Kraits

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Kraits

Gelbgebänderter Krait (Bungarus fasciatus)

Systematik
ohne Rang: Toxicofera
Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Elapoidea
Familie: Giftnattern (Elapidae)
Unterfamilie: Echte Giftnattern (Elapinae)
Gattung: Kraits
Wissenschaftlicher Name
Bungarus
Daudin, 1803

Kraits (Bungarus) sind eine im tropischen Südostasien weit verbreitete Gattung der Schlangen aus der Familie der Giftnattern (Elapidae). Die Arten haben ein extrem wirksames neurotoxisches Gift, und eine Reihe von Arten ist auch im menschlichen Siedlungsbereich häufig. Die weiter verbreiteten Arten zählen daher zu den medizinisch relevantesten Giftschlangen Asiens und verursachen jährlich zahlreiche Todesfälle.

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Körperbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kraits sind mittelgroße bis große Giftnattern, die meisten Arten erreichen Gesamtlängen von 1,0 bis 1,8 m, B. fasciatus auch bis über 2,0 m. Männchen sind deutlich größer als Weibchen. Der Körper ist relativ schlank und im Querschnitt meist annähernd dreieckig, er läuft zum Rücken hin spitz zu. Der Kopf ist schmal und kaum vom Hals abgesetzt. Die Augen sind klein bis mittelgroß, die Pupille ist rund. Die Giftzähne sind meist nur 2–3 mm lang und starr.

Beschuppung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie alle Giftnattern haben auch Kraits auf dem Oberkopf neun große, symmetrische Schilde. Der dritte Supralabiale berührt nicht den hinteren Nasalen. Die Rückenschuppen sind glatt. Die Tiere haben 13 bis 19 dorsale Schuppenreihen in der Körpermitte. Mit Ausnahme von B. lividus sind bei allen Arten die Schuppen in der Rückenmitte deutlich vergrößert und sechseckig. Der Analschild ist geteilt, die Subcaudalia sind je nach Art ungeteilt oder überwiegend geteilt.

Färbung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Färbung und Zeichnung sind bei den meisten Arten recht einheitlich; auf hellem, meist weißlichem oder leicht gelblichem Grund befindet sich eine variable Zahl dunkler Sattelflecken, die bedingt durch die sehr glatte Beschuppung einen stählernen Glanz haben.

Verbreitung und Lebensraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Verbreitungsgebiet der Gattung umfasst weite Teile des tropischen Südostasiens einschließlich des Indischen Subkontinents und reicht nach Osten bis Sulawesi. Die Tiere kommen dort von Meereshöhe bis in 1700 m Höhe vor. Sie bevorzugen offene, feuchte Lebensräume und kommen vor allem am Rand von Äckern und in niedrigen Buschwäldern und Grasland in der Nähe von Gewässern vor.

Gelbgebänderter Krait, Rumpfausschnitt. Gut sichtbar sind die vergrößerten und sechseckigen Schuppen in der Rückenmitte

Arten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stand April 2024 werden 18 Arten anerkannt:[1]

Lebensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kraits sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv, der Tag wird in Erdbauten oder Termitenbauten verbracht. Die Beute besteht aus kleinen Wirbeltieren, vor allem aus anderen Schlangen. Die Tiere sind eierlegend (ovipar), die Eiablage findet in Erdhöhlen oder unter Blätterhaufen statt. Die Gelege bestehen aus 6–15 Eiern, die von den Weibchen bis zum Schlupf der Jungschlangen bewacht werden.

Verhalten gegenüber Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kraits sind am Tag scheu und nicht aggressiv. Bei Bedrohung rollen sie sich zusammen, verbergen den Kopf unter Körperschlingen und bewegen das erhobene Schwanzende, um dorthin die Aufmerksamkeit von Feinden zu lenken. Bei weiterer starker Belästigung beißen die Tiere zu. Bissunfälle geschehen vor allem in der Dämmerung und nachts, wenn versehentlich auf die dann aktiven Kraits getreten wird. Häufig erfolgt der Biss auch im Schlaf, da die Tiere nachts häufig in Häuser kommen. Der Biss ist nicht schmerzhafter als ein Stich durch einen Dorn und wird daher oft kaum bemerkt.

