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Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und Volksabstimmung 2006

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(Zweitstimmen in %)[1]
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Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2001[2]
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Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
g 2005 gegründet
     
Insgesamt 149 Sitze
Wahlbeteiligung 2006 nach Bezirken
Wahlplakat der CDU

Die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und Volksabstimmung fand am 17. September 2006 statt. Neun Wochen später wählte das neu zuammengesetzte Abgeordnetenhaus von Berlin den Senat Wowereit III, mit dem sich die Koalition aus SPD und PDS fortsetzte. Die Volksabstimmung war ein obligatorisches Referendum, wie es die Berliner Verfassung bei Änderungen an den Artikel 62 und 63 vorsieht. Bei der Verfassungsänderung wurden die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheid gesenkt und die Volksinitiative als eigenständiges direktdemokratisches Instrument eingeführt. Der Verfassungsänderung stimmten 84 % der Abstimmenden zu, sie trat mit Beginn der 16. Wahlperiode in Kraft.

Wahl zum Abgeordnetenhaus

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Der Senat Wowereit II, ein rot-roter Senat (SPD und PDS), stellte sich erstmals zur Wiederwahl. Vorherrschende Themen der Legislaturperiode von 2001 bis 2006 und des Wahlkampfs waren die massiven Haushaltsprobleme der Stadt Berlin, die Situation an den Berliner Schulen, Integrationsprobleme und der schwache Arbeitsmarkt.

Die SPD zog erneut mit Klaus Wowereit an der Spitze in den Wahlkampf. Die Linkspartei trat mit Wirtschaftssenator Harald Wolf, Bündnis 90/Die Grünen mit Franziska Eichstädt-Bohlig und die FDP mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Martin Lindner an.

In der CDU Berlin war die Frage der Spitzenkandidatur lange ungeklärt. Nachdem der Wunschkandidat, der ehemalige Bundesumwelt- und -bauminister Klaus Töpfer, eine Kandidatur abgelehnt hatte, erklärte sich der Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Friedbert Pflüger für die Kandidatur bereit.[3]

Die Kandidatur des Landesverbands der WASG gegen den Fusionspartner Linkspartei war umstritten und wurde vor allem von der Bundes-WASG abgelehnt. Die Bundes-WASG erklärte den Vorstand der WASG Berlin für abgesetzt; letzterer erwirkte dagegen eine einstweilige gerichtliche Anordnung und trat mit Spitzenkandidatin Lucy Redler, einem SAV-Mitglied, zur Landtagswahl 2006 an.

Ergebnis der Wahlen

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ListenErststimmenZweitstimmenMandate
Gesamt
Stimmen%MandateStimmen%Mandate
SPD466.00134,240424.05430,81353
CDU339.14324,919294.02621,31837
Die LinkePDS195.50114,414185.18513,4923
Bü90/Grüne176.15312,95180.86513,11823
FDP97.2357,1104.5847,61313
Graue52.8843,8
WASG52.0863,840.5042,9
NPD9.0600,735.2292,6
REP5.3070,411.9220,9
Tierschutz1.0670,111.7070,8
Eltern10.0660,7
Bildung2.8170,24.6010,3
DIE FRAUEN3.7970,3
APPD3.4760,3
PASS2.5780,2
AGFG1.7640,12.3750,2
BüSo4.6270,32.3350,2
Offensive D1.8460,1
DAP1.7980,11.7480,1
HUMANWIRTSCHAFT4790,01.3900,1
ödp9860,1
FORUM6320,0
PSG5650,0
Die PARTEI3.2110,2
B1.9610,1
Couragierte7190,1
HP6560,0
DL1930,0
Einzelbewerber2.5140,2
Gesamt1.362.292100781.377.35510071149
Ungültige Stimmen41.9883,028.2412,0
Abgegebene Stimmen1.404.2801.405.596
Ausgefallene Stimmen3.4740,22.1580,2
Wähler1.407.75458,01.407.75458,0
Wahlberechtigte2.425.4802.425.480
Quelle: Bericht der Landeswahlleiterin

Das vorläufige Endergebnis drückt nach erster Analyse insbesondere die Zufriedenheit der Berliner mit der Arbeit des Regierenden Bürgermeisters Wowereit aus, dessen SPD sich um 1,1 Prozentpunkte verbesserte und erstmals seit 1990 die 30-Prozent-Marke übersprang (30,8 %).

