Bandera ist unser Vater

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Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter (ukrainisch Батько наш Бандера! Україна – мати!) bzw. kurz Batko nasch – Bandera (ukrainisch Батько наш – Бандера, wiss. Transliteration Batʹko naš – Bandera; „Unser Vater – Bandera“) ist ein ukrainisches nationalistisches Rebellenlied. In dem patriotischen Militärlied geht um einen tödlich verwundeten UPA-Kämpfer, der von seiner Mutter betrauert und begraben wird.[1]

Bandera-Lesungen, Stadtverwaltung Kiew (1. Februar 2014)

Zum Lied[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Melodie stammt von einem alten ukrainischen Volkslied ab. Es ist im Stil eines Kosakenmarsches bzw. -liedes geschrieben, und das Andenken an Stepan Bandera wird darin hochgehalten, der vor allem im Westen der Ukraine von breiteren Bevölkerungsschichten als Nationalheld[2] und als als Märtyrer[3] verehrt wird; in der Ostukraine, aber auch in Polen, Russland und Israel gilt er dagegen überwiegend als Verbrecher und NS-Kollaborateur.

Die Worte des Titels des Liedes sind auch seine Anfangsworte:

Батько наш – Бандера, Україна – мати,
Ми за Україну пiдем воювати!
Batko nasch – Bandera, Ukrajina – maty,
My sa Ukrajinu pidem wojuwaty!
Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter,
Wir werden für die Ukraine in den Krieg ziehen!

Es endet mit:

Слава Україні! Всім героям слава!
Slawa Ukrajini! Wsim herojam slawa!
Ruhm der Ukraine! Ruhm für alle Helden!

Es wurde im Jahr 2019 zum ersten Mal von Priestern der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OCU) unter der Leitung von Erzpriester Anatolij Sinkewytsch[4] (1953–2019) gesungen.[5]

Das Lied wird in der Ukraine gern von orthodoxen geistlichen Kreisen auf die Bühne gebracht[6], die den Nationalisten Bandera zu einem Gottgesandten stilisieren.[7]

Der ukrainische Sänger Mélovin sang im Juni 2023 auf einer Straßenfestbühne des Christopher Street Day in München,[8] ohne Absprache mit dem Veranstalter, die Hymne „Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter“, eine Verherrlichung des ukrainischen Faschisten.[9] Zuvor hatte er das Grab Banderas in der bayerischen Landeshauptstadt besucht und dazu ein Video auf Instagram gepostet. Der CSD München hat sich in einer offiziellen Stellungnahme von dieser Aufführung distanziert: „Zweifelsfrei steht Stepan Bandera als historische Person, zentrale Führungsfigur einer radikalnationalistischen Organisation und aufgrund seiner Verantwortung für Massenmorde – insbesondere an Jüdinnen*Juden und Pol*innen – den Werten, für die der CSD München steht, maximal entgegen.“ (CSD München).[10]

Das Lied wird auch gern bei ukrainischen faschistischen Aufmärschen im Ausland gesungen, zum Beispiel am 1. Jänner 2023 in Wien zur Feier von Banderas Geburtstag.[11]

Im November 2022 stufte vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine das Zentralbezirksgericht der belarussischen Stadt Homel das ukrainische Lied als „extremistisch“ ein.[12]

In der russischen Propaganda[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In dem russischen Propagandavideo „Bis zum letzten Ukrainer“ (russisch До последнего украинца / Do poslednego ukrainza, wiss. Transliteration Do poslednego ukrainca) wird das Lied an einer dramatischen Stelle zur Untergrabung der ukrainischen Moral eingesetzt,[13] zunächst pathetisch von einem Männerchor gesungen, zum Schluss ganz ohne Gesang nur von einer durchschnittlichen Blaskapelle (Militärkapelle) fast wie ein Trauermarsch gespielt.

