Verrat von Novara

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Als Verrat von Novara wird ein Ereignis bezeichnet, das sich im Jahr 1500 im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Herrschaft über Italien ereignete.

Ludovico Sforza, Gemälde von Francesco Napoletano, um 1494 (Ausschnitt aus dem Sforza-Altar, Pinacoteca di Brera, Mailand)
Der «Verrat von Novara» – eidgenössische Söldner übergeben den Herzog von Mailand an die Franzosen (Luzerner Chronik 1513)

Ausgangslage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren neben dem Kirchenstaat und der Republik Venedig das Königreich Neapel und das Herzogtum Mailand von machtpolitischer Bedeutung. König Karl VIII. von Frankreich machte Erbansprüche auf Neapel geltend und eroberte 1495 das Königreich, wurde aber durch den Bund zwischen Papst Alexander VI., dem römisch-deutschen König Maximilian I., Ferdinand II. von Neapel und anderen wieder aus Italien vertrieben (siehe: Italienische Kriege).

Konflikt zwischen Frankreich und Mailand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Karls Tod 1498 eroberte sein Nachfolger König Ludwig XII. mit Hilfe von rund 5000 eidgenössischen Söldnern im Herbst 1499 das Herzogtum Mailand, auf das er als Enkel der mailändischen Prinzessin Valentina Visconti Ansprüche erhob. Im Frühjahr 1500 eroberte der Herzog von Mailand Ludovico Sforza («Il moro»), sein Herzogtum ebenfalls mit der Hilfe von rund 5000 eidgenössischen Söldnern zurück.

Bei Novara standen sich schließlich das mailändische und das französische Heer gegenüber, beide durch eidgenössische Truppen verstärkt: Die rund 6000 Schweizer Moros verteidigten die Stadt, die 10.000 Schweizer Ludwigs XII. belagerten sie.

Die eidgenössische Tagsatzung versuchte zu vermitteln und verhindern, dass sich bezahlte Eidgenossen gegenseitig bekämpften und Brüder gegen Brüder und Väter gegen Söhne kämpften. Ludwig XII. stimmte schließlich einem freien Abzug der Schweizer zu, Ludovico Sforza sollte jedoch ausgeliefert werden. Die Schweizer beschlossen jedoch, den Herzog als Söldner zu verkleiden und ihn in ihren eigenen Reihen aus der Stadt zu führen.

Verrat an Sforza[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Abmarsch aus der Stadt am 10. April 1500 hatten die abziehenden Söldner die Gasse der belagernden Eidgenossen zu passieren. Darunter standen französische Hauptleute, die den Abzug kontrollierten. Als Ludovico Sforza vorbeischritt, wurde er durch den Kriegsknecht Hans (auch Rudolf) Turmann[1] aus dem Kanton Uri durch ein Zeichen verraten. Der Herzog wurde aus den Reihen geholt und in französische Gefangenschaft weggeführt. Er starb acht Jahre später in einem Gefängnis im Schloss Loches im Loiretal.[2]

Der Landvogt (bailly) von Dijon gab Turmann für seinen Treuebruch zweihundert Kronen, was dem fünffachen Jahressalär eines Söldners entsprach. Er blieb zuerst in Frankreich und, als er glaubte, es sei Gras über die Sache gewachsen, kehrte er nach drei Jahren nach Uri zurück. Er wurde jedoch sofort festgenommen und angeklagt. Schon am folgenden Tag wurde er im Schächenwald ob Altdorf enthauptet.[3] Nach anderen Quellen (HLS) wurde Turmann bereits 1501 hingerichtet.

Literarische Verarbeitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Cäsar von Arx: Der Verrat von Novara. Schauspiel in drei Akten. Sauerländer, Aarau 1934.
  • Alex Capus: Der Verrat von Novara. In: Alex Capus: 13 wahre Geschichten. Deuticke, Wien u. a. 2004, ISBN 3-216-30738-7.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Dürrenmatt: Schweizer Geschichte. 2 Bände. Schweizer Verlagshaus, Zürich 1976, ISBN 3-7263-6165-0.
  • Hermann Escher: Der Verrat von Novara 1500 In: Jahrbuch für Schweizerische Geschichte vol. 21 Zürich 1896 S. 71-194
  • Ernst Gagliardi: Der Anteil der Schweizer an den italienischen Kriegen 1494–1516. Band 1: Von Karls VIII. Zug nach Neapel bis zur Liga von Cambrai 1494–1509. Schulthess, Zürich 1919.
  • Benno Kindt: Die Katastrophe Ludovico Moros in Novara im April 1500. Eine quellenkritische Untersuchung. Greifswald 1890, (Greifswald, Universität, Dissertation, 1890; Digitalisat).
  • Johann Conrad Vögelin: Geschichte der Schweizerischen Eidsgenossenschaft. Band 2. Geßnersche Buchhandlung, Zürich 1822, S. 244 f.
  • Salomon von Orelli: Aloysius von Orelli. Ein biographischer Versuch. Ziegler, Zürich 1797, S. 48.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. David Nüscheler: Geschichte des Schweizerlandes. Perthes, 1847, S. 619 (google.de [abgerufen am 13. November 2019]).
  2. Peter Dürrenmatt: Schweizer Geschichte. Hallwag, Bern [1959].
  3. Andreas von Albertini: Die Treue, sie ist doch ein leerer Wahn. In: NZZ, 11. April 2009.