Konföderation von Warschau

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Warschauer Konföderation)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Konföderation von Warschau (auch Warschauer Religionsfriede genannt, lat. pax dissidentium[1]) war ein politischer Rechtsakt vom 28. Januar 1573 zur Bildung einer Generalkonföderation während der Tagung des Konvokationssejms, der die Wahl eines neuen polnischen Königs vorbereitete. Die Konföderation verfolgte auch das Ziel eines konfessionellen Toleranzedikts, bei gleichzeitiger politischer Gleichstellung der Dissidenten mit den Katholiken.

Die Konföderation von Warschau stellte eine bedeutende Entwicklung in der polnischen Geschichte dar und wird als der Beginn der durch das Staatsrecht gesicherten Religionsfreiheit in Polen-Litauen betrachtet. In der Folge konnte die Konföderation nicht alle religiösen Konflikte und Spannungen im Staat verhindern, doch garantierte sie den konfessionellen Randgruppen, den sogenannten Dissidenten, die nicht der dominierenden katholischen Staatsreligion folgten, religiöse Toleranz, Bürgerrecht und politische Gleichstellung. Sie sicherte gleichzeitig den inneren Frieden und Stabilität in der I. Rzeczpospolita, besonders in einer Zeit der großen Glaubensumbrüche im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts, die z. B. in blutigen Hugenottenkriegen und im verheerenden Dreißigjährigen Krieg gipfelten.

Im Warschauer Religionsfriedensvertrag von 1573, wie die rechtlichen und konfessionellen Vorgänge, Regelungen und Einigungen zur Zeit der Konföderation von Warschau auch bezeichnet werden, wurden den Protestanten,[2]Griechen[3] und Armeniern durch die Republik und den König alle Rechte der Katholiken zugestanden.[4] Die Generalkonföderation von 1573 gilt in der europäischen Historiographie als ein „Meilenstein der Glaubensfreiheit“,[5] bezog sich aber zunächst auf die im europäischen Vergleich breitere adelige Schicht[6] und das Bürgertum in Polen-Litauen; der Bauernstand war von ihr ausgeschlossen.[7][8]

Der Rechtsakt der Warschauer Konföderation, der die Religionsfreiheit in der Republik Polen-Litauen gesetzlich garantierte.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sigismund II. August, König von Polen und Großfürst von Litauen und ab 1569 erster Herrscher der I. Republik. Während seiner Herrschaft von 1548 bis 1572 war Religionsfreiheit ein königlicher Wille.

Geschichtlicher Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die religiöse Toleranz hat in Polen eine lange Tradition. Die ersten Juden, die im Zuge der Judenverfolgungen zur Zeit des Ersten Kreuzzugs (1096) und des Schwarzen Todes (1348) in großer Zahl nach Polen auswanderten, waren Aschkenasim.[9] Neben den Aschkenasim gab es in Polen auch die jüdischen Karäer. Im Statut von Kalisch, 1264, des polnischen Herzogs Bolesław des Frommen von Großpolen (1221–1279) wurden die polnischen Juden unter den Schutz des Staates gestellt und mit staatlich garantierten Rechten und Privilegien ausgestattet.[10] Unter König Kasimir „dem Großen“ wurde das Statut von Kalisch mehrere Male (1334 im Statut von Wiślica, 1364 und 1367)[11] bestätigt und dessen Gültigkeit auf das ganze Königreich Polen ausgedehnt. Gleiches galt seit der Inbesitznahme des Fürstentums Halytsch-Wolodymyr durch die polnische Krone ab 1341 auch für die orthodoxen Ruthenen und ab 1356 für die Armenier.[12] Damit hatte Polen weltweit das erste Schutzgesetz für Juden erlassen.[13] Im 16. Jahrhundert war Polen „das“ Zentrum der jüdischen Welt überhaupt. Die polnischen Machthaber gewährten den Juden eine einzigartige Selbstverwaltung bis hinauf zum 1581 erstmals zusammengetretenen ersten „Judenreichstag“, dem so genannten Vierländerparlament oder Wa’ad Arba’ Aratzot (vgl. auch Judentum in Polen).[9]

„Die Bedingungen jüdischen Lebens in Polen und Litauen waren vorteilhafter als in Westeuropa. Vor Gericht wurden den Juden faire Rechtsmittel eingeräumt, Synagogen und Friedhöfe waren vor Vandalismus geschützt. Die Verbreitung der Ritualmordlüge war unter Strafe gestellt. 1534 betonte König Sigismund I. ‚der Alte‘ gegen den Willen des Sejms, dass die Juden in seinem Reiche keine besonderen Abzeichen an ihrer Kleidung tragen mussten. Der Krakauer Rabbiner Moses Isserles schrieb: »In diesem Land gibt es keinen solch heftigen Hass gegen uns wie in Deutschland. Möge es bis zur Ankunft des Messias dabei bleiben!« Ein päpstlicher Legat meldete 1565: »In Polen trifft man große Masse von Juden, die nicht so verachtet sind, wie dies anderswo der Fall ist. Sie leben in keinem Zustand der Erniedrigung und sie sind nicht auf verächtliche Berufe beschränkt. Sie besitzen Land, treiben Handel und studieren Medizin und Astronomie. Sie tragen auch keine Unterscheidungszeichen und man gestattet ihnen sogar das Tragen von Waffen. Kurz, sie verfügen über alle Bürgerrechte.«“[14]

Neben Juden, orthodoxen Ruthenen und Armeniern gibt es in Polen seit dem Spätmittelalter auch Vertreter des Islams, die so genannten Lipka-Tataren, denen man für ihre Militärdienste kulturelle Autonomie und Religionsfreiheit zusicherte (vgl. Islam in Polen).

