República

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Repúblicas (auch república de estudantes oder solar de estudantes)[1] sind Organisationen in Portugal und Brasilien, die Wohnmöglichkeiten für Universitätsstudenten in Selbstverwaltung bereitstellen. Sie haben oft humoristische, satirische, und gelegentlich auch bewusst sinnlose Namen und stehen für einen besonderen Studenten-Lebensstil.

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

República kommt vom lateinischen res publica, „öffentliche Sache“ oder „öffentliche Angelegenheit“.[1]

Historische Ursprünge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die República Corsários das Ilhas in Coimbra

An der in 1290 gegründeten Universität Coimbra liegen die Ursprünge der sogenannten Repúblicas. Im vierzehnten Jahrhundert befahl der 6. König Portugals, Dinis I., durch königliches Dekret von 1309, den Bau von Häusern für Studenten in Coimbra.

Diese Häuser mussten – so das königliche Dekret – den Studenten der Universität zur Verfügung stehen, die Höhe der Miete musste von einer Kommission festgelegt werden, die aus Bürgern der Stadt sowie Vertretern der Studentenschaft bestand.

So entstanden aus einer Gemeinschaft, die die finanziellen Belastungen minimierte, im Laufe der Zeit die heutigen Repúblicas. In ihrem Umfeld entstand die Liedform des Fado de Coimbra, eine studentische, strenge Variante des Fados.

Noch heute zeichnen sich die „casas“ (dt.: „Häuser“) durch die Verehrung universeller Werte aus, die Vergangenheit und Gegenwart vereinen: Gemeinschaftsleben, Souveränität und Demokratie. Beschlüsse werden in der Regel einstimmig gefasst und die Leitung des „Hauses“ obliegt allen Mitgliedern.

Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Unterschied zu klassischen Studentenheimen haben die Repúblicas neben dem erfolgreichen Studienabschluss ihrer Bewohner und der Schaffung von studentischem Wohnraum auch andere Ziele. Darüber hinaus sollen die Studenten in der Selbstverwaltung das Leben in Gemeinschaften lernen, sie sollen nach dem Bohème-Lebensstil lernen in Versammlungen ihre Meinung zu artikulieren, an demokratischen Prozessen teilzunehmen, um Debatten und Nachdenken über komplexere Themen anzuregen.[2]

In Portugal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rechtliche Sonderstellung und aktuelle Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die República Baco in Coimbra
Die República dos Galifões in Coimbra

Die heutigen Repúblicas genießen im portugiesischen Gesetz eine Sonderstellung als selbstverwaltete, gemeinnützige Organisationen.[3] Voraussetzung ist, dass sie sich nach mit entsprechender Zustimmung des Universitätsrektors konstituieren. Nach akademischer Praxis sind sie Vereine ohne juristische Rechtspersönlichkeit.

Repúblicas sind theoretisch nicht einer bestimmten politischen Richtung zuzuordnen. In der Praxis sind sie jedoch eher links orientiert und unterscheiden sich in diesem Punkt von dem meisten Studentenverbindungen aus dem deutschsprachigen Raum.

1985 wurde das Gesetz,[4] in dem die Situation der Repúblicas festgelegt ist, erweitert, da der Real República do LYS.O.S. in Porto die Zwangsräumung durch den Eigentümer des Hauses drohte. Um in das Verfahren eingreifen zu können, musste die gesetzliche Stellung der Repúblicas verbessert werden.

Am 28. April 1989 wurde das im Studienjahr 1953/54 gegründete Lar da AEIST zur ersten República in Lissabon, der A Desordem dos Engenheiros.[5] Anschließend wurden in Lissabon zwei weitere Repúblicas gegründet: die República do 69 und die República do Santo Condestável.

