 min
4 Galina Judina Sowjetunion 1955 URS unbekannt
5 Louisa Smits Belgien BEL
6 Svetlana Nikolajeva Sowjetunion 1955 URS
7 Keetie van Oosten-Hage Niederlande NED
8 Elsy Jacobs Luxemburg LUX
9 Nadja Samoletova Sowjetunion 1955 URS
10 Nicole Van Den Broeck Belgien BEL
0
25 Hannelore Mattig Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR unbekannt
26 Monika Mrklas Deutschland GER
32 Gisela Grassmann Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR
35 Heidi Blobner Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR
0
2. September, Amateure – Einzelrennen (198,9 km)
Platz Athlet Land Zeit
1 Graham Webb Vereinigtes Konigreich GBR 4:58:43 h
2 Claude Guyot Frankreich FRA 4:58:43 h
3 René Pijnen Niederlande NED 4:58:43 h
4 Jørgen Emil Hansen Danemark DEN alle
gleiche Zeit
5 Curt Söderlund Schweden SWE
6 Gert Harings Niederlande NED
7 Roger De Vlaeminck Belgien BEL
8 Giannino Bianco Italien ITA
9 Jose Gomez-Lucas Spanien 1945 ESP
10 Jean-Pierre Monseré Belgien BEL
11 Giovanni Bramucci Italien ITA
12 Constantino Conti Italien ITA
13 Pavel Doležel Tschechoslowakei TCH
14 Klaus Ampler Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR
0
28 Günter Hoffmann Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR + 5:48 min
33 Siegfried Huster Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR + 6:43 min
51 Karl-Heinz Kazmierzak Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR + 6:43 min
52 Bernd Knispel Deutschland Demokratische Republik 1949 GDR + 6:43 min
0
3. September, Profis (265,2 km)
Platz Athlet Land Zeit
1 Eddy Merckx Belgien BEL 6:44:42 h
2 Jan Janssen Niederlande NED gleiche Zeit
3 Ramón Sáez Spanien 1945 ESP gleiche Zeit
4 Gianni Motta Italien ITA gleiche Zeit
5 Jos van der Vleuten Niederlande NED gleiche Zeit
6 José Manuel Lasa Spanien 1945 ESP + 2:05 min
7 Daniel Van Rijckeghem Belgien BEL alle
gleiche Zeit
8 Michele Dancelli Italien ITA
9 Jos Boons Belgien BEL
10 Robert Hagmann Schweiz SUI
11 Peter Post Niederlande NED
12 André Foucher Frankreich FRA
Platz Athlet Land Zeit
0
13 Rolf Wolfshohl Deutschland GER 8:03 min
14 Rudi Altig Deutschland GER 8:25 min
15 Gerben Karstens Niederlande NED alle
gleiche Zeit
16 Marino Basso Italien ITA
17 Harry Steevens Niederlande NED
18 Raymond Riotte Frankreich FRA
19 Paul Lemeteyer Frankreich FRA
20 Jan Harings Niederlande NED
0
25 Hennes Junkermann Deutschland GER + 2:05 min
45 Herbert Wilde Deutschland GER + 14:03 min

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Radsport, 5. September 1967, S. 3
  2. Radsport, 5. September 1976, S. 6
  3. Radsport, 29. August 1967, S. 2

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmer Boelsen: Die Geschichte der Rad-Weltmeisterschaft, Bielefeld 2007, S. 106, ISBN 978-3-936973-33-4
  • Radsport, August/September 1967
  • Deutsches Sportecho, Ausgaben 30. August bis 4. September 1967

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]