Vichy

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Vichy
Vichy (Frankreich)
Vichy (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Auvergne-Rhône-Alpes
Département (Nr.) Allier (03)
Arrondissement Vichy (Unterpräfektur)
Kanton Vichy-1
Vichy-2
Gemeindeverband Vichy Communauté
Koordinaten 46° 8′ N, 3° 26′ OKoordinaten: 46° 8′ N, 3° 26′ O
Höhe 243–317 m
Fläche 5,85 km²
Einwohner 25.789 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 4.408 Einw./km²
Postleitzahl 03200
INSEE-Code
Website ville-vichy.fr

Blick auf Vichy

Vichy [viˈʃi] (okzitanisch Vichèi) ist eine französische Stadt mit 25.789 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) in der Region Auvergne-Rhône-Alpes und nach Montluçon die zweitgrößte Stadt im Département Allier. Die Stadt ist Sitz der Unterpräfektur (französisch Sous-préfecture) des Arrondissements Vichy und Sitz des Gemeindeverbandes Vichy Communauté.

Bekannt ist Vichy einerseits als bedeutendes Heilbad und andererseits als Sitz des Vichy-Regimes bzw. État français („Französischer Staat“) von Juli 1940 bis August 1944, dessen Regierung ihren Sitz in dieser Stadt hatte.

Am 24. Juli 2021 nahm das Welterbekomitee der UNESCO Vichy als eine der bedeutenden Kurstädte Europas (Great Spas of Europe) zusammen mit 10 anderen Kurstädten in die Liste des Weltkulturerbes auf.

Geografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt liegt am Ufer des Flusses Allier, an der Einmündung seines Nebenflusses Sichon.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirche Saint-Louis in Vichy
Rathaus Vichy
Palais des Congrès

Der Ort wurde von den Römern an bereits von ihnen genutzten Quellen unter dem Namen Aquae Calidae gegründet. In der Zeit Diokletians gehörte das Areal einem gewissen Vipius und wurde daher Vipiacus genannt, woraus sich der Name Vichiacus und schließlich Vichy entwickelte.

Im Jahr 1344 erhielt Herzog Pierre I. de Bourbon die Besitzrechte an den Ländereien. 1410 wurde hier ein Kloster der Benediktiner namens Célestin gegründet. 1527 fielen die Besitztümer der Bourbonen wieder an die französische Krone. Ende des 16. Jahrhunderts kamen die ersten Patienten wegen der Heilquellen nach Vichy, die bald als wahre „Wunderquellen“ gelten.

Wirklich berühmt wurden die Quellen von Vichy durch die Marquise de Sevigné, die 1676 und 1677 hierher zur Kur kam, um das Rheuma in ihren Händen zu kurieren, was offenbar auch gelang. Sie äußerte sich zwar alles andere als begeistert über den Geschmack des Wassers, pries aber dessen heilende Wirkung. 1761 kamen zwei Töchter von Ludwig XV. hierher zur Kur. Deren Neffe, Ludwig XVI., ließ 1787 eine neue Badeanlage an den Quellen errichten. Laetitia Bonaparte, die Mutter Napoleons, weilte hier 1799 zur Kur. Es wird ihrem Einfluss zugeschrieben, dass der Kaiser im Jahr 1812 den Parc de Sources (Quellenpark) anlegen ließ. 1830 wurde das Kurhaus eingeweiht. Napoléon III. machte Vichy für einige Jahre zu seiner Sommerresidenz. In dieser Zeit wurde der Ort zu einem Modebad des internationalen Adels. Es wurden Parks nach englischem Vorbild und Boulevards angelegt sowie Villen, Chalets und Hotels gebaut. 1865 entstand das Casino.