Gift[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle Arten produzieren ein hochwirksames Gift, das in erster Linie nervenschädigend (neurotoxisch) ist. Hauptbestandteile sind das Polypeptid α-Bungarotoxin und das in mindestens 16 verschiedenen Formen vorkommende enzymatisch wirkende Protein β-Bungarotoxin. α-Bungarotoxin blockiert postsynaptisch die Signalübertragung von Nerven zu Muskeln und führt so zur Lähmung der Muskulatur. Die β-Bungarotoxine blockieren praesynaptisch die Signalübertragung auf die Muskulatur und verursachen so ebenfalls Lähmungen. Bei β-Bungarotoxinen handelt es sich im Vergleich zu α-Bungarotoxin um größere und komplexer gebaute Moleküle, die länger brauchen, um bis zum Wirkort zu gelangen. Das Ergebnis ist bei schweren Vergiftungen eine zweiphasige Wirkung: Eine schnell auftretende Lähmung, die durch α-Bungarotoxin verursacht wird, und viele Stunden nach dem Biss auftretende und teilweise über Monate anhaltende Lähmungen, die durch β-Bungarotoxine verursacht werden. Typische Anfangssymptome sind starke Bauchkrämpfe und Lähmungen der Gesichtsmuskulatur, die sich dann auf die gesamte Skelett- und Atemmuskulatur ausweiten.

Beim Indischen Krait (B. caeruleus) kommt es bei 40–77 % der in Krankenhäuser eingelieferten Patienten innerhalb von meist 7 bis 12 Stunden nach dem Biss ohne Behandlung zum tödlichen Atemstillstand. Durch intensivmedizinische Betreuung, vor allem durch künstliche Beatmung, kann die Sterblichkeit erheblich gesenkt werden. Bei bis zu einem Fünftel der Patienten tritt trotz Beatmung eine sechs Stunden bis fünf Tage andauernde Bewusstlosigkeit auf. Bis zu 50 % der überlebenden Patienten erleiden einen zwölf Stunden bis acht Tage andauernden Gedächtnisverlust.[3]

Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kraits zählen zu den medizinisch relevantesten Giftschlangen Asiens und verursachen jährlich zahlreiche Todesfälle. Die relevanten Arten sind je nach Region unterschiedlich, die meisten schweren Vergiftungen verursachen in Pakistan, Indien und Nepal B. caeruleus, B. sindanus und B. walli, in Sri Lanka B. caeruleus, in Bangladesch B. caeruleus, B. niger und B. walli, in Thailand, Vietnam und Indonesien B. candidus und in China, Taiwan und Myanmar B. multicinctus s. l.[4]

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Muhammad Sharif Khan: Die Schlangen Pakistans (= Frankfurter Beiträge zur Naturkunde, Band 15). Edition Chimaira, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-930612-43-7, S. 133–136 und 160.
  • K. Roemer, M. Mahyar-Roemer: Haltung, Nachzucht und Toxin des Indischen Kraits, Bungarus caeruleus (Schneider, 1801). In: elaphe. Band 14, Heft 1, 2006, ISSN 2627-6275, S. 26–32.
  • R. C. Sharma, Zoological Survey of India: Fauna of India and the adjacent countries - Reptilia. Band 3: Serpentes. Kolkata, Delhi 2007, ISBN 978-81-8171-155-7, S. 289–297.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kraits (Bungarus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bungarus In: The Reptile Database; abgerufen am 4. April 2024.
  2. Elham Abtin, Göran Nilson, Asghar Mobaraki, Ashraf Ali Hosseini, Mousa Dehgannejhad: A New Species of Krait, Bungarus (Reptilia, Elapidae, Bungarinae) and the First Record of that Genus in Iran. In: Russian Journal of Herpetology. Band 21, Nr. 4, 2014, S. 243–250 (online, PDF; 1,42 MB).
  3. K. Roemer, M. Mahyar-Roemer: Haltung, Nachzucht und Toxin des Indischen Kraits, Bungarus caeruleus (Schneider, 1801). In: elaphe. Band 14, Heft 1, 2006, S. 32.
  4. Christeine A. Ariaratnam, M. H. Rezvi Sheriff, R. David G. Theakston, David A. Warrell: Distinctive Epidemiologic and Clinical Features of Common Krait (Bungarus caeruleus) Bites in Sri Lanka. In: American Journal of Tropical Medicine and Hygiene. Band 79, Heft 3, 2008, S. 458–462.