Das Verhältnis der Konfessionen zueinander war das beherrschende Thema während der Herrschaft (1548–1572) des polnischen Königs Sigismund II. August, der kaum gegen die Reformation in seinem Dominium vorging.[15] Die große Zeit der Ausbreitung protestantischer Ideen in Polen fällt in die Zeit der liberalen Religionspolitik des letzten Jagiellonen, der dem Bürgertum und dem Adel in seinen Bezirken die religiöse Option freistellte[16] und ihnen gegenüber auch zu sagen pflegte:

„Ich bin nicht der König Eures Gewissens!“[17]

1572 besaßen die Protestanten unter den weltlichen Mitgliedern des Senats die absolute Mehrheit.[18]

Bildung der Konföderation 1573[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter den Jagiellonen waren seit 1386 die beiden Staaten Königreich Polen und Großfürstentum Litauen in Personalunion miteinander verbunden gewesen. Diese Personalunion war mit der Union von Lublin 1569 zu einer gesamtstaatlichen Vereinigung, einer Realunion geworden. Nach dem Tod des letzten Jagiellonenkönigs Sigismund II. August im Jahr 1572 verhinderte der in Warschau versammelte Adel beider Staaten ein Auseinanderfallen des Doppelstaates und sicherte sich gleichzeitig die Macht im Staate, indem dieser alle Reichsbürger[19] bedingungslos an Entscheidungen band, die durch einen „Rechtskörper“, zum Beispiel eine Konföderation, getroffen wurden. Bereits im Jahr 1570 gelang den Lutheranern, Calvinisten und Böhmischen Brüdern in Polen die gegenseitige Anerkennung.[20] Sie vereinigten sich durch den Vertrag von Sandomir zu einem Interessenbund für „äußere und innere Zwecke“.[21] Im Januar 1573 unterzeichneten die Verfasser den Konföderationsrechtsakt, in dem sich die Vertreter aller Konfessionen gegenseitige Unterstützung und Toleranz versprachen. Die Konföderationsartikel sanktionierten amtlich das frühere Gewohnheitsrecht und können als Anfang und Höhepunkt der polnischen religiösen Toleranz betrachtet werden.

„Damit wurde in Polen die rechtliche Grundlage für ein Ausmaß an Toleranz geschaffen, welches man im übrigen Europa[22] vergeblich sucht und dem Land den ‚Ruhm‘ eines ‚Paradisus hereticorum‘ eintrug.“[23]

Durch diese religiöse Toleranz sind dem polnisch-litauischen Großreich die großen Glaubenskriege, die West- und Mitteleuropa verheerten, erspart geblieben. Allerdings schlug der Protestantismus auf dem Gebiet der I. Rzeczpospolita (mit Ausnahme Polnisch-Preußens und der Herzogtümer Preußen, Kurland und Livland) innerhalb des Bauernstandes keine tiefen Wurzeln.[24]

Die polnische religiöse Toleranz im 16. und 17. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Besonders unter der Herrschaft Sigismund III. Wasas, König von Polen und Schweden, Großfürst von Litauen und Finnland, wurde in der I. Rzeczpospolita in den Jahren 1587 bis 1632 die jesuitische Gegenreformation gefördert und der Protestantismus innerhalb des Adelsstandes schleichend zurückgedrängt.

Die Konföderation schuf eine rechtliche Basis für ein neues politisches System (vgl. „Adelsdemokratie“[18]) und sicherte die Einheit des Staates, der seit Generationen durch heterogene Bevölkerungsethnien bewohnt war (Polen, Ukrainer, Weißrussen, Balten, Esten, Slowaken, Moldauer, Juden, Deutsche, Armenier, Tataren), die auch den unterschiedlichsten Glaubensbekenntnissen anhingen (Katholizismus, Protestantismus, Orthodoxie, Judentum, Islam). Der Entschluss, ein Toleranzedikt zu beschließen, war wohl wesentlich durch die Vorgänge während der Bartholomäusnacht beeinflusst, die den mehrheitlich polnisch-, litauisch-, ruthenisch- und deutschstämmigen Adel der I. Rzeczpospolita dazu bewogen, Regelungen zu finden, um sicherzustellen, dass ein zukünftiger polnischer König außerstande sein sollte, derartige „verbrecherische“ Maßnahmen gegen religiöse Minderheiten auch in Polen zu ergreifen. Außerdem waren die verheerenden Folgen von Religionskriegen auch am Beispiel des benachbarten Heiligen Römischen Reichs (vgl. Schmalkaldischer Krieg) und dem Aufstand der Niederländer gegen die spanische Herrschaft deutlich geworden.

Eine besondere Rolle am Zustandekommen der Konföderationsartikel spielten die Adeligen Sienicki, Firlej und Zborowski. Ihre Bestrebungen stießen auf vehementen Widerstand durch viele Würdenträger der römisch-katholischen Kirche in Polen-Litauen; auch die breite Masse der katholischen Priesterschaft stellte sich gegen das Toleranzedikt. Krasiński war der einzige katholische Bischof, der die Artikel der Konföderation von Warschau unterschrieb (nach Starowolski tat er das angeblich unter der „Androhung des Schwertes“). Die folgenden Rechtsakte der I. Rzeczpospolita, die auch die Warschauer Konföderationsartikel von 1573 enthielten, wurden durch die hohen katholischen Würdenträger des polnisch-litauischen Staates mit der Bedingung excepto articulo confoederationis unterschrieben. Ein anderer Bischof, Goślicki, wurde aufgrund seiner Bestätigung der Reichstagsbeschlüsse von 1587 ohne das „excepto“ von seinem kirchlichen Dienstherrn exkommuniziert.

