Leittechnik

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Die Leittechnik fasst die Datenströme der untergeordneten Ebenen, dem Feld oder einzelner Zellen, wie zum Beispiel Signale der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik zusammen, um dadurch den gesamten Fertigungsprozess zu steuern und zu überwachen.

Die Leittechnik findet in Form eines Leitsystems ihren Platz im Leitstand eines Betriebes.

In der Automatisierungspyramide gehört das Leitsystem zur Leitebene. Der Begriff Leittechnik wird aber weiter gefasst und umfasst auch die Steuerungs- und Betriebsleitebene, zum Teil auch die Feldebene.[1]

Leittechnik in unterschiedlichen Anwendungsbereichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leittechnikstand zweier Flammrohrrauchrohrkessel.

Der Begriff Leittechnik wird in unterschiedlichen Anwendungsbereichen angepasst genutzt. Dabei wird der Begriff Leittechnik zumeist als Sammelbegriff für folgende drei Bereiche gesehen:

  • Feldebene
  • Steuerungsebene
  • Managementebene

Zusätzlich umfassen die Begriffe anwendungsspezifische Aspekte.

Begriff Anwendungsbereich
Prozessleittechnik Verfahrenstechnik
Netzleittechnik Versorgungsnetze für Strom / Gas / Wasser / Fernwärme
Betriebsleittechnik Schienenverkehr
Gebäudeleittechnik Gebäudeautomation
Fertigungsleittechnik Fertigungstechnik

Normen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leittechnikbegriffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

IEC 60050-351
Bereich Leittechnik
Titel Internationales Elektrotechnisches Wörterbuch – Teil 351: Leittechnik
Kurzbeschreibung: Grundbegriffe der Leittechnik
Letzte Ausgabe 25. November 2013
Nationale Normen DIN IEC 60050-351:2014-09
Vornorm DIN V 19222
Bereich Leittechnik
Titel Leittechnik -Begriffe
Kurzbeschreibung: Grundbegriffe der Leittechnik
Erstveröffentlichung März 1985
Letzte Ausgabe 1. September 2001
Zurückgezogen Juni 2009

Die Norm IEC 60050-351 Internationales Elektrotechnisches Wörterbuch – Teil 351: Leittechnik legt Grundbegriffe der Leittechnik fest, unter anderen auch Prozess und Leiten. Sie ersetzt in Deutschland als DIN-Norm DIN IEC 60050-351 die DIN V 19222:2001-09.

Leiten
zweckmäßige Maßnahmen an oder in einem Prozess, um vorgegebene Ziele zu erreichen“

DIN IEC 60050-351:2009-06, 351-21-29

Die IEC 60050 beschreibt die Leitebene als „Gesamtheit aller Leiteinrichtungen gleichen Rangs in einer Leithierarchie“ und definiert einige Ebenen und erwähnt weitere in Beispielen. Zusammen ergibt sich die Ebenenstruktur wie im UML-Klassendiagramm dargestellt. In den Anwendungen können einzelne Ebenen entfallen.

Klassendiagramm zum Zusammenhang der Leitebenen.

Als typische Anwendungsbeispiele der Leittechnik werden genannt:

  • Produktionsleittechnik
  • Verfahrensleittechnik
    • Fließprozesse
    • Chargenprozesse
  • Fertigungsleittechnik
    • Stückgutprozesse
    • Stückgutprozesse Werkstattfertigung
  • Kraftwerksleittechnik
  • Netzleittechnik
  • Gebäudeleittechnik
  • Verkehrsleittechnik
  • Kommunikationsleittechnik

Relevante Normen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zahlreiche Normen sind für die Leittechnik von Bedeutung. Hier einige Beispiele:

