ADB:Sohn, Carl

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Artikel „Sohn, Karl Ferdinand“ von Max Georg Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 544–546, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sohn,_Carl&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 15:35 Uhr UTC)
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Sohn: Karl Ferdinand S., Historien- und Porträtmaler. Geboren zu Berlin am 10. December 1805, † am 25. November 1867 in Köln. S. begann seine Studien 1823 an der Berliner Akademie. Nachdem er sämmtliche Classen derselben durchgemacht hatte, trat er in das Privatatelier Wilhelm Schadow’s. Mit demselben siedelte er 1826 nach Düsseldorf über. Bei seiner Frühreife fanden schon seine ersten Werke den ganzen Beifall des deutschen Publicums. Nachdem schon eine niederländische Reise von bedeutendem Einfluß auf ihn gewesen war, ging ihm eine neue Welt auf bei einer italienischen Reise, die er 1830 mit Schadow und andern Freunden unternahm. Nicht nur die dort geschauten Kunstwerke, sondern auch der Zauber des südlichen Landes, mit den Erinnerungen einer großen Vergangenheit, mit seinem reichen prächtigen Leben, seiner Schönheit und Poesie wirkten mächtig auf ihn ein, dieser Einfluß erhielt seiner Naturanlage und der Zeitströmung zufolge eine romantische Richtung. Die Stärke seiner künstlerischen Begabung und seines Charakters ließen ihn diese Eindrücke in seiner kräftigen und originalen Persönlichkeit verarbeiten. „Sein besonderes technisches Talent überwog das seiner Mitschüler wie das des Lehrers selbst und gleich in seinen ersten Bildern zeigt er sich im Verhältniß zu den Genossen als einen Virtuosen in der Behandlung. Mit der ihm eigenen Mäßigung beschränkte er sich auf einen engeren Kreis von Darstellungen, er suchte die schöne Erscheinung festzuhalten, Menschen im schönsten Moment ihres Daseins zu geben. Schöne Mädchen und Jünglinge, reizende Weiber in aller Pracht eines üppigen Daseins, in ruhigen Situationen, sind die Gegenstände seiner Gemälde, es ist eine glückselige Welt, worin seine Phantasie sich ergeht, die von keiner bösen Leidenschaft bewegt, höchstens durch elegisches Liebesleid getrübt wird. Schon in seinen ersten Bildern überwand S. die größten Schwierigkeiten der Malerei, er bewährte sich als Meister in der Darstellung des Nackten, als Fleischmaler ersten Ranges. S. war vor allem Colorist, Colorist im Sinne Tizian’s, jedoch kein Nachahmer dieses Meisters, seine Darstellungsweise ist ihm ganz eigenthümlich. Sohn’s Farbe ist stets harmonisch, der Ton des Fleisches bedingt die übrigen Farben, bei welchen der Localton nur bewahrt ist, aber niemals im Bilde vorklingt. Seine Behandlung ist von unnachahmlicher Eleganz; er besaß eine Leichtigkeit und Sicherheit der Hand, welche sie die größten Schwierigkeiten scheinbar spielend überwinden ließ und seiner Farbe eine außerordentliche Zartheit und einen Glanz giebt, den wir bei wenig anderen Künstlern finden. Dennoch macht die Eleganz der Behandlung sich niemals für sich allein geltend, wenn auch mitunter die Zeichnung der einzelnen Formen nicht mit aller [545] Strenge durchgeführt ist. Es ist in allen seinen Bildern eine schöne Mäßigung, eine sanfte Harmonie. Sie erscheinen coloristisch immer vollendet und in ihrer Weise vollkommen“. (Blanckarts.) Die Zahl seiner historischen Bilder ist nicht groß und reicht nur bis zum Jahre 1853, weil er immer stark durch Bildnisse und seine Lehrthätigkeit in Anspruch genommen wurde, nach 1853 hat er nur noch Bildnisse gemalt. Der Inhalt seiner meisten historischen Gemälde ist die Liebe, aber nicht die sinnliche, sondern die romantisch vergeistigte, zuweilen mit einer Hinneigung zum Elegischen. Oefters hat er seine Stoffe der Dichtkunst entlehnt. So gleich in seinem ersten Bilde „Rinaldo und Armida“ (1827 vollendet, im Besitze des Prinzen Friedrich von Preußen, lithographisch nachgebildet von Kehr und Niessen in Köln). Die Scene aus Tasso’s befreitem Jerusalem stellt den liebestrunkenen Helden in dem Zaubergarten des verführerischen Weibes dar. Es ist in dem Bilde nicht der Schwung des befreiten Jerusalem, aber eine wahrhaft reizende Scene. Rinaldo ist ein sehr schöner junger Mann und Armida ein reizendes anmuthiges Mädchen. – Dann folgte „Der Raub des Hylas“ (1829, Nationalgalerie in Berlin), anmuthige, gesunde, etwas allgemein gehaltene Formen. „Die Himmelskönigin“ (1829, für den Kunstverein in Düsseldorf), „Diana im Bade“ (1833, für den König von Preußen). Aus Goethe’s Torquato Tasso hat der Künstler zwei Scenen gemalt. Die eine, „Die beiden Leonoren“ (1834, für den Kunstverein in Berlin, eine Wiederholung in geringerer Größe für den Grafen v. Raczynski 1834) stellt