Die Artikel der Warschauer Konföderation wurden später in die „Heinrichschen Artikel“ integriert und hatten folglich, neben der Pacta Conventa, verfassungsrechtlichen Charakter.[25]

Das friedliche Zusammenleben und die Koexistenz der unterschiedlichsten Konfessionen im Polen des 16. Jahrhunderts, eines Landes gelegen zwischen dem orthodoxen Großfürstentum Moskau im Osten, dem islamischen Osmanischen Reich im Süden, dem protestantischen Schweden im Norden und dem gemischt katholisch-evangelischen Heiligen Römischen Reich im Westen, zerrissen zwischen der Reformation und Gegenreformation, war einzigartig in Europa.[26]

„Auf einem von Religionskriegen zerrissenen europäischen Kontinent konnte nur Polen das epochenmachende allgemeine Toleranzstatut hervorbringen, das von 1573 der Warschauer Konföderation beschlossen wurde. Vereinzelte Akte des religiösen Fanatismus konnten noch vorkommen, doch eine allgemeine Verfolgungskampagne war nicht möglich. Polen verdiente wahrlich seinen Namen als ‚das Land ohne Scheiterhaufen‘.“[26]

Das letzte polnische Inquisitions­gericht stellte seine Tätigkeit bereits 1572 ein (vgl. Inquisitionsverfahren). Es war auch in den vorhergegangenen Jahren wenig aktiv.[24] Das Land wurde, wie Kardinal Stanislaus Hosius es anprangernd bezeichnete, zu einem „Hort der Häresie“. Es war ein Hort, in dem die unterschiedlichsten Glaubensbekenntnisse Schutz und Aufnahme vor der Verfolgung in ihren katholisch dominierten und teils protestantischen Heimatländern suchten und fanden. Unter anderem siedelten sich verfolgte Täufer aus Deutschland (vgl. Wiedertäufermandat) und den Niederlanden – vor allem Mennoniten aus Friesland und umliegenden Gebieten – im Bereich der Weichsel­mündung in Polnisch-Preußen an.

Spätere Entwicklung: Abnahme der Toleranz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die anfangs geübte religiöse Toleranz nahm jedoch in späteren Zeiten deutlich ab. Könige wie Stefan Bathory (1576–1586), besonders aber Sigismund III. Wasa (1587–1632),[27] betrieben mit Unterstützung der Jesuiten auf intellektueller Basis eine gegenreformatorische Rekatholisierungs­politik (vgl. Konfessionalisierung), wurden darin allerdings durch die große Macht des Adelsstandes gebremst. Die ersten Jesuiten kamen schon 1565 nach Polen,[28] wo sie in Braunsberg im Fürstbistum Ermland ein katholisches Kollegium unter dem Supremat des Fürstbischofs Stanislaus Hosius gründeten. Die Mitte des 17. Jahrhunderts gilt allgemein als Wendepunkt in der Geschichte der polnischen Toleranz.[29]

Johann II. Kasimir, vom Stamm der Wasa, König von Polen und Großfürst von Litauen, Titularkönig von Schweden und Finnland. Während seiner Herrschaft (1648–1668), die durch den großen Kosakenaufstand des Bogdan Chmielnicki (1648–1654) und Invasionen nicht-katholischer feindlich gesinnter Nachbarmächte (u. a. Krieg mit Russland (1654–1667), Schweden (1655–1660), Siebenbürgen und Brandenburg (1656–1657)) schwer erschüttert war, wurden die Antitrinitarier unter dem Einfluss der Jesuiten aus Polen und Litauen vertrieben.[30]

Insgesamt verloren besonders die Antitrinitarier (vgl. Polnische Brüder und Sozinianismus), die in der Regel hochgebildete Menschen waren[31] und einen Zweig der sogenannten „Radikalen Reformation“ repräsentierten, in Polen und Litauen mittelfristig an Boden. Da die Antitrinitarier im 17. Jahrhundert auf die „radikale Theologie“ ganz Europas einen tiefen Einfluss ausübten,[26] galt deren Lehre den damaligen kirchlichen „Eliten“ der Katholiken und nicht-antitrinitarischen Protestanten[32] konservativer Couleur ohnehin als „Häresie 1. Grades“. Bereits 1627 wurde das antitrinitarische Zentrum in Lublin geschlossen.[33] Aufgrund einer Initiative des katholischen Krakauer Bischofs und Kanzlers der polnischen Krone, Jakub Zadzik, ging man 1638 gegen das geistige Zentrum des antitrinitarischen Lebens in der I. Rzeczpospolita, Raków, vor.[33] Dort wurde die bedeutende antitrinitarische Akademie und Druckerei geschlossen.[34] Ihre Studenten und Lehrkräfte wurden des Landes verwiesen.[35] Anschließend kamen die antitrinitarischen Druckereien, Schulen und Gemeinden in der Ukraine an die Reihe.[33] Im Thorner Religionsgespräch, 1645, versuchte König Władysław IV. Wasa vergeblich einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen protestantischen Konfessionen zu etablieren. 1652 wurden den Antitrinitariern auf dem Landtag zu Marienburg in Polnisch-Preußen alle Rechte, Ämter zu verwalten und Güter zu besitzen, genommen.[30]

Derart durch die katholische Reaktion bedrängt, die 1648 in einem Manifest an den Warschauer Königshof verkündete, dass die Antitrinitarier aus dem Kreis der Dissidenten der Warschauer Konföderation auszuschließen seien,[36] sahen die polnischen Antitrinitarier nun im schwedischen König und Lutheraner, Karl X. Gustav, der 1655 im Bündnis mit den beiden calvinistischen Feudalherren Georg II. Rákóczi, Fürst von Siebenbürgen, und Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg,[37] mit seiner Armee blutig und verheerend in Polen einfiel[38] und somit den Zweiten Nordischen Krieg (im kollektiven Gedächtnis der Polen bis heute auch als „Die Blutige Sintflut“ oder „Schwedische Sintflut“ bekannt) auslöste, einen Protektor ihrer Kirche und Interessen. Dieser gewährte den Antitrinitariern im schwedisch eroberten Krakau, das dem Militärkommandeur Paul Würtz unterstand, die volle Bekenntnisfreiheit.[39] Die Kollaboration[40][41][39][42] der „Polnischen Brüder“ bzw. „Arianer“, wie man die Antitrinitarier in Polen auch nannte, mit dem „grausamen herätischen Feinde“[43][44] sowie die militärische Niederlage der Schweden und ihrer Verbündeten brachen dem Antitriniarismus in Polen schließlich vollständig das Genick.

