Untere Papiermühle (Treuchtlingen)

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Untere Papiermühle
Koordinaten: 48° 58′ N, 10° 57′ OKoordinaten: 48° 57′ 55″ N, 10° 56′ 41″ O
Höhe: 422 m ü. NHN
Einwohner: (2004)
Postleitzahl: 91757
Vorwahl: 09142
Die Untere Papiermühle
Die Untere Papiermühle
Front des Mühlengebäudes
Portal des Mühlengebäudes von 1765

Untere Papiermühle ist ein Gemeindeteil der Stadt Treuchtlingen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen (Mittelfranken, Bayern).

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Einöde liegt unterhalb der Oberen Papiermühle am Übergang des Schambachtales zum Altmühltal östlich von Treuchtlingen und südwestlich von Schambach. Westlich der Mühle führt die Bundesstraße 2 vorbei. Das Anwesen ist über die Bachgasse von Schambach aus zu erreichen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die beiden Papiermühlen Schambachs, deren genaues Alter nicht bekannt ist, galten im 18. Jahrhundert als „gut“.[1] 1684 heißt der „unter Müller“ in Schambach Andreas Drießler.[2] Der bis 1707 in Möhren ansässige Jude Schimmel lieferte der Mühle die benötigten Lumpen;[3] eine Papiermühle brauchte jährlich im Schnitt 500 Zentner Lumpen zum Verarbeiten.[4] Zwischen 1749 und 1786 besaß der aus Frankreich vertriebene Hugenotte Jacob Christoph Quinat die Papiermühle.[5] Er erbaute 1764/65 das noch heute existierende Mühlen- und Manufakturgebäude als großen, zweigeschossigen Satteldachbau, an dem er ein St. Georgs-Wappen mit seinen Initialen anbringen ließ.[6] Sein Papier, das er ab 1770 herstellte, stattete er mit dem Wasserzeichen „IC Q“, seinen Initialen, aus. Am Ende des Heiligen Römischen Reiches gehörte die Untere Papiermühle (mit Walkgang)[7] zur Herrschaft Pappenheim, die auch die Hochgerichtsbarkeit über die Mühle besaß, und zur evangelischen Pfarrei Dietfurt.[8]

Seit 1806 im Königreich Bayern, wurde die Mühle dem Steuerdistrikt Dietfurt im Untergericht Pappenheim des Rentamtes Greding, ab 1815 des Rentamtes (später Bezirksamt, dann Landkreis) Weißenburg zugeordnet;[9] die pappenheimerische Patrimonialgerichtsbarkeit wurde 1848 aufgehoben. Mit dem Gemeindeedikt wurde der Steuerdistrikt 1818 zur Gemeinde Schambach umgestaltet, die im Zuge der Gebietsreform in Bayern zum 1. Juli 1971 nach Treuchtlingen eingemeindet wurde.[10][11]

1811 wurde die Mühle nach dem Konkurs von Jakob Christoph Quinat versteigert.[12] Sein Nachfolger hielt die Papierherstellung bis 1820 aufrecht, danach wurde sie zur Walkmühle, später zur Getreidemühle umgestaltet.[13] 1853 ging das Anwesen an die Familie Fackelmeier, jetzt Schweinesbein, über.[6] 1960 wurde das Getreidemahlen eingestellt und das Mühlenanwesen als landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetrieb weitergeführt.[14]

Das steildachige Mühlengebäude von 1765, das bis in die 2010er Jahre von zwei Lindenbäumen aus dem 18. Jahrhundert flankiert wurde, ist nebst einem eingeschossigen Wirtschaftsanbau und einer Scheune in Jura-Bauweise, wohl aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammend, in die Bayerische Denkmalliste eingetragen.[15]

Einwohnerzahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1818: 16 Einwohner[16]
  • 1824: 14 Einwohner, 1 Anwesen[16]
  • 1846: 03 Einwohner, 1 Familie, 1 Haus[17]
  • 1861: 09 Einwohner, 3 Gebäude[18]
  • 1950: 16 Einwohner, 2 Gebäude[16]
  • 1961: 03 Einwohner, 1 Wohngebäude[19]
  • 1987: 02 Einwohner, 1 Wohngebäude[20]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Untere Papiermühle (Treuchtlingen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Joh. Georg Friedrich Jakobi: Neue Sammlung geographisch-historisch-statistischer Schriften. 3 Bd., Weißenburg im Nordgau 1784, S. 342
  2. Strassner, S. 60
  3. Karl Stöber: Der Erzähler aus dem Altmühltale. Stuttgart: J. F. Steinkopf 1851, S. 4, siehe [1]
  4. Handlungs-Zeitung oder Wöchentliche Nachrichten von Handel, Manufakturwesen, Künsten und neuen Erfindungen, 44. Stück, Gotha, 3. November 1792, S. 352, siehe [2]
  5. Schelling. Historisch-kritische Ausgabe, 1988, Bd. 1, Teil 4, S. 11; Heimatbuch Treuchtlingen, S. 144
  6. a b Informationstafel am Mühlengebäude
  7. Repertorium des topographischen Atlasbandes Weissenburg, 1831 S. 21, siehe [3]
  8. Hofmann, S. 150
  9. Hoffmann, S. 199f.; 255
  10. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 593.
  11. Heimatbuch Treuchtlingen, S. 209
  12. Intelligenz-Blatt der Königl. Baierischen Kreis-Hauptstadt Eichstätt vom 15. Juni 1811
  13. Informationstafel am Mühlengebäude; Heimatbuch Treuchtlingen, S. 144
  14. Heimatbuch Treuchtlingen, S. 144
  15. Gotthard Kießling: Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Reihe „Denkmäler in Bayern“. München: Karl M. Lipp Verlag 2000, S. 634
  16. a b c Hofmann, S. 255
  17. Eduard Vetter: Statistisches Hand- und Addreßbuch von Mittelfranken im Königreich Bayern, Ansbach 1846, S. 283, siehe [4]
  18. Joseph Heyberger, Chr. Schmitt, v. Wachter: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. In: K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Band 5. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1867, OCLC 457951812, Sp. 1105, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10374496-4 (Digitalisat).
  19. Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961. Heft 260 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1964, DNB 453660959, OCLC 230947413, Abschnitt II, Sp. 836 (Digitalisat).
  20. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987. Heft 450 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München November 1991, DNB 94240937X, OCLC 231287364, S. 353 (Digitalisat).