Dem konnte die CDU mit Friedbert Pflüger offensichtlich keinen überzeugenden Gegenkandidaten entgegensetzen, sie verblieb mit einem Ergebnis von 21,3 % und einem Verlust von 2,5 Prozentpunkten noch hinter ihrem niedrigen Ergebnis von 2001 und erzielte somit ihr bis dahin zweitschlechtestes Ergebnis seit Kriegsende.

Insgesamt erhielten die Union und die SPD nur mehr 52,1 % der abgegebenen Stimmen, ein in Berlin bislang noch nicht erreichter Tiefstand.

Ebenfalls herbe Verluste musste die Linke.PDS hinnehmen, die um 9,2 Prozentpunkte auf 13,4 % der Stimmen absackte und nur knapp ihren Platz als drittstärkste Partei verteidigen konnte. Ihre Stellung als drittstärkste Fraktion musste sie mit den Grünen teilen, die von der Mandatszahl her mit der Linkspartei gleichzogen. Als Ursachen hierfür gelten unter anderem der Konflikt mit der WASG, der Umstand, dass die PDS nach fünf Jahren Regierungstätigkeit ihren Oppositionsbonus verloren hat, und dass sie diesmal ohne ihr „Zugpferd“ Gregor Gysi antreten musste.

Die Bündnisgrünen erzielten mit 4 Prozentpunkten den höchsten Stimmenzuwachs aller Parteien und das bis dahin zweitbeste Ergebnis in Berlin überhaupt (13,1 %) und konnten hinsichtlich der Mandatszahl mit der Linkspartei gleichziehen, wohingegen die FDP mit 7,6 % und einem Verlust von 2,3 Prozentpunkten diesmal wieder hinter den Grünen lag.

Ungewöhnlich hoch war der Anteil der Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. Für sie stimmten zusammengerechnet 13,8 % der Wähler, wobei hier insbesondere die Grauen mit 3,8 %, die WASG mit 2,9 % und die NPD mit 2,6 % hervorstechen.

16. Legislaturperiode

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AGH-Wahl 2006 – Ergebnis Berlin-West
Wahlbeteiligung: 61,1 % (−9,5)
 %
40
30
20
10
0
31,4
27,7
14,8
9,3
4,4
4,2
2,7
1,7
3,8
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2001
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   4
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   0
  −2
  −4
−2,3
−3,1
+3,7
−3,5
+2,8
−2,7
+2,7
+1,2
+2,8
AGH-Wahl 2006 – Ergebnis Berlin-Ost
Wahlbeteiligung: 53,8 % (−9,6)
 %
30
20
10
0
29,8
28,1
11,4
10,5
4,9
4,0
3,3
3,0
5,0
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2001
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  −6
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−10
−12
−14
−16
−18
−20
+6,0
−19,5
−1,0
+4,6
−0,4
+2,4
+3,3
+2,1
+1,9

Am 5. Mai 2009 kündigte die SPD-Abgeordnete Canan Bayram ihren Austritt aus der SPD und der SPD-Fraktion an. So verfügte die Rot-Rote Koalition kurzfristig nur noch über eine Mehrheit von 75 Mandaten gegenüber 74 Mandaten der Opposition. Durch Bayrams Wechsel zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellte ihre neue Fraktion kurzfristig die drittstärkste Kraft noch vor der Linkspartei dar.

Da jedoch die Abgeordnete Bilkay Öney am 12. Mai 2009 den umgekehrten Weg ging und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur SPD-Fraktion wechselte, wurden die ursprünglichen Mehrheitsverhältnisse wiederhergestellt.