„...Öl in das Feuer goß auch noch das Vorgehen Rákóczis, der ausgerechnet Kirchen und Klöster eifrig plünderte. Die Tatsache, dass die Verbindungsmänner zwischen ihm und Würtz u. a. auch Sozinianer,[45] nämlich die Pileckis, waren, daß ferner Samuel Grądzki und Ladislaus Lubienecki[46] beim Einmarsch als Sekretäre fungierten, hat darüber hinaus noch ihren Glaubensgenossen unermeßlichen Schaden zugefügt.“[47]

„Ein gewisser Teil der antisozinianischen Verdächtigungen und Vorwürfe deckte sich freilich schon mit der Wirklichkeit. Denn einige Polnische Brüder waren, wie schon festgestellt, in der Tat diplomatische Kuriere zwischen Schweden und Siebenbürgen. Ja, sogar noch mehr, sie haben auch mit dem schwedischen Heer und anderen Dissidenten an zwei Strafexpeditionen gegen Katholiken teilgenommen.“[48]

In einer Reihe von Edikten und Restriktionen des polnischen Reichstags von 1658[49] unter dem Primat des Königs Johann II. Kasimir, vormals ein Jesuit und Kardinalpriester,[50] wurde der Antitrinitarischen Kirche der Status einer rechtlich gleichberechtigten Kirchengemeinschaft in der I. Rzeczpospolita durch den Staat komplett entzogen. Ihre Mitglieder stellte man vor die Wahl, entweder zur katholischen bzw. reformierten Lehre zu konvertieren oder, falls sie dem Antitrinitarismus die Treue halten wollten, ihre Güter im Lauf der nächsten drei Jahre, also bis 1661, zu verkaufen und das Land zu verlassen[30] bzw. infolgedessen illegal in den „Untergrund“ auszuweichen.[51] Im Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung sah das Vertreibungsdekret die Todesstrafe vor.[30] Ferner wurden den Antitrinitariern mit der Verkündigung des Gesetzes alle politischen Rechte sowie das der freien Religionsausübung abgesprochen.[30] Die Jesuiten Mikołaj Cichowski und Severin Karwat, aber auch Bischof Andrzej Trzebicki, waren die treibenden Kräfte beim Zustandekommen des Vertreibungsdekrets.[30]

„Vor Beginn der Sejmberatungen hielt der Hofprediger Severin Karwat eine Predigt, in der alle Dissidenten angegriffen wurden: Ihnen sei jedes Recht, Ämter zu bekleiden, abzusprechen. Er rief die katholischen Stände auf, sich nicht nur mit den Feinden der Krone, sondern auch mit den Feinden der Kirche auseinanderzusetzen. Dieser Angriff entlud sich dann schließlich über die am meisten gehaßten und auch schwächsten Glieder der Dissidenten – über die Sozinianer. Der religiöse Fanatismus, verstärkt durch den Kampf gegen die protestantischen Eindringlinge sowie die freundliche Einstellung der Polnischen Brüder den Schweden gegenüber, waren also Grund und Anlaß, um diesen schon lange bekämpften Gegner des Landes zu verweisen.“[52]

Einige „Sozinianer“ traten in die katholische oder reformierte Kirche über, was zum Phänomen des „Kryptoarianismus“ führte.[53] Andrzej Wiszowaty, ein bedeutender Vertreter der antitrinitarischen Kirche in Polen, unternahm noch einen letzten verzweifelten Versuch, die Kirche der Polnischen Brüder vor dem Untergang zu retten, vergebens.[54] Da er eine Konversion zum katholischen bzw. reformierten Glauben aus Gründen der Gewissensfreiheit abgelehnt hatte, ging er, wie fast alle seiner Glaubensbrüder und -schwestern, ins Exil. Im Herbst 1660 verließen Polen vier Exulanten­gruppen, die Meisten begaben sich in das unitarische Siebenbürgen,[55] Teile gingen nach Preußen[56] und in die Niederlande[57]. Versuche einer dauerhaften Ansiedlung der polnischen Antitrinitarier im Deutschen Reich[58] scheiterten an der Opposition des konservativ-lutherischen Klerus.[59]

Die vollständige Liquidierung der sozinianischen Bewegung in Polen und Litauen erfolgte erst in der nächsten Generation, also nach etwa 30 Jahren.[60] Der langsame Verlauf der Liquidierung sowie ihre eigentümliche – für die damaligen Verhältnisse – sogar milde Form waren eng mit der polnischen Gesellschaftsordnung verbunden.[60] Einer energischen Ausrottung des restlichen Antitrinitarismus standen mehrere Faktoren entgegen. Ein solcher Faktor war die Schwäche des staatlichen Apparates, der auf diesem Gebiet nicht imstande war, die auf dem Reichstag beschlossenen Gesetze rigoros durchzusetzen, zumal die Kryptosozinianer meistens dem Adelsstand angehörten und man diesem gegenüber immer gewisse Rücksichten nehmen musste. Die von der Gegenreformation beherrschte adelige Gesellschaft war wohl für die Vertreibung der Sozinianer auf dem Lande; sie war aber nicht bereit, auch weiterhin ihre Standesbürger zu verfolgen.[60]

Den Calvinisten, Lutheranern, Orthodoxen, Täufern (wie den Mennoniten), Armeniern und Moslems gelang es, sofern sie dem Bürgertum oder Adelsstand angehörten, im Verlauf des 17. Jahrhunderts, ihre vollen Rechte inklusive politischer Gleichstellung unversehrt zu erhalten.[21]

Zeitalter der Aufklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stanislaus August Poniatowski als König von Polen und Großfürst von Litauen, der letzte Herrscher der I. Republik. Poniatowski, der allgemein als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der europäischen Aufklärung gilt, gewährte unter seiner Herrschaft in den Jahren 1764–1795 den nichtkatholischen „Dissidenten“ in Polen-Litauen die volle politische Gleichstellung zurück.