Von 1899 bis 1903 folgte der Bau des großen Centre Thermal des Domes mit der Trinkhalle, einem 700 Meter langen Wandelgang und einem Bad im orientalischen Stil. 1903 wurde das Opernhaus eingeweiht. Um 1900 kamen 40.000 Kurgäste pro Jahr nach Vichy, kurz vor dem Ersten Weltkrieg waren es fast 100.000. In den 1930er Jahren erlebte der Kurort eine weitere Blütezeit.

Ab Juli 1940 wurde die Stadt während des Zweiten Weltkrieges Sitz des französischen Vichy-Regimes unter Henri Philippe Pétain, da sie als Kurort über 300 Hotels besaß und so Unterkunft für die Offiziere bot. Von hier aus wurden die von den Deutschen nicht besetzten Landesteile Südfrankreichs verwaltet. Mit der Befreiung Frankreichs durch die Alliierten und der Einsetzung einer provisorischen französischen Regierung unter General Charles de Gaulle am 25. August 1944 endete die vierjährige „Herrschaft“ des Vichy-Regimes. Am folgenden Tag, dem 26. August, wurde die Stadt dank des vermittelnden Eingreifens des schweizerischen Botschafters Walter Stucki von den Einheiten der Wehrmacht geräumt und durch die Truppen der Résistance befreit.

Nach dem Krieg nahm Vichy den Kurbetrieb wieder auf und erwarb erneut den Titel Reine des villes d'eaux (Königin der Kurbäder). Doch das änderte sich in den 1970er Jahren, als die Prominenten unter den Badegästen andere Badeorte bevorzugten. Unter Bürgermeister Pierre Coulon (1950–1967) entwickelte sich Vichy zu einer Stadt des Sports; der Allier wurde zum See Lac d'Allier aufgestaut, um Wassersportmöglichkeiten anzubieten, und es entstand der Parc Omnisports (1963–1968).

Des Weiteren wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Clermont-Ferrand die renommierte Sprachschule Cavilam gegründet. In der Sommerzeit werden hier mehr als 1000 Studierende anderer Länder betreut, die in mehrwöchigen Kursen Französisch lernen. Den größten Anteil bilden Studierende anderer Länder, die sich so auf ihren Studienaufenthalt in Frankreich vorbereiten. Infolge der Beschäftigung zahlreicher Lehr- und Verwaltungskräfte sowie der Einnahmen aus der Unterbringung der Studierenden in Familien, Appartements und Wohnheimen ist die Schule ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt geworden.

Von 1989 bis 2017 war Claude Malhuret (UDF, ab 2002 UMP) Bürgermeister der Stadt, vorher Minister für Menschenrechte und zusammen mit Bernard Kouchner der Gründer der Organisation Ärzte ohne Grenzen. Ihm folgte Frédéric Aguilera (LR) im Amt des Stadtoberhaupts.

Zusammen mit zehn anderen Kurorten Europas den Great Spas of Europe wurde Vichy 2021 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Die positive Entscheidung über die Aufnahme erfolgte am 24. Juli 2021.[1]

Bevölkerungsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr 1793 1851 1896 1954 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2008 2018
Einwohner 1.763 1.696 12.330 30.403 30.614 33.506 32.117 30.527 27.714 26.528 25.221 24.854
Quellen: Cassini und INSEE

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Palais de Source (Quellenhalle) mit der Quelle Célestins
Centre Thermal des Dômes, südliche Fassade

Vichy gilt als das bedeutendste Heilbad in Frankreich. Heute wird der Ort von jährlich ca. 30.000 Gästen besucht.

Auf dem Gebiet der Stadt Vichy entspringen zwölf Quellen, von denen aktuell aber nur noch sechs genutzt werden. Es handelt sich um sogenannte Natriumhydrogencarbonat-Quellen, auch Säuerling oder Sauerbrunnen genannt, da sie Kohlensäure enthalten.

