Einwendung

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Die Begriffe Einwendung und Einrede bezeichnen im deutschen Zivilrecht materiell-rechtliche Verteidigungsmittel des Schuldners gegen die Realisierung von Ansprüchen des Gläubigers. Einwendungen und Einreden bewirken, dass der Anspruch entweder nicht entsteht, wieder erlischt oder trotz Bestehens nicht durchsetzbar ist.

Systematik der Einreden im prozessualen Sinn

Unterschieden wird zwischen rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen.

Rechtshindernde Einwendungen verhindern das Entstehen eines Anspruchs, weil beispielsweise die Geschäftsfähigkeit (§ 104 BGB) des Gegenübers fehlt oder weil ein gesetzliches Verbot besteht (§ 134 BGB), das ein wirksames Rechtsgeschäft von vornherein verhindert.

Rechtsvernichtende Einwendungen bringen einen entstandenen Anspruch zum Erlöschen oder verändern ihn, beispielsweise durch Erfüllung (§ 362 BGB) des Vertrages oder aufgrund Rücktritts (§ 346 BGB) von selbigem.

Rechtshemmende Einwendungen werden im materiell-rechtlichen Sinne auch Einreden genannt. Die Besonderheit liegt darin, dass der entstandene Anspruch bestehen bleibt, jedoch nicht durchgesetzt werden kann, sofern sich der Schuldner darauf beruft, wozu er aber nicht verpflichtet ist. Als sogenannte peremptorische Einrede kann insoweit beispielsweise die Verjährung im Sinne des § 214 BGB geltend gemacht werden. Peremptorisch deshalb, weil sie dann zu einer dauerhaften Undurchsetzbarkeit des geltend gemachten Anspruchs führt. Als sogenannte dilatorische Einrede fungiert andererseits beispielsweise die zeitweilige Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB, die lediglich ein Zurückbehaltungsrecht gewährt, solange die vom Gläubiger geschuldete Leistung selbst noch nicht erbracht ist (vorübergehende Verhinderung der Rechtsdurchsetzung).

Mit der zuletzt beschriebenen Einrede im materiell-rechtlichen Sinne ist nicht die Einrede im prozessualen Sinne gleichzusetzen: Das Zivilprozessrecht versteht unter Einrede jede Norm, die einem Anspruch im Prozess entgegengehalten werden kann (Gegenrecht). Der prozessuale Begriff der Einrede umfasst damit nicht nur die Einwendungen des Zivilrechts (einschließlich der Einrede im materiell-rechtlichen Sinne), sondern auch Gegenrechte, die aus dem Zivilprozessrecht stammen („prozessuale Einreden“).

Zwischen Anspruchsvoraussetzungen und Verteidigungsmitteln gegen einen Anspruch wird letztlich auch zu dem Zweck unterschieden, die Beweislast zwischen Schuldner und Gläubiger sinnvoll zu verteilen. Beide stehen zueinander in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis: Die Anspruchsvoraussetzungen müssen stets gegeben sein, damit ein Anspruch ent- und bestehen kann. Einwendungen und Einreden richten sich gegen den (vermeintlichen) Anspruch oder dessen Durchsetzung. Macht der Gläubiger einen Anspruch geltend, dann hat er zu beweisen, dass die Voraussetzungen dieses Anspruchs vorliegen. Die Voraussetzungen für das Bestehen von Einwendungen und Einreden hat dagegen der Schuldner zu beweisen.

Einteilung der Einwendungen

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Einreden verschaffen dem Anspruchsgegner eine Möglichkeit, sich zu verteidigen, er muss sie nicht nutzen. Auf die gerichtliche Kenntnisnahme von Tatsachen, die dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehen, kommt es nicht an, vielmehr muss der Anspruchsgegner sich regelmäßig ausdrücklich auf die Einrede berufen. Wer beispielsweise auf Erfüllung eines verjährten Anspruchs verklagt wird, hat selbst zu entscheiden, ob er die Verjährungseinrede erhebt, die zur Klageabweisung führen würde. Im Gesetzestext sind Einreden an ihrer Formulierung zu erkennen, denn das Gesetz führt Begriffe an wie berechtigt oder eine Leistung verweigern.

Anders als die Einreden, die dem Schuldner lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht geben, das die Existenz des Anspruchs im Kern nicht berührt, beseitigen rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen den Anspruch an sich. Rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen entfalten ihre Wirkung kraft Gesetzes. Vom Gericht müssen sie von Amts wegen berücksichtigt werden. Deshalb genügt es, dass das Gericht von den entsprechenden Tatsachen erfährt, um sie im Urteil zu berücksichtigen. Keine Rolle spielt insbesondere, ob Kläger oder Beklagter sie vortragen.

Manche Einwendungen wirken gegen alle oder doch gegen viele Ansprüche, unabhängig von ihrem Entstehungsgrund. Andere dagegen sind speziell auf bestimmte Ansprüche abgestimmt.