Während und nach dem Dritten Nordischen Krieg (1700–1721), der ähnlich dem Zweiten Nordischen Krieg weite Teile des polnisch-litauischen Staates durch fremde nichtkatholische Mächte neben Verwüstungen und Entvölkerungen in der überlebenden Bevölkerung auch Kriegstraumata[61] hinterlassen hatte,[62] kam es dann erneut vermehrt zu Akten der Intoleranz gegen Nichtkatholiken, wie dem sogenannten „Thorner Blutgericht“ 1724[63]. Die langfristige negative Wirkung der preußischen Propaganda[64] auf die Polenvorstellung der europäischen Aufklärung ist kaum zu überschätzen. So prangerte Voltaire mit Hinweis auf die Thorner Ereignisse noch Jahrzehnte später die Intoleranz der Polen an. Er pries die russische Armee als Träger der „Zivilisierung Polens“ an und legitimierte die Erste Teilung Polens als einen „Akt der Toleranzverbreitung“.[65]

Als sich die Zahl der (nicht-antitrinitarischen) Protestanten in Polen insgesamt beträchtlich vermindert hatte, wurden die Dissidenten[66] in den Jahren 1717[67][68] und 1718[69] ihrer politischen Gleichstellung im Reichstag beraubt.[70][21]

Die vollständige politische Gleichstellung der Protestanten mit den Katholiken wurde erst während der Herrschaft (1764–1795) des Königs Stanislaus August Poniatowski, der unter seinen Vorfahren auch Antitrinitarier hatte,[60] ein Kernthema seiner Reformen. Erste Ansätze einer liberalen Religionspolitik gegenüber den Dissidenten wurden während des „Pazifikations­sejms“ von 1736 zur Zeit des Polnischen Thronfolgekrieges (1733–1738) „zum Wohle des gemeinsamen Vaterlandes“ in Angriff genommen.[71] Den Dissidenten wurden seitens der katholischen Stände Frieden und die Sicherheit des Besitzes sowie Gleichheit der persönlichen Rechte[72] zugestanden; ihnen wurde aber verboten, Versammlungen zu halten und fremde Mächte in ihrer Sache um Beistand und Intervention in Polen aufzufordern.[71] Im Zuge dieser Liberalität wanderten im Verlauf des 18. Jahrhunderts bis zu 30.000 deutsche Siedler, weit überwiegend Protestanten, in die von Kriegen und Epidemien entvölkerte Region Großpolen ein.[73] Eine grundlegende Änderung in den kirchlichen Verhältnissen einerseits und politischer Teilhabe andererseits zugunsten der Protestanten brachte die Aufklärung,[74] die sich auch in den hohen katholischen Kreisen der I. Rzeczpospolita rasch verbreitete. Dank ihrer erhielten die polnischen Dissidenten 1768[75] und 1775[76] ihre politische Gleichstellung zurück, sowie die erneute Bestätigung ihrer Bürgerrechte und Religionsfreiheit. Die Verfassung vom 3. Mai 1791, die als die erste moderne Verfassung Europas im Sinne der Aufklärung gilt, als zweite in der Welt überhaupt nach der Verfassung der Vereinigten Staaten, hob jedwede Restriktion hinsichtlich der politischen Gleichstellung der Dissidenten[77], bis auf das Königsamt[78], auf.

Im Zeitalter des Königs Stanislaus August Poniatowski erwachte der Protestantismus, besonders das Luthertum, zu neuem Leben.[74]