Als antisemitische Propaganda[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine eindeutig montierte Fassung[14] soll den Eindruck erwecken, dieses Lied, das einem Menschen huldigt, dessen erklärtes Ziel es war, die Ukraine im Sinne des Faschismus „von Juden, Polen, Russen, ... zu säubern“[15] und der eine Organisation leitete, die an Pogromen sowie der Ermordung tausender Juden in Lemberg mitwirkte[16], sei heute auch im orthodoxen Judentum beliebt.[17]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klangbeispiele:

Einzelnachweise und Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. vgl. radiosvoboda.org: «Батько наш – Бандера» – звучить від Львова до Донеччини. Школярки зі Львова не очікували такої реакції
  2. Martin Sander: Bandera-Kult – Die problematische Seite des ukrainischen Nationalismus. (mp3-Aduio; 7,4 MB; 8:05 Minuten) In: Deutschlandradio-Kultur-Sendung „Hintergrund Kultur“. 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022.
  3. Andreas Kappeler: Ungleiche Brüder. Russen und Ukrainer vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck, München 2017, S. 180.
  4. ukrainisch Анатолій Семенович Зінкевич, wiss. Transliteration Anatolij Semenovyč Zinkevyč
  5. tsn.ua: "Батько наш Бандера": хто є автором популярної пісні, яка стала хітом в Тіk-Тоk / „Unser Vater Bandera“: Wer ist der Autor des beliebten Liedes, das auf TikTok ein Hit wurde? - vgl. Повстанська пісня у виконанні отця Анатолія Зінкевича
  6. Siehe Klangbeispiele bei youtube.com: (2021) - Seminaristen des Theologischen Seminars in Riwne der Orthodoxen Kirche der Ukraine; (2021) - Priester verschiedener Konfessionen in Iwano-Frankiwsk am Jahrestag des Geburtstages des Führers der OUN am 1. Januar 2021; (2024) - Patres der Diözese Iwano-Frankiwsk der OCU singen am 115. Jahrestag der Geburt "unseres Führers Stepan Bandera".
  7. Bandera carried out God's mission on earth in Union of Orthodox Journalists, 3. Januar 2022, archiviert am 4. Januar 2022, abgerufen am 17. Mai 2024
  8. youtube.com: LGBTQ - Melovin singt "unser Vater Bandera"
  9. CSD München distanziert sich von Faschisten-Hymne beim Straßenfest. In: queer.de. 2. Juli 2023, abgerufen am 16. Mai 2024: „Eine Woche nach dem CSD in München distanzieren sich die Veranstalter*innen von dem Lied "Bandera ist unser Vater", das der queere ukrainische Sänger Mélovin ohne Absprache auf der Bühne sang.“
  10. CSD München distanziert sich von Songwahl Mélovins. In: CSD München. 2. Juli 2023, abgerufen am 16. Mai 2024: „Zweifelsfrei steht Stepan Bandera als historische Person, zentrale Führungsfigur einer radikalnationalistischen Organisation und aufgrund seiner Verantwortung für Massenmorde – insbesondere an Jüdinnen*Juden und Pol*innen – den Werten, für die der CSD München steht, maximal entgegen.“
  11. zeitungderarbeit.at: Ukrainische Faschisten marschieren durch Wien
  12. currenttime.tv: Суд в Беларуси признал "экстремистской" украинскую песню "Батько наш – Бандера, Україна – мати" / Ein Gericht in Weißrussland stufte das ukrainische Lied „Vater unser – Bandera, Ukraine – Mutter“ als „extremistisch“ ein
  13. youtube.com: До последнего украинца / Bis zum letzten Ukrainer (ab ca. 00:35)
  14. Spätestens ab etwa 00:18 stimmt der Takt der Bildaufnahme nicht mehr mit dem Rhythmus der Tonaufnahme überein.
  15. Grzegorz Rossoliński-Liebe: Verflochtene Geschichten: Stepan Bandera, der ukrainische Nationalismus und der transnationale Faschismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 13. Oktober 2017, abgerufen am 17. Mai 2024.
  16. Hannes Heer: Blutige Ouverture in Die Zeit vom 21. Juni 2001, archiviert am 10. Oktober 2013, abgerufen am 17. Mai 2024
  17. Montage Українське Підпілля 14 жовтня 2021 року. und Original-Bildmaterial מקהלת שירה מבצעת את ׳אם השם לא יבנה בית bei youtube.com.