Norm Titel
ATV-DVWK-M 253 Automatisierungs- und Leittechnik auf Abwasseranlagen
CLC/TR 61158 Digitale Datenkommunikation in der Leittechnik – Feldbus für industrielle Leitsysteme
DIN 19223 (zurückgezogen) Leittechnik – Regeln für die Benennung von Messgeräten – 6.2009 ersetzt durch DIN EN 62419
DIN 19226 (zurückgezogen) Leittechnik; Regelungstechnik und Steuerungstechnik – 6.2009 ersetzt durch DIN IEC 60050-351
DIN 19227-1 (zurückgezogen) Leittechnik; Graphische Symbole und Kennbuchstaben für die Prozessleittechnik – 1.2010 ersetzt durch DIN EN 62424
DIN 43735 Leittechnik – Elektrische Temperaturaufnehmer für Widerstandsthermometer und Thermoelemente
DIN 43772 Leittechnik – Metall-Schutzrohre und Halsrohre für Maschinen-Glasthermometer, Zeigerthermometer, Thermoelemente und Widerstandsthermometer – Masse, Werkstoffe, Prüfung
DIN 44030 Leittechnik; Lichtschranken und Lichttaster
DIN V 19222 (zurückgezogen) Leittechnik – Begriffe – 6.2009 ersetzt durch DIN IEC 60050-351
DIN V 19233 (zurückgezogen) Leittechnik – Prozessautomatisierung – Automatisierung mit Prozessrechensystemen, Begriffe – 6.2009 ersetzt durch DIN IEC 60050-351
DIN V 19247 (zurückgezogen) Leittechnik – Einrichtung für den Sauerstoffeinsatz in der Prozesstechnik
DIN V 19249 Leittechnik – Sicherheit von nichtelektrisch betriebenen Geräten, Einrichtungen und Systemen und nichtelektrischen Geräteteilen von elektrisch betriebenen Geräten – Allgemeine Anforderungen
DIN VDE 0119 Zustand der Eisenbahnfahrzeuge – Leittechnik
EN 45510 Leitfaden für die Beschaffung von Ausrüstungen für Kraftwerke
EN 61069 Leittechnik für industrielle Prozesse – Ermittlung der Systemeigenschaften zum Zweck der Eignungsbeurteilung eines Systems
IEC 61158
IEC 61784
Digitale Datenkommunikation in der Leittechnik – Feldbus für industrielle Leitsysteme
EN 62424 Darstellung von Aufgaben der Prozessleittechnik – Fließbilder und Datenaustausch zwischen EDV-Werkzeugen zur Fließbilderstellung und CAE-Systemen
IEC 60050-351 Internationales Elektrotechnisches Wörterbuch – Teil 351: Leittechnik
IEC 60671
IEC 60880
IEC 61513
IEC 62138
Kernkraftwerke – Leittechnik für Systeme mit sicherheitstechnischer Bedeutung
IEC 62264 (EN 62264) Integration von Unternehmens-EDV und Leitsystemen
IEC 62443 IT-Sicherheit für industrielle Leitsysteme

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in den 1950er Jahren wurden erste leittechnische Einrichtungen mittels Relaistechnik und Analogtechnik realisiert und für Regelung, einfache Steuerungstechnik und Fernsteuerung eingesetzt. Diese wurden zum Teil an Schalttafeln bedient.

In den 1960er Jahren lösten verbindungsprogrammierte elektronische Steuerungen zunehmend die Relaistechnik ab und es wurden Prozessrechner, vor allem der Firma DEC aus der Serie PDP, für leittechnische Aufgaben benutzt. Zu dieser Zeit kamen Mosaikschaltwarten für größere fest verdrahtete Leuchtschaltbilder für den Handbetrieb zum Einsatz, die leichter bei Anlagenumbauten angepasst werden können.

Mit dem Aufkommen von speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) in den 1970er Jahren, wurden einfache Steuerungsaufgaben vom Prozessrechner auf diese verlagert. In den 1980er und 1990er Jahren ersetzten SPS den Prozessrechner in der Steuerungsebene immer mehr.

In den 1980er Jahren verdrängten zusätzlich UNIX-Lösungen, vor allem auf Basis System V, spezielle Prozessrechnerlösungen in den überlagerten Ebenen.

Die Normung des Ethernet (z. B. OSI-Modell) verhalf diesem zum Durchbruch in der Leittechnik. Ab Mitte der 1980er Jahre wird Ethernet zunehmend zur Vernetzung von SPS und Leitrechnern benutzt.

Personal Computer waren ursprünglich nicht für den Leittechnikeinsatz gedacht, drangen aber als Industrie-PC-Ausführung Ende der 1980er und in den 1990er Jahren in die Leittechnik ein. Dieser Trend verstärkte sich mit der Einführung von Microsoft Windows NT und setzt sich bis heute fort, konnte aber nicht die SPS verdrängen, obwohl dies von einigen Fachleuten vorhergesagt wurde. Im gleichen Zeitraum wurden Feldbusse entwickelt, die zu einer erheblichen Kostenreduzierung in der Feldverdrahtung führten und sich deshalb schnell durchsetzten.

In den 1990er Jahren begann die Vernetzung der Leittechnikinseln untereinander und mit anderen EDV-Systemen. Deshalb haben offene Standards zum Datenaustausch, wie z. B. OPC, eine große Bedeutung gewonnen. Für die Vernetzung der Leitsysteme, auch mit anderen EDV-Systemen, hat sich TCP/IP als Kommunikation weitgehend durchgesetzt.

Diese Trends setzten sich nach 2000 fort und haben die Anforderung an Interoperabilität und Plattformunabhängigkeit verstärkt, was zu weiteren Standardisierungsbemühungen (z. B. PROFINET, Ethernet für die Vernetzung in der Feldebene) und serviceorientierten Ansätzen in der Leittechnik geführt hat.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Leittechnik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Olof Leps: Der Aufbau von Betriebs- und Steuerungsanlagen. In: Hybride Testumgebungen für Kritische Infrastrukturen. Springer Vieweg, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-22613-8, S. 25–39, doi:10.1007/978-3-658-22614-5_3.