Welterbe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Artikel der Warschauer Konföderation wurden 2003 in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen.[79]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Janusz Tazbir: Geschichte der polnischen Toleranz. Verlag Interpress, Warschau 1977.
  • Gottfried Schramm: Ein Meilenstein der Glaubensfreiheit. Der Stand der Forschung über Ursprung und Schicksal der Warschauer Konföderation von 1573. In: Zeitschrift für Ostforschung. 24 (1975), S. 711–736.
  • Gottfried Schramm: Der polnische Adel und die Reformation 1548–1607. Steiner, Wiesbaden 1965.
  • Winfried Eberhard: Voraussetzungen und strukturelle Grundlagen der Konfessionalisierung in Ostmitteleuropa. In: Joachim Bahlcke, Arno Strohmeyer (Hrsg.): Konfessionalisierung in Ostmitteleuropa. Wirkungen des religiösen Wandels im 16. und 17. Jahrhundert in Staat, Gesellschaft und Kultur (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, Bd. 7). Steiner, Stuttgart 1999, ISBN 3-515-07583-6, S. 89–104.
  • Alfons Brüning: Unio non est unitas. Polen-Litauens Weg im konfessionellen Zeitalter (1569–1648) (Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, Bd. 72). Harrassowitz, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-447-05684-7, S. 111–141 (Abschnitt 3.1: Die Warschauer Konföderation. Defizite und Vorläufigkeiten der „polnischen Toleranz“.)
  • Hans-Joachim Müller: Irenik als Kommunikationsreform. Das Colloquium Charitativum von Thorn 1645. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-35860-1, S. 15–77 (Kapitel 1: Einführung. Zwischen Konsens und Konflikt. Irenik, Synkretismus und Toleranz.)
  • Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen: Studien über den Sozinianismus und seinen Einfluß auf das westeuropäische Denken im 17. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7.
  • Martin Schmeisser (Hrsg.): Sozinianische Bekenntnisschriften: Der Rakower Katechismus des Valentin Schmalz (1608) und der sogenannte Soner-Katechismus. Oldenbourg Akademieverlag, 2012, ISBN 978-3-05-005200-7.
  • Bernhard Stasiewski: Reformation und Gegenreformation in Polen. Neue Forschungsergebnisse. Aschendorff, Münster/Westf. 1960.
  • Heinrich Lutz: Reformation und Gegenreformation. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2002, ISBN 3-486-49585-2.
  • Joachim Bahlcke, Arno Strohmeyer: Konfessionalisierung in Ostmitteleuropa: Wirkungen des Religiösen Wandels im 16. und 17. Jahrhundert in Staat, Gesellschaft und Kultur. Steiner, Stuttgart 1999.
  • Lorenz Hein: Italienische Protestanten und ihr Einfluss auf die Reformation in Polen während der Beiden Jahrzehnte vor dem Sandomirer Konsens (1570). E.J. Brill, Leiden 1974.
  • Norman Davies: Im Herzen Europas: Geschichte Polens. 4. Auflage. C. H. Beck, 2006, ISBN 3-406-46709-1.
  • W. Budka: Kto podpisał Konfederację Warszawska 1573 r.? In: Reformacja w Polsce. R. I, nr 4, 1921.
  • A. Jobert: La tolerance religieuse en Pologne au XVIc siecle. In: Studi di onore di Ettore Lo Gato Giovanni Maver. Firenze 1962, S. 337–343.
  • M. Korolko: Klejnot swobodnego sumienia. Warszawa 1974.
  • Konfederacja warszawska 1573 roku wielka karta polskiej tolerancji. opr. M. Korolko, J. Tazbir, Warszawa Instytut Wydawniczy PAX, 1980.
  • J. Tazbir: Państwo bez stosów. Szkice z dziejów tolerancji w Polsce XVI–XVII w. Warszawa 1967.
  • J. Tazbir: Reformacja, kontrreformacja, tolerancja. Wrocław 1996.
  • Paweł Janowski, Ołeksandr Dobrojer: Konfederacja Warszawska. In: Encyklopedia Katolicka. Lublin 2002, t. IX, kol. 564–565.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sylvie Le Grand, in: Hans Jürgen Heringer u. a.: Tendenzen der deutschen Gegenwartssprache, 1994, S. 234.
  2. Einschließlich der protestantischen Antitrinitarier (Polnische Brüder), deren Lehre bei konservativen Katholiken und nicht-antitrinitarischen Protestanten als Häresie 1. Grades galt (vgl. Michael Servetus). Die Existenz der antitrinitarischen Kirche auf dem Boden des Königreichs Polen und des Großfürstentums Litauen wurde von den dortigen adeligen Machthabern vor der jesuitischen Gegenreformation unter Schutz gestellt und von den Institutionen der I. Republik und dem Königtum bis 1658/61 geduldet; Konfederacja warszawska 1573 roku wielka karta polskiej tolerancji, opr. M. Korolko, J. Tazbir, Warszawa Instytut Wydawniczy PAX 1980.
  3. Mit „Griechen“ sind die christlich-orthodoxen Weißrussen und Ukrainer gemeint.
  4. Talvj: Übersichtliches Handbuch einer Geschichte der slavischen Sprachen und Literatur. Leipzig 1852, S. 200.
  5. Gottfried Schramm: Ein Meilenstein der Glaubensfreiheit. Der Stand der Forschung über Ursprung und Schicksal der Warschauer Konföderation von 1573. In: Zeitschrift für Ostforschung 24 (1975), S. 711–736.
  6. Bis zu 10 % der Einwohner gehörten in Polen-Litauen dem Adelsstand an. Kein anderer europäischer Staat, außer Ungarn, hatte einen derart hohen Adelsanteil; dort betrug er zumeist lediglich etwa 1–3 %.
  7. Hinsichtlich des Bauernstandes galt in der Regel der Status quo; ausgenommen davon waren im „großen Maßstab“ die Gebiete des Königlichen Preußen, des Herzogtums Preußen, des Herzogtums Kurland und Semgallen sowie des Herzogtums Livland.
  8. Hans Joachim Müller: Irenik als Kommunikationsreform: das Colloquium Charitativum von Thorn 1645, S. 72.
  9. a b Andreas Lawaty: Deutsche und Polen: Geschichte, Kultur, Politik, S. 154.
  10. Susanna Buttaroni, Stanislaw Musial: Ritualmord, S. 215.
  11. Hannelore Müller: Religionswissenschaftliche Minoritätenforschung, S. 121.
  12. Burchard Brentjes: Drei Jahrtausende Armenien, S. 238.
  13. Brigitte Jäger-Dabek: Reisegast in Polen, S. 31.
  14. Michael Brenner: Kleine jüdische Geschichte, S. 142.
  15. Alfred Kohler: Von der Reformation zum Westfälischen Frieden, S. 46, 47.
  16. Horst Balz: Theologische Realenzyklopädie, Band 33, S. 653.
  17. Tomasz Torbus: Polen: Reisen zwischen Ostseeküste und Karpaten, Oder und Bug, S. 32.
  18. a b Norman Davies: Im Herzen Europas: Geschichte Polens, S. 267.
  19. Die Reichsbürger bzw. das Staatsvolk stellten im 16. Jahrhundert nur der Adelsstand und ein Teil des Bürgertums. Der Bauernstand war, ähnlich wie in anderen Teilen Europas, davon ausgenommen (vgl. Leibeigenschaft und Bauernbefreiung).
  20. Horst Balz: Theologische Realenzyklopädie, Band 33, S. 653.