Im Laufe der Legislaturperiode kam es zu weiteren Fraktionswechseln und -austritten:

Im März 2010 wechselte der FDP-Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann zur SPD-Fraktion, während der SPD-Abgeordnete Ralf Hillenberg die SPD-Fraktion verließ und dadurch fraktionslos wurde.

Ebenso trat Rainer Ueckert aus der CDU-Fraktion aus. Weiterhin wurde René Stadtkewitz aus der CDU-Fraktion ausgeschlossen. Am 6. September 2010 wechselte wiederum der FDP-Abgeordnete Albert Weingartner zur CDU.

Mithin gab es drei fraktionslose Abgeordnete, wohingegen die CDU-Fraktion im Ergebnis auf 36 Mitglieder und die FDP-Fraktion auf elf Abgeordnete schrumpfte.

Amtliches Endergebnis der Zweitstimmenanteile nach Regionen[4]
Nr. Bezirk/Region Wahl%
SPD
CDU
PDS
GRÜNE
FDP
5 % >
Graue
WASG
NPD
−2 Berlin Berlin insgesamt 58,0 % 30,8 % 21,3 % 13,4 % 13,1 % 07,6 % 13,7 % 03,8 % 02,9 % 02,6 %
0 Berlin Berlin – West 61,1 % 31,4 % 27,7 % 4,2 % 14,8 % 09,3 % 12,6 % 04,4 % 02,7 % 01,7 %
-1 Berlin Berlin – Ost 53,8 % 29,8 % 11,4 % 28,1 % 10,5 % 04,9 % 15,4 % 03,0 % 03,3 % 04,0 %
1 MitteWappen des Bezirks Mitte Mitte 54,4 % 32,5 % 17,1 % 12,7 % 17,1 % 06,9 % 13,8 % 04,0 % 03,5 % 01,7 %
2 Friedrichshain-KreuzbergWappen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg Friedrichshain-Kreuzberg 55,9 % 30,1 % 08,7 % 16,8 % 26,6 % 04,1 % 13,7 % 01,8 % 05,8 % 01,3 %
3 PankowWappen des Bezirks Pankow Pankow 55,9 % 30,4 % 11,7 % 22,3 % 15,9 % 05,0 % 14,8 % 03,2 % 03,3 % 03,1 %
4 Charlottenburg-WilmersdorfWappen des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf Charlottenburg-Wilmersdorf 64,5 % 34,1 % 26,3 % 03,7 % 16,4 % 10,4 % 09,1 % 03,1 % 02,0 % 01,1 %
5 SpandauWappen des Bezirks Spandau Spandau 58,6 % 33,4 % 31,2 % 03,8 % 08,3 % 08,5 % 14,9 % 06,4 % 02,3 % 01,9 %
6 Steglitz-ZehlendorfWappen des Bezirks Steglitz-Zehlendorf Steglitz-Zehlendorf 68,7 % 27,8 % 31,7 % 03,0 % 15,7 % 12,7 % 08,9 % 02,4 % 02,1 % 01,0 %
7 Tempelhof-SchönebergWappen des Bezirks Tempelhof-Schöneberg Tempelhof-Schöneberg 62,8 % 31,1 % 27,0 % 04,0 % 16,9 % 09,2 % 11,9 % 03,8 % 02,7 % 01,7 %
8 NeuköllnWappen des Bezirks Neukölln Neukölln 55,5 % 31,4 % 28,6 % 05,0 % 11,3 % 07,7 % 15,9 % 05,4 % 03,2 % 03,0 %
9 Treptow-KöpenickWappen des Bezirks Treptow-Köpenick Treptow-Köpenick 57,5 % 31,7 % 12,6 % 27,5 % 06,9 % 05,0 % 16,3 % 03,9 % 02,8 % 04,6 %
10 Marzahn-HellersdorfWappen des Bezirks Marzahn-Hellersdorf Marzahn-Hellersdorf 49,3 % 27,5 % 13,1 % 32,5 % 04,3 % 04,8 % 17,9 % 02,9 % 03,3 % 05,4 %
11 LichtenbergWappen des Bezirks Lichtenberg Lichtenberg 49,7 % 29,4 % 09,6 % 35,6 % 05,2 % 04,2 % 15,9 % 02,7 % 03,2 % 05,1 %
12 ReinickendorfWappen des Bezirks Reinickendorf Reinickendorf 62,3 % 30,2 % 33,1 % 03,2 % 08,9 % 09,6 % 15,0 % 07,2 % 01,9 % 01,8 %
Farben der Bezirksnummern: ehem. West-, ehem. Ost-, West/Ost-Fusionsbezirke, Gesamt-Berlin

