Bukowinadeutsche

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Die Bukowinadeutschen (rumänisch Germani bucovineni oder Nemți bucovineni) oder Buchenlanddeutschen sind eine zur deutschsprachigen Minderheit der Rumäniendeutschen zählende Volksgruppe, die von etwa 1780 bis 1940 hauptsächlich in der historischen Landschaft Bukowina lebten. Heute sind sie bis auf wenige Einzelpersonen dort kaum noch vertreten. In ihrer rund 150-jährigen Geschichte lebten die Bukowinadeutschen vorwiegend in bäuerlichem Umfeld, eine kleinere Gruppe von ihnen lebte in den Städten der Region.

Im Sommer 1940 wurde die Bukowina als Folge des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 von der Sowjetunion militärisch besetzt. Der UmsiedlungHeim ins Reich“ schloss sich die Volksgruppe mit rund 96.000 Personen Ende 1940 nahezu vollständig an. Nur wenige verblieben vor Ort oder kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. 2011 lebten noch 717 Deutsche im Kreis Suceava, Rumänien.[1]

Die zugewanderten Deutschen verteilten sich nicht gleichmäßig auf die Bukowina, sondern tendierten zur Gründung eigener Orte oder Ortsteile. Solche Gemeinden sind unter anderem Karlsberg (Gura Putnei), Fürstenthal (Voievodeasa), Jakobeny (Iacobeni), und Buchenhain (Poiana Micului). In den meisten Dörfern und Städten bildeten sie eigene Kolonien und Ortsteile, meist unter weitgehender Beibehaltung des ursprünglichen, meist rumänischen Ortsnamens, wie Deutsch-Badeutz (Bădeuți) oder Deutsch Altfratautz (Frătăuții Vechi). Schließlich siedelte sich ein beträchtlicher Teil der Einwanderer in den Städten an (darunter Czernowitz, Radautz, Suczawa, Gurahumora, Dorna Watra, Sereth und Kimpolung).

Ab dem 14. Jahrhundert

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Bereits seit dem 14. Jahrhundert lebte eine kleine Gruppe deutscher Handwerker und Kaufleute aus der Siedlergruppe der Siebenbürger Sachsen[2] im Fürstentum Moldau. Baia, die erste mittelalterliche Hauptstadt Moldawiens (heute im Kreis Suceava), wurde auch von Siebenbürger Sachsen oder auch mittelalterlichen deutschsprachigen Bewohnern Galiziens (siehe Walddeutsche) bewohnt.[3] Sie ging im Verlauf des 17. Jahrhunderts vollständig in der ethnischen Gruppe der Tschangos auf.

1774/1775 annektierten die Habsburger das überwiegend von Rumänen, aber auch Minderheiten von Huzulen, Lipowanern und Armeniern besiedelte Gebiet der nordwestlichen Moldau, das seitdem Bukowina oder Buchenland genannt wird.

Habsburgische Herrschaft

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Siedlungsgebiete der Bukowinadeutschen (1890)

1774–1786 setzte unter der habsburgischen Herrschaft eine planmäßige, aber in Teilen auch spontane Ansiedlung von deutschen Handwerkern und Bauern in bestehende Ortschaften ein. Die Umsiedler stammten aus der oberungarischen Zips (Zipser Sachsen), dem Banat, Galizien (Protestanten), der Rheinpfalz, aus den badischen und hessischen Fürstentümern sowie aus verarmten Regionen des Böhmerwaldes. Bevölkerungszuwachs und Landmangel führten zur Gründung von Tochtersiedlungen in Galizien, Bessarabien und der Dobrudscha.

Das sich entwickelnde deutsche Bürgertum in der Bukowina gehörte im 19. Jahrhundert zur geistigen und politischen Elite des Landes. Amts- und Bildungssprache waren überwiegend das Deutsche, das besonders von den Oberschichten übernommen wurde.

Nach 1840 führte Landmangel zur Verelendung auch der bukowinadeutschen bäuerlichen Unterschichten, weswegen ein Teil von ihnen nach 1850 in die Vereinigten Staaten und nach Kanada auswanderte.

Von 1849 bis 1851 und von 1863 bis 1918 war die Bukowina Kronland innerhalb der habsburgischen Monarchie. Im Vergleich mit den anderen österreichischen Kronländern blieb die Bukowina eine vornehmlich Rohstoffe liefernde, eher unterentwickelte Provinz an der Peripherie des Reiches.

1875 wurde die Universität Czernowitz gegründet. Die östlichste deutschsprachige Universität bestand als solche bis 1920.

1910/11 kam es zum „Bukowiner Ausgleich“, einer politischen Übereinkunft zwischen den in der Bukowina lebenden Völkern in den Fragen der Selbstverwaltungsorgane und der politischen Vertretung im Landtag. Bei der Volkszählung von 1910 stellten die Deutschen etwa 21 % der Bevölkerung, wobei die sich zum Deutschtum bekennenden Juden mit 13 % eingerechnet waren.