dieselben auf einem offenen Balcon dar, über dessen Geländer sich ein Blick in schöne Gärten aufthut, die Prinzessin von Este sieht verstimmt und schmerzlich erregt aus; ihre Freundin ist ohne bestimmten Ausdruck. Der ersteren fehlt die tiefe poetische Innigkeit, der zweiten der scharf ausgeprägte neckische Geist. „Italienische Lautenspielerin“ (1835, Graf v. Raczynski), „Das Urtheil des Paris“ (1836, für den Domherrn Grafen Spiegel in Halberstadt), „Romeo und Julia“ (1836, Fränkel in Berlin, gestochen von Lüderitz, eine Wiederholung 1837 für den Kunstverein in Halberstadt, in kleinerem Maßstabe 1837 K. Stein in Köln), „Tasso und die beiden Leonoren“ (1838, Galerie zu Düsseldorf, eine kleinere Wiederholung 1843 für J. Buddeus in Düsseldorf, lithographirt von Wildt). Auch dieses Bild stellt keine Scene aus Goethe’s Dichtung dar, sondern ist nur durch dieselbe angeregt. Die beiden Damen belauschen den Dichter in einem üppigen dichten Garten über seinen Versen. Es ist dem Künstler nicht gelungen, die Figuren psychologisch zu vertiefen, der Reiz des Bildes liegt in der Anmuth der Darstellung. – „Donna Diana“ (1839, Städt. Museum in Leipzig), „Die Schwestern“ (1840, Prinz August von Preußen, lithographirt von Wildt), „Vanitas“ (1844, Kunstverein in Düsseldorf) halbe Figur, „Der Lautenspieler“ mehrere halbe Figuren (1848, Museum in Christiania), „Die vier Jahreszeiten“ ovale Medaillons für den Ballsaal des Herrn K. Joest in Köln (1851), „Diana im Bade und ihre Nymphen“ (in den fünfziger Jahren), „Lorelei“ (1853, gestochen von Felsing und auf vielfache Weise nachgebildet). Nach diesem Werke hat S. nur Bildnisse gemalt. Während seine Bilder aus der Mythologie und romantischen Dichtung nie ganz befriedigen, herrscht in den Bildnissen die Vollendung, hier bewährt er sich als ein Meister ersten Ranges. Seine höchste Kunst entfaltet sich in den weiblichen Bildnissen. „Dieselben sind von außerordentlicher Schönheit und Anmuth, er wußte ihnen einen wahrhaften Adel der Erscheinung zu geben, er sah die Natur von ihrer schönsten Seite. Denn man kann S. durchaus nicht als einen Idealisten nach vorgefaßtem Schema bezeichnen, es fehlt auch seinen idealen Gestalten nie die individuelle Charakteristik, doch ist die Erscheinung in seiner Darstellung gewissermaßen über sich selbst erhoben [546] und alles unschöne, zufällige, kleinliche von ihr abgestreift. Weniger Erfolg hatte er mit männlichen Bildnissen, in welchen seine Darstellungsweise immer etwas weich erscheint. S. hatte das Glück eine Menge der schönsten Frauen und Mädchen aus den höchsten Kreisen aller Länder malen zu können, er war ein Porträtmaler der Aristokratie, und alle seine Porträts tragen den Charakter vornehmen Daseins. Seine Bildnisse sind sehr zahlreich und hier können nur einige der besten genannt werden, das der ersten Gemahlin des Herzogs von Nassau, der Fürstin v. Wied, der Frau v. Joukowsky, der Prinzessin v. Croy, des Erbprinzen und der Erbprinzessin von Hohenzollern, der Frau W. Joest in Köln, der Frau v. Bunsen, der Gräfin Monts (vielleicht das allerschönste), der Frau Michels in Köln, des Malers Ritter, des Capellmeisters Hiller und eines seiner letzten und von ihm selbst sehr geschätzten, das Bildniß seiner Frau. – S. ist als Lehrer von ungemeiner Wirksamkeit gewesen, fast sämmtliche Künstler der Düsseldorfer Schule waren kürzere oder längere Zeit seine Schüler, die ausgebildete Technik der Düsseldorfer Schule ist wesentlich seiner Lehre zu verdanken. Er stand bei seinen Schülern im höchsten Ansehen und seine Correctur war mehr als die aller andern Lehrer geschätzt. Er gab sie immer kurz und treffend, und obgleich er nie sehr eingehend corrigirte, wies er immer auf das charakteristisch wichtige hin. Eigentlich nachgeahmt hat ihn keiner seiner Schüler, sie haben sich unter seiner Leitung sehr verschiedenartig ausgebildet. Außer seinen akademischen Classen (der Antikenclasse und einer der Malclassen) hatte er während einer Reihe von Jahren noch ein Privatatelier für Schüler und Schülerinnen, worin sich tüchtige Talente ausgebildet haben. Unter seinen Privatschülern haben sich besonders ausgezeichnet sein Neffe und Schwiegersohn, Wilhelm S. und L. des Coudres. Bereits 1832 ward er Lehrer an der Düsseldorfer Akademie, erst stellvertretend, dann seit 1838 als ordentlicher Professor der Malerei“ (Blanckarts). – Als Mensch genoß S. die höchste allgemeine Achtung. Sein sehr ruhiges festes Wesen, eine gewisse Würde und Zurückhaltung erweckten Zutrauen zu ihm. Er führte einen Haushalt im großen Stil. – Er starb bei einem Besuche in Köln im Hause seines Freundes Ferdinand Hiller am Gehirnschlag, der dem Leben des rüstigen Mannes sofort ein Ende machte.