Trinkhalle an der Quelle von Grand Grille, um 1900

Heiße Quellen

  • Chomel, benannt nach einem Arzt, der sie 1750 erschlossen hat, 43 Grad Celsius
  • Grande Grille (Großes Gitter), 39 Grad
  • Hôpital, entspringt hinter dem Casino in der Nähe des früheren Hospitals, 34 Grad

Kalte Quellen

  • Lucas, benannt nach einem Baron Lucas, der die Quelle Anfang des 19. Jahrhunderts kaufte, 27 Grad
  • Du Parc, entspringt im Quellenpark, 24 Grad
  • Célestins, benannt nach dem früheren Kloster, 22 Grad

Aus den Salzen der Quellen werden die Vichy Pastillen hergestellt, die die Verdauung fördern sollen. Das Wasser der Célestins-Quellen wird auch in Flaschen abgefüllt verkauft. Als Indikationen für eine Trinkkur in Vichy gelten u. a. Stoffwechselstörungen, Magen- und Darmprobleme, Erkrankungen von Leber und Gallenblase sowie Krankheiten der Harnwege.

In der Thalassotherapie ist die so genannte Vichy-Dusche bekannt, eine Duschanwendung im Liegen, die in Vichy eingeführt wurde.

Das Wasser von Vichy war ein so bekanntes Markenzeichen, dass der größte Anbieter von Mineralwasser Kataloniens ihn mit Vichy Catalan übernahm.

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Musée municipal, Stadtmuseum mit archäologischer Sammlung und Stiftung dreier Sammler zeitgenössischer Kunst
  • Musée des Arts d’Afrique et d’Asie, Sammlung afrikanischer und asiatischer Kunst mit rund 4000 Exponaten in einem Teil des Thermalbads
  • Musée Surréaliste François Boucheix, ältestes französisches Museum für Surrealismus

Siehe auch: Liste der Monuments historiques in Vichy

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemaliges Empfangsgebäude des Bahnhofs

Zunächst lag Vichy abseits der bedeutenden Eisenbahnstrecken, die Hauptbahn von Paris nach Clermont-Ferrand führte am anderen Ufer des Allier westlich an der Stadt vorbei. Bei seinem ersten Besuch in der Stadt musste Napoléon III. daher in Saint-Germain-des-Fossés seinen Zug verlassen und die restliche Strecke in einer Kutsche zurücklegen. Dies war Anlass für den Bau einer Zweigstrecke, die nach einer kurzen Bauzeit von acht Monaten am 15. Mai 1862 eröffnet wurde. Gebaut wurden die 10,5 km lange Strecke und der Bahnhof von der Eisenbahngesellschaft Compagnie des chemins de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée (P.L.M.). 1874 verkehrten zwischen Paris und Vichy täglich vier Zugpaare, die die Entfernung in rund acht Stunden zurücklegten.

Durch die Verlängerung der Strecke bis Strecke bis Courty (1881) wurde der Bahnhof Vichy zum Durchgangsbahnhof, später kamen Strecken nach Cusset (1912) und Riom (1931; zur Bahnstrecke Saint-Germain-des-Fossés–Nîmes) hinzu.

Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vichy – Die Königin der Heilbäder. Dokumentarfilm, Deutschland, 2011, 43 Min., Buch und Regie: Meike Hemschemeier, Produktion: Tag/Traum, ZDF, arte, Erstsendung: 29. Mai 2012 bei arte, Reihe: Kur Royal (2/5), Filminformationen von arte.

Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Städtepartnerschaften bestehen mit [2]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem städtischen Friedhof liegen neben Larbaud und Désormière auch Raoul Salan begraben.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Vichy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Vichy – Reiseführer

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neue Welterbestätten 2021 Mitteilung der UNESCO auf der Seite der Deutschen UNESCO-Kommission, abgerufen am 24. Juli 2021
  2. La ville de Vichy, annuaire-mairie.fr
  3. Bürgerservice der Stadt Bad Tölz; abgerufen am 22. Juli 2022.
  4. Angaben auf der Seite der Stadt (frz.), abgerufen am 3. Dezember 2015