Während des Ersten Weltkrieges behielt die Gesamtbevölkerung der Bukowina grundsätzlich ihre Loyalität zur österreich-ungarischen Monarchie bei.

Rumänische Herrschaft

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Verbreitung der Buchenlanddeutschen in der Bukowina (schwarz), 1930. In den Dörfern der südwestlichen Karpatentäler lebten meist Zipser, in den Tälern östlicher und nördlicher meistens Deutschböhmen aus dem Böhmerwald und in den Flachlanddörfer im Osten und Norden meist Pfälzer, Schwaben, Franken. Die Deutschen der Städte waren vielfältiger regionaler Herkunft, dialektologisch nicht eindeutig zuzuordnen.[4]
Schülerverbindung Saxonia in Czernowitz (1922)

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Auflösung Österreich-Ungarns wurde die Bukowina 1918–1919 Königreich Rumänien angegliedert. Die Bukowinadeutschen blieben – wie viele andere Volksgruppen im neu entstandenen Großrumänien – nach 1918 weiterhin eine nationale Minderheit. In der Folge wurden Rumänisierungsmaßnahmen gegen nichtrumänische Vereine, Kultureinrichtungen und Schulen durchgeführt. Die politischen Vertreter der Deutschen suchten finanzielle und politische Hilfe im Deutschen Reich.

Mit der Machtergreifung Hitlers 1933 griffen nationalsozialistische Ideen auch auf die Bukowina über. Analog der Entwicklung bei den Bessarabiendeutschen im benachbarten Bessarabien bildete sich eine Erneuerungsbewegung, die eine völkische Erweckung anstrebte, Deutschland idealisierte und antikommunistisch ausgerichtet war. Ein Nährboden dieser Bewegung war die Diskriminierung von Minderheiten durch die Rumänisierungspolitik. Anfangs widersetzten sich einige bukowinadeutsche Vereine und Organisationen der „Erneuerungsbewegung“. Trotzdem entstand bei den Bukowinadeutschen spätestens ab 1938 eine pro-reichsdeutsche Stimmung.

Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt 1939

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Als 1939 Deutschland mit der Sowjetunion vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt abschloss, wurde – ohne dass die Betroffenen etwas davon wussten – das Ende der Deutschen in der Bukowina besiegelt. In einem geheimen Zusatzprotokoll wurde vereinbart, dass Bessarabien bei einer territorialen Neuordnung in Osteuropa an die UdSSR fallen und die deutschen Bevölkerungsgruppen gemäß dem ebenfalls 1939 geschlossenen Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag auf freiwilliger Basis umgesiedelt werden sollten. Neben den bessarabischen Gebieten besetzten die sowjetischen Truppen im Juni 1940 – entgegen dem Abkommen – auch die Nord-Bukowina.

Umsiedlung 1940

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Bukowina- und Bessarabiendeutsche Umsiedler am Bahnhof Graz Puntigam, November 1940
Denkmal für Vertriebene, Linz, 2016

Im Juli 1940 begannen deutsch-sowjetische Verhandlungen über die Umsiedlung der Volksdeutschen. Dem Umsiedlungsangebot im Herbst 1940 unter dem Motto Heim ins Reich schloss sich bis Ende Oktober fast die gesamte deutsche Bevölkerung (auch die in der rumänisch gebliebenen Südbukowina wohnende) an. Es handelte sich um rund 89.000 Volksdeutsche. Der Transport erfolgte mit der Eisenbahn, so dass die mitzunehmende Gepäckmenge sehr gering war. Nach einem Aufenthalt in Lagern im Deutschen Reich wurden die Umsiedler vor allem im besetzten Polen angesiedelt, wo sie häufig mit enteigneten Höfen entschädigt wurden. Nach dem deutschen und rumänischen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 stand die gesamte Bukowina unter rumänischer Verwaltung.

Flucht 1944 und Neuanfang

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Als 1944/45 die Ostfront näher rückte, flohen die in den polnischen Gebieten angesiedelten Bukowinadeutschen wie die übrige dort lebende deutsche Bevölkerung nach Westen. Nach 1945 siedelten die noch rund 7.500 in der Bukowina verbliebenen Deutschen in die Bundesrepublik Deutschland aus. Die Existenz der deutschen Volksgruppe in der Bukowina gehört damit bis auf wenige Einzelpersonen der Vergangenheit an.

Eine statistische Auswertung der Heimatortskartei ergab 1964, dass noch rund 69.000 Menschen von etwa 89.800 aus der Bukowina umgesiedelten Personen lebten. Die Verluste der Wehrmacht der Volksgruppe betrugen etwa 3.500 Personen. Etwa 52.000 Angehörige der Volksgruppe lebten 1964 im damaligen Westdeutschland und rund 2.300 im damaligen Ostdeutschland.

