Yushō-Krankheit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Klassifikation nach ICD-10
T53 Toxische Wirkung von halogenierten aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Desodorierungsturm für Reisölverarbeitung

Die Yushō-Krankheit, Yushō-Vergiftung, Kanemi-Öl-Vergiftung oder Öl-Krankheit (japanisch カネミ油症事件, Kanemi Yushō jiken) ist ein Symptomkomplex, der durch Vergiftung mit polychlorierten Biphenylen (PCB), polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF) und weiteren chlororganischen Verbindungen verursacht wird. Das Wort stammt von der japanischen Bezeichnung yushō (jap. 油症), wörtlich „Öl-Symptom“.

Übersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das erste Mal kam es 1968 in der japanischen Präfektur Fukuoka zu einem solchen Vergiftungsfall. Im Februar und März beobachtete man Atmungsprobleme bei Geflügel. Wie später klar wurde, hatte man dessen Futter Reisöl der Firma Kanemi Sōko beigemischt. Im Juni traten erstmals auch bei Menschen Hautausschläge und Probleme mit inneren Organen auf. Im Oktober untersuchte man in der Universität Kyūshū eine Reisölprobe, die einer der Patienten zur Verfügung gestellt hatte, und stellte eine Kontaminierung mit PCB und Furanen fest. Bei Nachforschungen in der Raffinationsanlage des Herstellers entdeckte man zwei Lecks in einer Heizschlange, ein kleineres infolge von Korrosion, ein größeres als Folge von fehlerhaften Schweißarbeiten im Januar 1968. Über diese Lecks geriet PCB in das Speiseöl.[1] Die PCB-Konzentration im Reisöl betrug ungefähr 2000 ppm, sodass die durchschnittlich aufgenommene Gesamtdosis an PCB vier bis fünf Gramm innerhalb eines halben Jahres betrug.[2]

Bei etwa 2000 Personen, die ihre Nahrung mit diesem Reisöl zubereiteten, kam es zu Chlorakne, Haut- und Schleimhautläsionen, starkem Tränenfluss, Abmagerungen, Leber-, Milz- und Nierenschäden. Auch endokrinologische Störungen wie veränderte Menstruationszyklen und gestörte Immunantworten wurden beobachtet. Die Haut von Neugeborenen vergifteter Mütter war in 90 % der Fälle dunkel gefärbt und führte zur Bezeichnung kuroi akachan („schwarze Babys“). Bei den Betroffenen wurde auch ein vermehrtes Auftreten von Lebertumoren festgestellt.

In Taiwan gab es 1979 einen ähnlichen Vorfall, für den man die im Chinesischen yucheng (pinyin: yóuzhèng) gelesene Bezeichnung aus dem Japanischen übernahm.[3]

Der Einsatz von PCB wurde 1978 in offenen Systemen untersagt, seit 1989 in Deutschland generell verboten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tsuguo Suzuki, Hideo Kobayashi: Contamination of rice bran oil with PCB used as the heating medium by leakage through penetration holes at the heating coil tube in deodorization chamber (1968) (Japan Science and Technology Agency (JST): Failure Knowledge Database / 100 Selected Cases (full paper))
  • Harukuni Urabe, Masakazu Asahi: Past and Current Dermatological Status of Yusho Patients. Environmental Health Perspectives 59, 11–15, 1985, PMC 1568099 (freier Volltext)
  • Yasunobu Aoki: Polychlorinated Biphenyls, Polychloronated Dibenzo-p-dioxins, and Polychlorinated Dibenzofurans as Endocrine Disrupters—What We Have Learned from Yusho Disease. In: Environmental Research. Vol. 86, Nr. 1, Mai 2001, S. 2–11, doi:10.1006/enrs.2001.4244.
  • Shōjirō Akashi (明石 昇二郎): 黒い赤ちゃん : カネミ油症34年の空白. Kōdansha, Tokio 2002.
  • Hideyuku Kanawa (川名 英之): 検証・カネミ油症事件. Ryokufu Shuppan, Tokio 2005.
  • S. Noma (Hrsg.): Kanemi Oil Poisening Incident. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S. 735.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tsuguo Suzuki, Hideo Kobayashi, 1968.
  2. Franz Joseph Dreyhaupt (Hrsg.): VDI-Lexikon Umwelttechnik. VDI-Verlag Düsseldorf 1994, ISBN 3-18-400891-6, S. 1330.
  3. A. Schecter, L. Birnbaum, J.J. Ryan, J.D. Constable: Dioxins: An overview. Environmental Research 101 (2006), S. 419–428, doi:10.1016/j.envres.2005.12.003