Regierungsbildung

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Mögliche Koalition Sitze
Sitze gesamt 149
Absolute Mehrheit (ab 75 Sitzen)
            SPD, CDU 90
            SPD, PDS 76
            SPD, Grüne 76

Das Wahlergebnis hätte für die SPD sowohl ein Bündnis mit der Linkspartei als auch mit den Grünen ermöglicht. Am 6. November 2006 wurden die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Linkspartei erfolgreich abgeschlossen. Am 23. November 2006 wurde Klaus Wowereit im zweiten Wahlgang wiedergewählt, der dritte Senat Wowereit anschließend vereidigt.

Mit der Wiederwahl Wowereits fand erstmals die Änderung der Berliner Verfassung Anwendung: Erstmals musste sich nur der Regierende Bürgermeister dem Abgeordnetenhaus zur Wahl stellen.

Nach seiner Wiederwahl konnte er aufgrund seiner ihm nunmehr zugestandenen Richtlinienkompetenz die Senatsmitglieder ernennen, ohne sie einzeln dem Parlament zur Abstimmung vorschlagen zu müssen.

Volksabstimmung

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Ergebnis der Volksabstimmung[5]
 %
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
84,0
16,0
Ja
Nein

Mit der Wiedervereinigung kamen sechs neue Länder zur Bundesrepublik Deutschland hinzu, die sich bis 1995 Landesverfassungen gaben. Aufgrund der Erfahrungen der friedlichen Revolution sahen alle diese Landesverfassungen direktdemokratische Elemente bei der Ausgestaltung der Demokratie vor. In der Folge führte dies auch in den alten Bundesländern zu einer Reformdebatte über die Ausgestaltung dieser Demokratieform und in der Folge zu einer Reihe von entsprechenden Verfassungsänderungen. Hamburg war 1995 das letzte Bundesland, das Volksbegehren und Volksentscheid überhaupt einführte. Zugleich ging die Debatte um eine Verbesserung der Bedingungen, aber auch um die Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid auf der kommunalen Ebene weiter, die in der alten Bundesrepublik nur Baden-Württemberg gekannt hatte.[6]

Berlin nahm mit der Verfassung von 1995 in dieser Debatte eine Sonderrolle ein. Da eigentlich eine Fusion mit dem Land Brandenburg geplant war, wurde um die erste Gesamtberliner Verfassung nach der Wiedervereinigung nicht intensiv gerungen, sie würde – so die Annahme – ohnehin nur kurz in Kraft bleiben. Mit der Absage des Brandenburger Stimmvolks 1996 an ein Land Berlin-Brandenburg, änderte sich die Situation. Die Debatte um einen möglichen zweiten Anlauf für die Länderfusion verlor Anfang der 2000er an Schwung, es setzte sich die zunehmend die Überzeugung durch, dass Berlin auf absehbare Zeit ein eigenständiges Bundesland bleiben werde. Vor diesem Hintergrund nahm die bundesweit weiterhin geführte Debatte um einen Ausbau der Demokratie auch im Land Berlin erneut Fahrt auf.[7] Nachdem die CDU bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2001 ihre Sperrminorität für Verfassungsänderungen verloren hatte, traten die den Senat Woweireit tragenden Fraktionen SPD und PDS mit den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und FDP in Gespräche über entsprechende Änderungen.

