Die Capelle zu St. Jost

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Capelle zu St. Jost
Untertitel:
aus: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden: Noch lebende Volkssagen und Legenden, S. 247–248
Herausgeber: Friedrich Köster
Auflage: 2. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: In Commision bei A. Pockwitz
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stade
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[247]
i. Die Capelle zu St. Jost.
(Stader Sonntagsblatt. 1855. № 14.)

Einer der drei Bäche, welche den Balksee bilden, ist der Joster-Bach. Dieser entspringt in der Nähe des Dorfes Stinstedt, bei den beiden Gehöften zu St. Jost. Dieser Name, St. Jost, leitet sich folgender Maßen ab. –

Geht man in das öde, wilde Moor hinter St. Jost hinein, so entdeckt man noch an einem Streifen Ried-Grases, der sich durch die sonst überall wachsende Haide hinzieht, einen alten Weg. Verfolgt man diesen Pfad eine Viertelstunde, so endet er plötzlich in einem mit Gras bewachsenen Platze, der wie eine Oase in dem öden Moore liegt. Hier, wo sonst kein Stein sich findet, stoßen unsere Füße unversehens auf Scherben von Backsteinen und Ziegeln. Hie und da ragen aus der Erde noch ungeheure Pfähle hervor, die, obgleich sie gewiß schon die Hitze manches Sommers und den Sturm vieler Winter ausgehalten, noch wohlerhalten aussehen. Auch bemerken wir, daß an einigen Stellen tiefe Gräben sind; – hier hat sich die Hand des Menschen nicht vergeblich bemüht, die Pfähle auszugraben und zum ferneren Nutzen zu verwenden. – Wir befinden uns an der Stelle, wo ehemals die Capelle des St. Jost stand.

In welcher Zeit dieses Heiligthum erbaut wurde, läßt sich nicht näher bestimmen; ein Abendmahlskelch in der Kirche zu Lamstedt, wo St. Jost noch jetzt eingepfarrt ist, und der, als die Capelle einging, dahin gebracht wurde, beweis’t indessen durch seine Inschrift, daß die Existenz der Capelle in eine ferne Vergangenheit zu setzen ist. Um den Fuß des Kelches stehen nämlich in Mönchsschrift folgende Worte: „Düssen Kelch heft gegewen Diedrich Hoppenstede und sine Fruwe Seweke, Börger to Hamborg, in de Ehre St. Jost“.

[248] Eine Jahrszahl fehlt leider bei der Inschrift. Ob nun dieser Hoppenstede auch Gründer der Capelle war? – das ist nicht zu ermitteln; die einfache Sage erzählt in kurzen Worten nur Folgendes.

In einer stürmischen, düstern Nacht verirrte sich ein adeliger Herr auf einer Reise mit Familie und Gefolge in dieses unwirthbare, wilde Moor. Lange keuchten sie, ohne den rechten Weg wiederfinden zu können, umher – endlich brach auch der Reisewagen und man sah sich genöthigt, Halt zu machen, die Nacht zu warten und von dem Anbruch des Tages Hülfe zu gewärtigen. In dieser großen Angst und Noth that der Edelmann das Gelübde, wenn Gott ihm Hülfe sende und sein und der Seinigen Leben errette, an der Stelle, wo er genöthigt war, anzuhalten, ein Gottes-Haus zu errichten. Sein Gebet wurde erhört – als der Tag anbrach, sah man in nur geringer Entfernung das Dorf Stinstedt liegen; – aber der Gerettete vergaß auch seines Gelübdes nicht und erbaute hier die Capelle, welche dem heiligen Jost geweiht wurde.

Später veilegte man die Capelle nach Stinstedt, wo sie noch eine Zeitlang gestanden haben mag; wenigstens findet sich in dem ältesten Kirchenbuche zu Lamstedt, welches den Zeitraum von 1647–1659 umfaßt, die Notiz: „bei der Capelle zu Stinstedt“, zur Bezeichnung des Wohnortes eines dortigen Einwohners. Jetzt ist von ihr nichts mehr erhalten, als die Glocke, welche in Stinstedt auf dem Gottesacker steht, und der schon erwähnte Kelch in der Kirche zu Lamstedt.