Tudorstil

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Westminster Abbey, Kapelle Heinrichs VII.

Als Tudorstil (englisch Tudor Style) oder Tudorgotik wird in der englischen Baukunst die letzte Periode des gotischen Stils im Übergang zur Renaissance während der Herrschaft des Hauses Tudor (1485 bis 1603) bezeichnet (andere Meinung: 1485–1558).[1], die sich nahtlos an den Perpendicular Style anschließt.

Im Historismus gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der frühe Tudorstil in eklektizistischer Form wieder aufgegriffen (Tudor Revival).

Charakteristisch ist die an spätgotischen Detailformen festhaltende Architektur, die nur zögerlich Elemente der Renaissance aufnimmt, so ist der Tudorbogen eine gedrungene Form des gotischen Spitzbogens. Eine „typische“ Tudor-Fassade zeichnet sich aus durch rechteckige oder polygonale (vom Oktogon abgeleitete) Flankierungstürmchen und Erker, Lanzettfenster, teils rechteckig mit Kreuzstock, teils mit Tudorbögen und oft zinnenbekrönte Mauerabschlüsse (auch bei Kirchen), mal unterbrochen durch Dreiecksgiebel, mal aneinandergereihte Dreiecksgiebel ohne Zinnen, sowie filigrane Kaminarchitekturen auf den Dächern. Die Symmetrie spielt im frühen Tudorstil keine Rolle, vielmehr wird die Verschiedenartigkeit der einzelnen Fassadenabschnitte betont.

Eine besonders markante Erscheinung des Tudorstils ist die Fachwerkarchitektur, die die oben genannten Formen in Holzarchitektur wiederholt. Das Asymmetrische wird im Holzbau noch durch jeweils unterschiedliche Fachwerkformen der einzelnen Geschosse und Baukörper unterstrichen. Das Tudor-Fachwerk war prägend für die spätmittelalterliche Stadtarchitektur in England, heute insbesondere in Chester noch sichtbar. Es ist mit der französischen Fachwerkarchitektur aus der Normandie und der Champagne vergleichbar.

Nachwirkungen des Tudorstils

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In der weiteren Entwicklung des Tudorstils (in der englischen Kunstgeschichte bezeichnet als Elisabethanische Architektur, gefolgt von der Jakobinischen Architektur) gingen die gotischen Stilelemente zurück, auch der Tudorbogen. Ebenso werden die Fassaden zunehmend symmetrischer.

Letztlich überlebten Stilelemente der Tudor-Gotik auch die Barockarchitektur der britischen Inseln. Während das ganze 17. Jahrhundert hindurch parallel zum „modernen“ Stil des Palladianismus noch weiter in Tudor gebaut wurde, erlebte die Gotik in England bereits im 18. Jahrhundert eine Renaissance, als viele Schlösser und Landhäuser in Gothic Revival neu errichtet bzw. umgestaltet wurden.

Im Historismus zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der frühe Tudorstil in eklektizistischer Form wieder aufgegriffen und fand später auch in den ehemaligen britischen Kolonien und auf dem europäischen Festland Verbreitung. Hotels und Bahnhöfe, aber auch private Wohngebäude wurden in diesem Neu-Tudorstil errichtet. Im Englischen wird dieser als Tudor revival oder mock Tudor bezeichnet. Beispiele hierfür sind der Hauptbahnhof in Breslau sowie Schloss Kórnik bei Posen. Auch die Antebellum-Architektur der Südstaaten der USA schuf entsprechende Häuser. Das Schloss Friedrichshof in Kronberg (Ts.) entstand für die Kaiserin Friedrich, eine geborene britische Prinzessin, in einer eklektizistischen Mischung aus englischem Tudor Revival und deutscher Neorenaissance.

Bedeutende Tudor-Bauten

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Tudorbauten auf den britischen Inseln

Neu-Tudorbauten auf dem europäischen Festland

Commons: Tudorstil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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