In diesem Zusammenhang steht die bereits am 24. Februar 2005 vom Abgeordnetenhaus gegen die Stimmen der CDU-Fraktion beschlossene Fünfte Änderung der Verfassung von Berlin, mit der die Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Berlin ermöglicht wurde.[8] Es schloss sich die Debatte um die Reform der Volksgesetzgebung in Berlin an. Im Zentrum stand hierbei einerseits die Einführung der Volksinitaitive als eigenständiges Instrument, neben der Möglichkeit über den Antrag auf ein Volksbegehren ein Volksbegehren und dann einen Volksentscheid zu erwirken. Andererseits wurde über die Frage einer Quorensenkung diskutiert, und zwar sowohl was die Anzahl benötigter Unterstützungsbekundungen für die Zulassung eines direktdemokratischen Verfahrens betrifft, als auch bezüglich der Abstimmungsquoren für Volksentscheide. Die Regelung für obligatorische Referenden nach Artikel 100 der Verfassung wurde hingegen nicht debattiert.

Der Weg zur Volksabstimmung

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Zusammen mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus wurde auch eine Volksabstimmung über die Neuregelung von Volksbegehren und Volksentscheid in der Verfassung von Berlin abgehalten. Zuvor hatte das Abgeordnetenhaus einstimmig am 18. Mai 2006 mit dem Gesetz zur Achten Änderung der Verfassung von Berlin unter anderem die Artikel 62 und 63 der Berliner Landesverfassung geändert hatte, in denen die Direkte Demokratie in Berlin geregelt wird.[9] Da Artikel 100 der Landesverfassung vorschreibt, dass alle Änderungen der Artikel 62 und 63 zwingend einer Bestätigung in einer Volksabstimmung bedürfen (obligatorisches Referendum), war das Plebiszit notwendig geworden.[10] Der Tag der Volksabstimmung sowie die Abstimmungsbedingungen wurden vom Abgeordnetenhaus in einem eigenen Beschluss festgelegt.[11]

Der Verfassungsänderung stimmten 84 % der Abstimmenden zu, für die Abstimmung galt kein Quorum, sodass die einfache Mehrheit der abgebenenen gültigen Stimmen entschied. Die Stimmbeteiligung lag bei 58 %, wobei 98,7 % derjenigen, die an der Wahl zum Abgeordnetenhaus teilnahmen, auch eine Stimme für die Volksabstimmung abgaben. Die Zustimmung zur Verfassungsänderung war in allen Bezirken vergleichbar hoch und stets über 80 %, mit der niedrigsten Zustimmung im Bezirk Steglitz-Zehlendorf (80,9 %) und der höchsten in Treptow-Köpenick mit 86,7 %. Die Verfassungsänderung trat mit Beginn der 16. Wahlperiode in Kraft.[12]