Auch innerhalb der Verwaltung der Universitäten haben die Repúblicas Sonderrechte.[6]

In Coimbra gibt es derzeit mehr als zwei Dutzend Repúblicas, von denen die meisten im Verband „Concelho das Repúblicas“ (CR) (dt.: Rat der Repúblicas) organisiert sind. Dieser tritt auf Antrag einer der Repúblicas zusammen und trifft seine Entscheidungen einstimmig.[7][8][9]

Praxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die meisten Repúblicas wenden sich gegen die Praxis der „Praxe“, Aufnahmerituale, die von den Erstsemestern der jeweiligen portugiesischen Universität häufig entwürdigende Tätigkeiten verlangen.[10][11][12]

Aufnahme von neuen Bewohnern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem ein neuer Bewohner durch Abstimmung angenommen wurde, verbringt er einige Zeit damit, Erfahrungen zu sammeln. Während dieser Zeit trägt er je nach República den Titel „Plebeu“ (dt. Plebejer), „Candidato“ (dt. Kandidat) oder eine andere Bezeichnung. Später wird er einer erneuten Abstimmung als „Repúblico“, also als ständiger Bewohner, angenommen.

Verwaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die interne Verwaltung jeder República obliegt den jeweiligen Repúblicos, da diese alle zueinander gleich sind. Die Repúblicas geben, anders als bei der Praxe, den Gedanken der Hierarchie, zugunsten der Gleichberechtigung aller Bewohner, auf.

Arten von Repúblicas[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Gründung einer República wird entschieden, ob diese Studierende jeglicher Art aufnimmt oder nur Studierende einer bestimmten Universität oder Fakultät. Weiter gibt es Repúblicas, die Männer, Frauen oder Vertriebene bevorzugen, dies ist jedoch keine zwingende Voraussetzung für die Aufnahme in die República.

Traditionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schreibweise des „Plebeu“ und des „Repúblico“ für einen Bewohner ist eine der großen Traditionen, die sich im Laufe der Jahre überliefert hat, ebenso wie der Grundsatz „Um ano vale por 100“ (dt. Ein Jahr ist 100 Jahre wert), der dazu führt, dass jedes Jahr ein hundertjähriges Jubiläum mit "offenen Türen" der República gefeiert wird. Im Laufe der Jahre gibt jede República auch eine Hymne und Symbole an die jüngeren Mitglieder weiter, und manchmal auch einen Schrei, welche die Identität des jeweiligen Hauses zeigt.

In Brasilien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch in Brasilien gibt es Repúblicas nach portugiesischem Vorbild. Insbesondere im Bundesstaat Minas Gerais, wie in Ouro Preto und Diamantina, und im Bundesstaat São Paulo ist das República-Wesen sehr stark ausgeprägt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Repúblicas in Coimbra – Sammlung von Bildern

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b FERREIRA, A. B. H. Novo dicionário da língua portuguesa. 2.ª edição. Rio de Janeiro. Nova Fronteira. 1986. p. 1 490.
  2. CARREIRO, T. Viver Numa República de Estudantes de Coimbra. 2004.
  3. Auf Impuls des damaligen Stellvertreters Miguel Anacoreta Correia von der Casa Comunitaria dos Symbas
  4. Diário da República N.º 139 – 20-06-1985
  5. República "A Desordem dos Engenheiros" – Instaurada a 28 de Abril de 1989. Abgerufen am 9. April 2024 (europäisches Portugiesisch).
  6. Liste der Repúblicas auf der Webseite der Universität Coimbra
  7. https://www.studiox.bg: Student republics are living monuments of democracy in Coimbra | TheMayor.EU. 10. April 2024, abgerufen am 11. April 2024 (englisch).
  8. Antonio L: Republics of Coimbra: Marías de Loureiro. 30. Juli 2016, abgerufen am 11. April 2024.
  9. The Republics of Coimbra (Repúblicas em Coimbra) – Participedia. Abgerufen am 11. April 2024 (englisch).
  10. Sara Alves, Deutsche Schule zu Porto: Harte Rituale gehören zur Tradition an Portugals Universitäten. In: FAZ.NET. 4. Juni 2018, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 9. April 2024]).
  11. Harte Rituale gehören zur Tradition an Portugals Universitäten. 30. Oktober 2018, abgerufen am 10. April 2024.
  12. Thomas Fischer: Wie eine künftige Elite das Schikanieren lernt. In: Neue Zürcher Zeitung. 9. August 2016, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 10. April 2024]).