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Volksentscheid über die Verfassung des Landes Brandenburg 1992

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ergebnis des Volksentscheids[1]
 %
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
94,0
6,0
Ja
Nein

Der Volksentscheid über die Verfassung des Landes Brandenburg fand am 14. Juni 1992 statt. Brandenburg war damit nach der Deutschen Wiedervereinigung das dritte der neu hinzugekommenen Bundesländer, das sich eine Verfassung gab. Im Referendum wurde der Verfassungsentwurf mit einer sehr großen Mehrheit von 94 % der Abstimmenden angenommen, allerdings nahmen nur knapp die Hälfte der Stimmberechtigten (47,9 %) an der Abstimmung teil. Für das Plebiszit galt kein Quorum, sodass die einfache Mehrheit der Abstimmenden entschied.

Zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen (beide 1994) bildete Brandenburg die Gruppe der östlichen Bundesländer, die das Stimmvolk unmittelbar über die Annahme der Landesverfassung abstimmen ließen, während in Sachsen und Sachsen-Anhalt der jeweilige Landtag 1992 die Verfassung alleine beschloss. Die Brandenburgische Verfassung war die erste in Deutschland seit 1949 beschlossene Vollverfassung, also mit einem eigenen Grundrechtskatalog versehen.

Der Weg zum Volksentscheid

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Öffentliche Beratung des Verfassungsentwurfs

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Die Beratungen über die Verfassung wurden vorrangig im Verfassungsausschuss geführt. In diesem wirkten neben 15 Abgeordneten auch 15 Personen des öffentlichen Lebens mit.[2] Die überwiegende Zahl der Sitzungen des Ausschusses (16 von 20) waren öffentlich. Bereits vor der Aufnahme der Beratungen im Parlament, waren alle interessierten Organisationen und Gruppen des Landes ausdrücklich aufgerufen, sich mit Vorschlägen, Hinweisen und Wünschen in die Verfassungsdebatte einzubringen. Im Mai 1991 wurde ein Zwischenentwurf der Verfassung veröffentlicht, zu dem etwa 500 Stellungnahmen aus der Bevölkerung eingingen, die anschließend im Verfassungsausschuss weiter behandelt wurden.[3]

Behandlung des Verfassungsentwurfs im Landtag

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Im Brandenburgischen Landtag wurde der Verfassungsentwurf schließlich in drei Lesungen beraten. Die erste Lesung fand am 19. Dezember 1991 statt, die zweite am 25. März 1992 und die letzte Lesung mit Beschlussfassung durch das Parlament am 14. April 1992. In den Parlamentsberatung äußerte vor allem die CDU-Fraktion Kritik an vielen Vorschlägen der anderen Entwürfe. So stellte sie in Frage, ob eine Landesverfassung überhaupt vom Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland abweichende Regelungen enthalten dürfe. Weiterhin kritisierte sie eine Vielzahl von spezifischen Regelungen zu Fragen der Geschlechterpolitik, der Frage des Schwangerschaftsabbruchs, des Umweltschutzes und der Direkten Demokratie. Gleichwohl im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen fast 50 Änderungsanträge der CDU-Fraktion übernommen wurde, verweigerten in der Abstimmung des Landtags schlussendlich 15 von 25 ihrer Abgeordneten die Zustimmung.[4]

Während die anderen im Landesparlament vertretenen Parteien (SPD, PDS, FDP und Bündnis 90) für eine Annahme der Verfassung im Volksentscheid warben, forderte die CDU zur Ablehnung auf.[5]

Der Volksentscheid fand am Sonntag, den 14. Juni 1992 statt. Insgesamt beteiligten sich 47,9 % der Stimmberechtigten daran. Von den abgegebenen gültigen Stimmen lauteten 94 % auf „Ja“ und 6 % auf „Nein“. Vielfach wird als Grund für die vergleichsweise geringe Beteiligung das sinkende öffentliche Interesse an der Verfassungsdiskussion, angesichts der sich zuspitzenden sozialen Verhältnisse genannt.[6]

Amtliches Endergebnis des Volksentscheids vom 14. Juni 1992 in Brandenburg[7]
Gebiet Stimm­berechtigte
(a)
Abstimmende gültige
Stimmen (b)
ungültige
Stimmen
Ja,
zur Verfassung
Nein,
zur Verfassung
Anzahl Anzahl Anteil
(an a)
Anzahl Anzahl Anteil
(an a)
Anzahl Anteil
(an b)
Anteil
(an a)
Anzahl Anteil
(an b)
Anteil
(an a)
Land Brandenburg 1.929.957 925.122 47,93 % 919.150 5972 0,65 % 864.329 94,04 % 44,78 % 54.821 5,96 % 2,84 %
  • Statistisches Jahrbuch Brandenburg 1993. In: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch. 1993, ZDB-ID 2551252-3, S. 191 (statistischebibliothek.de).
  • Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Die Brandenburger Verfassung. Entstehungsgeschichte, Besonderheiten, Verfassungstext. Potsdam 2017, DNB 1148574921 (politische-bildung-brandenburg.de [PDF]).

Einzelnachweise

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  1. Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch Brandenburg 1993, S. 191.
  2. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: Interview mit der Brandenburger Verfassung.
  3. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: Verfassung? Ja, bitte!.
  4. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: Verfassung? Ja, bitte!.
  5. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: Verfassung? Ja, bitte!.
  6. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: Verfassung? Ja, bitte!.
  7. Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg: Statistisches Jahrbuch Brandenburg 1993, S. 191.