Zerkariendermatitis
Klassifikation nach ICD-10 | |
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B65.3 | Zerkariendermatitis |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Badedermatitis ist eine harmlos verlaufende Infestation des Menschen mit winzigen Larven von Saugwürmern der Gattung Trichobilharzia spp., darunter Trichobilharzia szidati.[1] Der Befall von Menschen geschieht irrtümlich; sie sind aus Sicht der Wurmlarven ein sogenannter Fehlwirt.
Medizinisch spricht man auch von Zerkarien-Dermatitis oder Schistosomatiden-Dermatitis. Die Veterinärmedizin bezeichnet die Erkrankung als Entenbilharziose, im Volksmund spricht man von Weiherbeiß (Süddeutschland) oder Entenflöhen (Schweiz).[2]
Vorkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erkrankung wurde in den 1920er-Jahren erstmals beschrieben und kommt heute weltweit vor, vorwiegend aber in Nordamerika und Mitteleuropa. Eigentlicher Endwirt sind Wasservögel, hauptsächlich Enten; erster Zwischenwirt sind aquatil lebende Lungenschnecken, vor allem der Gattungen Lymnaea (z. B. Spitzschlammschnecke) und Radix.[3]
Entwicklungszyklus
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Von Trematoden befallene Wasservögel geben über ihren Kot Wurmeier ins Wasser ab. Die geschlüpften Larven der ersten Generation (Miracidien) befallen Wasserschnecken als Zwischenwirt. Nach eventuellen weiteren Zwischenwirten wie Fischen oder Kaulquappen gelangt die dritte Larvengeneration – die Zerkarien – neuerlich ins Wasser. Diese Larven suchen sich einen Endwirt (Entenvogel), durchdringen dessen Haut und entwickeln sich in seinem Darm zu geschlechtsreifen Saugwürmern. Die Larven werden vor allem bei Temperaturen über 24 °C freigesetzt. Irrtümlich wird auch die Haut von badenden Menschen durchbohrt. Dort sterben die Zerkarien jedoch nach kurzer Zeit ab.
Mögliches Überleben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei Mäusen wurde auch mehrtägiges Überleben und Befall der Lungenbläschen beobachtet,[4] ohne dass eine Immunreaktion stattfand,[5] sowie des Nervensystems (durch Trichobilharzia regenti), wobei Nervengewebe durch die Zerkarien zerstört wird,[6] was zu Lähmungen führt.[7] Dies kann zum jetzigen Zeitpunkt (Stand 2015) für Menschen nicht vollständig ausgeschlossen werden,[8][9] allerdings sind bisher keine entsprechenden Fälle bekannt.
Krankheitsbild beim Menschen
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Zunächst verursacht der Befall einen Juckreiz und nur eine geringfügige Lokalreaktion der Haut, ähnlich einem Mückenstich. Ein Zweitbefall führt aufgrund des immunologischen Gedächtnisses allerdings zu einer wesentlich stärkeren Abwehrreaktion des Körpers, was sich nach mehreren Stunden als starker Juckreiz und rötliche Quaddel- oder Papelbildung an der jeweiligen Eindringstelle bemerkbar macht.[1] Nach 10 bis 20 Tagen heilen die Läsionen mit oder ohne Therapie vollständig ab; der Juckreiz lässt bereits nach einigen Tagen nach. Der Befall ist also zwar unangenehm und lästig, aber in der Regel harmlos – ganz im Gegensatz zur Bilharziose in vorwiegend subtropischen und tropischen Ländern.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stefan Werner u. a.: Badedermatitis – Ökologie und Auftreten des Auslösers Trichobilharzia franki am Bodenseeufer und Entwicklung von Maßnahmen zur Verminderung des Befalls, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 123. Jg. 2005, S. 257–274 (Digitalisat)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Badedermatitis Patienteninfo von NetDoktor.at
- Lebenszyklus der Zerkarien; Schwierigkeiten der Bekämpfung ( vom 17. Juli 2012 im Internet Archive)
- Forschungsprojekt am Naturhistorischen Museum Wien
- Forscher entwickeln Schutzcreme gegen „Bade-Dermatitis“
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Tomáš Macháček, Libuše Turjanicová, Jana Bulantová, Jiří Hrdý, Petr Horák: Cercarial dermatitis: a systematic follow-up study of human cases with implications for diagnostics. In: Parasitology Research. Band 117, Nr. 12, Dezember 2018, ISSN 0932-0113, S. 3881–3895, doi:10.1007/s00436-018-6095-0.
- ↑ Wo der Weiherbeiß lauert. Süddeutsche Zeitung, 19. Juli 2016; abgerufen am 2. Juli 2019
- ↑ Stefan Werner: Wenn’s im Sommer juckt und beißt …: Die Badedermatitis. Limnologisches Institut, Universität Konstanz, bodensee-ufer.de ( des vom 23. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 54 kB).
- ↑ W. Haas, U. Pietsch: Migration of Trichobilharzia ocellata schistosomula in the duck and in the abnormal murine host. In: Parasitol Res., 1991, 77(7), S. 642–644, PMID 1792237.
- ↑ M. Chanová et al.: Trichobilharzia szidati: the lung phase of migration within avian and mammalian hosts. In: Parasitol Res., 2007 May, 100(6), S. 1243–1247.
- ↑ L. Lichtenbergová et al.: Trichobilharzia regenti: Host immune response in the pathogenesis of neuroinfection in mice. In: Exp Parasitol., 2011 May 1
- ↑ L. Kolářová et al.: Histopathology of CNS and nasal infections caused by Trichobilharzia regenti in vertebrates. In: Parasitol Res., 2001 Aug, 87(8), S. 644–650.
- ↑ L. Kolářová et al.: Histopathology of CNS and nasal infections caused by Trichobilharzia regenti in vertebrates. In: Parasitology Research, Aug. 2001, Band 87, Nr. 8, S. 644–50, doi:10.1007/s004360100431.
- ↑ L. Lichtenbergová et al.: Trichobilharzia regenti: Host immune response in the pathogenesis of neuroinfection in mice. In: Experimental Parasitology, August 2011, Band 128, Nr. 4, S. 328–335, doi:10.1016/j.exppara.2011.04.006.