  21. a b c Talvj: Übersichtliches Handbuch einer Geschichte der slavischen Sprachen und Literatur. Leipzig 1852, S. 200.
  22. Einen vergleichbaren weitgehenden Toleranzakt gewährten ab 1568 (Edikt von Turda) in Europa nur noch der Fürst und die Stände des Fürstentums Siebenbürgen, das ab etwa 1541 ein autonomer ungarischer Feudalstaat unter osmanischem Schutz war (Theodor Schieder: Handbuch der europäischen Geschichte: Die Entstehung des Neuzeitlichen Europa, S. 1030).
  23. Zit. nach Stefan Fleischmann: Szymon Budny. Ein theologisches Portrait des polnisch-weißrussischen Humanisten und Unitariers (ca. 1530–1593). Böhlau, Köln 2006, S. 11. Der Begriff „Paradisus hereticorum“ wurde von Jörg K. Hoensch geprägt (ders.: Geschichte Polens, Stuttgart 1998, S. 99).
  24. a b Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Artikel, Entwürfe …, S. 1083.
  25. Nation, Nationalitäten und Nationalismus im östlichen Europa: Festschrift …, S. 53.
  26. a b c Norman Davies: Im Herzen Europas: Geschichte Polens, S. 268.
  27. Sabine Beckmann u. a.: Kulturgeschichte Preußens königlich polnischen Anteils in der Frühen Neuzeit. 2005, S. 215.
  28. Hanswilhelm Haefs: Polen, S. 316.
  29. Hans Joachim Müller: Irenik als Kommunikationsreform: das Colloquium Charitativum von Thorn 1645, S. 75.
  30. a b c d e f Zbigniew Ogonowski: Der Sozinianismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 33.
  31. Urs Leu: Die Zürcher Täufer 1525–1700, S. 95.
  32. Siehe den Feuertod bei lebendigem Leibe des Michael Servetus 1553 zu Genf auf Anordnung Calvins. Dieses Ereignis stand lange Zeit symbolhaft für die Intoleranz des nicht-antitrinitarischen Protestantismus gegenüber Andersgläubigen. (Hans-Jürgen Goertz: Religiöse Bewegungen in der Frühen Neuzeit, S. 42)
  33. a b c Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 9.
  34. Staats-Lexikon oder Encyklopädie der Staatswissenschaften, Band 12, Altona 1841, S. 552; Tomasz Torbus: Polen: Reisen zwischen Ostseeküste und Karpaten, Oder und Bug, S. 32.
  35. Barbara Becker-Cantarino: Daphnis, Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur und …, Ausgaben 1–2, S. 225, 226.
  36. Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 10.
  37. Das Fürstentum Siebenbürgen und das Kurfürstentum Brandenburg befanden sich seit 1656 in einer Allianz mit dem Königreich Schweden gegen Polen.
  38. Hanswilhelm Haefs: Polen, S. 318.
  39. a b Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 18.
  40. Freilich bleibt festzuhalten, dass auch der größere Teil des nichtantitrinitarischen Adels in Polen und Litauen, der entweder dem Katholizismus oder dem Calvinismus anhing, vom Beginn der schwedischen Invasion an bis zum Ende des Jahres 1655 massiv mit Karl X. Gustav von Schweden gegen den eigenen König kollaboriert und konspiriert hatte (vgl. Vertrag von Kėdainiai und Vertrag von Ujście). Die Führer der polnischen Antitrinitarier hatten jedoch nicht den Willen, rechtzeitig mit den Schweden zu brechen und die Fronten zu wechseln (vgl. Konföderation von Tyszowce); Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 10 f.
  41. Damian J. Schwider: Mikołaj Zieleński: ein polnischer Komponist an der Wende des 16. und 17. Jahrhunderts, S. 16, Bemerkung 14: Die Antitrinitarier wurden [von den Katholiken] des Verrats und Kollaboration mit den Schweden verdächtigt.
  42. Wacław Walecki: Polnische Literatur – Annäherungen: Vom Mittelalter bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, S. 59.
  43. Die Schweden gehörten mehrheitlich der lutherisch-protestantischen Kirche an.
  44. Henryk Rutkowski in Polen und Österreich im 17. Jahrhundert, S. 118.
  45. Eine weitere Bezeichnung für die Antitrinitarier in Polen.
  46. Ein Verwandter des bekannten Antitrinitariers Stanislaus Lubienecki.
  47. Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 24.
  48. Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 25.
  49. Hans Joachim Müller: Irenik als Kommunikationsreform: das Colloquium Charitativum von Thorn 1645, S. 75.
  50. Hanswilhelm Haefs: Polen, S. 317.
  51. Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 48: Die letzte antitrinitarische Synode auf polnischem Boden fand 1662 an unbekanntem Ort statt; „Antitrinitarischer Untergrund“ in Polen und Litauen nach dem Jahr 1661, siehe S. 67, 68.
  52. Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 32.
  53. Herbert Jaumann: Handbuch Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit, Bd. 1, S. 618.
  54. Martin Schmeisser: Sozinianische Bekenntnisschriften, S. 50.
  55. Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 48.
  56. Im lutherisch geprägten Herzogtum Preußen kam es nach einer relativ kurzen Phase der Duldung, besonders nach dem Tod des calvinistischen Bogusław Fürst Radziwiłł, der sich zuvor des Schicksals der verfolgten Polnischen bzw. Litauischen Brüder angenommen hatte, ab 1670 zu einer schleichenden Ächtung, Diskriminierung und Verfolgung der Antitrinitarier in Ostpreußen (Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 76 f.; Johann Jakob Herzog: Real-encyclopädie für protestantische Theologie und Kirche, Band 14, S. 498). Bereits 1640 erließ Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg auf Druck der preußischen Stände ein Edikt gegen die Antitrinitarische Kirche, (…) da besonders in Deutschland viele Vertreter der Intelligenz der Sozinianischen Ideologie anhingen (Siegfried Wollgast: Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650, S. 409). Das Verbotsedikt des Jahres 1640 wurde auf Druck der lutherischen Theologen und der Stände 1670 wiederholt; vorerst ohne praktische Konsequenzen für die Antitrinitarier, die in Ostpreußen weiterhin „nur“ einen Geduldetenstatus innehatten. Noch schlimmer erging es den im ostpreußischen Memelland lebenden Mennoniten, die bereits ab 1724 aufgrund ihres gelebten Pazifismus durch den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. aus ihrer Heimat verwiesen wurden. Nach ihrer Ausweisung siedelten sich die Mennoniten entlang der Weichsel in Polnisch-Preußen an (Hans-Jürgen Bömelburg in Glaubensflüchtlinge: Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher ..., S. 130, 132).