Viele ließen sich in München nieder. In eigenen Siedlungen lebten Bukowinadeutsche in Stuttgart-Büsnau, Darmstadt, Salzgitter-Lebenstedt, Treuchtlingen, Wemding, Marxheim und Kirchheimbolanden. In der Nachkriegszeit integrierten sich die Bukowinadeutschen, wie auch andere Heimatvertriebene, in die Bundesrepublik Deutschland oder die ehemalige Deutsche Demokratische Republik. Ein Teil wanderte nach Übersee aus, so zum Beispiel nach Kanada oder in die Vereinigten Staaten.

Da die Bukowinadeutschen ihr Eigentum 1940 in der Bukowina zurückgelassen hatten und in der Zeit des Dritten Reichs keine Entschädigung erhalten hatten, nahmen sie ab 1952 am Lastenausgleich teil. Das bot einen teilweise finanziellen Ersatz.

Heutige Organisation

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Wappen der ehemaligen Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen

1949 gründeten die Bukowinadeutschen in Deutschland in München die Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, die ihren Sitz in Augsburg hatte und bis 2020 bestand.[5]

Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien versteht sich heute als politische Vertretung der Bukowinadeutschen und anderer deutschsprachiger Gruppen im heutigen Rumänien, das für die Bukowina seinen Sitz in Suceava hat. Im Gegensatz zu anderen Regionalforen des DFDR nimmt die Ortsorganisation in der Stadt und Kreis Suceava an Wahlen nicht mehr teil. Daneben besteht noch der Verein der Buchenlanddeutschen Radautz.[6] Beide sind bis heute aktiv.

Persönlichkeiten

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  • Willi Kosiul: Die Bukowina und ihre Buchenlanddeutschen. 2 Bände, Reimo-Verlag, Oberding 2012.
  • Claus Stephani: Das Mädchen aus dem Wald bei „Bukovina Society of the Americas“
  • Dirk Jachomowski: Die Umsiedlung der Bessarabien-, Bukowina- und Dobrudschadeutschen. Von der Volksgruppe in Rumänien zur 'Siedlungsbrücke' an der Reichsgrenze. Oldenbourg, München 1984, ISBN 3-486-52471-2 (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission 32, zugleich Dissertation, Universität Kiel, 1984)
  • Claus Stephani: Zipser Volkserzählungen aus der Maramuresch, der Südbukowina und dem Nösner Land. Kriterion Verlag, Bukarest 1981.
  • Emanuel Freiherr von Kapri: Buchenland. Ein österreichisches Kronland verschiedener Völkergruppen. Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, Stuttgart/München 1974.
  • Bukowiner Deutsch. Wien 1901. Nachdruck: Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, München 1976.
  • Claus Stephani: Erfragte Wege. Zipser Texte aus der Südbukowina. Kriterion Verlag, Bukarest 1975.
  • Franz Lang (Hrsg.): Buchenland. Hundertfünfzig Jahre Deutschtum in der Bukowina (= Veröffentlichungen des süddeutschen Kulturwerks. Heft 16), München 1961.
  • Hugo Weczerka: Die Deutschen im Buchenland. In: Der Göttinger Arbeitskreis Schriftenreihe. Heft 51, Holzner Verlag, Würzburg 1954.
  • Alexander Renner: Die Bukowina als eine Insel des „Deutschthums“ im Osten? Deutsche Kulturverbreitung und deren Wahrnehmung in Reiseberichten aus dem 19. Jahrhundert. In: historia.scribere, Nr. 12, 2020, S. 43–58, doi:10.15203/historia.scribere.12.622.

Einzelnachweise

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  1. Volkszählung 2011 in Rumänien, auf Rumänisch, Zeile 2784, Spalte G, (MS Excel; 1,3 MB).
  2. Hugo Weczerka: Das Fürstentum Moldau und die Deutschen. In: Isabel Röskau-Rydel: Deutsche Geschichte im Osten Europas. Galizien, Bukowina, Moldau, Berlin 1999, S. 338.
    Dănuț Zuzeac: Orașe dispărute din România. Baia, prima capitală a Moldovei. In: Adevărul, auf Rumänisch, vom 16. April 2015, abgerufen am 22. April 2023.
    Günter Schödl: Deutsche Geschichte im Osten Europas. Land an der Donau. Berlin 1995, S. 60.
  3. Comuna - Comuna Baia, In: Comuna Baia, auf Rumänisch, abgerufen am 22. April 2023.
  4. Sophie A. Welsch, The Bukovina-Germans During the Habsburg Period: Settlement, Ethnic Interaction, Contributions. „Immigrants & Minorities“, 1986, S. 83–87 (Karte S. 83) (Memento vom 6. April 2009 im Internet Archive)
  5. Alexander Weidle: Bukowina-Deutsche. In: Universität Augsburg, abgerufen am 14. April 2023.
  6. Verein der Buchenlanddeutschen Radautz. In: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, abgerufen am 14. April 2023.