Paul Friedländer (Philologe)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Paul Friedländer (* 21. März 1882 in Berlin; † 10. Dezember 1968 in Los Angeles) war ein deutscher Gräzist mit den Hauptarbeitsgebieten Platon und griechische Tragödie.

Paul Friedländer besuchte das Friedrichs-Gymnasium Berlin, wo er Ostern 1900 das Abitur ablegte, studierte Klassische Philologie und Klassische Archäologie an den Universitäten Berlin und Bonn und promovierte 1905 bei Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff zum Dr. phil. 1907/08 war er Reisestipendiat des Kaiserlichen Deutschen Archäologischen Instituts, ab 1909 war er Oberlehrer am Humboldtgymnasium in Berlin.

1911 habilitierte er sich an der Universität Berlin und wurde hier 1914 planmäßiger außerordentlicher Professor. Im Ersten Weltkrieg meldete sich Friedländer freiwillig zum Kriegsdienst.

1920 wurde er ordentlicher Professor an der Universität Marburg, 1932 an der Universität Halle. 1935 wurde er als evangelisch getaufter „Nichtarier“ entlassen. Im Zuge der Reichspogromnacht 1938 wurde er verhaftet und in das KZ Sachsenhausen deportiert. Nach einigen Wochen wurde er wieder freigelassen. 1939 emigrierte er in die USA, wo er zunächst an der Johns Hopkins University in Baltimore lehrte. Von 1940 bis zu seinem Ruhestand 1949 lehrte er an der University of California, Los Angeles, ab 1945 als Professor.

Der Kurator der Universität Halle, Friedrich Elchlepp, bemühte sich 1946 um die Rückkehr von Paul Friedländer als Ordinarius und teilte ihm im Schreiben vom 24. September desselben Jahres mit, dass sein Ordinariat als Altertumswissenschaftler bislang unbesetzt sei.[1] Die Anschrift des in die USA emigrierten ehemaligen halleschen Professors erhielt der Universitätskurator von dem Hallenser Volksschulrektor Arthur Fritz Köhn, geboren 1893, der seit Mai 1938 in Halle (Saale) wirkte.[2] Dieser stand im Briefwechsel mit Friedländer vor allem über die Veränderungen in Deutschland, während Elchlepp seinem Brief sein Referat über „die Entwicklung der Universitäten in der sowjetischen Zone“ beifügen wollte, das er im März 1946 im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, in Halle gehalten hatte.[3]

Seit 1960 war er korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften[4] und seit 1965 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[5]

Veröffentlichungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Herakles. Sagengeschichtliche Untersuchungen. Weidmann, Berlin 1907.
  • Johannes von Gaza und Paulus Silentiarius. Kunstbeschreibungen justinianischer Zeit. Teubner, Leipzig u. a. 1912 (Digitalisat; Nachdruck Hildesheim 1969).
  • Der grosse Alcibiades. 2 Bände, Friedrich Cohen, Bonn 1921–1923.
  • mit Walther Kranz: Die Aufgabe der klassischen Studien an Gymnasium und Universität. Mittler, Berlin 1922.
  • Die griechische Tragödie und das Tragische. 3 Teile, de Gruyter, Berlin u. a. 1925–1926.
  • Platon. 2 Bände, de Gruyter, Berlin u. a. 1928–1930 (spätere Auflagen in 3 Bänden).
  • Spätantiker Gemäldezyklus in Gaza. Des Prokopius von Gaza "Ekphrasis eikonos" (= Biblioteca Apostolica Vaticana. Studi e testi 89). Rom 1939.
  • Documents of Dying Paganism. Textiles of Late Antiquity in Washington, New York, and Leningrad. University of California Press, Berkeley 1945.
  • mit Hubert B. Hoffleit: Epigrammata. Greek inscriptions in verse. From the beginnings to the Persian wars. University of California Press, Berkeley 1948.
  • Studien zur antiken Literatur und Kunst. de Gruyter, Berlin u. a. 1969 (gesammelte kleine Schriften).
  • Kurt von Fritz: Paul Friedländer. In: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1968 (Digitalisat).
  • Inge Auerbach: Catalogus professorum academiae Marburgensis. Band 2: Von 1911 bis 1971. Elwert, Marburg 1979, ISBN 3-7708-0662-X, S. 500 f.
  • Hans-Georg Gadamer: Paul Friedländer (1882–1968). In: Eikasmós Band 4, 1993, S. 179–182.
  • Friedländer, Paul. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 8: Frie–Gers. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 2000, ISBN 3-598-22688-8, S. 144–148.
  • Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 3, S. 453.
  • Hans Peter Obermayer: Vom KZ Sachsenhausen nach Los Angeles – Paul Friedländer. In: derselbe: Deutsche Altertumswissenschaftler im amerikanischen Exil. Eine Rekonstruktion. de Gruyter, Berlin 2014, ISBN 978-3-11-030279-0, S. 597–672.
  • Hans-Ulrich Berner, Mayya Pait. In: Peter Kuhlmann, Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 6). Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02033-8, Sp. 427–428.
  • Kay Ehling: Ein Philologe als Archäologe. Ein Stolperstein für Paul Friedländer. In: Antike Welt 2016/1, S. 77 und 2016/2, S. 46.
  • Barbara Stiewe: Das geistige Klima im Marburg der 1920er Jahre – am Beispiel von Paul Friedländer. In: In solo barbarico ... – Das Seminar für Alte Geschichte der Philipps-Universität Marburg von seinen Anfängen bis in die 1960er Jahre. Waxmann, Münster/New York 2017, S. 307–328.
  • Kay Ehling: Paul Friedländer. Ein klassischer Philologe zwischen Wilamowitz und George (= Jüdische Miniaturen Bd. 238). Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin/Leipzig 2019, ISBN 978-3-95565-322-4.
  • Domenico Accorinti: Paul Friedländer: tra Wilamowitz e George. In: Eikasmós Band 31, 2020, S. 377–388.
  • Domenico Accorinti: Paul Friedländer and Nonnus’ Poetry. In: Berenice Verhelst (Hrsg.), Nonnus of Panopolis in Context IV: Poetry at the Crossroads (= Orientalia Lovaniensia Analecta Bd. 314). Peeters, Leuven 2022, ISBN 978-9-042-94516-6, S. 477–509.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Brief des Kurators der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an Friedländer vom 24. September 1946 (UAH PA Friedländer PH 6289), veröffentlicht in: Hans Peter Obermayer: Deutsche Altertumswissenschaftler im amerikanischen Exil. Eine Rekonstruktion. Berlin u. a. 2014, S. 664.
  2. Personal-Karte für Lehrer in der Archivdatenbank der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung in Berlin; (Memento des Originals vom 18. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/bbf.dipf.de
  3. Hans Peter Obermayer: Deutsche Altertumswissenschaftler im amerikanischen Exil. Eine Rekonstruktion. Berlin u. a. 2014, S. 664.
  4. Mitglieder der HAdW seit ihrer Gründung 1909.
  5. Mitgliederverzeichnis.