Rechtshindernde Einwendungen

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Rechtshindernde Einwendungen lassen einen Anspruch schon gar nicht entstehen, etwa weil der zugrunde liegende Vertrag unwirksam ist. Rechtsfolge ist grundsätzlich die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts von Anfang an (ex tunc). Insbesondere kommen in Betracht:

Rechtsvernichtende Einwendungen

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Rechtsvernichtende Einwendungen lassen den bereits entstandenen Anspruch erlöschen. Insbesondere kommen in Betracht:

Einreden (Rechtshemmende Einwendungen)

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Einreden lassen den Anspruch unberührt fortbestehen. Insbesondere ist er nach wie vor erfüllbar. Er ist aber nicht mehr gerichtlich durchsetzbar, also gehemmt.

Einreden, die den geltend gemachten Anspruch, wie etwa die Verjährung, dauerhaft hemmen, heißen peremptorische Einreden. Zögern sie die Durchsetzbarkeit dagegen nur heraus, bezeichnet man sie als dilatorisch (z. B. Stundung). Ihre Hemmungswirkung entfalten sie erst, wenn sie geltend gemacht wurden. Insbesondere kommen in Betracht:

Wird auf eine Schuld geleistet, deren Durchsetzbarkeit durch eine (peremptorische) Einrede dauerhaft ausgeschlossen ist, so kann das Geleistete nach § 813 Abs. 1 BGB zurückverlangt werden, wenn der Leistende die Einrede nicht kannte, § 814 BGB. Für den häufigsten Fall der peremptorischen Einrede gilt dies aber gerade nicht: Wird auf eine verjährte Forderung geleistet, ist die Herausgabe ausgeschlossen, § 813 Abs. 1 Satz 2, § 214 Abs. 2 BGB. Der Grund dieser Ausnahme liegt im Wesen der Verjährung: nach ihrem Eintritt soll Rechtsfrieden herrschen und ein Prozess nicht mehr stattfinden, sei es auch nur ein Prozess über die Rückforderung des Geleisteten.

Ob ein bestimmtes Merkmal vom Gesetz zur Voraussetzung eines Anspruchs gemacht wird oder umgekehrt das Fehlen des Merkmals als rechtshindernde Einwendung, ist von der Wirkung her zunächst gleich: In beiden Fällen hängt die Entstehung des Anspruchs von ebendiesem Merkmal ab.

Der Unterschied zeigt sich aber im Prozess: Während derjenige, der einen Anspruch geltend macht, dessen tatsächliche Voraussetzungen vortragen und notfalls beweisen muss, trifft die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Einwendungen den Anspruchsgegner. Indem das Gesetz also Tatbestandsmerkmale oder Einwendungen formuliert, bestimmt es zugleich, wer das Risiko trägt, dass sich das Geschehen vor Gericht nicht mehr aufklären lässt.

So formuliert etwa § 280 Abs. 1 BGB: „Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“ Die doppelte Verneinung im zweiten Satz ist dabei nicht Selbstzweck, sondern zeigt an, dass es sich um eine rechtshindernde Einwendung handelt. Das Vertretenmüssen hat also nicht der Geschädigte vorzubringen und notfalls zu beweisen, sondern umgekehrt der Schädiger, wenn er meint, er habe die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Man sagt auch, das Vertretenmüssen werde (widerleglich) vermutet. Wäre dagegen formuliert „… so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat“, so hätte der Geschädigte auch diese Voraussetzung zu beweisen. So hat das Gesetz an anderer Stelle tatsächlich entschieden, beispielsweise im Deliktsrecht bei § 823 BGB.

  • Thomas Kochendörfer: Die Begründungsbedürftigkeit der Ausübung zivilrechtlicher Gestaltungsrechte, Universität Tübingen, Dissertation 2010, Cuvillier Göttingen 2010, ISBN 978-3-86955-498-3.
  • Karl Larenz, Manfred Wolf: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts. 9. Auflage. München 2004.
  • Karin Linhart: Das System der Anspruchsgrundlagen, Einwendungen und Einreden in der Zivilrechtsklausur. In: Juristische Arbeitsblätter 2006, S. 266–270.
  • Wolfgang von Reinersdorff: Zur Dogmatik des Einwendungsdurchgriffs, Universität Bonn, Dissertation 1983, Duncker & Humblot, Berlin 1984, ISBN 3-428-05643-4.
  • Herbert Roth: Die Einrede des bürgerlichen Rechts, Universität München, Habilitationsschrift 1986, Beck, München 1988, ISBN 3-406-33067-3.
  • Wilhelm Weimar: Anspruchsgrundlagen, Einreden, Einwendungen, (Systematik: Rechtsverhältnisse und subjektive Rechte, Ansprüche, Anspruchskonkurrenz, Einreden und Einwendungen, dingliche und obligatorische Rechte, Gestaltungsrechte), Deutscher Sparkassenverlag, Stuttgart 1969.