Wolfgang Purtscheller

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Wolfgang Purtscheller (* 11. September 1955; † 6. Jänner 2016 in Wien) war ein österreichischer Journalist und Publizist. Er war Autor mehrerer Bücher zum Thema Rechtsextremismus.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Purtscheller stammte ursprünglich aus Tirol, zog in den 1970er Jahren nach Wien und später nach Innsbruck. In den 1980er Jahren war er in der Hausbesetzerszene aktiv, erlebte 1987 in Wien-Mariahilf einen Brandanschlag durch Rechtsextremisten auf ein durch Linke besetztes Haus und eine Zwangsräumung durch die Polizei mit.

Er schrieb unter anderem Beiträge für den Standard, profil, News und Falter, außerdem war er für eine Dokumentation über Rechtsradikale in Deutschland im ZDF verantwortlich.[1] Ferner betrieb er an Schulen im Auftrag des Unterrichtsministeriums Aufklärung über Rechtsextremismus.[2] Purtscheller arbeitete mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) zusammen und trug zur Aufdeckung der neonazistischen Gruppe VAPO bei. Überdies war er mitverantwortlich dafür, dass das besetzte Ernst-Kirchweger-Haus nicht an einen Interessenten mit Kontakten ins rechtsextreme Milieu verkauft werden konnte.

Purtscheller gab an, am 22. September 1994 von Wiener Polizisten misshandelt worden zu sein, als er bei einer Festnahme eines schwarzen Asylwerbers durch Beamte in Zivil zu intervenieren versuchte. Dabei soll er im Gesicht, an den Handgelenken und an Bändern des Knies verletzt worden sein. Die Polizisten gaben an, er habe Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet. amnesty international und der Sonderberichterstatter der UN-Menschenrechtskommission, Nigel S. Rodley, beschäftigten sich mit diesem Fall. Eine Untersuchung gegen die Beamten wurde 1997 eingestellt.[3][4][5]

Er wurde 1995 mit dem Willy und Helga Verkauf-Verlon Preis des DÖW für österreichische antifaschistische Publizistik ausgezeichnet.[6] Dem Rechtsextremismusforscher Andreas Peham vom DÖW galt er rückblickend als einer „der profundesten Kenner der österreichischen Neonaziszene“.[7] Auch nach dem Chefredakteur der Wochenzeitung Falter, Florian Klenk, gehörte Purtscheller in den 1990er Jahren „zu den wichtigsten Beobachtern der rechtsextremen Szene“.[8]

Purtscheller, der u. a. in Brixen lebte, war Vater von zwei Kindern. Zwischenzeitlich musste er aufgrund seiner investigativen Arbeit im Zusammenhang mit der rechten Szene – auch auf Rat der Behörden[9] – Österreich verlassen (nach Mexiko-Stadt). Er wurde am Sieveringer Friedhof bestattet.[10]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Victor Grandits: Das braune Netzwerk. Rechtsradikale in Deutschland, Film, ZDF, 1993.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wolfgang Purtscheller (Hrsg.): Die Rechte in Bewegung. Seilschaften und Vernetzungen der „neuen Rechten“. Picus-Verlag, Wien 1995, ISBN 3-85452-289-4, S. 201.
  2. Norbert Mappes-Niediek: Österreichs Rechte macht Jagd auf unbequemen Journalisten. Extremismus-Experte als Bombenbauer verdächtigt. In: Berliner Zeitung. 30. September 1997, abgerufen am 10. Juni 2015.
  3. amnesty international: amnesty international: Jahresbericht 1996. Österreich (Republik), 11. September 1997 (Memento vom 16. Oktober 2008 im Internet Archive)
  4. Report of the Special Rapporteur, Mr. Nigel S. Rodley, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1997/38 (E/CN.4/1998/38), 24. Dezember 1997
  5. http://daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G96/144/94/PDF/G9614494.pdf (Link nicht abrufbar)
  6. Einladung zur Verleihung des Willy und Helga Verkauf-Verlon Preises des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes für österreichische und antifaschistische Publizistik 1998 an Anton Pelinka (pdf; 489 kB)
  7. Andreas Peham: Wolfgang Purtscheller (1955–2016). In: DÖW-Mitteilungen, Folge 225, März 2016, S. 8.
  8. Florian Klenk: Der Tod von Wolfgang Purtscheller ist geklärt. Kein Fremdverschulden. In: Falter, Nr. 03/2016 vom 20. Jänner 2016, S. 19.
  9. Markus Götte: "Bei uns werden wieder die Koffer gepackt" (Interview mit Heribert Schiedel). In: die tageszeitung, 13. Dezember 1995, S. 3.
  10. Grabstelle Wolfgang Purtscheller, Wien, Sieveringer Friedhof, Gruppe 35, Nr. 9.