Amtliches Endergebnis der Volksabstimmung vom 17. September 2006 in Berlin[13]
Bezirk Beteiligung Stimmverteilung
Stimmbe-
rechtigte
(a)
Abstimm-
ende (b)
Gültige (c) Un-
gültige
Ja Nein
Anzahl Anzahl Anteil
(an a)
Anzahl Anteil
(an b)
Anzahl Anteil
(an b)
Anzahl Anteil
(an c)
Anzahl Anteil
(an c)
MitteWappen des Bezirks Mitte Mitte 0190.550 0103.924 54,54 % 0096.619 92,97 % 05.683 5,47 % 0080.471 83,29 % 016.148 16,71 %
Friedrichshain-KreuzbergWappen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg Friedrichshain-
Kreuzberg
0165.331 0092.451 55,92 % 0085.973 92,99 % 05.311 5,74 % 0073.456 85,44 % 012.517 14,56 %
PankowWappen des Bezirks Pankow Pankow 0274.380 0153.400 55,91 % 0144.071 93,92 % 07.441 4,85 % 0123.661 85,83 % 020.410 14,17 %
Charlottenburg-WilmersdorfWappen des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf Charlottenburg-
Wilmersdorf
0216.374 0139.582 64,51 % 0129.636 92,87 % 07.197 5,16 % 0106.433 82,10 % 023.203 17,90 %
SpandauWappen des Bezirks Spandau Spandau 0160.411 0093.940 58,56 % 0087.561 93,21 % 05.415 5,76 % 0073.456 83,89 % 014.105 16,11 %
Steglitz-ZehlendorfWappen des Bezirks Steglitz-Zehlendorf Steglitz-
Zehlendorf
0213.787 0146.857 68,69 % 0138.225 94,12 % 06.761 4,60 % 0111.754 80,85 % 026.471 19,15 %
Tempelhof-SchönebergWappen des Bezirks Tempelhof-Schöneberg Tempelhof-
Schöneberg
0231.249 0145.139 62,76 % 0135.447 93,32 % 07.473 5,15 % 0112.811 83,29 % 022.636 16,71 %
NeuköllnWappen des Bezirks Neukölln Neukölln 0193.014 0107.180 55,53 % 0099.862 93,17 % 06.065 5,66 % 0084.145 84,26 % 015.717 15,74 %
Treptow-KöpenickWappen des Bezirks Treptow-Köpenick Treptow-
Köpenick
0193.936 0111.443 57,46 % 0105.350 94,53 % 005.149 4,62 % 0091.158 86,53 % 014.192 13,47 %
Marzahn-HellersdorfWappen des Bezirks Marzahn-Hellersdorf Marzahn-
Hellersdorf
0201.209 0099.139 49,27 % 0094.125 94,94 % 04.032 4,07 % 0081.099 86,16 % 013.026 13,84 %
LichtenbergWappen des Bezirks Lichtenberg Lichtenberg 0201.096 0099.905 49,68 % 0091.348 91,43 % 07.380 7,39 % 0077.185 84,50 % 014.163 15,50 %
ReinickendorfWappen des Bezirks Reinickendorf Reinickendorf 0184.143 0114.794 62,34 % 0106.793 93,03 % 05.992 5,22 % 0088.741 83,10 % 018.052 16,90 %
Berlin Berlin 2.425.480 1.407.754 58,04 % 1.315.010 93,41 % 73.899 5,25 % 1.104.370 83,98 % 210.640 16,02 %

Durch die Verfassungsänderung erhielt Berlin eine der offensten Ausgestaltungen direkter Demokratie auf Landesebene in Deutschland. Hatte es zuvor im Land nur ein einziges Volksbegehren (gegen die Rechtschreibreform, 1999) gegeben,[14] erleichterte die neue Verfassung die direkte Anteilnahme des Stimmvolks am politischen Geschehen des Landes erheblich.[15] Die Besonderheit in Berlin ist, dass die eigenständige Volksinitiative (ein Anliegen muss im Abgeordnetenhaus debattiert werden) und die Volksgesetzgebung (Antrag auf ein Volksbegehren, Volksbegehren und Volksentscheid) jeweils als eigenständige Verfahren nebeneinanderstehen. Zugleich ist es in Berlin möglich, sowohl konkrete Gesetzentwürfe, als auch allgemeine Fragen der politischen Willensbildung zum Volksentscheid zu bringen. Während im Volksentscheid angenommene Gesetze unmittelbar geltendes Recht werden, haben Volksentscheide zu den sonstigen Angelegenheiten nur einen auffordernden Charakter.

Im Jahr 2008 wurde der erste Volksentscheid, über die Offenhaltung des Flughafens Tempelhof abgehalten. Bis einschließlich 2024 folgten acht weitere Plebiszite auf Landesebene, die alle auf erfolgreiche Volksbegehren zurückgingen. Allerdings wurde bislang nur beim Volksentscheid über den Erhalt des Tempelhofer Feldes (2014) ein Gesetz auf diesem Weg verabschiedet. Daneben waren vier weitere Volksbegehren zu allgemeinen Fragen der polisichen Willensbildung im Volksentscheid erfolgreich (2008, 2011, 2017 und 2021), wenngleich der Senat anschließend die Umsetzung größtenteils verweigerte. Zwei weitere Volksbegehren scheiterten unecht am Abstimmungsquorum (2013 und 2023), das Volksbegehren Pro Reli wurde vom Stimmvolk mehrheitlich abgelehnt. Berlin hat damit die aktivste direkte Demokratie auf Landesebene in Deutschland.

