Elektroanalytik

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Die Elektroanalytik kann als Schnittmenge von Analytischer Chemie und Elektrochemie definiert werden.

Die Elektroanalytik, auch elektroanalytische Chemie oder elektrochemische Analytik genannt, ist ein Teilbereich der analytischen Chemie und der Elektrochemie. Dabei werden elektrochemische Methoden verwendet, vor allem die Messung von Strömen und/oder Spannungen. Damit soll ein analytisches Ziel erreicht werden, z. B. können mit der Elektroanalyse Aussagen zur Art der Bestandteile einer Lösung getroffen werden (qualitative Analyse) oder es wird eine Konzentration bestimmt (quantitative Analyse). Einige elektroanalytische Methoden haben eine große praktische Bedeutung und werden weltweit routinemäßig angewandt, beispielsweise bei der Blutuntersuchung in klinischen Laboratorien (z. B. zur Bestimmung von Ca2+). Viele weitere elektroanalytische Methoden kommen in der elektrochemischen Forschung zum Einsatz.

Die Vielzahl elektroanalytischer Methoden wird in verschiedene Kategorien eingeteilt, je nachdem, welche physikalische Größe der elektrochemischen Zelle kontrolliert und welche gemessen wird. Hauptkategorien sind die Potentiometrie, bei der eine Differenz in den Potentialen zweier Elektroden als Spannung gemessen wird, die Amperometrie, bei der ein Strom gemessen wird, die Coulometrie, bei der eine Ladung bestimmt wird, und die Voltammetrie, bei der ein Strom gemessen wird, während das Potential einer Elektrode geändert wird. Außerdem zählen auch die Konduktometrie und die Elektrogravimetrie zu den elektroanalytischen Methoden.

Potentiometrie mit ionenselektiven Elektroden

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Die in vielen Laboren verwendete Messung des pH-Wertes mit Hilfe einer Glaselektrode zählt zu den bekanntesten Messverfahren, bei denen eine Konzentration (genauer: eine Aktivität) anhand einer elektrischen Spannung ermittelt wird. Dabei wird die Spannung der Glaselektrode gegen eine Referenzelektrode gemessen; diese ist oft in die Glaselektrode eingebaut (Einstabmesskette). Aufgrund der Spannungsmessung handelt es sich um ein Verfahren der Potentiometrie. Analog sind alle Messungen mit ionenselektiven Elektroden potentiometrische Bestimmungen von Konzentrationen bzw. Aktivitäten. Mit Hilfe von ionenselektiven Elektroden werden die Konzentrationen medizinisch bedeutsamer Ionen (Chlorid, H+ und Kationen von Natrium, Kalium und Calcium) im Blut und im Urin bestimmt. Daher ist die Potentiometrie auch für die klinische Analytik bedeutsam, aber auch für die Wasser- und Umweltanalytik, z. B. mit der fluoridselektiven Elektrode.

Die Potentialmessung erfolgt in diesen Fällen praktisch stromlos, so dass die untersuchte Lösung kaum verändert wird. Geeignete Messgeräte können statt der gemessenen Spannung auch den pH-Wert bzw. die errechnete Konzentration ausgeben.

Chronopotentiometrie

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Die Chronopotentiometrie besteht in der Messung des Elektrodenpotentials in Abhängigkeit von der Zeit, wobei ab Beginn der Messung ein konstanter Strom zur Elektrode fließt.[1] Damit können Diffusionsparameter eines an der Elektrode reagierenden Lösungsbestandteils bestimmt werden,[1] wie 1879 von Heinrich Friedrich Weber vorgeschlagen worden war.[2] Die Auswertung chronopotentiometrischer Messungen erfolgt in der Regel mit Hilfe der Sand-Gleichung.

Bei der Coulometrie wird mit Hilfe eines Stromes eine zu bestimmende Spezies möglichst vollständig von einem Oxidationszustand in einen anderen überführt. Durch die Bestimmung der Gesamtladung kann die Gesamtmenge errechnet werden. Dazu wird mit den Faradayschen Gesetze die Ladung in eine Stoffmenge oder -masse umgerechnet. Wird ein konstanter Strom verwendet (galvanostatische Coulometrie), ergibt sich die Ladung einfach aus dem Produkt aus Strom und Zeit. Es kann auch ein konstantes Potential genutzt werden (potentiostatische Coulometrie), um sicherzustellen, dass nur die zu bestimmende Spezies reagiert. Dann wird die Stromstärke über die Zeit integriert, um die Ladung zu erhalten.

Zu den wichtigsten und häufig benutzten coulometrischen Bestimmungen zählt die coulometrische Variante des Karl-Fischer-Verfahrens, die immer dann angewandt wird, wenn kleine Wassergehalte, z. B. in Lösungs- oder Arzneimitteln, genau bestimmt werden müssen.

Zur Amperometrie zählen die Verfahren, bei denen ein Strom (Einheit: Ampere) gemessen wird. Ist das Elektrodenpotential festgelegt, handelt es sich um die potentiostatische Amperometrie. Im einfachsten Fall ist der Strom dann proportional zur Konzentration des Analyten. Wird der Zeitverlauf des Stromes ausgewertet, wird das Verfahren Chronoamperometrie genannt.