  57. Die Antitrinitarier wurden nach ihrer Vertreibung aus Polen (ab 1658) in den nördlichen Niederlanden, die bereits ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehrheitlich calvinistisch geworden waren, nur geduldet mit der Auflage, dass sie keine öffentlichen Ämter bekleideten und ihre Lehre nicht in der Öffentlichkeit verbreiteten. Nach 1653 wurde durch ein Gutachten der Universität von Leiden im Auftrag der „Generalstaaten“ der Antitriniarismus zur „häretischen Ketzerei“ erklärt. Ein darauf erlassenes Staatsedikt verbot jedwede Verbreitung der antitrinitarischen Lehre in Druck, Verkauf oder mündlicher Weitergabe. Der Befehl wurde jedoch aufgrund der in der niederländischen Verfassung verankerten Freiheiten des Einzelnen nicht streng befolgt, was den Antitrinitarieren in der Folge zugutekam (Martin Schmeisser: Sozinianische Bekenntnisschriften, S. 41). Dennoch kam es zu Vertreibungen „ketzerischer“ Sekten aus den protestantischen Niederlanden, zum Beispiel der Remonstranten, auch Arminianer genannt. Gerade mit den Remonstranten hatten die Polnischen Brüder neben dem Leben im Exil auch auf ideologischer Basis viele gemeinsame Schnittpunkte, sodass einige Antitrinitarier in remonstrantische Gemeinden eintraten (Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 59 f.)
  58. In Kreuzburg, Altona, Hamburg, Lübeck, Mannheim und Friedrichstadt.
  59. Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 58–63.
  60. a b c d Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 64.
  61. Karin Friedrich, Barbara M. Pendzich: Citizenship and Identity in a Multinational Commonwealth: Poland-Lithuania ..., S. 159.
  62. Henryk Rutkowski in Polen und Österreich im 17. Jahrhundert, S. 122, 123.
  63. Der russische Zar Peter I., von dem bekannt ist, dass er 1705 einem Basilianer-Prior zu Polazk eigenhändig den Hals umgedreht und restliche Ordensbrüder in der Düna hatte ertränken lassen (vgl. Augustin Theiner: Die neuesten Zustände der katholischen Kirche beider Ritus in Polen und Rußland, S. 126; Bernhard Stern: Geschichte der öffentlichen Sittlichkeit in Russland, S. 43; Julius Bachem: An den grenzen Russland, S. 253; Julian Pelesz: Geschichte der Union der ruthenischen Kirche mit Rom, S. 294), bezeichnete mit Blick auf die Thorner Ereignisse von 1724 die Polen als die „barbarischste Nation Europas“, und Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Brandenburg und König von Preußen, nutzte seinen Einfluß auf die Presse, um dem negativen Bild Polens als eines Hortes der Intoleranz europaweit Geltung zu verschaffen (Martin Schulze Wessel in Europa der Zugehörigkeiten: Integrationswege zwischen Ein- und Auswanderung, S. 26, 27).
  64. In Bezug auf die Thorner Ereignisse von 1724.
  65. Martin Schulze Wessel in Europa der Zugehörigkeiten: Integrationswege zwischen Ein- und Auswanderung, S. 27.
  66. Nicht nur die Protestanten, sondern auch die Orthodoxen.
  67. Für die Dissidenten galt das Jahr 1717 als das „Normaljahr“ und als Verhandlungsgrundlage mit den Katholiken. Nach dem Datum wurde ihnen die verbriefte politische Gleichstellung aus dem Jahr 1573 durch König August II. und die parlamentarische Mehrheit der katholischen Stände entzogen (Johann Georg Veit Engelhardt: Handbuch der Kirchengeschichte, Band Geschichte der drei letzten Jahrhunderte, S. 485).
  68. Den Dissidenten wurden ihre nachher mehrmals bestätigten Rechte nach und nach entzogen, besonders 1717 und 1718 unter König August II. (der bis 1696 ein Lutheraner gewesen war), wo man ihnen das Stimmrecht auf dem Reichstage nahm (Brockhaus’ Konversations-Lexikon: Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände ..., Band 3, S. 308; Johann Georg Veit Engelhardt: Handbuch der Kirchengeschichte: Geschichte der drei letzten Jahrhunderte, Band 3, S. 483; Jean-Henri Schnitzler: Geschichte des Russischen Reiches von der ältesten Zeit bis zum Tode des Kaisers Nikolaus I., S. 156).
  69. Den Dissidenten wurden ihre nachher mehrmals bestätigten Rechte nach und nach entzogen, besonders 1717 und 1718 unter König August II. (der bis 1696 ein Lutheraner gewesen war), wo man ihnen das Stimmrecht auf dem Reichstage nahm (Brockhaus’ Konversations-Lexikon: Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände ..., Band 3, S. 308; Janusz Tazbir: Geschichte der polnischen Toleranz, S. 180).
  70. Die Protestanten verfügten nach 1718 weiterhin über Religionsfreiheit und Zivilrechte, allerdings ohne die rechtliche Möglichkeit, Stimme und Willen im Reichstag der Republik äußern zu können. Auch wurde ihnen verboten, neue Kirchen zu bauen.
  71. a b Universalgeschichte der christlichen Kirche: Lehrbuch für akademische Vorlesungen. Mainz 1860, S. 953.
  72. Ohne das Recht einer politischen Gleichstellung im Parlament (Janusz Tazbir: Geschichte der polnischen Toleranz, S. 180). Auch waren sie von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, noch durften sie Beamte oder Richter werden (Hans Heyck: Der grosse König: ein Lebens- u. Zeitbild, Band 2, S. 279).
  73. Hans-Jürgen Bömelburg in Glaubensflüchtlinge: Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher ..., S. 138.
  74. a b Vierhundertfünfzig Jahre lutherische Reformation 1517–1967. Festschrift für Franz Lau zum 60. Geburtstag, S. 34.
  75. Wiederherstellung aller zivilen und politischen Rechte 1768 für die Dissidenten (Zbigniew Ogonowski: Der Sozialismus und die Aufklärung. In: Paul Wrzecionko (Hrsg.): Reformation und Frühaufklärung in Polen. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-56431-7, S. 76 f.), Freie Religionsausübung, Zutritt zu allen Staatsämtern, Stimmrecht im Reichstag etc. (Karl Friedrich Becker: Weltgeschichte: neu bearbeitet und bis auf die Gegenwart ..., Bände 7–8, S. 234).
  76. 1775 wurde das Toleranzedikt von 1768 auf Druck der katholischen Stände durch eine Restriktion erweitert: Dissidenten konnten nicht zum Minister oder Senator wählbar sein; Talvj: Übersichtliches Handbuch einer Geschichte der slavischen Sprachen und Literatur, Leipzig 1852, S. 200; Johannes Baptist Alzog: Universalgeschichte der christlichen Kirche: Lehrbuch für akademische ..., S. 954; Friedrich Rudolf Hasse: Kirchengeschichte, Band 3, S. 89.
  77. Siegfried Hüppe: Verfassung der Republik Polen, S. 230, 231
  78. Der König bzw. Großfürst musste ein Katholik sein.
  79. The Confederation of Warsaw of 28th of January 1573: Religious tolerance guaranteed | United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Abgerufen am 28. August 2017 (englisch).