  • Andreas Schmidt von Puskás, Ulrike Rockmann: Wahlen in Berlin. Abgeordnetenhaus, Bezirksverordnetenversammlungen, Volksabstimmung über die Neuregelung von Volksbegehren und Volksentscheid in der Verfassung von Berlin am 17. September 2006. Endgültiges Ergebnis. Hrsg.: Statistisches Landesamt Berlin. Berlin 2006 (berlin.de [PDF]).
Commons: Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 2006 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 17. September 2006. Die Landeswahlleiterin für Berlin
  2. Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 17. September 2006. Die Landeswahlleiterin für Berlin
  3. Spiegel Online 16. Januar 2006: Pflüger will CDU-Spitzenkandidat werden
  4. Amtliches Endergebnis des Landesabstimmungsleiters Berlin (PDF; 4,9 MB) unter „Im Überblick Zweitstimmen“
  5. Andreas Schmidt von Puskás, Ulrike Rockmann: Wahlen in Berlin. Abgeordnetenhaus, Bezirksverordnetenversammlungen, Volksabstimmung über die Neuregelung von Volksbegehren und Volksentscheid in der Verfassung.
  6. Frank Meerkamp: Die Quorenfrage im Volksgesetzgebungsverfahren. Bedeutung und Entwicklung (= Ansgar Klein et al. [Hrsg.]: Bürgergesellschaft und Demokratie. Band 36). Wiesbaden 2011, DNB 1009828576, S. 50–52.
  7. Bärbel Martina Weixner: Direkte Demokratie in den Bundesländern. In: Bundeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.): Aus Politik und Zeitgeschichte. Band 2006, Nr. 10, 6. März 2006, ZDB-ID 123630-1, S. 18–24 (bpb.de [PDF]).
  8. Fraktionen der SPD, PDS, Bündnis 90/Die Grünen, FDP: Antrag: Mehr Demokratie für Berlinerinnen und Berliner (I) hier: Änderung der Verfassung von Berlin. (PDF) In: pardok.parlament-berlin.de. Abgeordnetenhaus von Berlin, 24. Februar 2005, abgerufen am 6. September 2025 (Drucksache 15/3707).
  9. Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS, Bündnis 90/Die Grünen, FDP: Antrag: Achtes Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin. (PDF) In: pardok.parlament-berlin.de. Abgeordnetenhaus von Berlin, 26. April 2006, abgerufen am 6. September 2025 (Drucksache 15/5038).
  10. Verfassung von Berlin - Abschnitt IX: Übergangs- und Schlussbestimmungen. In: berlin.de. Land Berlin, abgerufen am 6. September 2025 (Artikel 100).
  11. Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS, Bündnis 90/Die Grünen, FDP: Antrag: Gesetz über die Durchführung der Volksabstimmung nach Artikel 100 Satz 2 der Verfassung von Berlin am 17. September 2006. (PDF) In: pardok.parlament-berlin.de. Abgeordnetenhaus von Berlin, 26. April 2006, abgerufen am 6. September 2025 (Drucksache 15/5039).
  12. Achtes Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin. In: Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin. Band 62, Nr. 19, 3. Juni 2006, ZDB-ID 1137003-8 (parlament-berlin.de [PDF]).
  13. Andreas Schmidt von Puskás, Ulrike Rockmann: Wahlen in Berlin. Abgeordnetenhaus, Bezirksverordnetenversammlungen, Volksabstimmung über die Neuregelung von Volksbegehren und Volksentscheid in der Verfassung von Berlin, S. 98.
  14. Der Landeswahlleiter für Berlin, Landeswahlamt: Volksbegehren "Schluß mit der Rechtschreibreform!" In: berlin.de. Land Berlin, abgerufen am 7. September 2025.
  15. Der Landeswahlleiter für Berlin, Landeswahlamt: Volksbegehren und Volksentscheide seit 1999. In: berlin.de. Land Berlin, abgerufen am 6. September 2025.