Die potentiostatische Amperometrie hat eine hohe praktische Bedeutung, beispielsweise wird sie in Deutschland in jedem öffentlichen Schwimmbad zur Regulierung des Chlorgehalts des Schwimmbadwassers genutzt. Der Sauerstoffgehalt von Wasser, z. B. bei der biologischen Reinigung von Abwasser, wird oft mit Hilfe von amperometrischen Sauerstoffsensoren überwacht, z. B. mit der sogenannten Clark-Elektrode.

Bei der Voltammetrie wird – in der Regel in einer Drei-Elektroden-Zelle und mit Hilfe eines Potentiostaten – das Potential einer Elektrode geändert und der hervorgerufene Strom gemessen. Für jede Oxidation oder Reduktion ergibt sich dann ein Maximum bzw. ein Minimum des Stromes. Anhand der Peaklage kann auf die Art des Analyten geschlossen werden, während die Peakfläche von seiner Konzentration abhängt. So können in einfachen Fällen z. B. mehrere verschiedene Metallionen nebeneinander identifiziert und bestimmt werden. Wird das Elektrodenpotential dabei schnell genug geändert, bleibt die an einer kleinen Elektrode umgesetzte Stoffmenge klein, so dass die Zusammensetzung der Lösung praktisch unverändert bleiben kann. Die Cyclovoltammetrie ist ein voltammetrisches Messverfahren, das in der technischen Analytik kaum genutzt wird, das aber in der elektrochemischen Grundlagenforschung zu den wichtigsten Routineverfahren zählt. Da ein Strom gemessen wird, kann man die Voltammetrie auch zu den amperometrischen Verfahren zählen.

Die Polarographie ist ein Verfahren der Voltammetrie, das eine Quecksilbertropfelektrode als Arbeitselektrode nutzt. Durch die hohe Überspannung des Wasserstoffs an Quecksilber lassen sich viele Metallionen ohne störende Wasserstoffentwicklung bestimmen.

Schon 1801, direkt nach der Entdeckung der Elektrolyse, schlug William Cruickshank vor, dass die Elektrolyse auch zum Nachweis von Metallionen, z. B. des Kupfers, genutzt werden könne.[3] Danach wurde die Elektrolyse als Hilfsmittel bei der qualitativen chemischen Analyse benutzt.[3] Wenn eine Abtrennung bestimmter Metallionen für die Analyse hilfreich war, wurden diese Metallionen kathodisch reduziert. Das entstandene Metall wurde dann in Salpetersäure gelöst und nach wie vor auf nasschemischem Wege nachgewiesen.[3] Ab 1860 führte Oliver Wolcott Gibbs die Elektrogravimetrie als erste quantitative elektroanalytische Methode ein. 1890 veröffentlichte Edgar Fahs Smith ein erstes Lehrbuch der Elektroanalytik; dieses wurde mehrfach neu aufgelegt (1894, 1902, 1907). Ab 1921 entwickelte Jaroslav Heyrovský die Polarographie. Dafür erhielt er 1959 den Nobelpreis für Chemie. Seit August 1959 erscheint bei Elsevier das Journal of Electroanalytical Chemistry, seit Januar 1989 die Zeitschrift Electroanalysis bei John Wiley & Sons.

  • Joseph Wang: Analytical electrochemistry. 3. Auflage. John Wiley & Sons, Chichester 2006, ISBN 0-471-67879-1.
  • Hubert H. Girault: Analytical and Physical Electrochemistry. EPFL Press/Marcel Dekker, Inc, Lausanne 2004, ISBN 2-940222-03-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Kenneth I. Ozomwna (Hrsg.): Recent Advances in Analytical Electrochemistry 2007. 1. Auflage. Transworld Research Network, 2007, ISBN 978-81-7895-274-1.
  • Edouard Albert Marie Fernand Dahmen: Electroanalysis. Theory and Applications in Aqueous and Non-Aqueous Media and in Automated Chemical Control (= Techniques and Instrumentation in Analytical Chemistry. Band 7). Elsevier Science Publishing, Amsterdam / Oxford / New York / Tokyo 1986, ISBN 0-444-42534-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise

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  1. a b Branko N. Popov: Chronopotentiometry. In: Advanced Topics in Electrochemical Science & Corrosion Engineering ECHE 789b, Theory and Applications, Fall 2003. 25. April 2002, Chapter 7 (che.sc.edu [PDF; abgerufen am 31. Dezember 2015]).
  2. Heinrich Friedrich Weber: Untersuchungen über das Elementargesetz der Hydrodiffusion. am 25. Nov. 1878 mitgetheilt. In: Gustav Heinrich Wiedemann (Hrsg.): Annalen der Physik und Chemie. Band 243, Nr. 7. Verlag von Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1879, S. 469–487, doi:10.1002/andp.18792430708 (zs.thulb.uni-jena.de [PDF] online auf den Seiten von GallicaBibliothèque nationale de France).
  3. a b c Edgar Fahs Smith: Electro-Analysis. P. Blakiston’s Son & Co., Philadelphia 1907, 4. Historical, S. 19–32 (online auf den Seiten des Internet Archive [abgerufen am 2. Januar 2016]).